Helene Weigel wurde am 12. Mai 1900 als Tochter eines Prokuristen in
Wien geboren, damals Hauptstadt der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn1.
Wikipedia führt aus: "Helenes Vater Siegfried Weigl war zunächst
Korrespondent, dann (bis 1938) Prokurist des Textilunternehmens
"Hermann Pollack's Söhne", ihre Mutter Leopoldine Weigl,
geborene Pollak, (unter ledigem Namen) Inhaberin einer
Spielwarenhandlung (Schottenring 5,
Wien-Innere
Stadt1)). Beide stammten aus jüdischen Familien und waren vor
Helenes Geburt aus Mähren1)
nach Wien gezogen, wo sie im April 1893 ihre Verlobung anzeigten. Helenes Familie wohnte zunächst in der
Heßgasse 71)
(Wien-Innere Stadt), ab 1913 in der Berggasse 301)
(Wien-Alsergrund1)),
einem jüdisch geprägten Umfeld, in dem im Haus Nr. 19 Sigmund Freud1) praktizierte. Einen starken
Einfluss auf Helene Weigel hatte das Realgymnasium der
österreichischen Reformpädagogin Eugenie Schwarzwald1).
Als Mädchenrealgymnasium bot es die erste Möglichkeit für Frauen in Österreich,
die Matura1)
zu machen. Die dort vermittelte Mischung aus hausfraulicher
Fachkenntnis und emanzipatorischen Gedanken sind folgt man
etwa Sabine Kebirs1) Weigel-Biographie auch Grundlage
von Helene Weigels Toleranz für Brechts immer neue
Frauenaffären. In Eugenie Schwarzwalds Schule sei Helene Weigel in einer
"beginnenden Bewegung
sexueller Liberalisierung" aufgewachsen."
Portrait Helene Weigel
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0001502_018)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (19011983); Datierung: ungenannt;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
|
|
Nach dem Gymnasium begann
die junge Helene im Januar 1918 in Wien eine dreimonatige Ausbildung als
Schauspielerin bei Arthur Holz, seit 1919 war sie in Frankfurt/Main
am "Neuen Theater"1) engagiert und erhielt dann 1921 eine erste
bedeutende Rolle als Marie in dem Dramenfragment "Woyzeck"1)
von Georg Büchner1).
Zwei Jahre später wechselte sie nach Berlin, studierte Dramaturgie bei Max Reinhardt1),
trat an der "Volksbühne"1)
sowie bei Leopold Jessner1) (1878 1945)
am "Preußischen Staatstheater"1)
auf, wo sie in den folgenden Jahren viele bedeutenden
Frauenfiguren der Theaterliteratur verkörperte, wie beispielsweise 1925 die Klara
in Hebbels "Maria Magdalena"1).
Sie gestaltete unter anderem die Amazonen-Fürstin Meroe in "Penthesilea"1)
von Heinrich von Kleist1),
die Pauline Piperkarcka in "Die
Ratten"1) von Gerhart Hauptmann1)
oder die Lucinde in "Der
Arzt wider Willen"1) von Molière1),
Werke von Sophokles1),
William Shakespeare1),
Johann Nestroy1),
Henrik Ibsen1),
Georg Kaiser1)
und Ernst Toller1) gehörten ebenfalls zu ihrem
vielfältigen, hochgelobten Repertoire.
In Berlin kam es Ende 1923 auch zu der schicksalhaften Begegnung mit dem
Dramatiker Bertolt Brecht1)
(1898 1956), den Helene Weigel am 10. April 1929 nach
dessen Scheidung von der Opernsängerin Marianne Zoff1)
(1893 1984) heiratete. Der gemeinsame Sohn Stefan1)
(1924 2009) war bereits vor der Hochzeit geboren worden,
am 28. Oktober 1930 erblickte Tochter Barbara1)
das Licht der Welt. Barbara Brecht-Schall, seit 1961 verheiratet mit
dem Schauspieler und Regisseur Ekkehard Schall (1930 2005), starb
am 31. August 2015 im Alter von 84 Jahren in Berlin.
In den kommenden Jahren
beeinflusste Helene Weigel, die von den Kritikern als "die lärmendste Schauspielerin Berlins"
bezeichnet wurde, Brechts große Frauengestalten und übernahm fast nur noch
Rollen in dessen Theaterstücken wie beispielsweise die Titelrolle in der Uraufführung
(31.01.1932) des Brecht-Stückes
"Die Mutter"1).
