Paul Hoffmann wurde am 25. März 1902 als Sohn eines Bühnenautors
und Theaterkritikers in Düsseldorf geboren. Bevor er zu einem
anerkannten Charakterdarsteller avancierte hatte er nach dem Abitur
zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert und
seine Doktorarbeit über den Wiener Dramatiker und Burgtheaterdirektor
Johann Ludwig Deinhardstein1)
(1794 – 1859) geschrieben. Schon als Student wirkte Hoffmann
bei Theateraufführungen mit, 1924 wurde er dann nach einer
Studentenaufführung an das "Stadttheater Würzburg"
verpflichtet, ohne jemals eine Ausbildung zum Schauspieler gemacht zu
haben. Weitere Stationen seines Theaterwirkens wurde dann 1925 das
"Stadttheater Aachen", ein Jahr später wechselte er an das
Theater in Gera und schließlich 1927 an das "Schauspielhaus
Dresden", was für die nächsten fast 20 Jahre seine
künstlerische Heimat bleiben sollte.
Paul Hoffmann als Eugen Rümpel in der Posse "Pension Schöller"1)
(Erstaufführung 21.02.1928) von Wilhelm Jacoby1) und Carl Laufs1)
mit Musik von Arthur Chitz am "Staatsschauspiel Dresden",
fotografiert von Ursula Richter1) (18861946)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0001940)
Eigentümer / © SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Ursula
Richter/Datierung: 21.02.1928
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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1946 folgte Hoffmann einem Ruf an das "Württembergische
Staatstheater" in Stuttgart, vier Jahre später wurde er auch
künstlerischer Leiter der Bühne, 1952 Schauspieldirektor, bis er
1957 das Amt an
Günther Lüders2)
(1905 – 1975) abgab. Ein weiteres Jahr spielte er noch in
Stuttgart Theater, 1959 ging er an das Wiener "Burgtheater",
1968 wurde er zum Nachfolger des damaligen Direktors
Prof. Ernst Haeusserman ernannt, eine Aufgabe, die Hoffmann
praktisch jedoch nur drei Jahre ausübte, obwohl er einen Achtjahres-Vertrag
hatte; ab 1971 fungierte der Regisseur Gerhard Klingenberg1)
die weiteren fünf Jahre als geschäftsführender Direktor.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Nicht nur an den genannten Häusern, auch bei zahlreichen Gastspielen, unter
anderem in Zürich, München und New York zeigte Paul Hoffmann immer
wieder seine schauspielerische Kraft, vielen klassischen Titelfiguren wie dem
Shakespeareschen "Hamlet"1)
und "Antonius" (in "Antonius und
Cleopatra"1)), Luigi Pirandellos
"Heinrich IV."1)
oder dem Kleist'schen "Amphitryon"1)
verlieh er eindrucksvolle Kontur, aber auch moderne Figuren wie der "Caligula"1)
von Camus oder der "Herr Ornifle" in Jean Anouilhs1)
"Der Herr Ornifle oder Der erzürnte Himmel" gehörten zu Hoffmans
meisterlichem Repertoire.
Herausragend waren seine Interpretationen des Mephisto in Goethes "Faust"1),
des Jago in Shakespeares "Othello"1)
oder des Franz Mohr in Schillers "Die Räuber"1)
am "Dresdener Schauspielhaus", in Stuttgart brillierte er unter
anderem als General Harras in Zuckmayers "Des Teufels General"1),
als General in "Der Walzer der Toreros" (Jean Anouilh), als
Tyrone in O'Neills "Eines langen Tages Reise in die Nacht"1)
oder als Psychiater in "Die Cocktail Party" T. S. Eliot1).
Unter der Regie von August Everding glänzte er 1962 als General in
der Uraufführung von Heinar Kipphardts1)
"Der Hund des Generals" an den "Münchner Kammerspielen",
in New York gestaltete Hoffmann 1968 den Burleigh in Schillers
"Maria Stuart"1)
sowie den Präsidenten von Walter in Schillers "Kabale und
Liebe"1).
