Kommissar Maigret
Inspector Maigret
Als der in Belgien geborene berühmte Krimi-Autor Georges Simenon1) (1903 – 1989) in der Erzählung "Pietr le letton" (1931, Maigret und die Zwillinge) erstmals den "Inspektor Maigret" als Hauptfigur einführte, ahnte er wohl noch nicht, welchen Siegeszug diese Figur antreten würde. Im Laufe der Jahre folgten insgesamt 103 Romane und Erzählungen, in denen der Pariser Kommissar Jules Maigret mit schweren Kriminalfällen konfrontiert wird, die er mehr durch Menschenkenntnis und Intuition als durch Logik löst. Bereits Anfang der 1930er Jahre wurden die spannenden Geschichten auf die Leinwand gebracht, verschiedene Schauspieler wie Pierre Renoir1) (1885 – 1952), Michel Simon2) (1895 – 1975), Jean Gabin2) (1904 – 1976) oder Heinz Rühmann2) (1902 – 1994) schlüpften in den nachfolgenden Jahrzehnten in die Maske des prominenten Ermittlers.
 
Ende der 1950er Jahre entstand in Großbritannien die Fernsehserie "Inspector Maigret" mit Rupert Davies als Protagonisten, Simenon selbst soll der Schauspieler am Besten gefallen haben, da er nach seiner Vorstellung der Romanvorlage am ehesten entsprochen habe. Die BBC produzierte zwischen 1959 und 1969 insgesamt 52 schwarz-weiße Episoden zu rund 50 Minuten sowie zwei 90-minütige Specials nach Originalromanen von Georges Simenon. Das ZDF brachte am 2. Januar 1965 mit "Maigret und die Tänzerin Arlette" (Murder in Montmartre) die erste Folge dieser Serie auf den Bildschirm und "Kommissar Maigret" fand auch bei uns eine begeisterte Fangemeinde. Bis heute ist das Intro der Serie, in dem Rupert Davies zur Erkennungsmelodie von Ron Grainer1) an einer Hauswand ein Streichholz entzündet, eine der bekanntesten Szenen der britischen Fernsehgeschichte. Maigret ist Pfeifenraucher und strahlt die Gemächlichkeit eines solchen aus. Er geht mit unendlicher Geduld an die Fälle heran, verlässt sich auf seine Intuition, hakt nach und nach seine Liste der Verdächtigen ab und leistet es sich auch mal zu warten, bis jemand einen Fehler oder ein Geständnis macht. Sein Assistent Lucas (Ewen Solon) unterstützt Maigret bei der Aufklärung der Fälle. Eine wichtige Rolle in Maigrets Leben spielt seine Frau, Madame Maigret (Helen Shingler). (…) Jede Folge begann mit der Aufnahme eines Streichholzes, das sich Maigret an einer Wand anzündete, um sich ein Pfeifchen anzustecken. Die Sequenz war mit französisch anmutender Akkordeonmusik unterlegt. Die Titelmusik stammte von Ron Grainer. Weder Maigret noch seine Frau hatten in der Serie einen Vornamen. (Quelle: Das Fernsehlexikon3))

Die Krimis sind durchweg sehenswert und wie die Romanvorlagen Studien der menschlichen Natur bzw. deren niederen Instinkte. Maigret interessiert sich vor allem für die Beweggründe einer Tat und nicht, wie sie begangen wurde; wie in den Büchern stehen die Charaktere und deren letztlich zur Lösung des Falls führenden Motive im Mittelpunkt, nicht jedoch unbedingt die jeweilige Handlung. Der Erfolg der Serie war auch in Deutschland enorm, das ZDF zeigte bis auf die beiden Specials alle Folgen. In der synchronisierten Fassung lieh der Schauspieler Hans W. Hamacher1) (1920 – 2000) seinem britischen Kollegen Davies die Stimme und sprach den Kommissar Maigret. Die von Ron Grainer komponierte Titelmusik war vom ZDF merkwürdigerweise nicht übernommen worden, stattdessen wurde ein von Ernst-August Quelle1) geschaffenes Titelthema gespielt.
Zwischen 1966 und 1972 entstand in Italien die 18-teilige TV-Serie "Le inchieste del commissario Maigret" mit dem populären Gino Cervi2)
(1901 – 1974) als Kommissar Maigret → fernsehserien.de. Cervi hatte bereits ab Mitte der 1950er Jahre an der Seite von Fernandel als kommunistischer Bürgermeister Weltruhm in den "Don Camillo & Peppone"-Filmen erlangt. Die Serie um den Kommissar Maigret war Cervis letzte Arbeit vor der Kamera, aus dieser Reihe ging mit "Maigret und der Würger von Montmartre" (1967, Maigret à Pigalle) auch ein Kinofilm hervor.
 
