Filmografie / Hörspiel
Die Älteren unter uns werden sich sicherlich noch an den "Dicken" vom "Ohnsorg-Theater"1) erinnern, der als Unikum der plattdeutschen Bühne über die Grenzen Hamburgs hinweg in der ganzen Bundesrepublik bekannt und beliebt wurde. Sein Name war Walter Scherau, der am 10. Januar 1903 als Walter Voscherau und zweiter Sohn des Hafenarbeiters Carl Heinrich Voscherau und dessen Frau Wiebke in der Hansestadt das Licht der Welt erblickte. Sein älterer Bruder Carl Voscherau (1900 – 1963) wurde ebenfalls Schauspieler, dessen Sohn Henning Voscherau1) (1941 – 2016) fungierte von 1988 bis 1997 als Hamburgs Erster Bürgermeister1).
 
Über den Werdegang Walter Scheraus ist nicht viel bekannt, nur so viel, dass er einmal in einem Interview verriet, er hätte eigentlich Opernsänger werden wollen, durch die Wirren des 1. Weltkrieges ergriff er dann zunächst den "ordentlichen" Beruf eines Kaufmanns. Später zog es ihn dann doch, wie Bruder Carl, zur Bühne, Wikipedia notiert: "Carl nahm Schauspielunterricht bei Franz Kreidemann1), Walter hatte einen ansprechenden Bariton und nahm Gesangsunterricht. Sie spielten gemeinsam als Volksbühnenspieler in den damals verbreiteten Theatervereinen, insbesondere der Arbeiterbewegung: Volksspielbühne "Thalia", Volksspielbühne "Club Concordia", Volksspielbühne "Rideamus" usw., darunter auch Richard Ohnsorgs1) "Niederdeutsche Bühne e. V."
Seit 1949 war Scherau Verwaltungsdirektor und Spielleiter des nach dem Krieg neu eröffneten "Ohnsorg-Theaters" und stand auch selbst auf der Bühne. Mit der ersten Fernsehübertragung wurde das niederdeutsche Volkstheater schlagartig bekannt, die Komödie "Seine Majestät Gustav Krause"2) der Autoren Eberhard Foerster (= Eberhard Keindorff1)) und Erich Kästner1) mit Scherau in der Titelrolle des erfolgreichsten, tyrannischen Pferdehändlers Gustav Krause flimmerte am 13. März 1954  über die bundesdeutschen Mattscheiben. "Auf engstem Raum präsentieren Heidi Kabel, Walter Scherau, Hilde Sicks, Heinz Lanker1), Erwin Wirschaz1), Margund Drogand, Karl-Heinz Kreienbaum und Otto Lüthje die Geschichte des Pferdehändlers Gustav Krause. Der einst einfache Mann, gespielt von Walter Scherau, wird wohlhabend und kann seine Zuneigung zwar seinen Tieren zeigen, allerdings nicht seiner Frau und Kindern. Erst als sein ältester Sohn und ebenfalls Pferdeliebhaber aus Amerika zurückkehrt, kann dieser zwischen Vater und Familie vermitteln." notiert fernsehmuseum-hamburg.de. Damit avancierte Walter Scherau, wie er sich seit Kriegsende nannte, um Verwechslungen mit seinem Bruder zu vermeiden, zum Star –  gemeinsam mit Heidi Kabel (1914 – 2010) und Henry Vahl (1897 – 1977) schrieb er Fernsehgeschichte. Scherau spielte in den folgenden Jahren zahlreiche Rollen, die immer unterschiedlich waren. Stets waren es jedoch Figuren aus dem Volk und alle verkörperte er höchst bestimmt und lebendig, Scherau machte aus jeder Gestalt eine nicht zu übersehende Persönlichkeit. Das Publikum des Theaters und des Fernsehens liebten ihn, nicht allein wegen seiner Fülle, die er oft zu komischen Effekten nutzte, sondern vor allem wegen seiner ans Wunderbare grenzenden Einfalt und seinem ans Herz greifenden Humors.
Abbildung DVD-Cover zu "In Luv und Lee die Liebe" von Friedrich Lindemann, mit Walter Scherau als Bootsmanns Dreesen und Jochen Schenk als Detlev Düwel; Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH" Unvergessen bleibt beispielsweise seine Rolle des Hafenarbeiters Christian Kattwinkel in dem Volksstück "Das Herrschaftskind"3) (1955), der so gar nichts von den "feinen" Leuten vom Harvestehuder Weg wissen will, zu seiner Überraschung aber feststellen muss, dass er selbst ein gebürtiger "Pöseldorfer" – also in Wahrheit ein "Herrschaftskind" – ist. Zu Scheraus letzten Fernsehauftritten zählen die Seemannskomödie "In Luv und Lee die Liebe" (1961) und seine Rolle des Bootsmanns Dreesen, das Lustspiel "Ein Mann mit Charakter" (1961), wo man ihn als Bäckermeister Heinrich Hintzpeter sah, sowie das am 28. April 1962 gesendete Stück " Schweinskomödie"4) nach dem Bauernschwank "Swienskomödi"1) von August Hinrichs1) (auch "Krach um Jolanthe") – hier glänzte er wenige Wochen vor seinem frühen Tod als listiger Bauer Krischan Lamken.
  
