Filmografie (Auszug) |
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Arletty wurde am 15. Mai 1898 in der französischen Stadt Courbevoie1)
(Département
Hauts-de-Seine1)) als Léonie Marie Julie Bathiat
geboren. Sie stammte aus einfachen Verhältnissen, die Mutter war Wäscherin, der Vater
Bergmann (andere Quellen sprechen von Straßenbahnfahrer). Zunächst arbeitete
die junge Léonie nach dem Schulbesuch in einer Fabrik, dann als Sekretärin
und Fotomodell. 1918 trat sie 20-jährig unter dem Namen
"Arletty" erstmals als Sängerin in einer Pariser Music-Hall in
Erscheinung und war dann ab 1919 in komischen Rollen auf der Bühne zu
sehen. Ihr Leinwanddebüt gab sie mit einem kleinen, ungenannten Part in dem
von René Hervil (1881 1960) nach dem Roman von Albert Dieudonné1) gedrehten
Streifen "La douceur d'aimer" (1930). Nach
Auftritten mit Haupt- und Nebenrollen unter der Regie namhafter Filmemacher
wie Raymond Bernard1),
Jacques Feyder1) oder
Sacha Guitry1) in einer
Reihe französischer Filmproduktionen, gelang ihr erst durch die von Marcel Carné1)
(1906 1996)
inszenierten, bzw. dessen dem "Poetischen Realismus"1)
zuzuordnenden Werken der Durchbruch zum gefeierten Leinwandstar: Ihre Figur der
Prostituierten Madame Raymonde, Geliebte des Zuhälters Monsieur Edmond (Louis Jouvet1)) in dem nach dem Roman von Eugène Dabit1)
realisierten Melodram
"Hôtel du Nord"1) (1938) wurde
legendär. "Ein streckenweise arg sentimentales Liebesdrama mit einigen dramaturgischen Schwächen, das aber durch großartige Charakterzeichnungen, hervorragende Schauspieler und die Echtheit des Milieus der Pariser
Banlieue1) fesselt. Ein bedeutendes Werk des poetischen Realismus im französischen Film der
1930er Jahre." notiert filmdienst.de.
Auch mit der Rolle der Clara, Ex-Geliebte des Hunde-Dompteurs Valentin (Jules Berry1)) fand sie in
dem mit Jean Gabin als Arbeiter François, der sich in "Le jour se lêve"1) (1939,
"Der Tag bricht an") nach der Erschießung eines Mannes
in seinem Dachzimmer in einem Pariser Mietshaus verbarrikadiert hat, viel Beachtung alles Filme, in denen sie unerreichbare und zugleich
unglücklich liebende Frauen darstellte. In ihrem Heimatland hatte Arletty großen
Erfolg und gehörte zwischen 1938 und 1944 zu den bestbezahlten
Filmschauspielerinnen Frankreichs, wurde bald wegen ihrer erotischen Ausstrahlung
mit Greta Garbo und
Marlene Dietrich in einem Atemzug genannt.
Als Komödiantin, wiederholt als Partnerin von Michel Simon, leistete die
Heroine ebenfalls Überragendes. Arletty verzauberte auf der Leinwand mit einer
ungewöhnlichen Mischung aus Sinn für Humor und ihrer romantischen
Schönheit. Nun überwiegend als Protagonistin besetzt, glänzte Arletty unter anderem in "Madame sans-gêne" (1941) als Catherine Hübscher1), später Gattin des Offiziers François-Joseph Lefebvre1) (Henri Nassiet1)), genannt "Madame Sans-Gêne", gedreht von Roger Richebé1) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Victorien Sardou1) und Émile Moreau (1877 1959) mit Albert Dieudonné1) in der Rolle des Napoléon Bonaparte1). Eine höchst mysteriöse und androgyne Lautenspielerin Dominique, Partnerin von Gilles (Alain Cuny1)) und in in Wahrheit Abgesandte des Teufels (Jules Berry1)), verkörperte sie einmal mehr unter der Regie von Marcel Carnè in "Les visiteurs du soir"1) (1942, "Die Nacht mit dem Teufel"). "Die große stilistische Meisterschaft Carnés erweist sich hier selbst als eine "teuflische List", die in der Zeit der Okkupation1) Regisseure zu mittelalterlichen Stoffen greifen ließ, um sehr verschleiert künstlerisch Widerstand zu leisten. Besonders erwähnenswert: die außergewöhnlichen Dekors von Wakhévitch1) und Trauner1) und die pointierten Dialoge." urteilt filmdienst.de. In einem weiterem Meisterwerk Carnès, der 190-minütigem Romanadaption "Les enfants du paradis"1) (1943/44), "Kinder des Olymp"), schrieb sie ebenfalls