Wirken am Theater / Filmografie / Hörspiel
Thomas Holtzmann 01; Copyright Virginia Shue Thomas Holtzmann wurde am 1. April 1927 als Sohn eines Journalisten in München geboren. Bereits während seiner Schulzeit galt seine Leidenschaft dem Theater, nach dem Abitur studierte er an der Universität seiner Geburtsstadt zwei Jahre lang Theaterwissenschaft und Literatur bei Prof. Artur Kutscher1) (1878 – 1960), nahm unter anderem kurze Zeit Sprechunterricht bei Paul Wagner1) (1899 – 1970). Sein Bühnendebüt gab er 1949 mit der Rolle des Jason in "Medea" von Jean Anouilh1) am "Münchner Ateliertheater", bereits während des Studiums hatte Holtzmann dort erste darstellerische Erfahrungen gesammelt. Weitere Engagements führten den jungen Schauspieler an das "Landestheater Schleswig"1) (1952), an die "Städtischen Bühnen Nürnberg"1) (1953), das "Staatstheater Saarbrücken"1) (1954) sowie an die "Bühnen der Stadt Köln"1) (1954–1959). Mit der Titelrolle in dem Kleist-Drama "Der Prinz von Homburg"1) schaffte er in der Inszenierung von Boleslaw Barlog1) (1906 – 1999) am Berliner "Schillertheater"1) dann 1961 den Durchbruch zum anerkannten Charakterdarsteller. Seit Anfang der 1960er Jahre übernahm Holtzmann auch Rollen am "Bayerischen Staatsschauspiel"1) in München, während der Intendanz von Hans Lietzau1) war Holtzmann zudem am "Deutschen Schauspielhaus"1) in Hamburg engagiert. 

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. 
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In München, Berlin, Hamburg und Wien konnte Holtzmann sowohl in klassischen Dramen als auch modernen Stücken immer wieder seine enorme schauspielerische Vielseitigkeit unter Beweis stellen. Vor allem mit seiner Interpretation zahlreicher Shakespeare-Figuren feierte er, auch bei den "Salzburger Festspielen"1), wahre Triumphe. Zu seinem herausragenden Repertoire zählten die tragischen Figuren der klassischen Weltliteratur, so beispielsweise der "König Ödipus"1) von Sophokles1), Goethes "Torquato Tasso"1), "Faust" und "Clavigo"1), aber auch der Major von Tellheim in Lessings "Minna von Barnhelm"1). Holtzmann wusste in Stücken der Moderne ebenso grandios zu überzeugen, beispielsweise als der "Caligula"1) von Albert Camus1) und als Oreste in "Die Fliegen" von Jean-Paul Sartre1) – um nur einige der zahlreichen bemerkenswerten Rollen zu nennen.
Zwischen 1977 und 2001 war Holtzmann festes Ensemble-Mitglied der "Münchner Kammerspiele", legendär ist die als Leseprobe inszenierte Ausführung von Samuel Becketts "Warten auf Godot"1). Regie führte George Tabori1), und Holtzmann spielte wie so oft an den "Kammerspielen" an der Seite von Peter Lühr.2) Als Intendant Dieter Dorn1) die "Kammerspiele" verließ und 2001 die Leitung des "Bayerischen Staatsschauspiels" übernahm, folgte Holtzmann, wie zahlreiche andere Künstler/-innen, dem berühmten Theatermann. Hier inszenierte Dorn zum Auftakt mit Holtzmann als Kaufmann Antonio und Rolf Boysen als jüdischem Geldverleiher Shylock am "Residenztheater"1) den Shakespeare-Klassiker "Der Kaufmann von Venedig"1). Unter der Regie von Barbara Frey1) glänzte der charismatische Charakterdarsteller 2002/2003 als der der blinde und gelähmte Hamm in Becketts Drama "Endspiel"1), Götz Schubert1) gab dessen Diener Clov.

