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Nun nahm Kastner in
Berlin Unterricht
bei dem Schauspieler Paul Biensfeld1) (1869 1933), der unter anderem
in Fritz Langs meisterlichen Stummfilmen "Harakiri" (1919) und "Der Müde
Tod"2) (1921) mitwirkte. Kastner erhielt nach seiner Ausbildung ein erstes Bühnenengagement in
Harburger
Stadttheater2), tingelte eine Zeit lang durch die Provinz. Später, zwischen 1911 und 1921, wirkte er
als Chorsänger und Schauspieler an den "Meinhard-und Bernauer-Biihnen" in Berlin.
1914 wurde der blendend aussehende junge Mann vom dänischen Regisseur
Urban Gad2)
(1879 1947) für den Film entdeckt und gab
sein Leinwanddebüt an der Seite von Asta Nielsen in dem Lustspiel
"Engelein"2) und auch in dem nachfolgenden Streifen
"Engeleins Hochzeit"2) (1914) spielte er seinen
Part.
Eine
Reihe von Stummfilmen wie "Die
Tochter der Landstraße"2) (1915)
oder "Die Krone von Kerkyra"2)
(1917) schlossen sich an, Kastner agierte an der Seite
vieler großer Stummfilmstars jener Zeit und wurde rasch zum
Publikumsliebling vor allem der weiblichen Zuschauer die Liebesbriefe seiner weiblichen Fans
sollen ihm Wäschekörbeweise von der Post zugestellt worden sein.
Bei der Männerwelt stieß er jedoch auf Ablehnung, Spitznamen wie "Kleiderbügel" oder
"Chlorodontreklame" machten die Runde; in Filmzeitschriften entflammten Diskussionen pro und contra
Kastner. 1921 war der attraktive Kastner zum beliebtesten deutschen Schauspieler gewählt
worden noch vor Harry Liedtke1) und
Max Landa1).
Foto: Bruno Kastner etwa 1920
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder1) (1888 1929)
Quelle: Wikipedia
bzw. Wikimedia
Commons; Photochemie-Karte K 3133 (Ausschnitt)
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Mit Käthe Haack
beispielsweise stand er für "Die Hochzeit im Excentricclub"2) (1917)
aus der "Joe
Deebs"-Reihe2) vor der Kamera, Mia May war seine Partnerin in Joe Mays Horrorstreifen
"Hilde Warren und der Tod"2) (1917) und in dem Melodram
"Fünf
Minuten zu spät"3) (1918), Henny Porten in Carl Froelichs
"Wehe wenn sie losgelassen" (1926).
1922 hatte Kastner seine eigene Produktionsgesellschaft gegründet und
schrieb sich auch einige Drehbücher "auf den Leib". Bis Ende der
1920er Jahre folgten noch stumme Produktionen wie , "Wien Berlin"3) (1926),
"Die
Dame mit dem Tigerfell"3) (1927), "Seine Hoheit, der Eintänzer" (1927),
"Jugendrausch"3) (1927),
Karl Grunes Drama "Die Brüder
Schellenberg"3) (1926) mit Conrad Veidt in der Doppelrolle des Wenzel bzw. Michael Schellenberg
oder Hans Kysers "Luther Ein Film der deutschen
Reformation"2) (1927), wo er
neben Protagonist Eugen Klöpfer den Reichsritter Ulrich
von Hutten2) darstellte.
Mit
Beginn des Tonfilms ließ der Erfolg des Schauspielers auf der
Leinwand nach, Kastner fand nicht so recht den Anschluss an das neue
Medium, auch weil ihn ein Sprachfehler schwer beeinträchtigte.
Lediglich in zwei Produktionen wurde er besetzt, so in "Tingel-Tangel"
(1930) sowie mit der Nebenrolle des Gustl an
der Seite von Richard Tauber in Max Reichmanns
Operetten-Adaption "Das Land des Lächelns" (1930).
Foto: Bruno Kastner vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder1) (1888 1929)
Quelle: www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Danach zog Kastner sich vom Filmgeschäft zurück, versuchte sich als Kabarett- und Variete-Star,
tingelte mit seiner zweiten Frau, der Kabarett-Sängerin Luise Tirsch eine Zeitlang mit Bühnensketchen
als Vorprogramm von Kinos und zuletzt mit eigenem Theaterprogramm durch die Provinz. Doch weder beim Theater noch beim Film
konnte er bedeutende Engagements bekommen, auch das einst so
enthusiastische weibliche Publikum hatte ihn vergessen.
Seit einem schweren Motorradunfall
in Lugano im Jahr 1924 litt Kastner an den Folgen dieses Unfalls und
starken Depressionen, nicht zuletzt wegen fehlender Rollenangebote und damit verbundenem Popularitätsverlust setzte Bruno Kastner am 30. Juni 1932
in einem Hotelzimmer im Rheinland-Pfälzischen Bad Kreuznach mit nur 42 Jahren seinem Leben
durch Erhängen ein Ende.
In erster Ehe war der damalige
Frauenschwarm bis 1923 mit Schauspielerkollegin Ida Wüst1)
(1884 1958) verheiratet gewesen, die mit ihm
gemeinsam auch Drehbücher für Filme wie "Nur ein
Diener" (1919) und "Der König von Paris" (1920)
geschrieben hatte.
Bruno Kastner spielte immer mit dem Herzen eines Casanovas; der
"schöne Bruno" des deutschen Stummfilms galt als der eleganteste
aller Stars. Deshalb konnte er es nicht verwinden, dass sein Image
nach 1930 vom Alter angekränkelt wurde und man ihm die Rollen
verweigerte, die er am liebsten spielte: den Bonvivant in Frack und Zylinder,
immer "Bel ami", eine liebenswert unschuldige Künstlerpostkarte
für Fans.4)
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