Lotte Lenya
Lotte Lenya wurde am 18. Oktober 1898 als Karoline Wilhelmine Charlotte Blamauer in Wien geboren. Die Tochter eines Fiakerkutschers und einer Waschfrau verbrachte eine leidvolle Kindheit, da ihr trunksüchtiger Vater sie oftmals schlug und misshandelte. Schon früh interessierte sie sich für das Theater, sie floh aus ihrem tristen Elternhaus, besuchte die Schauspielschule in Wien, sammelte erste Erfahrungen als Statistin und Choristin in Zürich. 1921 kam sie nach Berlin und nannte sich fortan "Lotte Lenya". Zunächst hielt sie sich in Berlin mit Gelegenheitsjobs und kleinen Bühnenrollen über Wasser, als sie 1924 den jungen Komponisten Kurt Weill1) (1900 – 1950) kennen und lieben lernte, begann eine Weltkarriere; 1926 heiratete das gegensätzliche Paar.
Ein Jahr später trat sie in dem von Bert Brecht getexteten und Kurt Weill vertonten "Berliner Requiem & Mahagonny Songspiel" (Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny1)) beim Musikfestival in Baden-Baden zum erstenmal als Weill-Sängerin auf und avancierte rasch zum Star. Am 31. August 1928 übernahm sie bei der Uraufführung von Brechts "Die Dreigroschenoper"1) im Berliner "Theater am Schiffbauerdamm" die Rolle der "Seeräuber-Jenny" an der Seite von Harald Paulsen2) (1895 – 1954) als Mackie Messer, Erich Ponto2) (1884 – 1957) als Bettler Peachum und Roma Bahn2) (1896 – 1975) als Polly Peachum; noch heute gehören das Lied der Seeräuber-Jenny und der Mackie Messer-Song zu den bekanntesten Melodien der "Dreigroschenoper". Die Rolle der Jenny spielte Lotte Lenya auch 1931 in der Verfilmung1) des Brecht/Weill-Werkes von Georg Wilhelm Pabst. Ein weiterer Erfolg für Lenya wurde die Berliner Aufführung der Oper "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" 1931. 1932 spielte sie in diesem Stück auch in Wien und lernte dort den Tenor Otto Pasetti (1902 – ?) kennen, der bis 1934 ihr Liebhaber war. Dies führte zur Trennung von Weill, dem sie dennoch verbunden blieb.3)
Brecht und Weill schrieben bzw. komponierten für Lotte Lenya in der Folgezeit zahlreiche Lieder, mit denen sie auch international bekannt und erfolgreich wurde. Sie selbst bezeichnete ihre Stimme als "eine Oktave unter der Kehlkopfentzündung", charakterisierte ihre Darbietung mit den Worten "Man weiß immer, worüber ich singe. Es ist klar, glasklar. Der Grundgedanke ist zu fühlen. Ohne Dreh. So ehrlich zu sein, wie man kann."
  
