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Joachim Kerzel erblickte am 10. Dezember 1941 im damals
oberschlesischen Hindenburg1)
(heute Zabrze, Polen) das Licht der Welt. 1945 flüchtete die Familie in den
Westen und ließ sich im schwäbischen Augsburg nieder, wo Kerzel seine Kindheit und
Jugend verbrachte. Nach der Schule, die er mit der so genannten "Mittleren Reife" abschloss, absolvierte er
zwischen 1958 und 1961 zunächst auf Wunsch der Mutter eine Lehre als Schlosser und Ölfeuerungsmonteur,
doch die Leidenschaft für die Schauspielerei war stärker. Bereits als
Schüler wirkte Kerzel bei Laienspielgruppen mit, nach dem Wehrdienst,
den er als Funker bei der Bundesmarine, absolvierte, studierte er in Hannover an der
"Hochschule für Musik und Theater"1) und ließ sich zum Schauspieler ausbilden. Sein professionelles
Bühnendebüt gab Kerzel 1965 bei den "Kreuzgangspielen Feuchtwangen"1)
als Lionel in Schillers "Die Jungfrau von Orleans"1),
anschließend erhielt er 1966 ein Engagement am niedersächsischen "Stadttheater
Hildesheim"1),
wo er die nächsten zwei Jahre weitere Erfahrungen sammelte; unter anderem
gestaltete er hier die Titelrolle in Schillers "Wilhelm Tell"1) und
den Major von Tellheim in Lessings "Minna
von Barnhelm"1). 1969 wurde er an
das Berliner "Schillertheater"1) berufen,
dessen Ensemble er bis 1978 angehörte. Danach war Kerzel als freischaffender Schauspieler tätig und stand vor
allem am Berliner "Theater am Kurfürstendamm"1) auf der
Bühne; von 1989 bis 1992 leitete er das "Intime Theater".
Das Foto wurde mir freundlicherweise von Joachim Kerzel zur Verfügung
gestellt.
Das Copyright liegt bei der Fotografin Barbara Köppe.
© Barbara Köppe |
Am "Schillertheater" glänzte er beispielsweise als Leutnant Tusenbach in
dem Tschechow-Drama "Drei Schwestern"1) oder als
Pater Domingo in Schillers "Don Carlos"1).
Am "Theater am Kurfürstendamm" erlebte man Kerzel
beispielsweise in verschiedenen, von Wolfgang Spier
in Szene gesetzten Komödien des Briten Alan Ayckbourn1), so etwa als Malcolm in der witzigen Satire
"Bedroom Farce"1) über die britische Ehemoral
mit dem deutschen Titel "Drei Schlafzimmer" (1980),
als Banker und ewiger Junggeselle Colin in der bitterbösen Geschichte
"Freunde in der Not" ("Absent Friends") oder als Mark Boxer
in dem Lustspiel "Treppauf Treppab" (1984;
"Taking Steps"), Aufführungen, die auch im Fernsehen übertragen wurden.
Als Rolf von Sydow1) am
Berliner Kabarett "Die Wühlmäuse"
die Farce "Laus im Pelz"1)
("The Nerd") von Larry Shue1)
mit Dieter Hallervorden als Rick
und Kerzel als Willi Kappert inszenierte, zeichnete das ZDF diese
deutsche Erstaufführung auf und
strahlte sie am 2. März 1987 aus.
In nachhaltiger
Erinnerung bleibt Kerzel wohl ebenfalls mit der Figur des Theobald Maske in Sternheims
bürgerlichem Lustspiel "Die Hose"1), mit
der er 1996 an der "Tribüne" das
Publikum begeisterte.
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Vor allem als herausragender Sprecher hat sich Kerzel einen Namen
gemacht, der sowohl in der Synchronisation als auch mit vielen
Audio-Produktionen zu einer der Besten seiner Zunft zählt. Als
Synchronsprecher lieh und leiht er vielen Stars seine Stimme, Dennis Hopper1),
Robert Wagner,
Alan Bates1),
Richard Harris, Oliver Reed1),
Jean Paul Belmondo,
Bill Cosby1) und
Anthony Perkins sind nur einige der Filmgrößen, die erwähnt
werden sollen. Seit "Die Hexen von Eastwick"1) (1987) wird er regelmäßig für die Synchronisation von Jack Nicholson
eingesetzt, seit "Hook"1) (1991) für Dustin Hoffman und
mit Beginn der 2000er Jahre ist er Sprecher für Anthony Hopkins.
