|
Hellmut Lange überstand den Krieg unbeschadet, entschied sich für
die Bühne und ließ sich ab 1946 in Hannover zwei Jahre lang zum
Schauspieler ausbilden. Ein erstes Engagement erhielt er anschließend am
"Jungen Theater" in München, wenig später wechselte er nach
Stuttgart, wo er bis 1953 viele schöne Rollen spielte. Danach arbeitete
er wieder für den Hörfunk, war bei "Radio Bremen" als Sprecher und
Regisseur bis 1960 tätig.
Ende der 1950er Jahre begann Langes umfangreiches Wirken für Film und
Fernsehen, zu einer seiner ersten vielbeachteten Rollen zählt der
schwedische Pfarrer Tornqvist, der in John Oldens TV-Drama "Waldhausstraße 20"1) in
seiner Kirche Juden versteckt, um sie vor der Deportation zu retten bzw.
ihnen zur Flucht nach Schweden zu helfen. Wilm ten Haaf besetzte Lange neben Rudolf Platte
als Kommissar Bergen in "Der
Mann von drüben"1) (1961),
in nachhaltiger Erinnerung bleibt er auch als Edward Collins und
Bruder des Mordopfers in dem mehrteiligen, viel beachteten
Durbridge-Straßenfeger "Das
Halstuch" (1962) sowie als engagierter Dr. Jack Roberts, der
sich in dem Drama "Johnny
Belinda"1), das Franz
Josef Wild2)
1961 eindrucksvoll für das "Bayerische Fernsehen"
inszeniert hatte, der taubstummen Belinda Mc Donald (Violetta Ferrari2))
annimmt.
Hellmut Lange (Krimi-Autor Jean Pierre)
mit Margitta Scherr
(Minou) 1964 in dem Krimi "Die letzte Folge"1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von
SWR Media Services; © SWR
|
Mit weiteren Einzelproduktionen und Gastauftritten in
beliebten Krimiserien wie "Die
fünfte Kolonne" oder
"Stahlnetz" avancierte der Schauspieler in den
1960er Jahren fast
zum Dauergast auf den heimischen Bildschirmen. Selbst zum Serienstar wurde
Lange mit der populären 26-teiligen Reihe "John Klings
Abenteuer" (1965 1970), wo er als Titelheld bzw.
Privatdetektiv zusammen mit
Uwe Friedrichsen (als Jones Burte)
spektakuläre Fälle aufklärte. Eine
andere schöne Serienfigur war der von beruflichen Krisen gebeutelte
Kunstschütze Mischa Doria in der
Erfolgsserie
"Salto Mortale" (1969 1972):
Hier mimte er einen Artisten, der
unter der Zirkuskuppel nicht mehr seine Künste zeigen kann, seit er sich
bei einem Unfall schwere Verletzungen zugezogen hat und mit dieser
Situation nicht fertig wird.
Zu den Highlights in Langes Fernsehschaffen zählt ohne Zweifel die Figur
des Trappers Nathanael "Natty" Bumppo in dem vierteiligen
Abenteuer-Klassiker "Die Lederstrumpferzählungen" (1969) nach
dem Romanzyklus "Lederstrumpf"2)
von James
Fenimore Cooper2); Lange wurde damit so populär, dass er
die Rolle auch in zahlreichen Hörspieladaptionen von Coopers Werken übernahm.
Zu dem Fernsehvierteiler und seiner Produktion äußerte sich Lange selbst wie folgt:
"Lederstrumpf" war eine abenteuerlich schöne Produktion, die Kostüme und die Kulisse waren
von den rumänischen Co-Produzenten mit großer Sorgfalt und Detailtreue angefertigt worden.
Aber ich möchte die vier Drehmonate nicht nochmal mitmachen. Wir haben zum Teil bei 15 Grad Minus gedreht.
Wenn der Produzent zum Set-Besuch gekommen wäre, hätten ihn die Darsteller
gelyncht. (Quelle: Ingo Löchel in Zauberspiegel
Online, 2011)
Abbildung DVD-Cover "Die Lederstrumpferzählungen"
(erschienen Dezember 2005)
mit freundlicher Genehmigung von "Concorde Home Entertainment"
© Concorde Home Entertainment
|
|
|
In den 1970er Jahren blieb Langes Beliebtheit ungebrochen, er
präsentierte sich weiterhin neben Einzelproduktionen in zahlreichen Serien wie "Der Kommissar" , "Der
kleine Doktor" , "Eurogang"2) oder "Der Alte"2).
Kino-Freunden ist der Schauspieler auch als Moderator der erfolgreichen Quiz-Sendung "Kennen Sie Kino?"2) in
Erinnerung geblieben, die er als Nachfolger von Werner Schwier2) (1968970) und
Henri Regnier2) (1970)
bis 1980 moderierte und dann an Rainer Brandt2) (19811984)
abgab; viele Jahre galt er als "Kino-Onkel der Nation".
Langes TV-Filmografie der 1980er Jahre weist weitere
beliebte Serienproduktionen aus, beispielsweise die Rolle des Charles A. Laurent
in "Die Laurents" (1981), den Kriminaloberrat Eberhardt Toffer
und Auftraggeber von Benno Stepanek alias Klaus Löwitsch in der ARD-Vorabendserie
"Hafendetektiv"2) (1987) oder den
Gestüts-Leiter Wolf Kremer in "Rivalen der
Rennbahn"2) (1989).
Bis Mitte der 1990er Jahre tauchte Hellmut Lange immer wieder mal mit
interessanten Rollen auf dem Bildschirm auf, sei es beim
"Landarzt" (1991) oder beim "Nelkenkönig" (1994).
