Anne Bancroft wurde am 17. September 1931 als Anna Maria Louisa Italiano
in der New Yorker Bronx geboren. Die Tochter italienischer Einwanderer ihr Vater war Modellschneider, ihre Mutter Telefonistin übte bereits mit neun Jahren im Hinterhof schon ihre ersten Bühnenauftritte
und nach dem Besuch der "Christopher High School" in der Bronx, wo
sie in zahlreichen Schüleraufführungen brillierte, stand für sie fest, dass
sie Profi-Schauspielerin werden wollte. Mit Unterstützung ihrer Eltern nahm
sie Schauspielunterricht an der New Yorker "American Academy of
Dramatic Arts" und ergatterte mit 19 Jahren ihre erste kleine Fernsehrolle
für das "Studio One" des TV-Senders CBS. Es folgten
zwischen 1950 und 1951 weitere Rollen beim Fernsehen; ihren
Durchbruch hatte sie dann der TV-Rolle in der Turgenev-Adaptaion "The
Girl on the Via Flamina" und vor allem in "The Goldbergs" noch unter
dem Namen Anne Marno. Ihren ersten Filmvertrag erhielt sie kurze Zeit
später von der 20th Century-Fox und gab dann 1952 ihr Filmdebüt nun
unter dem Namen Anne Bancroft als Nachtclubsängerin Lyn in
Roy Bakers Thriller "Don't Brother To Knock"1) (Versuchung auf 809)
neben Marilyn Monroe; den Künstlernamen Bancroft
hatte sie gewählt "weil es würdevoll klang", sagte sie
später einmal.
Von da an mimte die Schauspielerin fast
ausschließlich die "dunkelhaarige Unschuld" in so wenig
anspruchsvollen Streifen wie 1954 in "Gorilla at Large" (Der Würger
von Coney Island). Da sie darüber nicht wirklich glücklich war,
setzte
Anne Bancroft zunächst ihre Ausbildung an der "Herbert Berghof Acting
School" sowie am renommierten "Actors Studio" fort. "Das Studio
wollte mir diesen Monroe-Sex verpassen, ich aber wollte meine
Schauspielerei weiter entwickeln und nicht meinen Körper" meinte sie
einmal über diese Zeit.
Anschließend ging sie zum Broadway und gab dort 1958 überaus
erfolgreich ihr Debüt als ernsthafte Schauspielerin in der Uraufführung
von William Gibsons "Two for the
Seesaw" (dt. "Spiel zu zweit") an der Seite Henry Fonda. 1959 erhielt sie den
renommierten Theaterpreis "Tony Award"1)
sowie den "New York Critics Award" für die Gearaltung der Annie Sullivan,
Lehrerin der blinden und taubstummen späteren Schriftstellerin Helen Keller1)
(1880 1968), in William Gibsons "The
Miracle Worker". Diese Figur verkörperte sie dann auch 1962 in Arthur Penns
Verfilmung des Theatererfolges "The
Miracle Worker"1) (Licht im
Dunkel2)) und erhielt
hierfür den begehrten "Oscar"1). Damit gehört die Schauspielerin
seit 1963 zu den gerade mal acht Mimen,
die für dieselbe Rolle sowohl mit einem Bühnen-Tony als auch einem Film-Oscar ausgezeichnet worden waren.
Nach zahlreichen Broadway-Erfolgen zog es Anne Bancroft wieder zurück zum Film,
hier spielte sie nun ähnlich emotionale Rollen wie in "Licht im
Dunkeln". 1964 erhielt sie den Darstellerpreis in Cannes für ihre
Darstellung in Jack Claytons "The Pumpkin Eater" (Schlafzimmerstreit) nach dem
Stück von Harold Pinter und ein Jahr später war sie als
neurotische kindergebärende Ehefrau und Selbstmordgefährdete in
Sidney Pollacks dramatischen Geschichte "The Slender Threat"1) (Stimme am Telefon) zu sehen.
