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Daneben hatte er zwischen 1940 und 1942 als Externist bereits erste Bühnenerfahrungen am
"Schauspielhaus Zürich" gesammelt, dem er dann ab 1944 (mit
Unterbrechung) als Ensemblemitglied bis 1982 angehören sollte und im Laufe
der Jahrzehnte rund 220 (zumeist mittlere und kleine) Rollen gestaltete. Dazwischen
nahm Tanner immer wieder Gastengagements an, unter anderem in Basel an der
"Komödie" und am "Stadttheater", an den Stadttheatern in
Bern und St. Gallen sowie in Zürich am "Kleinen Theater" und
am "Theater am Central". Zwischen 1957 und 1959 war er
Ensemblemitglied des "Landestheaters Darmstadt".
Große Erfolge feierte Tanner in Stücken der Moderne, so als
Ingenieurs Oderbruch in der Uraufführung (14.12.1946) von Carl Zuckmayers
Drama "Des Teufels
General"2) und mit der Figur des
"Rothaarigen" in der Uraufführung (05.06,1948) von Bertolt Brechts
Stück "Herr Puntila und sein Knecht
Matti"2). 1954 brillierte er als Lucky in Samuel Becketts
"Warten auf
Godot"2) und 1960 mit der Rolle des Beckmann in Wolfgang Borcherts
Heimkehrer-Drama "Draußen vor der
Tür"2). Weiterhin zu nennen ist
beispielsweise der Mijnheer Kraler (= Victor Kugler2)) in dem
Theaterstück "Das Tagebuch der Anne Frank" (1956/57) von Frances Goodrich2) und
Albert Hackett2)
oder der Werner in Jean-Paul Sartres "Die Eingeschlossenen" (1960). Dass Tanner auch in
klassischen Bühnenwerken zu überzeugen wusste, bewies er 1957 mit der
Titelrolle in Schillers "Wilhelm Tell", zwei Jahrzehnte später gestaltete er 1978 den Freiherrn von Attinghausen → mehr zum Theaterwirken bei tls.theaterwissenschaft.ch.
Fred Tanner in "Der 10. Mai" (1957)
Quelle/Link: cyranos.ch
bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich); © Praesens-Film AG
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Sein Leinwanddebüt gab Tanner, den Leopold Lindtberg2)
als "sanften Riese von poetischer Gestalt"3) bezeichnete, in
dessen Historienfilm "Landammann
Stauffacher"2) (1941, → cyranos.ch)
und verkörperte neben Protagonist Heinrich Gretler4) (Werner Stauffacher2)) den Reeta Stauffacher. Die
in Schweizerdeutsch gehaltene Produktion entstand im Zuge der
"Geistigen
Landesverteidigung"2) während des Zweiten
Weltkrieges. Für Lindtberg spielte Tanner anschließend den wichtigen Part des
Kandidaten der Theologie bzw. des Vikars Pfannenstiel in dem Lustspiel "Der
Schuss von der Kanzel"2) (1942), gedreht nach
der gleichnamigen Novelle2) (1877) von Conrad Ferdinand Meyer,
sowie den Robert Scheibli in dem Melodram "Marie-Louise"2) (1944).
Nach Kriegsende holte Lindtberg Tanner erneut vor die Kamera und
gab ihm Lindtberg einen kleinen Part in der heiteren Geschichte
"Swiss
Tour" (1949, → cyranos.ch an der Seite des
Hollywoodstars Cornel Wilde2).
Luigi Comencini besetzte ihn als Pfarrer in seiner berühmten Johanna Spyri-Verfilmung "Heidi"2) (1952, → cyranos.ch),
eine Figur, die er ebenfalls in der von Franz Schnyder in Szene
gesetzten Fortsetzung "Heidi
und Peter"2) (1955, → cyranos.ch)
mimte; in beiden Filmen spielte Elsbeth Sigmund2) die kleine
Titelheldin, der Alp-Öhi wurde von Heinrich Gretler dargestellt.