Mit Beginn des Nazi-Regimes emigrierte Kurt Weill 1933 zunächst zusammen mit seiner Frau in die Schweiz, während Lenya mit Pasetti an der französischen Riviera bis 1934 lebte; der Scheidung (1933) von Weill folgte 1935 die Versöhnung. 1937 heirateten beide erneut in den Vereinigten Staaten, wohin Weill 1935 gezogen und Lotte Lenya ihm gefolgt war. Das Paar setzte in den USA die künstlerische Zusammenarbeit erfolgreich fort und auch nach dem frühen Tod Kurt Weills blieb Lotte Lenya in New York.
Sie feierte seit Anfang der 1950er Jahre in Amerika erneut Triumphe als "Seeräuber-Jenny", trat im Rundfunk auf, ging auf Tournee, spielte zahlreiche Schallplatten mit Weill-Liedern ein, wurde zur wichtigsten sowie authentischsten Interpretin der Lieder Brechts und Kurt Weills; bis heute lässt sie so die Werke ihres Mannes unvergessen und lebendig bleiben. Daneben spielte sie Theater, glänzte unter anderem in den 1960er Jahren –  auch in Deutschland –  mit der Titelfigur in Brechts "Mutter Courage"1). Bei der Uraufführung des Musicals "Cabaret"1) am 20. November 1966 im New Yorker "Broadhurst Theatre" waren sowohl Kritiker als auch das Publikum von ihrer Interpretation der eher kleinen Rolle der Berliner Pensionswirtin Fräulein Schneider tief beeindruckt.
Wenige Male trat Lotte Lenya vor die Filmkamera und verzeichnete auch hier Erfolge. Für ihre Darstellung der Gräfin Magda in der Tennessee Williams-Adaption "Der römische Frühling der Mrs. Stone"1) (1961, The Roman Spring of Mrs. Stone) mit Vivien Leigh und Warren Beatty erhielt sie eine Oscar- bzw. "Golden Globe"-Nominierung als "Beste Nebendarstellerin". Ungeheure Popularität erlangte sie 1963 mit der Rolle der russischen, skrupellosen Obristin und PHANTOM-Vizechefin Rosa Klebb in dem Bond-Film "Liebesgrüße aus Moskau"1). 1969 erlebte man die Künstlerin als Emma Valadier in Sidney Lumets Psychodrama "Ein Hauch von Sinnlichkeit"1) (The Appointment) neben Omar Sharif und Anouk Aimée sowie 1977 als Clara Pelf in der Komödie "Zwei ausgebuffte Profis"4) (Semi-Tough) mit Burt Reynolds und Kris Kristofferson.
  
Nach dem Tod ihres Mannes hatte Lotte Lenya noch drei Mal geheiratet: 1951 ehelichte sie den homosexuellen Schriftsteller George Davis5) (1906 – 1957), nach dessen Tod – er starb erst 51-jährig in Berlin an den Folgen eines Herzinfarktes – ehelichte sie im Alter von 64 Jahren am 2. November 1962 den 26 Jahre jüngeren Kunstmaler Russell Detwiler, der am 30. Oktober 1969 nach einem Sturz, hervorgerufen durch Alkoholmissbrauch, nur 44-jährig verstarb. Ihre letzte Ehe ging sie 1971 mit dem Dokumentarfilmer Richard Siemanowski ein, von dem sie sich am 6. Juni 1973 wegen dessen Alkoholprobleme wieder scheiden ließ.6)
Die faszinierende Sängerin und Schauspielerin Lotte Lenya erlag am 27. November 1981 kurz nach ihrem 83. Geburtstag in New York City ihrem Krebsleiden. Ihr Grab befindet sich neben der letzten Ruhestätte ihres Ex-Ehemannes Kurt Weill auf dem "Mount Repose Cemetery" in Haverstraw (New York) → Foto der Grabstelle bei knerger.de. Noch heute erinnert in Berlin-Charlottenburg der "Lotte-Lenya-Bogen" an die berühmte Künstlerin.
  
Von Donald Spoto erschien 1990 die Biografie "Die Seeräuber-Jenny. Das bewegte Leben der Lotte Lenya", Jens Rosteck gab 1999 das Buch "Zwei auf einer Insel. Lotte Lenya und Kurt Weill" heraus, Farneth David den Bildband "Lotte Lenya. Eine Autobiographie mit Bildern".
Einen Einblick ihrer Beziehung zu Kurt Weill vermittelt ein Briefwechsel, der unter dem Titel "Sprich leise, wenn du Liebe sagst" (Speak Low (When You Speak Love): The Letters of Kurt Weil and Lotte Lenya) von Lys Simonette, einer langjährigen Mitarbeiterin von Kurt Weill und Lotte Lenya, sowie Kim H. Kowalke, die als Präsidentin der 1962 im Auftrag von der Lenya in den USA gegründeten "Kurt-Weill-Stiftung" (
The Kurt Weill Foundation for Music) fungiert, publiziert wurde; siehe auch den Artikel beim "Deutschlandfunk".
 
Detaillierter Lebenslauf (in englisch) bei "The Kurt Weill Foundation for Music";
siehe auch Wikipedia, www.fembio.org, kuenste-im-exil.de
Filmografie bei der Internet Movie Database
Link: 1) Wikipedia (deutsch),  2) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 4) prisma.de, 5) Wikipedia (englisch)
Quelle: 3) Wikipedia (abgerufen 03.10.2011), 6) The Kurt Weill Foundation for Music
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