Filmografie (Auszug)
Bernard Blier wurde am 11. Januar 1916 in Buenos Aires1) (Argentinien) als Sohn eines namhaften, am "Institut Pasteur"1) beschäftigten französischen Biologen geboren. Nach dem Besuch des Pariser Gymnasiums "Lycée Condorcet"1) sowie einem Studium an der "Sorbonne Université"1), promovierte Blier zum Doktor der Philosophie. Bereits während der Studienzeit interessierte er sich für das Theater, nahm nach dreimaliger Ablehnung Schauspielunterricht bei Raymond Rouleau1) (1904 – 1981) und Louis Jouvet1) (1887 – 1951) sowie am "Pariser Konservatorium"1). 1936 gab Blier dann sein Theaterdebüt und spielte bereits kleinere Nebenrollen beim Film, der Erfolg wollte sich jedoch trotz einiger prägnanter Parts wie in den von Marcel Carné1) in Szene gesetzten Dramen  "Hôtel du Nord"1) (1938) und "Le jour se lève"1) (1939, "Der Tag bricht an") nicht so recht einstellen; in letztgenannter Produktion zeigte er sich an der Seite von Jean Gabin, mit dem er im Verlaufe der Jahrzehnte noch öfter vor der Kamera stehen sollte.
Bliers beginnende Leinwandkarriere wurde dann unterbrochen, während des 2. Weltkrieges kämpfte Blier für Frankreich und geriet 1940 für kurze Zeit in deutsche Kriegsgefangenschaft.

Nach Kriegsende konnte er seine Laufbahn als Filmschauspieler wieder aufnehmen, stand zum Teil für sechs oder sieben Filme pro Jahr vor der Kamera und avancierte vor allem in Frankreich aber auch Italien bald zu einem der beliebtesten Charakterdarsteller. Erste Aufmerksamkeit erregte er unter anderem als Antoine Charbonnel, Freund des von Jean-Louis Barrault1) dargestellten Komponisten Hector Berlioz1), in dem von Christian-Jaque1) gedrehten Biopic "La symphonie fantastique"1) (1942, "Symphonie der Liebe") oder als Schmuggler Remendado in der Adaption "Carmen"2) (1943/44), ebenfalls realisiert von Christian-Jaque nach dem Roman "Carmen"1) von Prosper Mérimée1) mit Viviane Romance1) als Carmen und Jean Marais als Don José. Eine seine ersten bedeutenden Rollen erhielt Blier unter der Regie von Jean Gehret (1900 – 1956) und Henri Decoin1) als Julien Couturier, Ehemann von Louise (Blanchette Brunoy; 1915–2005) in dem Melodram "Le café du Cadran"2) (1947, "Café Cadran") sowie als der unter Mordverdacht stehende Klavierspieler Maurice Martineau und Ehemann von Marguerite (Suzy Delair1)), die unter dem Künstlername "Jenny Lamour" als Chansonsänger in einem Pariser Varieté-Cabaret auftritt, in dem Henri-Georges Clouzot1) nach dem Roman "Légitime Défense" von Stanislas-André Steeman (1908 – 1970) inszenierten Thriller bzw. "Film Noir"1)-Klassiker "Quai des Orfèvres"1) (1947, "Unter falschem Verdacht"). Ein Jahr später tauchte Blier in einem weiteren Film Noir auf mimte für Yves Allégret1)1) in "Dédée d'Anvers"1) (1948, "Die Schenke zum Vollmond") nach dem Roman von Henri La Barthe (1887   1963) den Nachtklub-Besitzer Monsieur René, der der jungen Animierdame Dedée (Simone Signoret) still ergeben ist.
In unzähligen französischen und italienischen Filmen allen Genres spielte Bernard Blier stets überzeugend verschiedenste prägnante Haupt- und Nebenrollen, die dank seiner Ausdrucksfähigkeit zu ganz besonderen Charakterstudien gerieten. Der Mann "mit den Hängebacken und der Vollglatze" gab feiste Schurken, genervte Väter, einfacher Arbeiter oder rundliche Kleinbürger, die oftmals in Konflikt mit den Normen seiner Umwelt gerieten oder deren Engstirnigkeit er auf das Unangenehmste verkörperte. Mehrfach trat er als wortkarge Polizeigewaltige in Erscheinung, die sich nur ungern in ihren Entscheidungen beeinflussen lassen. Zur Filmografie der 1950er und 1960er Jahre zählen Produktionen wie das Justiz-Drama "Dossier noir"1) (1955, "Die schwarze Akte"), die Verfilmung "Le joueur"1) (1958, "Das Spiel war sein Fluch") nach dem Roman "Der Spieler"1) von Fjodor Dostojewski1) mit Gérard Philipe als Hauslehrer Alexej Iwanowitsch und seinem Part des Vaters von Polina Sagorianski (Liselotte Pulver) oder die ganz auf Jean Gabin zugeschnittene, amüsante Geschichte "Archimède, le clochard" (1959, "Im Kittchen ist kein Zimmer frei"). Beispielsweise zeigte er sich in dem Kriegsfilm "La grande guerra"1)  (1959, "Man nannte es den großen Krieg") als Capitano Castelli, in dem Drama "Il Gobbo"1) (1960, "Der Bucklige von Rom") neben Gérard Blain1) in der Rolle der titelgebenden Figur des "Buckligen" Alvaro als der Polizeichef oder in "Le président"1) (1961, "Der Präsident") nach dem Roman von Georges Simenon1) einmal mehr zusammen mit Jean Gabin als der aufstrebende Politiker Philippe Chalamont, der zum nächsten Premierminister bzw. Nachfolger des ehemaligen Ministerratspräsident Émile Beaufort (Gabin) berufen werden soll. Herausragend war seine Figur des bigotten Apothekers Grégoire Duval, Ehemann von Geneviève (Danièle Delorme1)), der in dem von Georges Lautner1) gedrehten Kriminaldrama "Le septième juré"1) (1961, "Der siebte Geschworene") nach dem Roman von Francis Didelot (1902 – 1985) als Geschworener im Prozess gegen den Mordverdächtigen Sylvain Sautral (Jacques Riberolles; 1929–1982) eingesetzt wird, jedoch selbst der Mörder ist. "Mit Mühe erreicht er einen Freispruch, es gelingt ihm jedoch nur unvollkommen, die eigene Schuld zu sühnen. Zwar reichlich konstruierter, aber spannender Kriminalfilm, der ein kritisches Bild provinzieller Enge entwirft und die Doppelmoral seines Helden als Produkt einer maroden Gesellschaft auszugeben versucht." notiert filmdienst.de.
  