In der Zeichentrick-Serie "Captain
Future"1) (1978) hörte man ihn
als Vul Kuolun, Kerzel war der Erzähler in
der japanischen Zeichentrickserie "Yu-Gi-Oh!" (1998)
oder die deutsche Stimme von Dr. Blackter in dem
Videogame "Broken Sword 2.5: The Return of the Templars" (2008)
→ mehr bei www.synchronkartei.de.
Foto: © Werner
Bethsold1)
Das Foto entstand 1981 während einer Hörspielproduktion.
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2003 erhielt der Schauspieler in der Kategorie "herausragende männliche
Synchronarbeit" den "Deutschen Preis für Synchron"1)
für "About Schmidt"1),
in dem er den Titelhelden Warren Schmidt (= Jack Nicholson) sprach.
Darüber hinaus ist Joachim Kerzel als Regisseur im Synchronstudio tätig wie
zuletzt bei "Spy Game Der finale Countdown"1) (2001)
und "Der
Manchurian Kandidat"1)
(2004).
Wikipedia notiert zudem: "Neben der Synchronisation prägt Kerzel als Off-Sprecher gut zwei Drittel der deutschsprachigen
Kino-Trailer sowie zahlreiche Dokumentarfilme. So ist er seit 2005 regelmäßig in den
"kabel eins"-Magazinen "K1 Extra" und "K1 Doku" zu hören, 2010 stellte er seine Stimme unter
anderem der Dokumentation "Der
Untergang der Republik"1) zur Verfügung. In der Vergangenheit fungierte Kerzel zudem als
Off-Sprecher in den Science-Fiction-Fernsehserien "Babylon 5"1) (19941998),
"Outer Limits Die unbekannte Dimension"1) (19952002) sowie dem pseudowissenschaftlichen Magazinableger
"Galileo Mystery"1) (20072009)".
Zahlreiche Hörspiele und Hörbücher bedienen sich des unverwechselbaren
Timbres Kerzels, die Neuauflage (bis Folge 46 sowie 5570) von John Sinclairs "Geisterjäger"1) ist hier ebenso zu nennen wie Jakob Wassermanns Roman "Der Fall Maurizius"1),
Texte von Stephen King1)
u.a. "Das Mädchen"1)
und "Nachtschicht"1) , Ken Folletts
Weltbestseller "Die
Leopardin"1), "Die Säulen der
Erde"1) und "Die
Tore der Welt"1) oder schaurige Balladen, u.a. von
Friedrich von Schiller1),
Theodor Fontane1),
Eduard Mörike1) und
Johann Wolfgang von Goethe1), die unter dem Titel
"Feuerreiter" erschienen sind.
Außerdem ist er seit Mitte der
2000er Jahre Sprecher der Hörbücher des französischen
Thriller-Autors Jean-Christophe Grangé1).
Für die Audio-Produktion "Die Säulen der Erde" erhielt Kerzel 2006 eine
"Platin Schallplatte"1)
sowie 2008 den Publikumspreis "Hörkules"1).
Weitere "Goldene Schallplatten" brachten ihm 2009 das Hörbuch
"Die purpurnen Flüsse" von Jean-Christophe Grangé und 2017 Stephen Kings "Das Mädchen" ein.
Wiederholt stand Kerzel seit Ende der 1960er Jahre im Hörspielspielstudio, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank
gelisteten Produktionen findet man hier. Neben
dieser umfangreichen Arbeit als Sprecher findet Kerzel noch die Zeit, sein
Publikum mit Bestseller-Lesungen zu erfreuen.
Joachim Kerzel Anfang März 2007 bei der
Vertonung der N24 Reportage "Rogue Waves"
Urheber: Sven
Wolter; Lizenz: Creative
Commons BY-SA-3.0 de Quelle: Wikimedia
Commons
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