Wie erwähnt war Simenons Romanheld bereits Anfang der 1930er Jahre visualisiert worden, einer der ersten Darsteller war der französische Schauspieler Abel Tarride4) (1865 – 1951) in "Le Chien jaune" (1932, Maigret und der gelbe Hund), gedreht nach dem gleichnamigen Roman1) aus dem Jahre 1931. Ebenfalls 1932 kam von Jean Renoir der Streifen "La nuit du carrefour" (Roman: Maigrets Nacht an der Kreuzung1)) mit seinem Bruder Pierre Renoir als "Maigret" in die Lichtspielhäuser. Der Franzose Harry Baur1) (1880 – 1943) spielte die Simenon-Figur 1933 unter der Regie von Julien Duvivier in "La tête d'un homme" (Roman: Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes1)). Richard Pottier realisierte "Picpus" (1943, Maigret contra Picpus; Roman: Maigret contra Picpus1)) mit Albert Préjean1) (1893 – 1979), der den Maigret dann noch in Maurice Tourneurs "Cécile est morte!" (1944, Sein schwierigster Fall/Roman: Maigret verliert eine Verehrerin1)) und Richard Pottiers "Les Caves du Majestic" (1945, Maigret im Hotel Majestic/Roman: Maigret und die Keller des "Majestic") mimte.
Am berühmtesten wurde jedoch neben Rupert Davies die französische Leinwandlegende Jean Gabin, der den bärbeißigen Pariser Ermittler eindrucksvoll in "Maigret tend un piège"1) (1958, Kommissar Maigret stellt eine Falle5)), "Maigret et l'affaire Saint-Fiacre"5) (1959, Maigret kennt kein Erbarmen) und "Maigret voit rouge"5) (1963, Kommissar Maigret sieht rot!) mimte. Auch der Deutsche Heinz Rühmann (1902 – 1994) machte in Alfred Weidenmanns "Maigret und sein größter Fall"5) 1966 eine gute Figur und hatte es mit einem Kunstraub zu tun → Wikipedia.
In der langlebigen französischen TV-Serie "Les Enquêtes du commissaire Maigret"5) (1967 – 1990) schlüpfte Jean Richard1) (1921 – 2001) in die Rolle des legendären Ermittlers und gab der Romanfigur über zwanzig Jahre lang ein Gesicht. Weniger erfolgreich war der Versuch von Richard Harris2) (1930 – 2002) Simenons Romanfigur authentische Züge zu verleihen, der von Paul Lynch gedrehte TV-Film "Maigret" (1988) gehört nicht unbedingt zu den Highlights der Maigret-Verfilmungen.
Weitere "Maigret"-Darsteller waren unter anderem Charles Laughton2) (1899 – 1962) in "The Man on the Eiffel Tower"6) (1949, Der Mann vom Eiffelturm), Michel Simon  in dem Episodenfilm "Brelan d'as" (1952), Eli Wallach1) in "Stan the Killer" (1952; Roman: Stan der Killer1)) und Boris Tenin (1905 – 1990) unter anderem in der russischen Produktion "Megre i staraya dama" (1974, alternativ: Maigret and the old Lady/Roman: Maigret und die alte Dame1)). Zu den neueren Verfilmungen zählte seit Anfang der 1990er Jahre die französische TV-Serie "Maigret"5) mit Bruno Crémer1), der die unorthodoxe Titelfigur bis 2005 in 54 Folgen verkörperte; in Großbritannien ermittelte 1992/93 Michael Gambon1) 12 Folgen lang in der BBC-Serie "Maigret"5). Weniger bekannt sind sicherlich die ab 1964 entstanden "Maigret"-Versionen unserer holländischen Nachbarn, der in den Niederlanden populäre Schauspieler Jan Teulings7) (1905 – 1989) klärte zwischen 1964 und 1968 insgesamt 17 Fälle, sein Kollege, der Schauspieler, Regisseur und Produzent Kees Brusse8) (1925 – 2013)) brachte sechs Folgen lang (1964/65) Verbrecher zur Strecke.
 