Filmgeschichte, diesmal als die schöne Garance, die ihren Geliebten, den Anarchisten und Gauner Pierre-François Lacenaire1) (Marcel Herrand1)), verlässt und auf den von Jean-Louis Barrault1) dargestellten Pantomimen Jean-Gaspard Deburau1) trifft, der sich leidenschaftlich nach ihr verzehrt doch Garance beginnt eine Affäre mit dem Schauspieler Frédérick Lemaître1) (Pierre Brasseur1)), entscheidet sich schließlich für den reichen Grafen de Montray (Louis Salou; 19021948). "Der Film gilt als einzigartiges Kunstwerk trotz der schwierigen Umstände, unter denen er im besetzten Frankreich nach dem Waffenstillstand von Compiègne1) entstanden ist und entfaltet noch heute seine Wirkung. Bemerkenswert sind neben der dramatischen Stringenz und der eindrücklichen Darstellung Arlettys, Jean-Louis Barraults und anderen die alles durchdringende melancholische Poesie, unterstützt von dem von Alexandre Trauner1) entworfenen historischen Straßenbild, für das der Boulevard du Temple1) rekonstruiert wurde." kann man bei Wikipedia lesen. Der Arletty-Biograf Klaus Harpprecht1) (1927 2016) merkt zu dem Film an: "Les enfants du paradis" 1947 in den Kinos unserer Ruinenstädte zu sehen, empfanden auch die Deutschen als ein überwältigendes Ereignis, das der niemals ganz verschütteten Liebe zur Kultur des Nachbarn zusammen mit den Werken von Camus1) und Sartre1), den Bühnenstücken von Anouilh1) eine enthusiastische Renaissance bescherte."2) Die Uraufführung des dramatischen Liebesfilms fand einige Monate nach der Befreiung von Paris1) am 9. März 1945 ohne die Hauptdarstellerin Arletty in Paris statt. Zu dieser Zeit hatte die Schauspielerin bereits seit Mitte Oktober 1944 eine Haftstrafe verbüßt, zunächst einige Tage im berüchtigten Sammel- und Durchgangslager Drancy1) und dann zwei Monate im "Gefängnis Fresnes"1). Man bezichtigte sie der Kollaboration mit dem Feind1) bzw. während der deutschen Besetzung Frankreichs1) eine Liebesbeziehung mit dem zehn Jahre jüngeren deutschen Luftwaffenoffizier Hans-Jürgen Soehring1) (1908 1960) gehabt zu haben. Später stellte man sie 18 Monate in der Nähe von Paris unter Hausarrest, erst ab 18. März 1946 konnte sie sich wieder frei bewegen und nach Paris zurückkehren. 1946 sprach ein Säuberungskomitee ("comité d’épuration") eine Rüge gegen sie aus und verhängte ein dreijähriges Berufsverbot. Für das liberale Frankreich geriet der Star zu einer Symbolfigur des Verrats, sie wurde als "horizontale Kollaborateurin" ("collaboration horizontale") bezeichnet und sollte dafür "bezahlen". "1949 erfolgte die Trennung von Soehring. Ihre Haltung im Krieg rechtfertigte sie mit einem Zitat aus "Hôtel du Nord"1):"Mon cœur est français, mais mon cul est international." Mein Herz ist französisch, aber mein Hintern ist international." Die Reaktion ihrer Umgebung kommentierte sie mit den Worten: "Ich war die meisteingeladene Frau, nun bin ich die Meistausgeladene." "J’étais la femme la plus invitée, je suis la plus évitée.".3) Die Freundschaft zu Soehring hielt übrigens bis zu dessen Tod im Jahre 1960, als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Demokratischen Republik Kongo1) kam er am 9. Oktober 1960 auf bis heute ungeklärte Weise bei einem Ausflug im Fluss Kongo1) ums Leben. Die Karriere der Arletty war vorerst unterbrochen, beim Film konnte sie zunächst nicht mehr Fuß fassen und zog sich in ihr Haus auf der "Belle-Île"1) vor der Südküste der Bretagne1) zurück. Ihre erste Arbeit vor der Kamera nach Kriegsende war der von Marcel Carnè1) gedrehte Streifen "La fleur de l'âge" (1947), der jedoch unvollendet blieb. Erwähnenswert ist der von Bernard-Roland (1910 1987) in Szene gesetzte, melodramatische Thriller "Portrait d'un assassin" (1949), in dem sie als Martha, Ehefrau des Motorrad-Akrobaten Jean Fabius (Pierre Brasseur1)) in Erscheinung trat, der diese los werden will; María Montez1) spielte