"Der siebte Geschworene": Szenenfoto mit Bernard Blier mit freundlicher Genehmigung von "Pidax Film", welche den Krimi am 11. Januar 2024 auf DVD herausbrachte.

"Der siebte Geschworene": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von "Pidax Film", welche den Krimi am 11. Januar 2024 auf DVD herausbrachte.

Abbildung Szenenfoto mit Bernard Blier  sowie Abbildung DVD-Cover
mit freundlicher Genehmigung von "Pidax Film", welche den
Krimi am 11. Januar 2024 auf DVD herausbrachte.

In dem Streifen "Les petits matins1) (1962, "Wir bitten zu Bett") kam er als der Autofahrer Monsieur Rameau daher, auf den die Protagonistin bzw. junge, belgische Anhalterin Annette (Agathe Aëms) während ihrer Reise trifft, in dem Abenteuer "Cent mille dollars au soleil" (1963, "100.000 Dollar in der Sonne" als Mitch-Mitch, Kumpel der Lkw-Fahrer Rocco (Jean-Paul Belmondo) und Hervé Marec (Lino Ventura), oder in "Il magnifico avventuriero"3) (1963, "Mit Faust und Degen), angelehnt an das Leben des von Brett Halsey1) dargestellten italienischen Goldschmieds und Bildhauers Benvenuto Cellini1) (1500–1571), als Papst Clemens VII.1). In dem Proletarier-Drama "I compagni"1) (1963," Die Peitsche im Genick") mit Marcello Mastroianni als der polizeilich gesuchte, sozialistische Aufwiegler Professor Sinigaglia gehörte Blier als Arbeiter Martinetti zur Besetzung, in der amüsanten Story "Le grand restaurant"1) (1966, " Scharfe Kurven für Madame")  mit Louis de Funès als der Pariser Gastronom Monsieur Septime war er der dienstbeflissene Kommissar. Als fürsorglicher "Metzgerkönig" Monsieur Léon Dessertine präsentierte er sich in der nach dem Roman (dt. "Ein Idiot in Paris") von René Fallet1) entstandenen Komödie "Un idiot à Paris"1) (1967, "Die Dirne und der Narr") an der Seite von Jean Lefebvre1) in der Rolle des harmlos-tumben Landarbeiters Goubi und Dany Carrel1) als die Prostituierte Juliette, genannt "Blümchen", in "Mon oncle Benjamin"1) (1969, "Der Mann im roten Rock") nach Motiven des Romans "Mein Onkel Benjamin"1) von Claude Tillier1) mit Jacques Brel als der Protagonist Landarzt Dr. Benjamin Rathery trat er als der niederträchtige Marquis de Cambyse in Aktion.
Erneut mit Louis de Funès stand er für die turbulente Krimikomödie "Jo"1) (1971, "Hasch mich, ich bin der Mörder") nach dem Bühnenstück "The Gazebo" von Alec Coppel1) vor der Kamera und mimte den Inspektor Ducros. Seine komödiantische Ader konnte der Schauspieler auch in Kassenschlagern an der Seite von Pierre Richard ausleben, so herrlich als genervter Werbeagentur-Besitzer Guiton in dem von Richard selbst in Szene gesetzten Streifen "Le Distrait"1) (1970, "Der Zerstreute") und als listig-bornierter Milan, rivalisierender Stellvertreter des Geheimdienst-Chefs Toulouse (Jean Rochefort) in "Le grand blond avec une chaussure noire"1) (1972, "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh") und als der kapitalistische Waffenfabrikant Monsieur Gastié-Leroy bzw. Vater von Pierre (Richard) in "Je sais rien, mais je dirai tout"2) (1973, "Ich weiß von nichts und sage alles"), ebenfalls inszeniert von Pierre Richard.