Bei Wikipedia kann man lesen: "Auf die Frage nach den drei besten französischen Maigret-Darstellern nannte Simenon Pierre Renoir, "weil er verstand, daß sein Vorbild ein Beamter war", Michel Simon, der den Kommissar nur in einem einzigen Film spielte, aber dies "ganz großartig", und Jean Gabin, der "dank seiner einzigartigen Persönlichkeit die Rolle ausfüllte". Demgegenüber konnte er der amerikanisierten Darstellung Jean Richards wenig abgewinnen. Von den internationalen Maigrets habe Rupert Davies alle übertroffen. Er identifizierte sich derart mit seiner Rolle, dass er sogar den Autor aufsuchte, um zu studieren, wie Maigret seine Pfeife handhabt. Als beste Madame Maigret galt Simenon keine europäische Darstellerin, sondern die Schauspielerin der japanischen Serie: "Sie entsprach meinen Vorstellungen von Maigrets Frau am besten!"
 
Eine Übersicht aller "Maigret"-Darsteller findet sich auf der englischsprachigen Website www.trussel.com.

Siehe auch www.tvder60er.de, Wikipedia sowie www.maigret.de
Weitere Links bei www.wunschliste.de und www.fernsehserien.de

Link: 1) Wikipedia (deutsch), 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 4) IMDB, 5) prisma.de, 5) fernsehserien.de, 6) Filmlexikon, 7) Wikipedia (niederländisch), 8) Wikipedia (englisch)
2) Das Fernsehlexikon: Alles über 7000 Sendungen von Ally McBeal bis zur ZDF Hitparade, von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier
(Verlag Goldmann, ISBN-10: 3442301246/ISBN-13: 978-3442301249)
 

Die Hauptdarsteller in der BBC-Serie:
Rupert Davies
Rupert Davies als Maigret in "Murder on Monday" (1962, Maigret und der Mann auf der Bank); Quelle: commons.wikimedia.org bzw. Wikipedia; Urheber: Allan Warren (www.allanwarren.com); Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren; es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen und keinen hinteren Umschlagtext. Der vollständige Lizenztext ist im Kapitel GNU-Lizenz für freie Dokumentation verfügbar.
Rupert Davies als Maigret
in "Murder on Monday" (1962,
Maigret und der Mann auf der Bank)
Quelle: Wikimedia bzw. Wikipedia
Urheber: Allan Warren*) (www.allanwarren.com)
Diese Datei ist unter der Creative Commons-Lizenz
Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported lizenziert.
Weitere Angaben zur Lizenz siehe hier
*) Link: Wikipedia, englisch
… spielte den Kommissar Jules Maigret.
 
Geboren am 22. Mai 1916 in Liverpool,
gestorben am 22. November 1976 in London.
 