die niederträchtige Zirkus-Direktorin Lucienne de Rinck, Erich von Stroheim Luciennes ehemaligen Geliebten, den nach einem Unfall gelähmten Artisten Eric → film.at. Sie widmete sich in den nachfolgenden Jahren vor allem Arbeit am Theater und trat in zahlreichen Stücken, unter anderem von Tennessee Williams1) oder Jean Cocteau1) auf. So glänzte sie beispielsweise 1949 als Blanche in dem Williams-Drama "Endstation Sehnsucht"1), 1954/55 als Tante Alicia de Saint-Efflam in "Gigi", der Bühnenversion des gleichnamigen Erfolg-Romans von Colette1) oder zuletzt seit Mitte September 1966 am Parisr "Théâtre des Ambassadeurs" als die ehemalige Schauspielerin Esther in "Les monstres sacrés" von Jean Cocteau in einer Inszenierung von Henrir Rollan (1888 1967); das Kostüm zu dieser Rolle kreierte der Modeschöpfer Yvesr Saintr Laurent1). Vor der Filmkamera stand Arletty seit den 1950ern eher sporadisch, machte mit prägnanten Haupt- und Nebenrollen auf sich aufmerksam und feierte in einigen Produktionen ein beachtenswertes Comeback. So brillierte sie beispielsweise als die lesbische Postangestellte Inès in der von Jacqueline Audry1) nach dem Drama "Huis clos"1) von Jean-Paul Sartre1) (auch Drehbuch mit Pierre Laroche (19021962)) inszenierten Spielfilm "Huis-clos"4) (1954, "Geschlossene Gesellschaft") an der Seite von Gaby Sylvia1) als die reiche Estelle und Franck Villard (1917 1980) als der Journalist Joseph Garcin. Zum wiederholten Male besetzte sie Marcel Carné1) in dem nach der Vorlage "La choute" von Jacques Viot (1898 1973) entstandenen Boxerfilm "L'air de Paris"1) (1954, " Die Luft von Paris"), hier zeigte sie sich als Blanche, Ehefrau des gealterten Box-Trainers Victor Le Garrec (Jean Gabin), der den jungen Amateur-Boxer Andre Menard (Roland Lesaffre; 19272009) unter seine Fittiche nimmt. In der Komödie "Un drôle de dimanche"4) (1958, "Leben und lieben lassen") mit Bourvil als der von seiner Frau Catherine (Danielle Darrieux) verlassene Jean Brévent mimte sie unter der Regie von Marc Allégret1) die Juliette Armier, Theaterlehrerin, Vermieterin und gute Freundin von Jean. Nach einem Roman von Henri Duvernois1) entstand unter der Regie von Henri Verneuil1) das Melodram "Maxime"4) (1958, "Die Affären von Madame M.") mit Charles Boyer als Maxime Cherpray und Michèle Morgan als Jacqueline Monneron, in dem sie sich mit der Nebenrolle der Gazelle, ehemalige Geliebte des Generals (André Brunot; 18791973) präsentierte. In dem von Ken Annakin1), Andrew Marton1) und Bernhard Wicki aufwendig gedrehten Kriegsfilm "The Longest Day"1) (1962, "Der längste Tag") über den so genannten "D-Day"1) der "Operation Overlord"1) gehörte sie als Madame Barrault zur französischen Schauspieler-Riege, in dem von Jacqueline Audry1) inszenierten Streifen "Les petits matins"1) (1962, "Wir bitten zu Bett") mit unter anderem Bernard Blier als der Autofahrer Monsieur Rameau, auf den die Protagonistin bzw. junge, belgische Anhalterin Annette (Agathe Aëms) während ihrer Reise trifft, tauchte sie als Rameaus Geliebte Gabriele auf. Zu ihren letzten Kinofilmen zählte unter der Regie von Gilles Grangier1) die amüsante Geschichte "Le voyage à Biarritz" (1962) nach einem Theaterstück von Jean Sarment (1897 1976) mit Fernandel als Bahnhofsvorsteher Guillaume Dodut, der seit Jahrzehnten von einer Reise nach Biarritz träumt, und ihrer Figur der Fernande, Betreiberin des Bahnhofs-Cafés → Übersicht Filmografie (Auszug). Nach einem Unfall zunehmend erblindet, zog sich Arletty Mitte der 1960er Jahre als Darstellerin von der Bühne und vom Film zurück, beteiligte sich jedoch noch mitunter als Sprecherin in Kurzfilmen oder Dokumentationen. Ihre Memoiren veröffentlichte sie 1971 "unter dem mehrdeutigen Titel "La défense", der einerseits als Hinweis auf ihre volkstümliche Herkunft aus Courbevoie, einem Vorort von Paris, der später teilweise im