Auch in den 1970 und 1980er Jahren blieb Blier ein viel gefragter Leinwanddarsteller, zeigte sich in Produktionen wie der Komödie "Amici miei" (1975, "Ein irres Klassentreffen"), der Literaturverfilmung "Le corps de mon ennemi"1) (1976, "Der Körper meines Feindes") mit Jean-Paul Belmondo als Ex-Häftling François Leclercq oder in dem bitterbösen Krimi "Série noire"1) (1979) nach dem Roman "Ein Satansweib" ("A Hell of a Woman") von Jim Thompson1), wo er den Staplin, Chef des Handelsvertreters Franck Poupart (Patrick Dewaere1)) spielte und 1980 für seine Leistung mit einer "César"1)-Nominierung als "Bester Nebendarsteller" belohnt wurde.
Verschiedentlich wirkte Blier in Fernsehfilmen mit, so als Ingenieur Alberto Bottini in dem Sechsteiler "Cuore"4) (1984) lose nach dem gleichnamigen Roman (dt. "Herz. Ein Buch für die Jugend") von Edmondo De Amicis1) oder als Pensions-Betreiber Anselmo Paleari, Vater von Adriana (Laura Morante1)) in dem Zweiteiler "Le due vite di Mattia Pascal"4) (1985, "Die zwei Leben des Mattia Pascal") frei nach dem Roman "Mattia Pascal"1) von Luigi Pirandello1) mit Marcello Mastroianni als Schürzenjäger Mattia Pascal und Senta Berger als Clara.
In der starbesetzten Komödie "Speriamo che si femmina"1) (1986, "Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird") mit Liv Ullmann als die von ihrem Ehemann Leonardo (Philippe Noiret1)) getrennt lebende Elena Leonardi glänzte Blier als deren wirrköpfiger Onkel Gugo und wurde mit dem bedeutendsten italienischen Filmpreis "David di Donatello"1) als "Bester Nebendarsteller" ausgezeichnet. Anschließend folgten nur noch wenige Leinwandauftritte, so unter anderem als Minister Alexeï in der heiteren Geschichte "Twist Again à Moscou"1) (1986, "Twist Again in Moskau") und als der Gouverneur in "Les possèdés"5) (1988, "Die Dämonen") nach dem Roman "Die Dämonen"1) von Fjodor Dostojewski1), inszeniert von Andrzej Wajda1) unter anderem mit Omar Sharif als Schöngeist Stepan, Isabelle Huppert1) als Maria, Ehefrau von Iwan Schatow (Jerzy Radziwiłowicz), und Jutta Lampe1) als Maria Lebjadkin. Mit der Figur des Pater Caffarelli in dem von Klaus Kinski mit sich selbst in der Titelrolle des Geigenvirtuosen Niccolò Paganini1) realisierten Spielfilm "Paganini" (1989, "Kinski Paganini") verabschiedete sich Blier vom Kino-Publikum.
Der für sein facettenreiches Spiel bzw. seine Vielsitigkeit gerühnte Franzose wirkte auch in zwei Produktionen der DEFA1) mit: Der von Wolfgang Staudte1) geplante/inszenierte Spielfilm "Mutter Courage und ihre Kinder"6) (1955) nach dem gleichnamigen Bühnenstück1) von Bertolt Brtecht1) mit Helene Weigel in der Titelrolle und Bliers Part als der Feldkoch blieb jedoch unvollendet, aufgrund künstlerischer Unstimmigkeiten zwischen Brecht und Staudte wurde die Produktion noch während der Dreharbeiten abgebrochen. In dem von Jean-Paul Le Chanois inszenierten, zweiteiligen Verfilmung "Les misérables"1) (1958, "Die Elenden"), einer Co-Produktion der DEFA mit der französischen Produktionsfirma "Pathé"1) sowie der italienischen "SERENA-Film" nach dem gleichnamigen Roman1) von Victor Hugo1) mit Jean Gabin als die gequälte Kreatur Jean Valjean glänzte er als dessen erbarmungsloser Widersacher bzw. gnadenloser Verfolger Inspektor Javer → Übersicht Filmografie (Auszug)
  