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
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Thomas Holtzmann 02; Copyright Virginia Shue
Zur darauffolgenden Spielzeit gestaltete er den Professor Alexander Wladímirowitsch Serebrjaków in dem Tschechow-Schauspiel "Onkel Wanja"1), erneut unter der Regie von Barbara Frey; das Stück mit Rainer Bock1) als Iwán Petrówitsch Wojnízkij, genannt "Onkel Wanja", wurde 2004 zum "Berliner Theatertreffen"1) eingeladen und auch im Fernsehen ausgestrahlt. Zu den herausragenden Bühneninterpretationen des damals knapp 80-Jährigen zählte die Figur des Henrik in der von Dieter Dorn inszenierten Uraufführung des Botho Strauß-Stückes "Die eine und die andere", das am 27. Januar 2005 am "Residenztheater" Premiere feierte. Zuletzt erlebte man Holtzmann noch einmal am "Bayrischen Staatsschauspiel" nach über 100 Vorstellungen spielte er am 17. Februar 2008 noch einmal Titelfigur in "Der Kaufmann von Venedig" → Übersicht (Auszug) Wirken am Theater.
Anlässlich des 80. Geburtstages von Thomas Holtzmann schrieb Manuel Brug in "Die Welt" (30.03.2007) bzw. in dem Artikel "Mister tausend Nuancen" unter anderem: "Die Holtzmann-Stimme kann donnern und poltern, schreien und schnappen, säuseln und winseln, vor allem aber knurren und schnarren: Keiner knarzt wie dieser! Diese Urlaute freilich, sie sind mal als Liebesbeweis und mal als Kampfansage gedacht, sie verstehen zu locken, aber auch fernzuhalten. (…) Er war mein erster (und bis heute bester) Malvolio, als er in den achtziger Jahren in seinen gelb gebundenen Strümpfen über die Bühne der "Münchner Kammerspiele" humpelte – ein todkomischer Liebesverrückter, fragil und fies zugleich. Derselbe Schauspieler aber war auch ein wie gemeißelter, in Düsternis erstarrter Feldherr Holofernes in Hebbels "Judith"1); dann wieder ein spaßig seine Konjunktiv-Schleifen in der dritten Person zwischen Packpapierwände zwirbelnder Dichter in Ernst Jandls1) absurder Etüde "Aus der Fremde" – das an der Seite seiner Gattin im Leben, Gustl Halenke, mit der er sich, allzu selten, auch zu Lesungen öffentlich vereinigte" → www.welt.de.
 
Vor allem in seinen letzten Jahren fesselte Holtzmann das Publikum vermehrt mit literarischen Lesungen, so beispielsweise an 22. April 2007 im Münchner "Prinzregententheater"1) mit dem Programm "Fülle des Wohllauts", dem berühmten Kapitel aus dem Thomas Mann-Roman "Der Zauberberg"1). Wiederholt trat er gemeinsam mit Rolf Boysen auf, so unter anderem am 5. Januar 2001 im "Residenztheater" mit der Lesung "
Abendstunde im Spätherbst – Zum 80. Geburtstag von Friedrich Dürrenmatt"1). Auf zahlreichen Audioproduktionen, nicht nur des klassischen Genres, ist seine eindrucksvolle Stimme zu hören, die ungekürzte, über 7-stündige Lesung des Thomas Bernhard-Romans "Alte Meister"1) beispielsweise erschien im Mitte Juni 2005 im "Hörverlag". "Aber das ganze kulturkritische Gezeter, Gekeife und Getue ist nicht das Wichtigste in der ausdrücklich Komödie genannten Gesprächsfolge "Alte Meister", die Thomas Holtzmann mit der bewundernswerten Klarheit seiner Diktion gewissermaßen entschachtelt. Selbst dort, wo der Bernhard-Leser im Appositions- und Kommatagewirr den Faden fast verloren hat, knüpft Holtzmann für den Hörer souverän wieder an." schrieb Mirko Weber unter anderem in DIE ZEIT (05/2006) → www.zeit.de. Seinen letzten öffentlichen Auftritt hatte er am 27. Februar 2010 im Münchner "Cuvilliés-Theater"1), wo er zusammen mit seiner Frau aus den Tagebüchern von Sofja Andrejewna Tolstaja1) und Leo Tolstoi1) las, "Du bist böse, eine Bestie. Krieg und Frieden im Hause Tolstoi" hieß das Programm. Zudem stand der Schauspieler seit den 1950er Jahren für etliche Hörspiele vor dem Mikrofon, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.

