Glenda Jackson (Glenda May Jackson) wurde am 9. Mai 1936 im
britischen
Birkenhead1) (Cheshire), geboren. Sie stammt aus einfachen
Verhältnissen, ihr Vater war Maurer, ihre Mutter Putzfrau und die Eltern
hatten ihr den Vornamen nach der amerikanischen B-Film-Heroine Glenda Farrell1)
(1904 1971) gegeben.
Nach Beendigung der Schulzeit arbeitete die 16-jährige Glenda Jackson
zunächst in einer Drogerie als Verkäuferin und spielte während dieser Zeit
in einer Amateurtheatergruppe. Sie entschied sich, professionelle
Schauspielerin zu werden, erhielt ein Stipendium an der "Royal Accademy of Dramatic
Art"1) in
London. Ab 1955 war sie dann an verschiedensten Bühnen Englands tätig und
hatte 1957 ihren ersten Auftritt in London. 1963 kam sie zur
"Royal Shakespeare Company"1) und gab
zudem ihr Filmdebüt mit einer
winzigen Nebenrolle in dem Klassiker "The Sporting Life"1) (Lockender Lorbeer).
Als Bühnenschauspielerin wurde sie dann von Regisseur Peter Brook1)
entdeckt, der mit ihr in seinem experimentellen "Theatre of Cruelty" einem Ableger
der "Royal Shakespeare Company" zusammenarbeitete.
In der berühmten "Marat/Sade"-Inszenierung nach dem Theaterstück
von Peter Weiss1) besetzte er Glenda Jackson 1964 als wahnsinnige
Mörderin Charlotte Corday1) und die
Schauspielerin verkörperte diese Figur erfolgreich sowohl in London als auch
am Broadway und wurde dafür mehrfach
ausgezeichnet. Diesen Part spielte Glenda Jackson dann auch 1967 in der dynamischen
Filmversion "Die Verfolgung und Ermordung Jean-Paul Marats, dargestellt
durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade",
ebenfalls unter der Regie von Peter Brook; der Film mit Ian Richardson1)
als Jean Paul Marat1)
und Patrick Magee1)
als Marquis de Sade1) wird verständlicherweise
oft unter dem Kurztitel
"Marat/Sade" geführt.
Mehrfach arbeitete die Schauspielerin auch mit Filmregisseur Ken Russell1)
zusammen, so 1969 als kühle und abstoßende Gudrun Brangwen in der
skandalträchtigen D. H. Lawrence-Adaption "Women in Love"1)
(Liebende
Frauen), wofür sie einen "Oscar" als "Beste
Hauptdarstellerin" erhielt und nun auch international zum Star
avancierte. Mit eher expressivem als naturalistischem Darstellungsstil war Glenda Jackson
besonders für Portraits willensstarker, unabhängiger Frauen befähigt.
So stellte sie 1970 in John Schlesingers modischem Dreiecksdrama "Sunday,
Bloody Sunday"1) (Sunday,
Bloody Sunday) eindrucksvoll die heterosexuelle Alex dar, die zwischen einem
Homosexuellen (Peter Finch) und einem Bisexuellen
(Murray Head1))
steht. Ihr Spiel wurde mit einer "Oscar"-Nominierung als "Beste
Hauptdarstellerin" gewürdigt, sie unterlag jedoch Jane
Fonda1) ("Klute"1)).
Erneut unter der Regie Ken Russells sah man sie im gleichen Jahr in dem Biopic "The Music Lovers"1)
(1970, Tschaikowsky Genie und Wahnsinn) an der Seite von Richard Chamberlain,
der den russischen Komponisten Peter Tschaikowski1)
verkörperte, als Antonina Miljukowa mit der Tschaikowski eine kurze
Scheinehe eingegangen war. In dem ambivalent beurteilten Historiendrama "Mary,
Queen of Scots"1) (Maria Stuart, Königin von Schottland)
beeindruckte sie 1971 als Königin Elizabeth I.1) neben
Vanessa Redgrave in der
Titelrolle der Maria Stuart1).