Während seiner umfangreichen Arbeit für das Kino blieb Blier stets dem Theater treu, konnte auf Pariser Bühnen vor allem sein komödiantisches Talent in Stücken von Marcel Achard1), André Roussin1) oder Jean Anouilh1) unter Beweis stellen. Anlässlich des 300. Geburtstages von Molière1) brillierte der Schauspieler 1973 an der "Comédie-Française"1) als der reiche, lüsterne Bürger Arnolphe an der Seite von Isabelle Adjani1) (dessen Ziehkind Agnès) in "L'école des femmes"1) ("Die Schule der Frauen"), eine Komödie, die als Aufzeichnung noch im selben Jahr im Fernsehen ausgestrahlt wurde → IMDb. Ebenfalls 1973 wurde Blier zum "Ritter der Ehrenlegion"1) geschlagen, für seine Theaterarbeit konnte er den einst von der "Société des amis d’Honoré de Balzac"1) ins Leben gerufenen "Prix Balzac" (bis 1986) entgegennehmen; noch vier Wochen vor seinem Tod erhielt er den "Ehren-César"1) für sein Lebenswerk. Die französische Post ehrte ihren großen Mimen 1998  im Rahmen der Serie "Acteurs de cinéma français" mit einer Briefmarke, die Bliers Konterfei trägt; weitere Schauspieler/-innen, denen diese Ehre zuteil wurde, sind unter anderem Romy Schneider, Simone Signoret, Jean Gabin, Louis de Funes und Lino Ventura.
 
Bernard Blier, der im Laufe seiner Karriere in rund 180 Kinofilmen mitwirkte und zu den profiliertesten und populärsten Charaktermimen Frankreichs, aber auch Italiens zählte, erlag am 29. März 1989 im Alter von 73 Jahren in der "Clinique du Val d'Or" der westfranzösischen Gemeinde Saint-Cloud1) seinem Krebsleiden. Die Trauerfeier fand er auf dem "Cimetière parisien de Thiais"1) (Département du Val-de-Marne1)) nahe Paris statt; da er seinen Körper der Wissenschaft spendete, erinnert dort eine Gedenktafel an den Künstler.
"Erst im Lauf der Nachkriegs-Jahrzehnte hat sich die Physiognomie ausgeprägt, die in weit über 150 Filmen zu einem Markenzeichen des französischen Kinos wurde: der hochgewölbte Kahlkopf über einem seltsam weichen Gesicht mit schweren Augen. Ob als Kneipenwirt, Taxifahrer, Bankier oder Kriminalkommissar, Bernard Blier war immer der französische Biedermann par excellence, der vertrauenerweckende Pfeifenraucher und Baskenmützenträger, und am spannendsten wurde es, wenn sich hinter diesem Mondgesicht Abgründe auftaten" notierte DER SPIEGEL (14/1989) anlässlich des Todes von Bernard Blier.
Der Schauspieler war seit April 1938 bis 1965 mit Gisèle Brunet († 1991) verheiratet, aus der Verbindung ging neben Tochter Brigitte der am 14. März 1939 geborene Sohn Bertrand Blier1) hervor, der sich später einen Namen als anerkannter Regisseur machte. Kurz nach der Scheidung ehelichte Blier Anfang Oktober 1965 die 20 Jahre jüngere Annette Martin, die bis zu seinem Tod an seiner Seite war.
Mit Sohn Bertrand drehte Blier übrigens auch die Krimi-Farce "Buffet froid"1) (1979, "Den Mörder trifft man am Buffet") und mimte neben Jean Carmet1) (der Frauenmörder) und Gérard Depardieu1) (Alphonse Tram) als Witwer Morvandiau einmal mehr einen Kriminalinspektor, der einst allerdings selbst zum Mörder wurde, da er seine Ehefrau mittels eines Stromschlags "um die Ecke brachte", weil sie zu viel musizierte.

Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei Wikimedia Commons, virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
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Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie
Filmlexikon → filmdienst.de
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