Einem breiten Publikum bekannt wurde Thomas Holtzmann durch verschiedene, wenn auch eher seltene Auftritte bei Film und Fernsehen. Sein Leinwanddebüt hatte er 1955 mit einer kleinen Rolle in Rolf Hansens Melodram "Geliebte Feindin"1) an der Seite von Werner Hinz und Ruth Leuwerik gegeben, es folgte der Episodenfilm "Unser Wunderland bei Nacht"1) (1959). Internationale Beachtung fand Holtzmann mit der Figur des legendenumrankten Spions Richard Sorge1) (1895 – 1944) in dem von Yves Ciampi inszenierten französischen Thriller "Qui ętes-vous, Monsieur Sorge?"1) (1961, Wer sind Sie, Dr. Sorge?), unter anderem neben Mario Adorf als Max Christiansen-Clausen1). In den 1960er Jahren trat Holtzmann in einigen wenigen weiteren Kinoproduktionen wie in Orson Welles' Kafka-Adaption "Le Procčs"1) (1962, Der Prozess), Guy Hamiltons "Funeral in Berlin"1) (1966, Finale in Berlin) sowie Volker Schlöndorffs Kleist-Adaption "Michael Kohlhaas – Der Rebell"1) (1969) in Erscheinung, wo er neben Protagonist David Warner1) als Reformator Martin Luther1) brillierte. In den 1990er Jahren stand der Schauspieler für Streifen wie Franz Xaver Bogners "Café Europa"1) (1990), dem Kassenschlager "Schtonk!"1) (1992) und Herbert Achternbuschs Drama "Hades"1) (1995) vor der Kamera. Einen kleinen Part übernahm er als Mann im Pfandhaus in Caroline Links Kästner-Verfilmung "Pünktchen und Anton"1) (1999) → Übersicht Kinofilme
Die Fernsehzuschauer erlebten den Mann mit dem markant zerfurchten Gesicht und der knarzigen Stimme neben diversen Übertragungen von Theaterinszenierungen beispielsweise als Teulier, Kommandeur der französischen Revolutionsarmee, in "Die Wölfe"3) (1963), von Falk Harnack1) gedreht nach dem Roman "Les loups" von Romain Rolland1), oder als Pfarrer Franz Reder in Peter Beauvais' Arthur Schnitzler-Adaption "Professor Bernhardi"1) (1964). Holtzmann zeigte sich unter anderem als Generalmajor Gerhard von Scharnhorst in dem Doku-Drama "Gneisenau – Die politische Auflehnung eines Soldaten" (1970) neben Ullrich Haupt als Graf Neidhardt von Gneisenau. In Franz Peter Wirths aufwändigem, 165-minütigem Theater-Fernsehspiel bzw. Dreiteiler "Wallenstein"4) (1987) nach Schillers "Wallenstein"-Trilogie über den Feldherrn Albrecht von Wallenstein verkörperte er den Titelhelden (nicht zu verwechseln mit dem Vierteiler aus dem Jahre 1978). Den Generalmajor Modersohn mimte er in dem Vierteiler "Die Fabrik der Offiziere"1) (1989), gedreht nach dem Roman von Hans Hellmut Kirst1). 1999 wirkte Holtzmann als Dr. Eisner, Bekannter des Opfers, in der Folge "Tod aus dem All"1) aus der Krimireihe "Der Bulle von Tölz"1) mit, zu seinen letzten TV-Auftritten zählte der Thriller "Das Phantom"1) (2000). Verschiedentlich stand Holtzmann auch mit prägnanten Gastrollen für die beliebten Krimi-Serien "Der Alte"1) und "Derrick"1) vor der Kamera → Übersicht TV-Produktionen.
Der Schauspieler gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten des deutschsprachigen Theaters und wurde 1989 für seine Leistungen mit dem "Fritz-Kortner-Preis"1) ausgezeichnet, zehn Jahre später ehrte man den großen Charaktermimen mit dem "Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst"1). Gemeinsam mit Rolf Boysen erhielt Thomas Holtzmann 2003 den "Deutschen Kritikerpreis"1) (Ehrenpreis), 2009 wurde ihm das "Große Bundesverdienstkreuz"1) überreicht → Auszeichnungen bei Wikipedia.
   