Weltweite Popularität erlangte Glenda Jackson zudem 1971 als Königin Elizabeth I.
in dem britischen Sechsteiler "Elizabeth R".
1974 erhielt
Glenda Jackson einen weiteren "Oscar" sowie einen "Golden
Globe"1) für ihre Rolle der Vicki Allessio in Melvin Franks
frivolen Komödie "A Touch of Class"1) (Mann, bist du Klasse!)
und 1975 folgte eine Nominierung für ihre Titelrolle in Trevor Nunns "Hedda Gabler",
einer Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von Henrik Ibsen1).
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1976 brillierte sie
als die legendäre Schauspielerin Sarah Bernard in
dem von Richard
Fleischer1) in Szene gesetzten Film "The Incredible Sarah".
Sehenswert war auch Joseph Loseys Tragikkomödie "The Romantic
Englishwoman"1) (1975, "Die romantische Engländerin") als Partnerin von
Michael Caine und
Helmut Berger.
"Die romantische Engländerin": Abbildung DVD-Cover
sowie Szenenfoto mit Glenda Jackson als Elizabeth, Ehefrau des
erfolgreichen Schriftstellers Lewis Fielding (Michael Caine)
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche
die britisch-französische
Produktion im Juni 2021 auf DVD herausbrachte.
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Interessante Rollen in den 1980er Jahren waren unter anderem die der Isobel von Schönenburg
in der Agentenkomödie "Hopscotch"1) (1980, Agentenpoker)
mit dem unvergessenen Walter Matthau, oder die
Figur der Kinderbuch-Autorin in John Irvings "Turtle Diary"2) (Ozeanische
Gefühle) hier überzeugte Glenda Jackson neben Ben Kingsley
als Neaera Duncan, die sich für die
Freilassung von Zoo-Schildkröten einsetzt. Danach waren ihre Rollen eher
durchschnittlich und man erlebte sie nur noch selten in bemerkenswerten
Filmen.
Abbildung DVD-Cover zu "Agentenpoker"
sowie Szenenfoto mit Walter Matthau als
CIA-Agent Miles Kendig und Glenda Jackson
als dessen Geliebte bzw. die ehemalige
Geheimdienst-Mitarbeiterin IIsobel von Schönenburg; mit freundlicher Genehmigung
von
Pidax-Film,
welche die Produktion Anfang November 2013 auf DVD herausbrachte.
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Ausnahmen bildeten Robert Altmanns Komödie "Beyond
Therapy"1) (1987, Therapie zwecklos) sowie Ken Russells
Literaturverfilmung "The Rainbow"1) (1989, Der Regenbogen),
in dem sie die Mutter der Gestalt aus "Women in
Love", die sie 20 Jahre früher gespielt hatte, darstellte; allerdings
waren die Kritiken zu diesem letztgenannten Film zweigeteilt. Ihre (vorerst) letzten Arbeiten vor der Kamera waren der Kinofilm "King of the Wind"
(1989, König der Winde) nach dem Jugendbuch von Marguerite Henry1)
sowie drei TV-Produktionen: In "A Murder of Quality" (1991, Der Mörder mit den Silberflügeln)
nach dem Krimi "Ein
Mord erster Klasse"1) von John le Carré1)
tauchte sie als Ailsa Brimley, Kollegin von Agent George Smiley1)
(Denholm Elliott1)),
auf. In "The House of Bernarda Alba" (1991, Bernarda Albas Haus)
nach dem Theaterstück
von Federico García Lorca bewies sie als Bernarda Alba einmal mehr, welch
brillante Charakterdarstellerin sie war. Schließlich sah man sie in dem Biopic "Secret life of Arnold Bax" (1992, Das Doppelleben des Arnold Bax) über
den von Ken Russell1) dargestellten Komponisten Arnold Bax,
hier verkörperte sie
die Pianistin Harriet Cohen,
die mit Bax eine langjährige Liebesbeziehung hatte. Nach fast drei Jahrzehnten übernahm Glenda Jackson dann jüngst in dem TV-Drama "Elizabeth Is Missing" (2019) die Rolle der
Maud Horsham, einer allein lebenden, an Alzheimer erkrankten Witwe,
die das das Verschwinden ihrer Freundin zu lösen versucht → Übersicht Filmografie.
