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Der Theater- und Filmschauspieler Alfred Müller erblickte am 4. Juli 1926
im Berliner Arbeiterviertel Wedding1) ausgerechnet
in der Müllerstraße das Licht der Welt. Sein Vater war Hilfsarbeiter und Taxifahrer, seine Mutter arbeitete als
Sekretärin. Nach der Schule ging er zu "Siemens" und absolvierte
dort ab 1940 eine dreijährige Lehre zum Mechaniker, anschließend wurde er
zum Arbeitsdienst bzw. als Soldat eingezogen das Ende des 2. Weltkrieges
erlebte er in mehrjähriger französischer Gefangenschaft. Nach der
Entlassung entschied er sich für eine künstlerische
Laufbahn, ergriff ab 1949 ein Musikstudium und wirkte in Theatervereinen und Laienspielgruppen
mit. Zwischen 1952 und 1955 erwarb er sich sein darstellerisches
Rüstzeug an der "Staatlichen Schauspielschule Berlin" (heute
"Hochschule
für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin"1)),
ein erstes Engagement am "Stadttheater Senftenberg"1)
schloss sich an. Auf die Frage, warum er den Allerweltsnamen
"Müller" beibehielt und sich nicht einen anderen Künstlernamen
zulegte, zitierte er später die Senftenberger Regisseurin Anneliese Thomas
"Wer Müller heißt, muss was können!"
Auf der Leinwand erlebte man den Schauspieler mit prägnanten Figuren, etwa als den skrupellosen, fragwürdige Rechtsauffassungen vertretenden Richter Paul Deister in der 1965 mit Aufführungsverbot belegten Literaturadaption bzw. Kurt Maetzigs Problemfilm "Das Kaninchen bin ich"1) (UA: 13.12.1989), als Großindustrieller Gustav Krupp von Bohlen und Halbach1) in dem Biopic über Karl Liebknecht1) mit dem Titel "Solange Leben in mir ist"1) (1965) oder als Philosoph Karl Marx1) in "Mohr und die Raben von London"1) (1969), gedreht nach dem dem Jugendbuch von Vilmos und Ilse Korn1) der "Nationalpreis der DDR1) III. Klasse" war der Lohn "für seine künstlerisch überzeugenden, hohen schauspielerischen Leistungen, insbesondere als Darsteller von Karl Marx in "Mohr und die Raben von London". Die zeitgenössische Kritik lobte Darsteller Alfred Müller, der es verstehe "in vielen ( ) alltäglichen Kleinigkeiten die Charakterstärke, den Gerechtigkeitssinn, die Gedankenklarheit von Marx sichtbar werden zu lassen." (Helmut Ullrich in "Volksstimme"1), 18.10.1969). In "KLK an PTX Die Rote Kapelle"1) (1971) über die Widerstandsgruppe "Rote Kapelle"1) gab er dem Regisseur Wolfgang Langhoff ein Gesicht, in der amüsanten Geschichte "Hiev up"1) (1978) war er der Kapitän Odje Fuhlbrandt, der das Brigadeleben der Kuttermannschaft auf Vordermann bringt, und konnte diesmal sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen.
