Theater / Filmografie / Hörspiel
Gerhard Bienert wurde am 8. Januar 1898 als Gerhard Max Richard Bienert und Sohn eines Buchhalters in Berlin geboren, wuchs gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Reinhold (1902 – 1981), der sich später als Reinhold Bernt1) einen Namen als Schauspieler und Drehbuchautor machte, in einem gutbürgerlichen Elterhaus auf. Nach dem Abitur an der "Luisenstädtischen Oberrealschule" diente Bienert während des 1. Weltkrieges ab 1916 freiwillig als Leutnant im Dragonerregiment in Parchim1), nach seiner Entlassung aus der Armee begann er auf Wunsch des Vaters ein Germanistik- und Philosophiestudium, welches er jedoch nach zwei Semestern wieder abbrach. Der Drang zum Theater war größer gewesen, Bienert nahm ab 1919 in Berlin Unterricht bei Berthold Held (1868 – 1931) an der "Max Reinhardt-Schauspielschule"1) des "Deutschen Theaters"1), wo er auch schon mit Komparsenrollen erste Bühnenerfahrungen sammelte.
 

Portrait von Gerhard Bienert
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001148_095);
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: ungenannt;
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Portrait von Gerhard Bienert; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001148_095); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: ungenannt; Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
1922 gab er am "Großes Schauspielhaus"1) Berlin sein professionelles Bühnendebüt in Schillers "Die Räuber"1), wirkte in den folgenden Jahren unter anderem an den "Reinhardt-Bühnen"1) sowie am "Dramatischen Theater" und trat auch bei Erwin Piscator1) (1893 – 1966) in der Revue bzw. Ernst Tollers1) Zeitstück "Hoppla, wir leben" auf, mit dem der legendäre Regisseur und Theaterintendant am 3. September 1927 im "Theater am Nollendorfplatz"1) seine "Piscator-Bühnen"1) eröffnete. Als sozial engagierter Schauspieler und Mensch gründete Bienert 1928 zusammen mit Kollegen, darunter Bruder Reinhold Bernt, Werner Pledath und Adolf Fischer1), die "Gruppe junger Schauspieler", die vor allem mit sozialkritischen Stücken in Erscheinung trat und mit ihrem Programm auf Tournee ging.
  
Seit 1922 übernahm Bienert auch Aufgaben für den noch stummen Film, zunächst waren es mehr Komparsenrollen wie im 1. Teil von Fritz Langs1) Filmepos "Die Nibelungen" (1924, "Siegfried"1)) oder in Streifen wie "Der Mensch am Wege"1) (1923). Es folgten Nebenrollen wie als Schlafbursche in Phil Jutzis1) proletarischem Film "Mutter Krausens Fahrt ins Glück"1) (1929), einem der letzten großen Stummfilme, oder als Schutzmann in dem legendären Kinoklassiker "Der blaue Engel"1) (1930). Bis weit in die 1940er Jahre hinein blieb Bienert beim Film ein vielbeschäftigter Darsteller und verkörperte vorrangig berlinerische Typen oder kleine Gauner wie beispielsweise den "Klempner-Karl" in der Döblin-Adaption "Berlin–Alexanderplatz"1) (1931), selten war er mit größeren Parts zu sehen. So mimte er etwa in der Operettenadaption "Der Bettelstudent"1) (1936) einen Tierbudenbesitzer, einen Gefängnis-Wachhabenden in dem NS-Propagandastreifen "Pour le Mérite"1) (1938), einen Hafenbeamten in dem Abenteuer "Das Lied der Wüste"1) (1939) oder den Kriminalkommissar Dr. Dittmann in "Alarm"1) (1941). Bis Ende des 2. Weltkrieges war der Schauspieler neben seiner Arbeit am Theater in etwa 70 Produktionen aktiv → Übersicht Tonfilme bis 1945.
Nach 1945 startete Bienert eine neue Karriere als Star der DEFA1) und auch beim "Deutschen Fernsehfunk"1) (DFF) eroberte er sich bald seinen festen Platz. So überzeugte er unter anderem 1948 als Karl Bremer in dem Justizdrama "Affaire Blum"1), stand für die Biopic "Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse"1) (1954) und "Thomas Müntzer – Ein Film deutscher Geschichte"1) (1956) vor der Kamera. Zu einem exzellenten Charaktermimen gereift, wurden ihm nun auch große Rollen anvertraut, so gab er beispielsweise 1958 an der Seite von Titelheldin Karin Hübner den alten Odoardo Galotti in dem Kinofilm "Emilia Galotti"1) (1958) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Gotthold Ephraim Lessing1) oder neben Protagonistin Angelica Domröse den alten Briest in "Effi Briest"2) (1969), der TV-Adaption gleichnamigen Romans1) von Theodor Fontane1). In der dreiteiligen Willi-Bredel-Verfilmung "Verwandte und Bekannte"2) zeigte er sich 1971 als der Proletarier Johann Hardekopf, gehörte zur Besetzung des Vierteilers "Die Bilder des Zeugen Schattmann"1) (1972) und auch in der beliebten Krimi-Reihe "Polizeiruf 110"1) erlebte man Bienert 1975 in der Folge "Der Mann"1) auf dem Bildschirm.
Bemerkenswert war 1979 seine Rolle des Alten in der TV-Übernahme der Peter Stein1)-Inszenierung an der West-Berliner "Schaubühne am Halleschen"1) des Botho Strauß1)-Stückes "Groß und klein"1), zu Bienerts letzten Arbeiten vor der Kamera zählten das Fernsehspiel "Was soll bloß aus dir werden"3) (1984) und die Serie "Einzug ins Paradies"1) (1983), welche erst 1987 zur Ausstrahlung gelangte → Übersicht TV-Produktionen.
Bienert galt als einer der letzten Vertreter des Berliner Volkstheaters und interpretierte auch im Film immer wieder Berliner Typen, wie den Rentier Buffey in der von Curt Bois für das Kino in Szene gesetzten Glasbrenner-Adaption "Ein Polterabend"1) (1955) oder den Gastwirt Walter Birnchen in der TV-Fassung des Volksstücks "Familie Birnchen"2) (1982) von Karl Hermann Roehricht1).
Zu erwähnen ist noch, dass der Schauspieler mitunter als Sprecher so manches Hörspiel-Ensemble bereicherte, eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank aufgeführten Produktionen findet man hier am Ende des Artikels.
Ab 1945 wirkt Bienert unter anderem in Berlin am "Deutschen Theater"1)  als Komödiant und Charakterdarsteller, er gastierte bis zu seinem Tod auch an dem von Bertolt Brecht1) gegründeten "Berliner Ensemble"1). Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 war Bienert einer der wenigen Westberliner Künstler, die sowohl in Ost- wie in Westberlin schauspielerisch tätig sein durften.
Eine seiner Glanzrollen war der Advokat Bannermann in dem Berlin-Stück "Zwei Krawatten"2) von Georg Kaiser/Mischa Spolianski1) in der Inszenierung von Friedo Solter1). Er sing Berliner Lieder, kauzig, forsch und schnoddrig. In "Ein Lorbass" von Horst Salomon1) (1967) stattet er seinen alten Arbeiter mit all seiner Lebenserfahrung aus. Geschätzt wird er als Protagonist, ohne ein Star zu sein. Manche der zahlreichen Theateraufführungen erhalten durch ihn Glanz, ohne das gleich sein Name fällt. Zu erwähnen sind dabei aus dem bürgerlichen Heldenleben die beiden Stücke von Carl Sternheim1) "Die Hose"1) und "Der Snob"1).4) → Arbeiten für das Theater (Auszug) siehe hier