Zu dieser Zeit kündigte sich bei Glenda Jackson bereits ein Berufswechsel an.
Ab Ende der 1980er Jahre engagierte sich die Schauspielerin vermehrt politisch, kandidierte 1990 erstmals als Abgeordnete der "Labour Party"1) für das
britische Unterhaus1), in welches sie dann 1992 gewählt wurde. Mit dem Machtwechsel in
Großbritannien und der Wahl von Tony Blair1) zum Premierminister stieg Glenda
Jackson weiter auf und wurde im Mai 1997 Verkehrsministerin; 2001, 2005
und 2010 konnte sie ihr Mandat in ihrem Londoner Unterhaus-Wahlbezirk für die "Labour Party" erfolgreich verteidigen. 1999 kandidierte
sie allerdings erfolglos für den Posten des Bürgermeisters von
London. Die Schauspielerei gab Glenda Jackson zugunsten ihres politischen Engagements vollkommen auf.
Nach langer Pause konnte man sie in jüngerer Zeit wieder auf der Bühne
bewundern, 2016 trat sie als Shakespeares greiser "König Lear"1) im
Londoner "Old Vic Theatre"1) auf. 2018 zog es sie
an den Broadway, wo sie die Rolle der mit "A" benannten alten
reichen Witwe in dem Stück "Drei große Frauen" ("Three Tall Women")
von Edward Albee1)
am "John Golden Theatre" gestaltete und mit dem "Outer Critics Circle Award"
ausgezeichnet wurde; im Frühjahr 2019 ist dort die Aufführung von "King Lear" mit Glenda Jackson geplant.
Von 1958 bis 1976 war die Schauspielerin mit ihrem Kollegen Roy Hodges
verheiratet; aus der Verbindung stammt der 1969 geborene Sohn Daniel
Hodges3).
Neben ihren Preisen, die sie für ihre darstellerischen Leistungen erhielt,
war Glenda Jackson 1978 von der britischen Königin Elisabeth II. zum "Commander of the
Order of the British Empire"1) ernannt
worden; siehe auch die Übersicht
der Auszeichnungen bei Wikipedia.
1999 erschienen ihre Memoiren "Glenda Jackson: The Biography".
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Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database (Fremde
Links:
Wikipedia, prisma,.de (deutscher Titel)) |
- 1963: This Sporting Life / Lockender Lorbeer
(nach dem Roman von David
Storey; als Sängerin auf der Party)
- 1967: Marat/Sade /
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats (nach dem Drama
von Peter Weiss über Marat
(= Ian Richardson)
und de Sade
(= Patrick Magee);
als Marats Mörderin Charlotte Corday)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1968: Negatives (als Vivien)
→ Wikipedia
(englisch)
- 1969: Women in Love
/ Liebende
Frauen (nach dem Roman von D.
H. Lawrence; als Bildhauerin Gudrun Brangwen)
- 1970: The Music Lovers
/ Tschaikowsky Genie und Wahnsinn (über den
Komponisten Peter
Tschaikowski; als Antonina Milyukowa)
- 1971: Sunday Bloody Sunday
/ Sunday Bloody
Sunday (als Arbeitsberaterin Alex Greville)
- 1971: Mary, Queen of Scots
/ Maria Stuart, Königin von
Schottland (über Maria
Stuart; als Königin Elizabeth
I.)
- 1971: Elizabeth R (TV-Sechsteiler; als Königin Elizabeth
I.)