Zur Hochform lief Alfred Müller in der sechsteilige Lustspielreihe "Ferienheim Bergkristall"1) auf, die von 1983 bis 1987 sowie 1989 jeweils am Silvesterabend ausgestrahlt wurde. Hier präsentierte er sich als in "Mundart nuschelnder" Alois Wachtel, der eigentlich als Briefträger bei der "Deutschen Post" arbeitet, aber sein Herz an das Ferienheim verloren hat. Zusammen mit dem völlig gestressten Heimleiter Helmut Oberpichler (Willi Scholz1)), der seiner Meinung nach bei den Silvestervorbereitungen immer alles im Griff hat, gehörte Alois Wachtel als Unterstützer Oberpichlers zu den Protagonisten dieser legendären Reihe. Autor und Regisseur war Hans-Joachim Preil1), der als Oberkellner Hugo Stieglitz auch in den letzten drei Geschichten mitspielte; einen Ausschnitt der 1986/1987er Folgen findet man bei www.youtube.com. Was für ein begnadeter Komödiant Alfred Müller war, zeigte der Schauspieler auch mit verschiedenen Sketchen, unvergessen bleibt die Gerichtsszene zwischen der Kabarettistin Helga Hahnemann alias Frau Hoppe und Alfred Müller als "Scharfrichter" in der 100. Sendung "Ein Kessel Buntes"1) am 23. September 1989 aus dem "Palast der Republik"1). Im Mittelpunkt dieses Kabinettstückens des Humors steht neben den witzigen Dialogen hier vor allem der unfreiwillig zerbrochene Hammer des Richters, der für zusätzlich große Lacher sorgte → www.youtube.com. Müller selbst meinte einmal in einem Interview: "Damals hatte ich bereits 35 Jahre Theater gespielt. Und erst mit dieser Geschichte bin ich richtig berühmt geworden." Eine der letzten Produktionen, an denen der DFF vor der Einstellung des Sendebetriebs beteiligt war, hieß "Sherlock Holmes und die sieben Zwerge"1) (1992). "Diese achtteilige Serie gilt als so genannte DFF-Überläuferproduktion zum MDR/ ORB/ NDR/ SFB1) und bot einen phantastischen Ausflug in die Märchenwelt der Brüder Grimm. Wenn man so will, dann war diese spannend-vergnügliche Serie ein Abschiedsgeschenk des DFF-Kinderfernsehens an die neu gegründeten Landessender MDR und ORB". vermerkt das fernsehenderddr.de. Müller tauchte hier als liebenswerter, pensionierter Kriminalhauptkommissar Hans Holms auf, der eigentlich einen geruhsamen Lebensabend mit Freundin Helene (Ellen Schwiers) verbringen möchte doch daraus wird nichts, als Tochter Heidemarie die Enkelkinder Anne (Ulrike Haase) und Martin (Stefan Limprecht) für eine Woche im Hause des Großvaters einquartiert; die einzelnen Folgen, welche Motive aus den Märchen der Gebrüder Grimm mit Krimi-Elementen vermischten, wurden überdies zu einer 90-minütigen Filmfassung zusammengeschnitten und erstmals am 26. Dezember 1995 in der ARD gezeigt → filmportal.de. Nach der so genannten Wende hatte Alfred Müller, wie etliche seiner ostdeutschen Kollegen, zunächst Schwierigkeiten in der gesamtdeutschen Film- und Fernsehszene Fuß zu fassen. Seit 1993 war er dann wieder sporadisch auf dem Bildschirm präsent, mimte beispielsweise den Kommissar Ballmann in der "Tatort"-Folge "Verbranntes Spiel"1) (1993) oder den Chef der Mordkommission Schorn in den zwei "Polizeiruf 110"-Episoden "Totes Gleis"1) (1993) und "Der Sohn der Kommissarin"1) (1997). Frank Beyer1) besetzte ihn als Linus Bornowski, alter Freund von Marianne Bacher (Annemone Haase1)), in der Verfilmung von Erich Loests "Nikolaikirche"1) (1995), er tauchte mit Episodenrollen in verschiedenen Serien auf, so unter anderem als Reinhold Palme in "Für alle Fälle Stefanie"1) (19972003) oder als Opa Gustav Schimmelpfennig in der Jugendserie "Pengo! Steinzeit!"4) (2002). 