"Der Name dieses Künstlers ist untrennbar mit der ruhmreichen Geschichte des "Dresdner Staatstheaters"1) verbunden. Fast 15 Jahre, von 1943 bis 1957, ist Finohr dort als bedeutsamer Charakterdarsteller tätig, außerdem übernimmt er für einige Jahre den Posten des Schauspieldirektors." schrieb Volker Wachter*) bei der nicht mehr existierenden Website defa-sternstunden.de.
Als Johannes Finohr geboren am 5. September 1891 in der kleinen westpreußischen Gemeinde Rynnek (Kreis Löbau1), heute Polen), ließ er sich als junger Mann in Königsberg von Hans Peppler1) (1883 – 1930) zum Schauspieler ausbilden. Anschließend gab er 1919 in Heiligenbeil1) (heute Mamonowo, Oblast Kaliningrad) sein Bühnendebüt, weitere Theaterstationen wurden Königsberg, Gera, Wien, Mannheim und Leipzig sowie ab 1943 Dresden. Während seiner Zeit in der sächsischen Kulturhochburg erlebte man Finohr beispielsweise als Hubert de Burgh1), Kämmerer des Königs, in dem Shakespeare-Drama "König Johann"1) (1950), als Josef Stalin1) in der deutschsprachigen Uraufführung von "Das Glockenspiel des Kreml" (1951) und "Der Mann mit dem Gewehr" (1952) des russischen Autors Nikolai Pogodin (1900 – 1962) – jeweils unter der Regie von Martin Hellberg1) und mit Willi Kleinoschegg1) als Lenin. Finohr gestaltete den Betriebsrat Schani Hölzel in dem Drama über die Februarkämpfe der Wiener Arbeiter im Jahre 19341) mit dem Titel "Floridsdorf" von Friedrich Wolf1) und einmal mehr den sowjetischen Diktator Stalin in dem zur Zeit des Russische Bürgerkriegs angesiedelten Schauspiel "Das unvergessliche Jahr 1919" (1953) von Wsewolod Wischnewski1) (→ Filmversion aus dem Jahre 1951). 

Hans Finohr 1954 auf einer Bühne
Urheber: Roger Rössing1) (1929–2006) / Renate Rössing1) (1929–2005)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_roe-neg_0006619_002)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Roger und Renate Rössing
Datierung: 1954; Quelle: www.deutschefotothek.de
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Hans Finohr 1954 auf einer Bühne; Urheber: Roger Rössing (1929–2006) / Renate Rössing (1929–2005); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_roe-neg_0006619_002); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Roger und Renate Rössing; Datierung: 1954; Quelle: www.deutschefotothek.de
Finohr wurde ab 1952 als Titelheld in Goethes "Götz von Berlichingen"1) gefeiert, an der Seite von Protagonist Hermann Stövesand1) gab er den Werner Stauffacher in dem Schiller-Drama "Wilhelm Tell"1) (1952), in Szene gesetzt von Paul Lewitt1). Eine weitere beachtenswerte Rolle war Anfang der 1950er Jahre die des Vaters Odoardo Galotti in Martin Hellbergs Lessing-Aufführung "Emilia Galotti"1) mit Helga Göring in der Titelrolle – um nur einiges zu nennen. Zu seinen letzten Auftritten als Schauspieler in Dresden zählte 1955 der irische Graf Richard Walter Butler, Chef eines Dragonerregiments, in Hannes Fischers1) Inszenierung von "Die Piccolomini"1), dem zweiten Teil von Schillers "Wallenstein"-Trilogie, eine Figur, mit der er später auch am "Staatstheater Schwerin" zu sehen war. Verschiedentlich führte Finohr zudem selbst Regie, so zur Spielzeit 1954/55 bei der Komödie "Liebeshändel in Chiozza"1) von Carlo Goldoni.
 