1967 erlangte Anne Bancroft weltweite Berühmtheit durch den Kultfilm "The
Graduate"1) (Die Reifeprüfung2)) als skrupellos-verführerische Mrs. Robinson, die
den jungen Benjamin Braddock alias Dustin Hoffman verführt (siehe auch Dustin
Hoffman-Filme). Diese Rolle brachte ihr eine weitere "Oscar"-Nominierung
ein, genauso wie ihre Auftritte 1977 als alternde Ballerina neben Shirley MacLaine
in Herbert Ross' Meisterwerk "The Tuning Point"1) (Am Wendepunkt)
und 1985 neben Jane Fonda als energische Mutter Oberin eines
Frauenklosters in Norman Jewinsons Bühnendadaption "Agnes
of God"1) (Agnes Engel
im Feuer).
Beeindruckend war 1980 auch ihr Auftritt in David Lynchs Drama "The
Elephant Man"1) (Der Elefantenmensch), wo sie an der Seite von John Hurt
und Anthony Hopkins glänzte. Unter der Regie ihres Ehemanns spielte sie
beispielsweise 1983 in der Satire "To Be Or Not To Be"1) (Sein oder
Nichtsein), einem Remake des gleichnamigen
Klassikers1) von Ernst Lubitsch aus dem Jahre 1942 mit Carole Lombard.
1993 trat Anne Bancroft in dem Thriller "Malice"1)
(Malice Eine
Intrige") neben Nicole Kidman und Bill Pullman in Erscheinung sowie 1995 in
dem Drama "How to
Make an American Quilt"1) (Ein amerikanischer
Quilt), wo sie an der Seite von Ellen Burstyn die Großtante von Winona Ryder mimte. 1995 agierte sie
dann in
Jodie Fosters Tragikomödie "Home
for the Holidays"1) (Familienfest und andere Schwierigkeiten),
zwei Jahre später gehörte sie zur Besetzung von Sidney Lumets Komödie
"Critical
Care"1) (1997, Sterben und erben). Weitere
sehenswerte Kinoproduktionen mit Anne Bancroft waren beispielsweise John Fords
Abenteuer "Seven
Women"1) (1965, Sieben
Frauen2)), wo sie sich als furchtlose, zynische Ärztin
zeigte, oder Sidney Lumets origineller Streifen
bzw. Tragikomödie "Garbo
Talks"2) (1984, Die Göttliche).
Anne Bancroft war bis wenige Jahre vor ihrem Tod regelmäßig auf der Leinwand und im
Fernsehen mit schönen Rollen präsent. Diese Aktivität kam vielleicht nicht zuletzt auch wegen ihrer
Devise: "Life is here only to be lived so that we can, through life, earn the right to
death, which to me is paradise. Whatever it is that will bring me the reward of
paradise, I'll do the best I can." Letzter Höhepunkt ihrer beeindruckenden
Laufbahn mit mehreren Dutzend Kinofilmen und TV-Mehrteilern war der Fernsehfilm
"The Roman Spring of Mrs. Stone" aus dem Jahre 2003.
Die mehrfach für ihre schauspielerischen Leistungen ausgezeichnete Mimin erlag am 6. Juni 2005 im Alter von 73 Jahren im New Yorker
"Mount Sinai
Hospital" ihrem Krebsleiden. Die letzte Ruhe fand sie in der Nähe ihrer Eltern Mildred und Michael Italiano auf dem "Kensico Cemetery" in Valhalla (Mount Pleasant, New York) → Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons.
Sie hinterließ ihren zweiten Mann,
den Schauspieler
und Regisseur Mel Brooks1),
den sie 1964 geheiratet hatte, sowie den 1972 geborenen gemeinsamen Sohn Max.
Ihre erste 1953 geschlossene Ehe mit dem
Bauunternehmer Martin May war bereits 1957 geschieden worden.
"Reifeprüfung"-Regisseur Mike Nichols
würdigte Anne Bancroft in einem Nachruf als einzigartige Schauspielerin: "Ihre Kombination
aus Verstand, Humor, Offenheit und Gefühl war einmalig. Ihre Schönheit hat
sich ständig mit ihren Rollen gewandelt, und weil sie eine großartige
Schauspielerin war, hat sie sich für jede Darstellung radikal geändert."
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