Wenige Male machte Walter Scherau auch Ausflüge auf die Leinwand; so in "Nur eine Nacht"1) (1950), "Freddy, die Gitarre und das Meer"1) (1959) und "Bobby Dodd greift ein"1) (1959) → Übersicht Filme mit Walter Scherau.
Seine Hauptdomäne blieb stets die Bühne, darüber hinaus veröffentlichte er, oft gemeinsam mit Heidi Kabel, Schallplatten mit Hamburger Stimmungs- und Seemannsliedern. Im Hörsielstudio war er ebenfalls zu finden und wirkte fast ausschließlich in niederdeutschen Mundarthörspielen mit; eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
 
Abbildung DVD-Cover zu "In Luv und Lee die Liebe"
von Friedrich Lindemann1), mit Walter Scherau als Bootsmanns Dreesen
und Jochen Schenk als Detlev Düwel → zauberspiegel-online.de,  IMDb

Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung
von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"
Der Schauspieler und Komödiant Walter Scherau, der sich nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1960 immer mehr zurückgezogen hatte, starb am 13. Mai 1962 mit nur 59 Jahren in seiner Hamburger Wohnung an den Folgen eines Herzinfarktes; die letzte Ruhe fand er in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Commons
Das "Hamburger Abendblatt" titelte in seinem Nachruf zum Tod von Walter Scherau "Ein Kapitän ging von Bord" und schrieb in seiner Ausgabe 112 vom 15.05.1962 unter anderem: "In allen Ecken Deutschlands kannte man Walter Scherau vom Fernsehbildschirm her. Kaleidoskopartig drehten sich alle Direktübertragungen aus dem "Ohnsorg-Theater" um ihn. Alle Fernsehkameras konzentrierten sich auf seines Körpers schwergewichtige Fülle. Noch ehe er den Mund auftat, galt der Erfolg ihm. Mit einem Ruck seiner Schultern, mit einem Schütteln seines Bauches vermochte er mehr auszudrücken als andere mit dem ganzen Aufgebot ihrer Mimik und Sprache. (…) 1949 wurde er kaufmännischer Direktor und Schauspieler am "Ohnsorg-Theater". Er durfte endlich sich selbst spielen: Den einfachen Mann von der Wasserkante, den trinkfreudigen Matrosen, den pfiffigen Bauern, den verlorenen Sohn. Das Lachen fiel ihm nicht immer leicht. Das Publikum lachte um so herzhafter über ihn. Seine Leibesfülle wurde ihm zur Last. Gerade das fanden die Leute so originell an ihm. Ein Volkshumorist wurde über Nacht auf den Königsthron gehoben. Die Volksmasse umjubelte ihn. Seine Freunde aber froren in seiner Nähe. Ein Mantel der Unnahbarkeit umhüllte ihn. Als Scheraus treue Gefährtin vor zwei Jahren starb, wurde es noch einsamer um ihn. Sensibilität und Eigenwilligkeit sprengten ihn und rissen ihn mit sich fort. Verlassenheit und Krankheit wurden seine Getreuen. Er konnte sich nicht mehr an seinen großen Erfolgen freuen. So königlich er gelebt hatte, so einsam starb er."  
Textbausteine aus "Deutsches Bühnen-Jahrbuch";
siehe auch das Portrait bei www.ndr.de, opern-freund.de sowie den Artikel bei Wikipedia
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) theatertexte.de, 3) fernsehserien.de, 4) Die Krimihomepage (Spezial)
  