2004 sah man ihn als Portier Friedermann Ellermann, der sich in der Komödie "Finanzbeamte küsst man nicht"5) liebevoll um die alte, gebrechliche Hotel-Besitzerin Adele Auerwald (Gisela Trowe) kümmert. Letzte TV-Auftritte hatte er als Rentner Eddie Ochs in der Folge "Feuerstühle"4) (2007) aus der Krimiserie "SOKO Wismar"1) sowie 2009 als störrischer Bauer Gustav Jansen in zwei Folgen der Unterhaltungsserie "Unser Charly"1). Auf der Leinwand sah man ihn noch einmal als Maries Großvater in "Spuk am Tor der Zeit"6) (2003), einer Kinofassung der gleichnamigen Kinderserie1) → mehr Filmografie. Da die Angebote vor der Kamera spärlicher geworden waren, intensivierte Alfred Müller seine Arbeit für das Theater. Vor allem am Berliner "Theater des Westens"1) feierte er in verschiedenen Musicals Erfolge, konnte sein Tanz- und Gesangstalent voll ausleben noch im fortgeschrittenen Alter hatte der damals über 65-Jährige für eine Rolle in der Revue "Blue Jeans" (1994), einer musikalischen Zeitreise in die 1950er Jahre, das Rock'n'Roll-Tanzen erlernt. Zu nennen sind beispielsweise der Part des Börsenmaklers Elisha Whitney in dem Cole Porter-Musical "Anything goes"1) (1993), der eigenbrötlerische und geizige Horace Vandergelder in "Hallo Dolly"1) (1995) oder der Oberst Pickering in "My Fair Lady"1) (1997). Seine Traumrolle des Schusters Wilhelm Voigt in Carl Zuckmayers Schauspiel "Der Hauptmann von Köpenick"1) konnte er 1992 am "Landestheater Dessau" in einer Inszenierung von Helmut Straßburger und Ernstgeorg Hering1) verwirklichen, fünf Jahre später gab er diese Figur erneut am Berliner "Theater am Kurfürstendamm"1) in dem Revue-Musical "Wilhelm heeßt er Sehn'se, det war Berlin". Als das Ensemble des Kudamm-Theaters 2007 mit dem unverwüstlichen Schwank "Pension Schöller"1) auf Tournee ging, trat Müller als der zackige Major a. D. von Mühlen in Erscheinung er hatte diese Rolle von Friedrich Schönfelder übernommen. An der "Comödie Dresden"1) war Müller ebenfalls ein gern gesehener Gast, unvergessen sein zerstreuter Gymnasialprofessor Dr. Martin Gollwitz in dem Lustspiel "Der Raub der Sabinerinnen"1), den er brillant seit der Premiere am 15. Januar 1999 in der Inszenierung von Michael Günther1) gab Hans Teuscher war als schlitzohriger "Schmierendirektor" Emanuel Striese ein ebenbürtiger Partner. Auch das Publikum der Hamburger "Komödie Winterhuder Fährhaus"1) und des "Theaters am Kurfürstendamm" kam in den Genuss, Müllers einzigartiges Spiel zu bewundern, ebenso wieim Jahre 2000 die Fernsehzuschauer. So schrieb Frank Dietschreit in "Der Tagesspiegel" (26.03.2000) anlässlich der Berliner Aufführung unter anderem: "Alfred Müller bringt das Kindliche, ja auch Kindische in diesem distinguierten Professor mit ein paar linkischen Bewegungen zur Geltung. Er desavouiert den verhinderten Dichter nicht als eitlen Popanz, sondern skizziert ihn als sympathischen Schulmeister, dem die Kraft zum Träumen noch nicht abhanden gekommen ist." Und die "Berliner Zeitung" (Irene Bazinger, 28.03.2000) meinte "Diesen arg gerupften Gymnasiallehrer spielt Alfred Müller mit korrekten Manieren und mühsam bewahrter Fassung, als wär' er ein Verwandter der Loriot'schen Unglücksraben.". Zu erwähnen ist an der "Comödie Dresden" zudem sein Pastor Riesling in der Curt Goetz-Komödie "Das Haus in Montevideo"1) (2000) sowie seit 2006 der Pensionist bzw. das "Ekelpaket" Fred Kowinski in dem von Helmut Straßburger in Szene gesetzten amüsanten Boulevardstück "Eine gute Partie" von Stefan Vögel1). Der Berliner Fabrikant Wilhelm Giesecke in dem Singspiel "Im weißen Rößl"1), aufgeführt 2002 im Theaterzelt "Chapeau Rouge" in Heringsdorf, war ebenfalls eine Paraderolle für den Vollblutschauspieler. Darüber hinaus erfreute der leidenschaftliche Hobbyfilmer Müller mit literarisch-musikalischen und kabarettistischen Programmen, las unter anderem gemeinsam mit Gisela May Texte von Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht und Erich Kästner und fand im