Thomas Holtzmann, der seit 1956 mit der Gründgens-Schauspielerin Gustl Halenke1) (1930 – 2022) verheiratet war und abwechselnd in Berlin und München lebte, starb am 4. Januar 2013 im Alter von 85 Jahren in München; auf Wunsch des Künstlers fand keine Trauerfeier statt
  

Szenenfoto von der TV-Aufzeichnung "Triumph der Liebe"*)
des Rokoko-Komödien-Schreibers Pierre Carlet de Marivaux1) (1688 – 1763),
mit Thomas Holtzmann (Philosoph Hermokrates) und Jutta Lampe1) (Prinzessin Leonida);
aufgeführt im Mai 1985 an der an der Berliner
"Schaubühne am Lehniner Platz"1), Regie: Luc Bondy1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von ziegler-film.com
© Ziegler Film GmbH & Co. KG; Link: *) Ziegler Film

Szenenfoto "Triumph der Liebe" (1984); Regie: Luc Bondy; mit freundlicher Genehmigung von www.ziegler-film.com; Copyright Ziegler Film GmbH & Co. KG
Der damalige Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst Wolfgang Heubisch1) bezeichnete den Schauspieler mit der ungeheuren Bühnenpräsenz als einen "Grandseigneur der Bayerischen Bühnen, einen Ausnahmeschauspieler, der Rollen für Generationen prägte. Unter den großen Könnern seines Fachs stach er hervor mit seiner Stimme, die den Zuschauer im Herzen traf." (Quelle: bundespresseportal.de; Artikel nicht mehr online) 
Siehe auch Wikipedia, den Artikel zum 80. Geburtstag (2007) bei www.welt.de
sowie Nachrufe bei  www.zeit.de, www.tagesspiegel.de, www.welt.de, www.nachtkritik.de und
des Münchner "Residenztheaters" (Memento vom 17. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)
Fremde Links:  1) Wikipedia, 3) Die Krimihomepage, 4) fernsehserien.de
Quelle: 2) Wikipedia (abgerufen 04.02.2012)
   
Wirken am Theater (Auszug)
Quelle (unter anderem): Wikipedia sowie "Henschel Theaterlexikon" (Hrsg. C. Bernd Sucher; Henschel Verlag, 2010, S. 380)
Link: Wikipedia (deutsch/englisch); R = Regie, P = Premiere, DE = Deutsche Erstaufführung, UA = Uraufführung)
"Schillertheater", Berlin" "Bayerisches Staatsschauspiel" /"Residenztheater", München "Deutsches Schauspielhaus", Hamburg "Münchner Kammerspiele" (zur Spielzeit …) "Salzburger Festspiele" "Bayerische Staatsoper", München

"Schaubühne am Lehniner Platz", Berlin

"Burgtheater", Wien
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Die Krimihomepage, fernsehserien.de, deutsches-filmhaus.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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