Am Wiener "Burgtheater" erlebte man den Charaktermimen
beispielsweise als Octavio Piccolomini in Schillers "Wallenstein"1)
und einmal mehr in "Die Räuber", diesmal als alten Moor. An der
Seite von Marianne Hoppe, als verwitwete preußische Adlige, gab er den
Major Sedlitz in Hartmut
Langes1)
"Frau von Kauenhofen", in nachhaltiger Erinnerung bleibt auch sein
Direktor Striese in dem Schwank "Der Raub der Sabinerinnen"1)
von Franz und Paul von Schönthan.
Nicht nur als Schauspieler gehörte Paul Hoffmann zu den bedeutenden
Charakterdarstellern seiner Zeit, auch mit eigenen Regiearbeiten erregte er
Aufmerksamkeit: So inszenierte er unter anderem Schillers "Don Karlos"1)
und "Maria Stuart", Lessings "Nathan der Weise"1)
(mit Erich Ponto2)),
Shakespeares "Hamlet",
Ferenc Molnárs1)
"Spiel im Schloß", Arthur Millers "Der Tod des Handlungsreisenden"1)
und Ferdinand
Bruckners1)
"Elisabeth von England".
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Zum Film kam Paul Hoffmann Mitte der 1930er Jahre und wirkte in zahlreichen
Produktionen mit, meist waren es prägnante Nebenrollen, der große Durchbruch
zum Filmstar gelang ihm nicht. Sein Leinwanddebüt hatte er in dem Revuefilm
"Und du mein Schatz fährst mit"1) (1937)
gegeben, es folgten Streifen wie "Gleisdreieck" (1937) und
"Wenn Frauen schweigen" (1937), an der Seite von
Lilian Harvey mimte er 1937 den Fürsten Metternich in
"Fanny Elssler". Oft verkörperte Hoffmann Grafen, hochrangige
Persönlichkeiten der Gesellschaft, Generäle oder sonstige militärische
Befehlshaber, nur in wenigen Fällen stellte Hoffmann seine Kunst in den
Dienst des NS-Regimes und spielte in Propagandastreifen mit. In dem Melodram
"Blutsbrüderschaft"1) (1941),
der Verherrlichung einer Soldatenfreundschaft, sah man ihn als Graf Trollberg,
in Wolfgang Liebeneiners "Die Entlassung"1) (1942),
einer Filmbiografie, die aus Bismarck1)
(Emil Jannings2))
einen tragischen Helden und Wegbereiter des "Führer"-Kults macht,
war er der Graf Waldersee; bereits 1940 hatte Hoffmann in Liebeneiners
Biopic "Bismarck"1)
mitgewirkt, einem Film, der nach 1945 zunächst von den Alliierten
verbotenen wurde.
Portrait Paul Hoffmann (Weltpostkarte mit Autogramm, ca. 1926)
von Reinhard Berger (1890–1976) → Selbstportrait
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000018)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Reinhard Berger
Urheber: Reinhard Berger; Datierung: um 1926;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Nach Kriegsende stand der Schauspieler für Produktionen wie Kurt Meisels
"Verspieltes Leben" (1949), Käutners "Bildnis einer Unbekannten"1) (1954),
Liebeneiners "Immer, wenn der Tag beginnt"1) (1957)
oder Frank Wysbars "Hunde, wollt ihr ewig leben"1) (1958)
vor der Kamera; zu seinen letzten Leinwandauftritten zählen die Melodramen
"Arzt aus Leidenschaft" (1959, mit Willy Birgel) und
"Geständnis einer Sechzehnjährigen"1) (1960,
mit Ivan Desny), Josef von Bakys Komödie "Die Ideale
Frau"1) (1959, mit
Ruth Leuwerik) und Alfred Weidenmanns starbesetzter Streifen "Das
große Liebesspiel"1) (1963),
unter anderem mit Hildegard Knef. Lediglich in Wigbert Wickers
Heimatdrama "Jägerschlacht" (1982) übernahm er als Abt noch
einmal eine Rolle in einer Kinoproduktion → Filmlexikon.