Ein Jahr später musste die nach damaligen Sprachjargon "nichtarische"
Schauspielerin, die bereits 1930 in Berlin Mitglied der
"Kommunistischen Partei
Deutschlands"1) geworden war, mit der
so genannten Machtergreifung1)
durch die Nationalsozialisten Deutschland verlassen.
Sie emigrierte mit ihrer Familie zunächst in die Schweiz, später nach
Dänemark, Schweden und Finnland und ging im Juni 1941 schließlich in
die USA, wo sie bis 1947 zusammen mit ihrem Ehemann
Bertolt Brecht sowie ihren Kindern in Los Angeles lebte. Während
der gesamten Zeit im Exil stand sie kaum auf der Bühne, eine
Situation unter der die Vollblutschauspielerin sehr litt; hinzu kamen
private Probleme durch Brechts verschiedene Beziehungen zu anderen Frauen.
Die Zeit in der Emigration bedeutete für Helene Weigel weniger als fünf Rollen in 15 Jahren. 1932 und 1938
spielte sie in Paris und Dänemark für deutsche Emigranten die Titelfigur in
"Die Gewehre der Frau
Carrar"1). In der US-Verfilmung von Anna Seghers'
"Das siebte
Kreuz"1) (1944) trat sie kurz stumm auf.
So wenig die Hollywood-Produzenten über das europäische Theater auch wissen mochten,
"allein ihre Augen, das ist schon purer Kommunismus", so das Fazit eines Studio-Chefs. In der
"Mutter Courage" legte Brecht ursprünglich die Rolle der
stummen Kattrin für den Fall einer Aufführung im Ausland für Weigel an.2)
Nach Kriegsende kehrte Helene Weigel über die Schweiz nach Deutschland
zurück und konnte Ende der 1940er Jahre als Schauspielerin wieder an
alte Erfolge anknüpfen. Erstmals stand sie am 15. Februar 1948 in
der Schweiz bzw. im "Stadttheater
Chur"1) wieder auf der Bühne mit der Titelrolle in
der Uraufführung von
Brechts "Die Antigone
des Sophokle"1).
Das grandiose "Comeback" kam dann ein Jahr später in Berlin mit ihrer
legendären Hauptrolle in Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder"1) eine
Paraderolle der Weigel, mit der sie auch bei Gastspielen in Paris, London
oder Moskau brillierte.
|
Die Berliner Premiere fand am 11. Januar 1949 statt,
der grandiose Erfolg des Stückes war nicht zuletzt Helene Weigel zu
verdanken, deren Darstellung der Mutter Courage Presse und Publikum
gleichermaßen bejubelte. Zur weiteren Besetzung der Berliner Uraufführung
gehörten unter anderem Angelika Hurwicz
(Kattrin, ihre stumme Tochter),
Ernst Kahler1)
(Eilif, der ältere Sohn),
Joachim Teege
(Schweizerkas, der jüngere Sohn),
Wolfgang Kühne1) (der Werber),
Gerhard Bienert (Feldwebel),
Paul Bildt (Koch),
Paul Esser (Feldhauptmann),
Werner Hinz (Feldprediger),
Artur Malkowski (Zeugmeister),
Renate Keith (Yvette Pottier), Werner Segtrop1) (2. Feldwebel),
Franz Weber1) (der alte Obrist),
Ingo Osterloh1) (ein Schreiber),
Gustav Mahnke1) (ein älterer Soldat),
Käthe Reichel (die alte Frau)
und Ottokar Runze1) (der junge Mann) → Wikipedia.
Der legendäre Planwagen aus dieser Inszenierung und die Kostüme von Helene
Weigel sind im "Brecht-Weigel-Haus"1)
in Buckow1)
ausgestellt. Außerdem zierte eine DDR-Briefmarke (Erstausgabetag: 29. Mai 1973) diese Szene → Foto bei
Wikimedia Commons. Mehrfach wurden Aufführungen
filmisch festgehalten, so für das Fernsehen
19571) oder als Kinofilm bzw. DEFA-Aufzeichnung
19611).
Wie Vera
Tenschert1) berichtet, hatte Helene
Weigel ihren letzten Bühnenauftritt am 7. April 1971
rund fünf Wochen
vor ihrem Tod im französischen Nanterre1) mit ihrer herausragenden Interpretation der
Brechtschen "Mutter".
