Zu den legendären Sendungen der Fernsehgeschichte zählt ohne Zweifel die Sendung "Der Internationale Frühschoppen",
die am 30. August 1953 während der Funkausstellung mit
Werner Höfer als Moderator erstmals, noch schwarz-weiß, über die Bildschirme flimmerte und als
Mutter der Talk-Shows bezeichnet werden kann; bereits seit Januar 1952 hatte man den sonntäglichen
Polit-Stammtisch im Hörfunk verfolgen können. Immer sonntags Punkt zwölf wurden die Zuschauer von Sprecher Egon Hoegen1) meist mit den Worten "Hier ist der Westdeutsche Rundfunk, zweites Programm, der Süddeutsche Rundfunk Stuttgart, der Sender Freies Berlin Angeschlossen sind der Sender RIAS Berlin und die Deutsche Fernsehen. Und wieder begrüßt sie Werner Höfer zum Internationalen Frühschoppen mit sechs Journalisten aus fünf Ländern." auf die nachfolgende, mitunter stürmische einstündige Diskussionen eingestimmt, wobei die Zahl der Journalisten bzw. der "Länder" schon mal variierte. In einem nach heutigen Gesichtspunkten eher karg anmutenden Studio versammelten sich vorwiegend männliche Journalisten verschiedenster Nationalität, hin und wieder wurde jedoch auch eine "Quotenfrau" in die Runde eingeladen, auch wenn es diesen Begriff damals noch nicht gab; selbst wenn eine Frau neben ihm saß, sprach Höfer seine Runde in den 1960ern gerne mit "Meine Herren" an. Die männliche Runde entsprach ohne Zweifel dem damaligen Zeitgeist, Frauen waren für die drei "K's" zu zuständig, Küche, Kinder, Keller , sollten sich aus der Politik heraushalten, wovon sie nach Meinung der Herren der Schöpfung eh' nichts verstanden (oder zu verstehen hatten). Diese Haltung wurde auch durch den Sendetermin unterstrichen um die Mittagszeit hatten sich die Hausfrauen um die Vorbereitung des Sonntagsmahles zu kümmern waren daher schon zeitlich von der Sendung ausgeschlossen. Der "Internationale Frühschoppen" wurde zu einer bundesdeutschen sonntäglichen Institution für politisch Interessierte, die Gesprächsteilnehmer äußerten sich (mehr oder weniger) berufen zum jeweiligen weltpolitisch angesagten Thema, wie beispielsweise zu der Suezkrise1) 1956 oder dem Bau der Berliner Mauer1) am 13. August 1961. Bei einem, meist aber mehreren Gläschen Rheinwein ("Erheben wir die Gläser Zum Wohl") oder auch ersatzweise Apfelsaft wurde der Versuch unternommen, aus der jeweiligen landesspezifischen journalistischen Perspektive das brandaktuelle, politische Problem theoretisch zu durchleuchten, kluge Lösungsansätze zu finden bzw. diese dem Zuschauer zu vermitteln teils mit wunderbarem Akzent der internationalen Gäste. Dazu wurde gepafft, was das Zeug hielt, es gab Sendungen, wo die Herren (oder auch die einzelne Dame) kaum noch hinter den dicken Rauchschwaden zu erkennen waren. Über allem thronte Werner Höfer, er hielt die Fäden in der Hand, hatte die Runde stets fest im Griff sorgte dafür, dass die Diskussionen nicht ausuferten, musste oft auch schon mal schlichtend eingreifen und nur in wenigen Fällen war auch Höfer gegen den Redeschwall seiner Gäste machtlos. In nachhaltiger Erinnerung bleibt da das abstrakte Thema "Umgang mit Staatsoberhäuptern" im März 1968: Dem damaligen "Stern"-Chefredakteur Henri Nannen1) (1913 1996) war es im Vorfeld untersagt worden, seine öffentliche Kritik an dem umstrittenen Bundespräsidenten Heinrich Lübke1) (1894 1972) in der Sendung zu thematisieren, Nannen ließ sich jedoch trotz wiederholter Ermahnungen von Höfer nicht abhalten und lieferte sich eine Wortschlacht mit dem CDU-nahen "Rheinische Post"-Chefredakteur Herbert Kremp1). Im Verlaufe der Jahre wurden viele Journalisten zum Dauergast in Höfers Runde, so beispielsweise die Deutschen Peter Scholl-Latour1) und Gerd Ruge1), der Deutsch-Franzose Alfred Grosser1), der Russe Nikolai Portugalow1) oder der Amerikaner Don F. Jordan1). Werner Höfer sagte einmal 1973 in einem Zeitungsinterview über den "idealen" Gast: "Jeder, der sich farbig, temperamentvoll, mit starker persönlicher Note ausdrücken kann aber bei aller Dramatik der Diskussion auch noch Substanz und Information bietet." Höfer, ein Wunder an Beständigkeit, moderierte Woche für Woche, fuhr nie längere Zeit in Urlaub, ließ sich nie vertreten. Pedantisch, autoritär und ausgleichend führte der Adolf-Grimme-Preisträger durch die Sendung. Er war der Star, seine Gäste die Statisten. Als ihn einmal eine Sturmflut abhielt, wie üblich am Samstag mit dem Nachtzug von Sylt nach Köln zu fahren, leitete er den TV-Dauerbrenner als Geisterstimme aus der Telefonzelle. Ein Pünktlichkeits- und Ordnungsfanatiker, der früh um sieben Uhr der erste am Schreibtisch war und der letzte, der das Funkhaus verließ. Die "sechs Journalisten aus fünf Ländern", von Höfer mal dompteurartig, mal onkelhaft dirigiert und mit wogenglättenden Trinksprüchen (der billige Wein kam aus der WDR-Kantine) betäubt, kamen meist gerne zu Höfer. Er behandelte sie, wenn sie nicht gerade aufmüpfige Araber oder freche Frauen waren, salbungsvoll und gab ihnen höchstens überväterliche Nachhilfe.2) 1987 musste Werner Höfer nach mehr als 30 Jahren nicht nur als Moderator des "Internationalen Frühschoppens" wegen des Verdachts, im Dritten Reich einen regimekonformen Artikel veröffentlicht zu haben, seinen Hut nehmen. 1943 soll er in einem Artikel für das Berliner "12-Uhr-Blatt" die Hinrichtung des namentlich nicht genannten 30-jährigen Pianisten Karlrobert Kreiten gerechtfertigt haben. Höfer lehnte die Verantwortung für den Artikel ab, andere hätten die bestimmten Passagen "hineinredigiert". In den Medien war zur Absetzung Höfers zu lesen "der Fernsehdirektor des Westdeutschen Rundfunks besitze nicht mehr das Vertrauen des Rundfunkrates". Die Nachfolgesendung "Presseclub"1), die bis heute als moderne Fortführung der legendären Höfer-Sendung erfolgreich ist, kündigte am 27. Dezember 1987 der damalige WDR-Chefredakteur Rolf Schmidt-Holz1) an, auch der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen1) war einer der Nachfolger Höfers. |
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Link: 1) Wikipedia Quelle: 2) "Am Fuß der blauen Berge – Die Flimmerkiste in den 60er Jahren" von Bernd Müllender und Achim Nöllenheidt (HG) |
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Siehe auch Wikipedia,
www.fernsehlexikon.de |
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