Filme
Kinofilme / TV-Produktionen / Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater"
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Die Krimihomepage, mahnke-verlag.de, fernsehserien.de)
Kinofilme Fernsehen (ohne Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater", Auszug) Fernsehen (Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater", Auszug)
  • 1954: Seine Majestät Gustav Krause (Autoren: Eberhard Foerster = Eberhard Keindorff und Erich Kästner;
    als Gustav Krause; 1. TV-Übertragung (13.03.1954) aus dem "Ohnsorg-Theater")
    → www.ndr.de, fernsehmuseum-hamburg.de
    (Kurzinfo (Text zur Ausstrahlung 1995 von fernsehserien.de bzw. ndr.de:
    Hamburg zu Beginn des letzten Jahrhunderts.
    Mit Pferden hat Gustav Krause treffliche Geschäfte gemacht und ist zu einem der erfolgreichsten Pferdehändler
    der Stadt aufgestiegen. Trotz seiner Villa an der Elbchaussee bleibt ihm das feine Leben verhasst. Er jagt weiterhin dem Geld
    nach, tyrannisiert seine Familie und sperrt sich gegen allen "neumodischen Kram".
    ) → theatertexte.de
  • 1955: Siebzehn und zwei (nach dem Lustspiel in einem Akt von August Hinrich; als ?)
  • 1955: Das Herrschaftskind (Autor: Wilfried Wroost; als Hafenarbeiter Krischan Kattwinkel, "das Herrschaftskind") → IMDb
  • 1955: Ein Mann mit Charakter (Autor: Wilfried Wroost; als Bäckermeister Heinrich Hintzpeter)
  • 1956: Cowboys, Quiddjes und Matrosen (Autor: Günther Siegmund; ?; Kurzinfo (Text zur Ausstrahlung 1978): Paul, Hein Mück
    und Jan Brass sind bereit zur Verteidigung ihrer geliebten "Köm-Insel", die ihnen der Berliner Seemann Quitt
    streitig machen will
    ) → IMDb
  • 1958: Wenn man Meyer heißt (Autor: Wilfried Wroost; als Magnus Matthäus Meyer, Schiffkochs a.D. und Inhaber einer Milchbar)
  • 1958: Zwei Kisten Rum / Twee Kisten Rum (nach der Komödie "Schmuggel an der Bucht" von Alma Rogge;
    als Torfschiffer August von Katjendorf
    ) → IMDb
  • 1958: Herr Staatsanwalt geht angeln (Autor: Wilfried Wroost; als Dachdeckermeister Adolf Rowedder;
    Kurzinfo: Staatsanwalt Eyßenhardt (Karl-Heinz Kreienbaum) macht Angelurlaub in der Pension der
    Witwe Papendiek (Heidi Kabel). Dabei gerät er mit Dachdeckermeister Rowedder aneinander, den er der
    Fahrerflucht verdächtigt …; weitere Miwirkende: Herta Fahrenkrog (Erika Klappenbach, Friseurgehilfe,
    Günther Siegmund (Manfred Meyer, ihr Verlobter), Gisela Matt (Hilde Puttfarken, Mädchen bei Papendiek),
    Ernst Grabbe (Heini Thomsen, Angestellter bei der Gemeindeverwaltung); Bühnenbild: Hans Albert Dithmer,
    Fernsehregie: Alfred Johst, Inszenierung: Hans Mahler
    (Quelle: tvprogramme.shoutwiki.com))
  • 1958: Meister Anecker (nach dem Lustspiel von August Lähn (1867–1955); Regie; mit Henry Vahl als Schustergeselle Matten;
    Karl-Heinz Kreienbaum als Schuhmachermeister Franz Anecker
    )
  • 1959: Wenn der Hahn kräht (nach dem gleichnamigen Lustspiel von August Hinrichs; als Bürgermeister Jan Kreyenborg)
  • 1959: Das Herrschaftskind (Autor: Wilfried Wroost; als Hafenarbeiter Krischan Kattwinkel, "das Herrschaftskind":
    → Kurzinfo zur Ausstrahlung 1955 bei fernsehserien.de
    ) → IMDb
  • 1959: Der möblierte Herr (Autor: Werner Schubert; als ?; Kurzinfo (Text zur Ausstrahlung 1971): Der Held des Stückes,
    ein Bildhauer, ist in ein Mietshaus als "möblierter Herr" geflüchtet, um einer liebestollen Braut zu entgehen und in Ruhe
    für eine Ausstellung arbeiten zu können. Sein falscher Name und sein heimliches Tun erregen den stärksten Verdacht im ganzen
    Haus, insbesondere bei seiner Zimmerwirtin, Frau Käselau. Bei der Durchstöberung seiner "Bude" glaubt sie ihren Verdacht
    bestätigt zu finden. Sie entdeckt "blutige Messer", "Gipshände" und den fein modellierten Kopf eines Hausbewohners,
    Lehrbücher über Büsten und verdächtige Briefe. Für sie steht es fest: Bei ihr wohnt ein Massenmörder …
    )
  • 1961: In Luv und Lee die Liebe (Autor: Friedrich Lindemann; als Bootsmann Dreesen) → zauberspiegel-online.de,  IMDb
  • 1961: Ein Mann mit Charakter (Autor: Wilfried Wroost; als Bäckermeister Heinrich Hintzpeter; Kurzinhalt
    siehe Aufführung 1955
    )  → IMDb
  • 1961: Das Loch im Zaun (nach dem Lustspiel "Dat Lock in’n Tuun" von Hans Balzer; mit Heidi Kabel;
    als eiserner Junggeselle Willibald Warmbier ?
    )
  • 1961: Jette räumt auf (als ?; keine Informationen gefunden)
  • 1962: Schweinskomödie (nach dem Bauernschwank "Swienskomödi" von August Hinrichs (auch "Krach um Jolanthe");
     als Bauer Krischan Lamken
    )
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia, mahnke-verlag.de, niederdeutsche-literatur.de)
Mundarthörspiele (niederdeutsch) Sonstige Hörspiele
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