Das
Projekt ist der Bau eines Einfamilienhauses mit zwei Stockwerken und Keller
mit einer Grundfläche von 100 Quadratmetern.
Als Baumaterial werden Ziegelsteine verwendet.
Der Architekt kalkuliert wie folgt: Das letzte Bauvorhaben (eine
Doppelgarage) hatte eine Grundfläche von 25 Quadratmetern; verbraucht
wurden 1.000 Ziegel. Die Baukosten betrugen 10.000 DM, was einen Preis von
zehn DM pro Ziegel bedeutet. Das neue Haus hat die vierfache Grundfläche
und die doppelte Höhe - dies bedeutet 8.000 Ziegel oder 80.000 DM
Baukosten.
Das Angebot von 80.000 DM erhält den Zuschlag und der Bau beginnt. Da die
Maurerkolonne ausgelastet sein will, wird beschlossen, immer nur ein Zimmer
zu konstruieren und gleich anschließend zu bauen. Das hat den Vorteil, dass
die Planungs- und die Ausführungsgruppe immer ausgelastet sind. Weiter wird
beschlossen, mit den einfachsten Sachen anzufangen, um möglichst schnell in
die Bauphase einsteigen zu können. Das Schlafzimmer scheint dafür am
besten geeignet zu sein.
Das Schlafzimmer wird zu schnell fertig und die Planungen für die Küche müssen
unterbrochen werden. Da im Zusammenhang mit der Küche bereits am Esszimmer
geplant wurde (Durchreiche zur Küche), wird dieses, um die Bauarbeiten
fortführen zu können, als nächstes in Angriff genommen.
Schritt drei in der Fertigstellung ist das Wohnzimmer. Als auch dieses
fertig ist, stellt sich heraus, dass die Planungen für Küche und Bäder
doch mehr Zeit in Anspruch nehmen als geschätzt. Da der Bauherr auch
"endlich" mal was Konkretes sehen will, wird eine Seite der
Fassade komplett hochgezogen, um den Eindruck des fertigen Hauses zu
vermitteln.
Um das Dach montieren zu können, wird die andere Seite der Fassade
ebenfalls hochgemauert. Da hier noch keine Planung vorliegt, können leider
keine Fenster und Türöffnungen berücksichtigt werden. Man ist aber überzeugt
davon, diese ohne größere Probleme später herausbrechen zu können.
Leider ist damit auch die Grundfläche des Hauses festgelegt.
Damit ergibt sich der Zwang, die Küche in den ersten Stock verlegen zu müssen.
Statt der geplanten Durchreiche wird nun ein Speiseaufzug eingebaut, was das
Projekt erheblich verteuert. Dadurch haben sich trotz beständigen Arbeitens
unter Hochdruck die Bauarbeiten verzögert, so dass der Hausherr (der seine
alte Wohnung gekündigt hatte) gezwungen ist, in das erst halbfertige Haus
einzuziehen. Als besonders nachteilig erweist sich das Fehlen von Elektro-
und Sanitäranschlüssen. Letzteres Problem wird durch Anmieten eines
Toilettenwagens (Kosten 170 DM pro Tag) vorläufig endgültig überbrückt.
Alle anderen Arbeiten werden gestoppt, um vorrangig die
Elektroinstallationen vorzunehmen, schon allein wegen der fehlenden Fenster.
Mit Hilfe externer Kräfte (1.500 DM pro Tag) wird die Elektronik in kürzester
Zeit verlegt, allerdings auf Putz, um "saubere Schnittstellen" für
die noch nicht geplanten Hausteile zu schaffen.
Im Alltagsbereich stellt
sich als nachteilig heraus, dass das Wohnzimmer als zuerst gebauter Hausteil
als einziges Zimmer zur Straße hin liegt.
Damals war dies die einfachste Lösung (kurzer Transportweg der
Ziegelsteine), die Haustür hierhin zu legen, so dass das Haus vom
Wohnzimmer aus betreten werden muss. Dies erscheint dem Hausherrn ganz und
gar unerträglich; als Lösung wird ein Teilabriss erwogen. Dagegen spricht,
dass bereits 250.000 DM verbaut sind und der Bauherr samt Familie übergangsweise
in ein Hotel ziehen müsste.
Die Tür nach hinten zu versetzen, erforderte, ein Loch in die Fassade zu
brechen. Im Hinblick auf die unsichere Statik wird davon Abstand genommen.
So wird das Haus bis zum ersten Stock von außen mit Erde aufgeschüttet.
Das ursprünglich geplante Badezimmer wird zum Flur umfunktioniert - die
Toilettenwagen-Lösung hat sich inzwischen etabliert.
Weiterer Vorteil:
auf den Fensterdurchbruch im ehemaligen Erdgeschoss kann verzichtet werden.
Das Erdgeschoss wird zum Keller, der Dachgarten als Wohnzimmer umgebaut und
aus Kostengründen (und um eine endgültige Lösung nicht von vornherein zu
verbauen) mit Planen provisorisch abgedeckt. Kostengründe sind es auch, die
das Projekt an dieser Stelle beenden. Alles weitere wird auf eine spätere
Realisierungsphase verschoben.
Fazit:
Der Bauherr hat zwar etwas ganz anderes bekommen, als er eigentlich wollte.
Aber immerhin hat er überhaupt etwas bekommen, auch wenn er statt der
geplanten 80.000 DM nun immerhin ganze 440.000 DM hingelegt hat.
Der Architekt hat seine Truppe ständig ausgelastet und mit Hochdruck und überstunden
gearbeitet. Wie vorgesehen, wurden 8.000 Ziegelsteine verbraucht, was
beweist, dass seine Schätzung im Prinzip richtig war. Seine aktualisierte
"Cost-Data-Base" weist nun einen Preis von 55 DM pro Ziegel aus,
was bei der nächsten Garage einen Angebotspreis von 55.000 DM ergibt.
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