→ Wikipedia
(englisch)
- 1973: A Bequest to the Nation / Die Nelson-Affäre (über
Lord Nelson
und Lady
Hamilton; als Lady Hamilton)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1973: A Touch of Class/
Mann, Du bist Klasse! (als geschiedene Modedesignerin Vicki
Allessio)
- 1973: Triple Echo / Desertiert Der Kampf ums Überleben (als Alice) → filmdienst.de
- 1974: The Maids / Die Zofen (nach dem Drama
von Jean Genet; als Solange)→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1975: The Tempter / Il Sorriso del grande tentatore / Verbannt
(als Schwester Geraldine) → filmdienst.de
- 1975: Hedda / Hedda Gabler (nach dem Theaterstück
von Henrik Ibsen; als Hedda Gabler) → filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1975: The Romantic Englishwoman
/ Die romantische Engländerin
(nach dem Roman von Thomas Wiseman; als Elizabeth Fielding)
- 1976: The Incredible Sarah / Die unglaubliche Sarah (über Sarah Bernhardt;
als Sarah Bernhardt) → filmdienst.de
- 1977: Nasty Habits / Eine beispiellose Affäre (nach dem
Roman "Die Äbtissin von Crewe" von Muriel
Spark; als
Schwester Alexandra)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1978: House Calls
/ Hausbesuche
(als Ann Atkinson)
- 1978: The Class of Miss MacMichael / Die Klasse von Miss
MacMichael (als Pädagogin Conor MacMichael)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1979: HealtH / Der Gesundheits-Kongress (als Isabella Garnell)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1979: Lost and Found / Ein irres Paar (als Patricia
Brittenham) → Wikipedia
(englisch)
- 1980: Hopscotch
/ Agentenpoker
(nach dem Roman von Brian Garfield; als ehemalige
Geheimdienstmitarbeiterin Isobel von Schönenburg)
- 1981: The Patricia
Neal Story / Triumph der Liebe (TV-Film über Patricia Neal und
Roald Dahl
(= Dirk
Bogarde); als Patricia Neal)
→ filmdienst.de
- 1982: The Return of the Soldier / Schatten der Vergangenheit (nach dem Roman von Rebecca
West; als Margaret)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1982: Giro City / Giro City (als Sophie) → filmdienst.de
- 1984: Sacharow (TV-Film über den sowjetischen
Wissenschaftler und Dissidenten Andrei Sacharow,
mit
Jason Robards
in de Titelrolle; als Jelena Bonner,
Sacharows 2. Ehefrau) → filmdienst.de,
IMDb
- 1985: Turtle Diary / Ozeanische Gefühle
(nach dem Roman von Russell
Hoban; als Neara Duncan) → filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1987: Beyond Therapy
/ Therapie zwecklos (nach dem Theaterstück von Christopher
Durang; als Therapeutin Charlotte)
- 1987: Business as Usual / Gewagtes Spiel Business as
Usual (als Babs Flynn) → filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1987: Strange Interlude / Verhängnisvolle Liebe (TV-Drama in Anlehnung an das Bühnenstück von O'Neill;
als ?) → filmdienst.de
- 1988: Salome's Last Dance / Salomes letzter Tanz (als Herodias/Lady Alice)
→ filmdienst.de,
Wikipedia (englisch)
- 1989: Doombeach
- 1989: The Rainbow
/ Der
Regenbogen (nach dem Roman
von D. H. Lawrence; als Anna Brangwen)
- 1989: King of the Wind / König der Winde (nach dem
Jugendbuch von Marguerite
Henry; als Königin
Caroline) → filmdienst.de,
IMDb
- 1991: A Murder of Quality / Der Mörder mit den Silberflügeln
(TV-Film nach dem Krimi "Ein
Mord erster Klasse"
von John le Carré; als Ailsa Brimley,
Kollegin von Agent George
Smiley) → filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch)
- 1991: The House of Bernarda Alba / Bernarda Albas Haus (TV-Film nach dem Theaterstück
von Federico García Lorca;
als Bernarda Alba) → IMDb
- 1992: Secret life of Arnold Bax / Das Doppelleben des Arnold
Bax (TV-Film über den Komponisten Arnold
Bax,
dargestellt von Ken
Russell;
als Pianistin Harriet Cohen)
→ filmdienst.de,
IMDb
- 2019: Elizabeth Is Missing (TV-Film nach dem Roman vin Emma Healey; als Maud Horsham,
allein lebende,
an Alzheimer erkrankte Witwe) → Wikipedia
(englisch)
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