Danach arbeitete Paul Hoffmann neben seiner unfangreichen Theatertätigkeit
vermehrt für das Fernsehen, spielte vor allem Rollen in Adaptionen von
Theaterstücken, mit denen er auch auf der Bühne Erfolge feierte. So war er
der Kardinal in Rainer Wolffhardts "Becket oder Die Ehre
Gottes" (1962) nach Jean Anouilh, in der von ihm für das
Fernsehen inszenierten Hauptmann-Verfilmung "Hedda Gabler" (1963)
agierte er als Amtsgerichtsrat Brack. In Franz Peter Wirths
Inszenierung "Der Hund des
Generals"3) (1964), nach der
Groteske von Heinar Kipphardt, erlebte man ihn auch auf dem Bildschirm
mit der Paraderolle des General a. D. Rampf und in Ernst
Hausmans "Der Raub der Sabinerinnen" (1976) übernahm er seine
Bühnenrolle des Direktor Striese. Weitere Bühnenadaptionen mit Paul Hoffmann
waren unter anderem "Don Juan in der Hölle" (1975) nach
Bernard Shaw und "Der Arme Mann Luther"1) (1965)
von Leopold Ahlsen.
In Helmut Ashleys zweiteiligem dokumentarischen Spionagethriller "Oberst
Wennerström"4) (1965) stellte
er authentisch die Hauptfigur dar, ein weiteres Dokumentarspiel war die
Verfilmung des große Börsencrashs des vergangenen Jahrhunderts "Der Schwarze
Freitag"1) (1966), die August
Everding mit Curd Jürgens, Dieter Borsche, Hans
Christian Blech und Paul Hoffmann in Szene gesetzt hatte. Auch in
Paul Verhoevens "Der Panamaskandal" (1967) war der
Schauspieler zu sehen, in dem Straßenfeger "11 Uhr 20"2) (1970)
trat er als ominöser Johnston in Erscheinung.
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Die Fotos wurden mir freundlicherweise von der Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Daneben zeigte sich Hoffman mehrfach mit Gastauftritten in einigen populären
Krimi-Reihen wie "Der Kommissar", "Derrick" und "Der Alte",
für die "Tatort"-Episoden "Der King"1)
(1979, mit Klaus Höhne2) als Kommissar Konrad) und "Mord in der U-Bahn"1)
(1983, mit Fritz Eckhardt2) als Oberinspektor Marek) stand er ebenfalls vor der
Fernsehkamera. In Schillers "Wilhelm Tell"1) (Regie:
Claus Peymann1))
erlebte man Paul Hoffmann 1990 letztmalig in einer Übertragung des
Wiener "Burgtheaters" mit der Figur des Werner Freiherr von Attinghausen
auf dem Bildschirm.
Im gleichen Jahr starb der Charakterdarsteller am 2. Dezember 1990
im Alter von 88 Jahren in Wien; die letzte Ruhe fand er in einem ihm
ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem dortigen Zentralfriedhof → Foto
der Grabstelle bei Wikimedia
Commons. Paul Hoffmann war verheiratet und hatte zwei Kinder.
Zahlreiche Auszeichnungen würdigten das Theater- und Filmschaffen von
Paul Hoffmann: 1969 verlieh man ihm das "Große
Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland", 1987 den
"Ehrenring
der Stadt Wien"1). 1974 erhielt
er die "Josef-Kainz-Medaille"1),
1977 den "Albin-Skoda-Ring"1)
und 1982 wurde er mit dem "Grillparzer-Ring"1)
geehrt; außerdem trug er die Titel "Hofrat" und
"Kammerschauspieler".
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