Zu seinen letzten Aktivitäten vor dr TV-Kamera zählt der Film "Ein Unvergessliches Wochenende
in
Kanada" (1995) sowie der auf dem "Estonia"-Unglück2)
basierende SAT 1-Thriller "Fähre in den Tod"2) (1996), wo er den Leiter der Untersuchungskommission Herwegh mimte
→ Übersicht TV-Produktionen.
Hellmut Lange (Redakteur) mit Hannelore Elsner
(Journalistin Helenka)
in dem TV-Spiel "Das Rätsel von Piskov"1) (1969)
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR
Media Services; © SWR
|
Sein Leinwanddebüt hatte Hellmut Lange 1961 als Oberscharführer Nietermann
in Werner Klinglers Drama "Lebensborn"2) gegeben, der Enthüllungsstory über die geheimnisvolle
und infame NS-Organisation bzw. das NS-Projekt "Lebensborn"2)
gegeben, es folgte die Rolle des Millionenerben Peter Clifton in dem
Wallace-Krimi "Der Fälscher von London"2) (1961). Horst Hächler
besetzte ihn als als amerikanischen Journalisten Peter Jordan in dem Krimi "Mord in Rio"2) (1963), Franz Peter Wirth
in "Ein Mann im schönsten Alter"2) (1964, mit
Karl-Michael Vogler)
und Michael Pfleghar in der eher missglückten Agenten-Parodie "Serenade für zwei Spione"2) (1965).
Gemeinsam mir Curd Jürgens und
Lilli Palmer stand Lange für den
humorvollen Spionagestreifen "Zwei Girls vom roten Stern"2) (1966)
vor der Kamera, mit Regisseur Jürgen Roland drehte er den Krimi "Vier Schlüssel"2) (1966),
im gleichen Jahr tauchte er als FBI-Agent Claus van Dongen in dem
deutsch-italienischen Agententhriller "Im Nest der gelben Viper"2)
(1966, "F.B.I. operazione vipera gialla") auf. Weitere Kinoproduktionen waren beispielsweise
das Spielfilm-Debüt "Mädchen, Mädchen"2) (1967)
von Regisseur Roger Fritz2), die Konsalik-Verfilmung "Liebesnächte in der Taiga"2) (1967)
sowie Franklin J. Schaffners Oscar-prämierte Hollywood-Produktion "Patton"2) (1970,
Patton Rebell in Uniform) über den US-General George S. Patton,
unter anderem mit George C. Scott2)
(Patton) und Karl Malden
(General Omar N. Bradley2)).
Danach war Lange als Untersuchungsrichter in Ottokar Runzes Gerichtsdrama "Das Messer im Rücken"2) (1975),
als Gordon Hamilton in Eugen Yorks Gangsterstreifen "Das
Gesetz des Clans"2) (1977) sowie in Hans-Jürgen Syberbergs kontrovers diskutiertem
Sieben-Stunden-Epos "Hitler ein Film aus Deutschland"2) (1978)
als Hitlers Kammerdiener, Goebbels-Puppenspieler und SS-Mann auf der
Leinwand zu sehen. Einen letzten Leinwandauftritt hatte er als Showmaster
in " Miko Aus der Gosse zu den Sternen" (1986) über
die Künstlerin über den Aufstieg der Berliner Rocksängerin Miko2)
→ Übersicht Kinofilme.
|
Einen Namen machte sich der Schauspieler auch als vielbeschäftigter Synchronsprecher; so lieh er unter anderem
Richard Harris
(1971, "Ein Mann in der Wildnis"2)),
Charlton Heston (1976, "Schlacht um Midway"2)),
Donald Sutherland (1979, "Die
Bäreninsel in der Hölle der Arktis"2)),
Roy Scheider2)
(u.a. 1983 "Das fliegende Auge"2))
und Paul Newman (1990, "Mr. & Mrs. Bridge"2))
seine markant-rauchige Stimme → mehr bei synchronkartei.de. An zahlreichen Hörspielen
war er ebenfalls beteiligt, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank
gelisteten Produktionen findet man hier.
In seinen letzten Jahren war es um Hellmut Lange stiller geworden, er
hatte sich aus der Öffentlichkeit bzw. ins Privatleben zurückgezogen und
versuchte nun ein bisschen das nachzuholen, was in den Jahren seiner
intensiven Film- und Fernseharbeit auf der Strecke geblieben war: Familie, Freunde, Gartenarbeit und gute Bücher lesen.
Szenenfoto aus dem Katastrophendrama " Fähre in den Tod"
Foto freundlicherweise zur Verfügung gestellt von "Pidax
film",
welche die Produktion am 10. Juli 2013 auf DVD herausbrachte.
|
Im Oktober 2009 wurde bekannt, dass Hellmut Lange an Demenz erkrankt sei;
am 13. Januar 2011 starb der populäre Schauspieler nach längerer
Krankheit wenige Tage vor seinem 88. Geburtstag in Berlin. Die letzte
Ruhe fand er auf dem Südwestkirchhof
Stahnsdorf2) der brandenburgischen
Gemeinde Stahnsdorf2) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Der Mann mit dem im vorgerückten Alter markant zerfurchten Gesicht war seit 1958 mit Ehefrau Ingrid, einer Lehrerin, verheiratet und Vater von Tochter Katharina und Sohn
Tobias. Sohn Jonas kam 1965 mit nur drei Jahren bei einem tragischen Unglücksfall ums
Leben, er ertrank beim Angeln in dem bayerischen Flüsschen Würm2).
|