Fred Tanner in "Der
Schuss von der Kanzel" (1942)
Quelle/Link: cyranos.ch
bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG
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Anschließend folgten eine Reihe weiterer, von Franz Schnyder
inszenierte Streifen, so sah man Tanner in der farbenprächtigen
Liebesgeschichte "Zwischen uns die Berge" (1956) als Korporal Remy
an der Seite so prominenter Schweizer Kollegen wie Hannes Schmidhauser4),
Peter Arens4),
Max Haufler4),
Erwin Kohlund4) oder
einmal mehr Heinrich Gretler. Im darauffolgenden Jahr gelangte Schnyders, ebenfalls prominent besetztes
Flüchtlingsdrama "Der 10. Mai"2) (1957, → cyranos.ch)
in die Lichtspielhäuser, in dem Tanner den Albert Widmer spielte. In den
beiden epischen Jeremias Gotthelf-Adaptionen um die resolute Bäuerin "Anne Bäbi Jowäger"5) I. Teil: Wie Jakobli zu einer Frau kommt"2) (1960)
und "Jakobli
und Meyeli"2) (1961) mit Margrit Winter2) in der
Titelrolle, war er der Knecht Sami. In dem dokumentarischen Aufklärungsfilm
"Der
Sittlichkeitsverbrecher"2) (1962) gab er in der Episode "Der Fall Claudia" den Inspektor
Kuhn, einen Gemeindepräsidenten in "Geld
und Geist"2) (1964, → cyranos.ch),
von Schnyder gedreht nach dem gleichnamigen Jeremias Gotthelf-Roman.
Fred Tanner in "Der
Sittlichkeitsverbrecher" (1962)
Quelle/Link: cyranos.ch
bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG |
Dazwischen stand Tanner für Werner Düggelin2) vor
der Kamera und zeigte sich als Oberarzt Dr. Zbinden in der ganz auf
Volksschauspieler Schaggi Streuli2) zugeschnittenen
Schweizer Alltagsgeschichte " Taxichauffeur Bänz"2) (1957, → cyranos.ch").
Auch Kurt Früh2) bediente sich des Charakterdarstellers,
holte ihn als Konditor Berger für den Dialektfilm "Bäckerei
Zürrer"2) (1957, → cyranos.ch),
als Polizist Meier 12 für das Kleinbürger-Drama "Hinter
den sieben Gleisen" (1959, → cyranos.ch)
und als Herrn Voellmy für die Milieu-Studie "Es Dach überem Chopf"2) (1962) vor die Kamera.
In Ladislao Vajdas Drama über minderjährige Mädchen in einer Erziehungsanstalt
mit dem Titel "Die
Schatten werden länger"2) (1961) trat er neben Barbara Rütting, Hansjörg Felmy
und Luise Ullrich als Dr. Borner in Erscheinung. Mit der Nebenrolle des Herrn Kleiner
präsentierte er sich in Aleksander Fords Aufklärungsfilm "Angeklagt
nach § 218"2) (1966) "über Probleme der Empfängnisverhütung
und Abtreibung an Hand von Dokumentarszenen aus dem Kreißsaal und erfundenen Beispielen von
heimlicher Schwangerschaft und Kurpfuscherei".6)
Fred Tanner in "Die
Schatten werden länger" (1961)
Quelle/Link: cyranos.ch
bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG |
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Danach wirkte Fred Tanner nur noch in zwei Kinoproduktionen mit, stellte
in Franz Schnyders Heimatfilm "Die
6 Kummer-Buben"2) (1966, → cyranos.ch)
den Dorfpfarrer dar, war zuletzt in Xavier Kollers Thriller "Hannibal" (1973) als dubioser Arzt zu sehen,
der seit dem Zweiten Weltkrieg allein in einem menschenleeren Ruinen-Dorf lebt und mit Ratten und Mäusen experimentiert → www.artfilm.ch,
Filmlexikon.
Darüber hinaus übernahm Tanner seit Ende der 1950er Jahre sporadisch
Aufgaben für das Fernsehen, trat in Literatur-Adaptionen, aber auch in
Serien auf. In den 1960er Jahren wirkte er überdies als Lehrer an der "Schauspielakademie Zürich"1).
Fred Tanner starb am 27. Oktober 1982 mit nur 62 Jahren in Zürich (Schweiz). Er
war seit 1945 mit der Physiotherapeutin Jacqueline Béatrice Wyler
verheiratet. Sohn Thomas Tanner1) (1947 1997)
machte sich einen Namen als Theaterregisseur sowie Autor von
Drehbüchern und Hörspielen.
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*) Blubacher, Thomas: Fred Tanner, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der
Schweiz (Chronos VerlagZürich 2005, Band 3, S. 17911792)
Link:
1) tls.theaterwissenschaft.ch, 2) Wikipedia, 4) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 5) cyranos.ch
3) zitiert nach Hervé
Dumont: Die Geschichte des Schweizer Films. Spielfilme 18961965 (Lausanne 1987, S. 360)
6) Quelle: Lexikon
des Internationalen Films
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