Der österreichische Sänger, Schauspieler und Komiker Max Pallenberg wurde am 18. Dezember 1877
als Sohn eines aus Galizien stammenden Branntweinschänkers in
Wien geboren. Nach der Realschule und einer Lehre in einem Textilgeschäft
entschloss er sich gegen den Willen seines Vaters, eine künstlerische
Laufbahn einzuschlagen, erst 16-jährig wurde Pallenberg Mitglied einer
Wanderbühne im nördlichen Bayern. Nach Lehrjahren in der österreich-ungarischen
Provinz kam der der aufstrebende Schauspieler über Linz (1902), Olmütz (1903/04) und Bad Ischl
in seine Geburtstadt zurück und erhielt 1904 von Josef Jarno1)
(1866 1932) an dessen "Theater in der Josefstadt"
ein Engagement, 1905 trat Pallenberg an dem angeschlossene "Lustspieltheater"
auf. Rasch entwickelte er sich zu einem brillanten Charakterkomiker, bereits
wenige Jahre später gehörte er zu den Operettenstars des "Theaters an der Wien".
Seit 1911 spielte Pallenberg in München am "Deutschen Künstlertheater",
ab 1914 wurde Berlin Max Pallenbergs
künstlerische Heimat, wo der Meistermime
überwiegend am "Deutschen Theater" bei Max Reinhardt1)
(1873 1943) auf der Bühne stand, aber auch in Revuetheatern und Operettenhäusern
Furore machte.
In Berlin hatte er auch seine Frau, die berühmte Operettendiva Fritzi Massary2)
(1882 1969) kennen und lieben gelernt; das Paar heiratete am
20. Februar 1916 (nach anderen Quellen 1918).
Mit der Machtergreifung der Nazis verließ Pallenberg, wie viele andere
jüdische Künstler, zusammen mit seiner Frau 1933 Berlin und ging zunächst
in seine österreichische Heimat zurück. Nur ein Jahr später
starb er
am 26. Juni 1934 mit 56 Jahren auf tragische Weise: das Flugzeug, welches
ihn nach Prag bringen sollte, stürzte in der Nähe von Karlsbad (Karlovy
Vary, Tschechien) ab. Es heißt, er habe
sein Ticket für den Fünf-Uhr-Flug gegen ein Ticket für einen früheren
Flug umgetauscht; während der späte Flug pünktlich sein Ziel erreichte, stürzte die Maschine mit Max Pallenberg ab.
Er fand seine letzte Ruhestätte auf dem Wiener Zentralfriedhof (Urnenhain der Feuerhalle Simmering (Abteilung ML, Gruppe 16, Nummer 1G))
→ Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Foto: Max Pallenberg 1909
Quelle: Alte Künstlerkarte; Urheber unbekannt
von Wikipedia
bzw. Wikimedia
Commons;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Schon früh feierte Pallenberg Erfolge, war berühmt dafür, klassische Texte zu modernisieren
und umzuwandeln, diese in einem ganz eigenen, oft aggressiven Stil vorzutragen, ähnlich einem
Klaus Kinski2)
(1926 1991) in späteren Jahren. Der Schriftsteller Kurt Tucholsky1) beschrieb Max Pallenberg einmal als "ein Teufel, ein entgleister Gott, ein
großer Künstler", Pallenberg selbst sagte über seine Darstellungen
"Das Weinen ist dem Menschen angeboren, aber das Lachen will gelernt sein".
Seine Komik war bestechend, am "Deutschen Theater" galt der Künstler als
"komischster Komiker" seiner Zeit, so versetzte er beispielsweise als Böhme in Kadelburgs
"Familie Schimek" täglich Zuschauer und Mitspieler in so unbeschreibliche Lachlust, dass
das Spiel auf der Bühne minutenlang aussetzen musste, damit die Leute sich wieder sammeln konnten.
In der Uraufführung von Hugo von Hofmannsthals Lustspiel
"Der
Unbestechliche"1) brillierte er unter anderem 1923 am Wiener "Raimund-Theater"
mit der Hauptrolle des Dieners Theodor oder ein Jahr später am "Deutschen
Theater" in Luigi Pirandellos "Sechs Personen suchen einen Autor"1)
als Theaterdirektor. Weitere Glanzrollen des Charakterkomikers waren
beispielsweise die des Schluck in Gerhart Hauptmanns Komödie "Schluck und Jau"1) und
die des Peachum in Brechts "Die
Dreigroschenoper"1), auch auf ausgedehnten,
internationalen Gastspielreisen zeigte Pallenberg seine Kunst. Er
begeisterte mit Titelrollen in Stücken wie Ferenc Molnárc "Liliom"1) (1922) oder
in der 1928 von Erwin Piscator an der
Berliner "Piscator-Bühne"
inszenierten Aufführung von "Die Abenteuer des braven Soldaten
Schwejk", Max Brods1)
und Hans Reimanns1) Bühnenadaption des gleichnamigen
antimilitaristisch-satirischen Schelmenromans von Jaroslav Hašek1)
(1883 1923). Das Publikum der "Salzburger Festspiele" konnten Pallenberg
als Argan in Moličres "Der eingebildete Kranke"1) (1923), als Teufel in
Hugo von Hofmannsthals "Jedermann"1) (1926), als Eunuch Truffaldino in
Carlo Gozzis "Turandot"1) (1926) und als Mephistopheles in Goethes
"Faust I"1) (1933) bewundern jeweils unter der Regie von Max Reinhardt.