Helene Weigel als "Mutter Courage"
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000716_065)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (19011983); Datierung: ungenannt;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
|
1949 wurde die Schauspielerin in Ost-Berlin Intendantin des "Berliner Ensemble"1),
das sie zusammen mit Brecht, der als künstlerischer Leiter fungierte,
gegründet und aufgebaut hatte und das sie nach dessen Tod am
14. August 1956 in den folgenden 15 Jahren zum "besten
und erfolgreichsten Theater deutscher Sprache" so der
Theaterkritiker Friedrich Luft1) machte. Das "Berliner
Ensemble" avancierte zum "Kulturexportartikel Nr. 1" der
ehemaligen DDR, nach Brechts Tod zur Kultstätte und wurde und nur noch
als "Brecht-Museum" bezeichnet. Die Theaterlandschaft Ost-Berlins wurde von Helene Weigel
maßgeblich geprägt und die Künstlerin mit zahlreichen Auszeichnungen
geehrt, unter anderem erhielt sie 1949, 1953 und 1960 den "Nationalpreis
der DDR"1). 1960 verlieh man ihr aus Anlass ihres
60. Geburtstages den Professorentitel, 1965 würdigte man ihre
Leistungen mit dem "Vaterländischen Verdienstorden in Silber"1).
Helene Weigel 1967 als "Die Mutter" in Bertolt Brechts
gleichnamigem Schauspiel1) ("Berliner Ensemble")
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df Pk 89);
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (1901–1983)
Datierung: 30. September 1967 / Lizenz CC-BY-SA
3.0
Genehmigung der "Deutschen Fotothek" zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 12.11.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Wikimedia Commons
bzw. Wikipedia
|
|
Szenenbilder aus Aufführungen mit Helene Weigel am "Berliner
Ensemble" findet man bei der "Deutschen Fotothek"
(Fremde Links: Wikipedia, fernsehenderddr.de)
Helene Weigel, die 1950 zu den Gründungsmitgliedern der "Akademie der Künste der DDR"1) in Ost-Berlin gehörte, starb am
6. Mai 1971 in Ost-Berlin sechs Tage vor ihrem 71. Geburtstag.
Die letzte Ruhe fand sie auf dem "Dorotheenstädtischen Friedhof" (Abt. CAM) in Berlin neben ihrem
Mann Bertolt Brecht → Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons. Ihr schriftlicher Nachlass wird von der Berliner "Akademie
der Künste"1) verwaltet → Helene-Weigel-Archiv.
"Das Archiv wurde nach dem Tod Bertolt Brechts von Helene Weigel in
ihrem Wohnhaus eingerichtet und nach deren Tod aus ihrem Nachlass ergänzt.
Die Archive sind öffentlich zugänglich, um Voranmeldung wird gebeten.
Leiter des "Brecht Archivs" seit 1993 ist Erdmut Wizisla1)." notiert
Wikipedia."
Weigel galt bis zu ihrem Tod 1971 als eine der bedeutendsten Bühnenschauspielerinnen
der Welt. Eine Ausnahmestellung, denn ungeteilte Anerkennung in Ost und West
wurde außer ihr in den Zeiten der atomaren Konfrontation nur sehr wenigen
anderen Künstlerinnen und Künstlern zuteil.2)
|
Anlässlich des bevorstehenden 100. Geburtstags von
Helene Weigel kamen im Jahre 2000 zahlreiche Biografien auf den
Markt: Der Theater- und Literaturwissenschaftler Werner Hecht1),
seit 1959 Mitarbeiter Helene Weigels, setzte der Schauspielerin
mit "Helene Weigel – Eine große Frau des
20. Jahrhunderts" ein Denkmal, die Publizistin und Journalistin Carola Stern1)
(1925 – 2006) veröffentlichte die Geschichte des Ehepaares
Brecht/Weigel unter dem Titel "Männer lieben anders – Helene
Weigel und Bertolt Brecht". Mit einem Vorwort der Schauspielerin
Katharina Thalbach1) erschien von Vera Tenschert1) in einer
Neuauflage der Bildband "Helene Weigel In
Fotografien" und von Sabine Kebir1)
das Buch "Abstieg in den Ruhm Helene Weigel. Eine
Biographie". 2006 publizierte die Journalistin und Fotogrfin Anita Wünschmann "Helene Weigel.
Wiener Jüdin, große Mimin des Epischen Theaters".
Berliner Gedenktafel für Bertolt Brecht und Helene Weigel
Spichernstraße 16, Berlin-Wilmersdorf1)
Quelle: Wikipedia
bzw. Wikimedia
Commons
Urheber: Wikimedia-Benutzer OTFW,
Berlin, Lizenz CC-BY-SA
3.0
|
|