Mit Erreichen des "Pensionsalters" band sich Finohr nicht mehr fest an ein Theater und arbeitete freiberuflich. Gastspiele führten ihn unter anderem an West-Berliner Bühnen und nach Schwerin. Am Berliner "Renaissance-Theater" trat er beispielsweise Anfang der 1960er Jahre in der Komödie "Die Lästerschule"1) des Iren Richard Brinsley Sheridan und in der amüsanten Geschichte "Vater denkt – Mutter lenkt" (Regie: Victor de Kowa) von Howard Lindsay1) und Russel Crouse1) in Erscheinung. An der "Tribüne"1) gehörte er zur Spielzeit 1956/57 zur Besetzung der Uraufführung von "Der Fall Zikade" von Ralf Honold1), in Szene gesetzt von Frank Lothar, der ihn auch mit einem Part in "Die Herberge" von Fritz Hochwälder1) betraute. Zu erwähnen ist auch eine tragende Rolle in der Uraufführung von Arnold Zweigs1) historischem Schauspiel "Bonaparte in Jaffa", das am 19. März 1955 an der Ost-Berliner "Volksbühne"1) Premiere feierte, Regie führte Kurt Jung-Alsen1), Edwin Marian gab den Napoleon1), Ursula Meißner1) die Madame Belilotte → Szenenfotos bei "Deutsche Fotothek.
Außerdem betätigte sich Finohr als Schauspiellehrer und gab seine Erfahrungen an junge Nachwuchstalente weiter, unterrichtete unter anderem bereits Ende der 1920er Jahre Harry Hindemith (1906 –1973).
Finohrs Leistungen wurden mehrfach gewürdigt, seit dem 1. September 1951 durfte er den Professoren-Titel seinem Namen voranstellen, verliehen durch die "Staatliche Kommission für Kunstangelegenheiten"1), den "Vaterländischen Verdienstorden"1) in Bronze überreichte man ihm 954. Zudem war der Schauspieler Mitglied des künstlerisch-wissenschaftlichen Beirats im "Ministerium für Kultur"1) der DDR.
 
Seine darstellerische Vielseitigkeit konnte Finohr seit Anfang der 1950er Jahre auch vor der Kamera, wenn auch nur mit Nebenrollen, unter Beweis stellen. So notierte Volker Wachter*): "Man erinnert sich an die bewegende Studie des alten Kammerdieners aus der Literaturverfilmung "Kabale und Liebe"1) (1959) oder an den alten Sikura im Zweiteiler "Schlösser und Katen"1) (1957). Als Fehlbesetzung gilt Finohr hingegen für die Rolle des Medizinmannes im Indianerstreifen "Die Söhne der großen Bärin"1) (1966). "Von den Leistungen Jiří Vršťalas1) und Rolf Römers führt die Leiter ziemlich weit abwärts. In der Mitte ringt Prof. Finohr mit shakespeareschem Ernst um die Interpretation des Medizinmannes Hawandschita", schreibt Helmut Hahnemann in der "Tageszeitung "Azet"1). Gisela Steineckert1) glossiert im "Eulenspiegel"1) gar: "Aber einige, die sich als Indianer tummeln, läßt man doch besser unerwähnt. Es gibt schauspielerische Entgleisungen bis hinauf in Professorenkreise" – natürlich eine Anspielung auf Prof. Finohr. Doch Hans Finohr hat sich in seinem langen künstlerischen Leben oft genug als reifer Charakterspieler erwiesen, sodaß ihn wohl diese negative Kritik kaum aus der Bahn geworfen haben dürfte."
Das Fernsehen bot Finohr ein weiteres Betätigungsfeld, hier sah man ihn vorwiegend in Literaturadaptionen, aber auch in Krimis wie "Auf der Flucht erschossen"2) (1962) und "Die Affäre Heyde-Sawade"2) (1963) aus der beliebten Reihe "Fernseh-Pitaval"1). Verschiedentlich war er an Hörspielproduktionen beteiligt, sprach unter anderem den Stauffacher in Schillers "Wilhelm Tell"3) (1950), den Johann Sebastian Bach1) in "Beim Thomaskantor Bach zu Gast"3) (1950) von Erhard Rühle, den Stadtmusikant Miller in "Kabale und Liebe"3) (1951) nach Friedrich Schiller und den Karhan in "Brigade Karhan"3) (1951) von Vašek Káňa. In der Komödie "Im Holunderwäldchen oder Der Dorfpascha"3) (1951) von Alexander Kornitschuk war er der Kolchosvorsitzende Romanjuk oder in "Fernamt, bitte melden"3) (1952), nach einem Lustspiel von Konstantin Issajew und Alexander Galitsch1), der Großvater Baburin.
 
Hans Finohr, der heute weitgehend vergessen scheint, starb am 8. November 1966 im Alter von 75 Jahren in Potsdam; über sein Privatleben ist nichts bekannt.
Quellen: (zum Teil) Volker Wachter*), "Lexikon der DDR-Stars"**), Wikipedia
*) Artikel von Volker Wachter bei der ehemaligen Webseite defa-sternstunden.de → Memento bei web.archive.org
**) "Lexikon der DDR-Stars" von F.-B. Habel und Volker Wachter (Ausgabe 1999, S. 81)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) fernsehenderddr.de, 3) ARD-Hörspieldatenbank
   
Filme
DEFA-Kinofilme / Fernsehen
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(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, defa-stiftung.de, fernsehenderddr.de, fernsehserien.de)
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