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In seiner Bühnenlaufbahn spiegelt sich auch die Vielfalt der Berliner Theaterszene während der Weimarer Republik.
Pallenberg wirkte an allen bedeutenden Bühnen: am "Komödienhaus" und am
"Theater an der Königgrätzer Straße", in den Sommermonaten spielte er in Maximilian Sladeks
"Theater des Westens", 1922 bei Eugen Robert im "Theater am Kurfürstendamm", 1923 bei Victor Barnowski an dessen
"Lessing-Theater". Ein fester Vertrag band ihn 1924/25 an Reinhardts neues Theater
"Die Komödie". 1925/26 und 1926/27 gehörte Pallenberg den "Saltenburg-Bühnen"
an, in den Spielzeiten 1927/28 und 1928/29 banden ihn Gastspielverträge an das
"Metropol-Theater" von Fritz Friedmann-Frederich und an Karl Rosen und Eric Charell, die das
"Große Schauspielhaus" leiteten, an die "Piscator-Bühne" am Nollendorfplatz und wieder an das
"Lessing-Theater". 1929 holte ihn Gustav Härtung an das "Renaissance-Theater" und das
"Deutsche Künstlertheater". Der Weg führte ihn als Gast an die
"Volksbühne" 1930/31 und 1931/32 wieder zurück zu den "Reinhardt-Bühnen". 1933 musste
Pallenberg. nach Wien zurückkehren.3)
Max Pallenberg, 1930 fotografiert von Fritz
Eschen1) (1900–1964)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_e_0050521)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen
Urheber: Fritz Eschen; Datierung: 1930;
Quelle:
www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung:
30.03.2017 |
Auf der Leinwand erschien Pallenberg eher selten; im Stummfilm hatte er
einige Auftritte in den Streifen "Pampulik als Affe" (1912),
"Pampulik kriegt ein Kind" (1912), "Pampulik hat Hunger" (1913),
"Max und seine zwei Frauen" (1915), "Der rasende Roland" (1915),
"Kapellmeister Pflegekind" (1915) und "Die Nacht und der Leichnam" (1920).
Pallenbergs einziger Tonfilm war Fritz Kortners "Der brave Sünder"4) (1931):
Hier hatte er die Rolle des Hauptkassierer und strengen Familienvaters
Leopold Pichler übernommen, dessen Tochter Hedwig, gespielt von Dolly Haas,
sich in den Pichlers Gehilfen Wittek alias Heinz Rühmann verliebt. Mimisch, sprachlich und schauspielerisch
wird dieser Film von Max Pallenberg dominiert, der in einer Szene bemerkt:
"Wo wir sind, ist Büro. Büro ist kein Lokal. Büro ist ein geistiger Zustand."
In Berlin-Neukölln erinnert noch heute der "Max-Pallenberg-Pfad"
an den legendären Künstler. Von Ingeborg Liane Schack wurde
1980 die Biografie
"Max Pallenberg. Ein großer Schauspieler von Gnaden der Natur"
veröffentlicht.
Foto: Max Pallenberg auf einem Sammelbild aus der Serie
"Bühnenstars
und ihre Autogramme", die 1933 den
"Gold-Saba"-Zigaretten
der "Garbaty"-Zigarettenfabrik beilagen.
Urheber: Fotoatelier "Zander & Labisch"
(Albert Zander u. Siegmund Labisch1) (18631942))
Quelle: www.virtual-history.com;
Lizenz siehe hier
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Der Improvisationskunst Pallenbergs wegen einzigartig in der Theatergeschichte blieb seine Gestaltung des
"Eingebildeten Kranken" in der Inszenierung Max Reinhardts auf Schloß Leopoldskron bei Salzburg 1923:
Pallenberg, der die Zuschauer im Foyer einzeln willkommen hieß, spielte sich allmählich
auf die Bühne, wo er sich ermattet in seinen Krankensessel sinken ließ und mit
dem Text Moličres begann. Stilbildend wurde seine Darstellung des Schwejk in Erwin Piscators Inszenierung von J. Hašeks Stück
"Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" 1928 sowie seine unpathetische Auffassung des Mephisto in Reinhardts Inszenierung von Goethes
"Faust I" (mit Paula Wessely und Ewald Balser) in der Felsenreitschule in Salzburg 1933 (Bühnenbild: C. Holzmeister)
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