Rahmen von Tourneen, unter anderem 1978 in Schweden, damit auch internationale Beachtung. Mehrfach trat er mit Helga Hahnemann im Berliner "Friedrichstadt-Palast"1) in Revuen auf, unter anderem in "Hallo, Berlin 7-5-0" (1987) und "Kiek ma an" (1990). Im Jahre 2000 präsentierte er als Gastgeber die Weihnachtsrevue "Jingle Bells" → www.tagesspiegel.de. Alfred Müller, der sich vor allem als Erzkomödiant in die Herzen der Zuschauer spielte und für seine feinsinnig-ironische Ader gerühmt wurde, starb am 2. Dezember 2010 im Alter von 84 Jahren in Berlin nach kurzer Krankheit an den Folgen einer Krebserkrankung. Auf eigenen Wunsch fand im engsten Familienkreis eine Bestattung in der Ostsee vor der Insel Usedom statt, wo er seit mehr als 40 Jahren in seinem Ferienhaus in Quilitz1) immer wieder Kraft getankt hatte. Mit Ehefrau Eva war der Ur-Berliner seit 1958 bis zu deren Tod Mitte der 2000er Jahre fast fünf Jahrzehnte verheiratet, der gemeinsame Sohn Nico erblickte 1967 das Licht der Welt; viele Jahre lebte die Familie im idyllischen Berlin-Grünau1) → Foto aus dem Jahre 1970 bei "Deutsche Fotothek". Erst kurz vor seinem Tod hatte der als bescheiden und zurückhaltend geltende Müller sein Haus in Grünau verkauft und war nach Berlin-Pankow gezogen. Zuletzt war die Schauspielerin Solveig Müller1) an seiner Seite, die mehrfach mit ihm vor der Kamera (u.a. in "Hiev up") gestanden hatte und mit der er in verschiedenen Städten bis zum Schluss ein Tucholsky-Programm präsentierte. Anlässlich des 85. Geburtstages widmete der MDR dem Schauspieler 2011 das filmische Porträt "Alfred Müller so wunderbar komisch!" und ehrte einen Künstler, der "mit seiner vielseitigen Schauspielkunst auf der Bühne und vor der Kamera nie in eine Schublade passte" ( ) er "blieb vor allem mit seinen komischen Rollen in Erinnerung. Und deshalb schauen Kollegen, Freunde, seine letzte Lebenspartnerin, die Schauspielerin Solveig Müller auf die heiteren Seiten des populären Mimen zurück." → programm.ard.de. Bereits am 4. Oktober 2000 hatte der MDR in der Reihe "Lebensläufe" die Dokumentation "Mein Künstlername ist Müller Der Schauspieler Alfred Müller" ausgestrahlt, "die Sendung begleitet Alfred Müller auf einer Reise nach Senftenberg, in sein Ferienhaus auf Usedom und beim Tourneeprogramm "Fromme Sprüche eines Atheisten" gemeinsam mit Dramaturg Armin Stolper." hieß es damals in einer Pressemiteilung des MDR → www.fernsehserien.de. Neben den erwähnten Auszeichnungen war Müller bereits am 1. Februar 1964 mit dem "Kunstpreis der DDR"1) geehrt worden, rund zehn Jahre später erhielt er 1975 den "Goethe-Preis der Stadt Berlin"1). Auch der "Vaterländischer Verdienstorden"1) in Silber, die "Fritz Heckert-Medaille"1) des FDGB1), und der "Kunstpreis des FDGB"1) befanden sich in seiner Sammlung. Müller war etliche Jahre als Gewerkschafter aktiv, so fungierte er am "Maxim-Gorki-Theater" als Vorsitzender der "Betriebsgewerkschaftsleitung" (BGL), engagierte sich in der "Gewerkschaft Kunst" 1968 war er Mitglied im Zentralverbandes und seit Anfang der 1970er Jahre Vorsitzender des Berliner Bundesverbandes. Der schriftliche Nachlass befindet sich im Archiv der Berliner "Akademie der Künste"1) → Alfred-Müller-Archiv. |
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Quellen:
"Lexikon der DDR-Stars"*),
Wikipedia,
defa-stiftung.de
sowie ehemalige Seite defa-sternstunden.de → Memento bei web.archive.org |
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*) "Lexikon der DDR-Stars" von
F.-B. Habel
und Volker Wachter (Ausgabe 1999, S. 234/235) Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) defa-stiftung.de, 3) fernsehenderddr.de, 4) fernsehserien.de, 5) prisma.de, 6) filmportal.de |
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