Bevor Rupert Davies als "Maigret" Furore auf dem Bildschirm machte, konnte er schon auf eine beachtliche Fernsehkarriere zurückblicken, die jedoch erst spät begonnen hatte. Zunächst war er als junger Mann mit der britischen Handelsmarine zur See gefahren, hatte dann im 2. Weltkrieg als Leutnant bei der "Royal Air Force" gedient.1942 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft, gehörte zu den Internierten des durch zahlreiche Ausbruchsversuche bekannt gewordenen Stammlagers der Luftwaffe "Stalag Luft III"1) und überlebte drei missglückte Fluchtversuche; das Thema wurde später von John Sturges mit dem hochkarätig besetzten Film "Gesprengte Ketten"1) (1963, The Great Escape) aufgegriffen.
Während der Zeit im Lager entdeckte Davies sein darstellerisches Talent, einige Gefangene hatten Aufführungen organisiert, in denen er mitwirkte. Nach Kriegsende entschied er sich endgültig für die Schauspielerei und avancierte im Laufe der Jahre zu einem populären Charakterdarsteller, vor allem beim Fernsehen. Seinen größten Erfolg verzeichnete er zweifellos als Pfeife rauchender Kommissar Maigret in der gleichnamigen BBC-Serie, blieb aber auch nach dem Ende der Reihe in zahlreichen TV- und Filmproduktionen präsent. In nachhaltiger Erinnerung bleibt er beispielsweise als Monsignore Ernest Müller bzw. Gegenspieler Christopher Lees in dem Horrorstreifen "Draculas Rückkehr"1) (1968, Dracula has risen from the grave), in der von der BBC für das Fernsehen produzierten mehrteiligen Tolstoi-Adaption "Krieg und Frieden" (1972, War & Peace) sah man ihn an der Seite von Anthony Hopkins als Graf Rostow.
 
Als Rupert Davies 1976 mit nur 60 Jahren seinem Krebsleiden erlag, hinterließ er seine Ehefrau sowie die erwachsenen Söhne Timothy und Hoagy.
Die letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof von Pistyll (nahe Nefyn) im Norden von Wales → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons
 
Siehe auch Wikipedia

Weitere Filme*) mit Rupert Davies
 
Link: 1) Wikipedia

Helen Shingler … spielte Maigrets Frau, Madame Maigret.
 
Geboren am 29. August 1919 in London,
gestorben am 8. Oktober 2019.
 
Helen Shingler war die Mutter des Musikers Murray Head1) (* 05.03.1946) und des Schauspielers Anthony Head1) (* 20.02.1954), welche aus der aus der Ehe mit dem britischen Dokumentarfilmer Seafield Head († 2009) hervorgingen.
 
Weitere Filme*) mit Helen Shingler
 
Link: 1) Wikipedia
Ewen Solon … spielte Maigrets Assistenten Lucas.
 
Geboren am 7. September 1917 in Mount Eden, Auckland (Neuseeland),
gestorben am 7. Juli 1985 in Addleston (Großbritannien).
 
Bevor Ewen Solon eine beachtliche Film- und Fernsehkarriere startete, hatte er sich mit diversen Jobs über Wasser gehalten. Erste Bühnenerfahrungen sammelte er in seiner Heimat bei kleineren Theatertruppen, doch erst Ende der 1940er Jahre stellte sich allmählich der Erfolg ein, nachdem er sich in London niedergelassen hatte und in verschiedenen Theater- aber auch Filmproduktionen Fuß fassen konnte. Populär wurde Solon nicht zuletzt durch die BBC-Serie "Inspector Maigret", auch nach dem Ende der Reihe übernahm er zahlreiche Aufgaben vor der Kamera, arbeitete mit berühmten Kollegen wie Anthony Quinn, Christopher Lee, Peter Cushing, Richard Attenborough oder Robert Mitchum zusammen.
 
Siehe auch die englischsprachige Website www.ewensolon.com sowie Wikipedia (englisch)

Weitere Filme*) mit Ewen Solon

*) Link: Internet Movie Database
Lizenz Foto Rupert Davies (Urheber Allan Warren): Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren; es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen und keinen hinteren Umschlagtext. Der vollständige Lizenztext ist im Kapitel GNU-Lizenz für freie Dokumentation verfügbar.
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