Hochhausviertel "La Défense"1) aufging, gedeutet werden kann, andererseits als Titel einer Verteidigungsschrift in Anspielung auf ihre umstrittene Lebensführung in der deutschen Besatzungszeit."3) Mit "Je suis comme je suis" setze sie 1987 ihre Erinnerungen fort. Die einst gefeierte Schauspielerin starb am 24. Juli 1992 im hohen Alter von 94 Jahren in ihrer Wohnung in Paris1). Nach der Einäscherung im Krematorium des Friedhof "Père Lachaise" wurde die Urne mit den sterblichen Überresten auf dem "Nouveau Cimetière" ihrer Geburtsstadt Courbevoie in dem Bathiat-Familiengrab beigesetzt → findagrave.com, Canal Saint-Martin"1) vorbei und hielt vor dem "Hôtel du Nord", dem Namensgeber ihres berühmten Films mit dem dem von der empörten Madame Raymonde (Arletty) als Reaktion auf Edmonds Feststellung, er brauche eine andere Atmosphäre, viel zitierten Satz "Atmosphère! Atmosphère! Est-ce que j’ai une gueule d’atmosphère?", in der deutschen Synchronfassung "Atmosphäre? Atmosphäre? Sehe ich etwa aus wie 'ne Atmosphäre?". "Zwischen 1981 und 1993 wurde jährlich der von der Schauspielerin Fanny Vallon ins Leben gerufene "Prix Arletty"1) an verdiente Bühnenschauspielerinnen, -regisseurinnen und -autorinnen verliehen. Zur Jury, die über die Vergabe entschied, gehörten Pierre Arditi1), Micheline Presle1), Gérard Depardieu1), Marie-Christine Barrault1), Bernadette Lafont1) und andere; ausgezeichnet wurden unter anderem Brigitte Jaques-Wajeman, Dominique Blanc1), Zabou Breitman1), Christine Murillo, Marie Trintignant1) und Fatima Gallaire1)." vermerkt Wikipedia. Von dem deutschen Schriftsteller und Journalisten Klaus Harpprecht1) (1927 2016) erschien Anfang Mai 2011 im Frankfurter "S. Fischer Verlag" das Buch "Arletty und ihr deutscher Offizier. Eine Liebe in Zeiten des Krieges". "Harpprecht schildert mit großer Leidenschaft eine schillernde deutsch-französische Geschichte, ein Leben voller Glamour, aber auch stiller Momente" notierte br-online.de.; siehe auch die Buchbesprechungen bei "Deutschlandradio" und www.stern.de. Eine historische Bogenbrücke/Fußgängerbrücke über den "Canal Saint-Martin"1) im 10. Arrondissement1) von Paris wurde 2022 mit "Passerelle Arletty" nach ihr benannt → Foto bei Wikimedi Commons. Das Haus Nr. 14 in der Rue de Rémusat (16. Arrondissement1)), in dem Arletty von 1969 bis zu ihrem Tod in einer Sozialwohnung der Stadt Paris lebte, trägt ihr zu Ehren eine Erinnerungsplakette → Wikimedia Commons. Regisseur Arnaud Sélignac1) drehte den Fernsehfilm "Arletty, une passion coupable" (2015) über die Liebesbeziehung zwischen Arletty und Hans-Jürgen Soehring1) mit Laetitia Casta1) in der Titelrolle und Ken Duken1) als Hans Jürgen Soehring → filmstarts.de, IMDb. "Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität stand Arletty berühmten Malern Modell, darunter Georges Braque1), Moise Kisling1) und Henri Matisse1). Von 1937 bis 1939 unterhielt sie eine Liebesbeziehung zu David Mdivani1), den sie 1937 in Venedig kennenlernte. Sie soll 1939 von ihm schwanger gewesen sein. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen1) in Frankreich lebte sie 1940 mit der Schriftstellerin und Widerständlerin Antoinette d’Harcourt (1909 1958) in Collioure1) im unbesetzten Teil Frankreichs." (Quelle: Wikipedia) |
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Siehe auch Wikipedia,
fembio.org,
cyranos.ch Fotos bei Wikimedia Commons, virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com |
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Fremde Links: 1) Wikipedia, 4) filmdienst.de 2) Quelle: Zitiert nach Klaus Harpprecht: "Eine Liebe in Zeiten des Krieges", in DIE ZEIT (30.07.2009) → www.zeit.de bzw. 3) Quelle Wikipedia aus Klaus Harprecht: "Arletty und ihr deutscher Offizier. Eine Liebe in den Zeiten des Krieges" (Frankfort, 2011) |
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