Gerhard Bienert als Kent in "König Lear"1) von William Shakespeare1),
"Deutsches Theater", Berlin 1957
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000225)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1957;
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Gerhard Bienert als Kent in "König Lear" von William Shakespeare, "Deutsches Theater", Berlin 1957; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000225); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1957; Quelle: www.deutschefotothek.de
Gerhard Bienert, der 1960 mit dem "Kunstpreis der DDR"1) sowie 1965 und 1977 mit dem "Nationalpreis der DDR"1) ausgezeichnet worden war, starb am 23. Dezember 1986, zwei Wochen vor seinem 89. Geburtstag, in West-Berlin; die letzte Ruhe fand er auf dem Berliner "Waldfriedhof Zehlendorf"1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Bienert war zuletzt in dritter Ehe mit der Schauspielerin Inge Herbrecht1) (1925 – 2012) verheiratet. Seine erste, 1932 geschlossene Ehe mit Barbara Hofen war nach kurzer Zeit gescheitert, Ehefrau Nummer 2 wurde Ende der 1930er Jahre die Schauspielerin Hilde Volk1) (1912 – 1995), die später nach der Scheidung ihren Kollegen Erik Ode (1910 – 1983) heiratete.
Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Berliner "Akademie der Künste"1) → Gerhard-Bienert-Archiv.
1989 veröffentlichte Dieter Reimer nach Tonbandprotokollen die Biografie "Gerhard Bienert – Ein Leben in tausend Rollen". 
In einer mehr als 60 Jahre umfassenden Karriere bei Bühne, Film und Fernsehen hat der Volksschauspieler Gerhard Bienert in unzähligen Inszenierungen und Produktionen mitgewirkt, durch sein präzises Spiel und die lebensechte Gestaltung seiner Figuren mit dem ihm eigenen "umwerfend schnoddrigen Charme" Spuren hinterlassen. "Ein Leben in tausend Rollen" heißt bezeichnenderweise die Biographie. Der von Kollegen nicht nur wegen seiner Disziplin und Einsatzbereitschaft geachtete Künstler ist in der Klassik wie in der Moderne zu Haus, in Dramen wie Komödien. Dabei ist sein Rollenspektrum weit gefächert. Er spielt kauzige Alte, "treuherzige Biedermänner und durchtriebene Schurken, Lebemänner und Trottel und immer wieder auch klassenbewusste Arbeitergestalten" gleichermaßen überzeugend. "In ihm steckt ein guter Schuß Berliner Humor und typische Berliner Herz-und-Schnauze-Mentalität", schreibt Martin Linzer1) 1974 in einem Beitrag über den "realistischen Menschendarsteller" Bienert.5) 
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch, filmportal.de
defa-stiftung.de, berliner-schauspielschule.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) fernsehenderddr.de, 3) deutsches-filmhaus.de
Quelle: 4) defa-stiftung.de, 5) defa-sternstunden.de (Seite nicht mehr online) → Memento bei web.archive.org
  
Wirken am Theater (Auszug)
Quelle (unter anderem): Wikipedia, "Gerhard-Bienert-Archiv" bei der Berliner "Akademie der Künste"
(Fremde Links: Wikipedia; R = Regie, P = Premier)
"Großes Schauspielhaus", Berlin "Lessingtheater", Berlin "Theater am Schiffbauerdamm", Berlin "Haus der Kultur der Sowjetunion>", Berlin "Deutsches Theater", Berlin "Berliner Ensemble" (im "Deutschen Theater")
Filme
Stummfilme / Tonfilme: bis 1945, Nachkriegsproduktionen / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de,  defa-stiftung.de, fernsehenderddr.de, deutsches-filmhaus.de)
Stummfilme (Auszug) Tonfilme Fernsehen (Auszug; DFF-Produktionen, wenn nicht anders vermerkt)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Link: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung) bzw. Wikipedia) 
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