Fritzi Massary wurde am 21. März 1882 als Friederika Massaryk als älteste von drei Töchtern einer jüdischen Kaufmannsfamilie
in
der österreichischen Hauptstadt Wien geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit
und Jugend zusammen mit ihren zwei Schwestern in bescheidenen Verhältnissen, ihr Vater, ein
jüdischer Kaufmann, verstarb
bereits 1914.
Schon früh interessierte sich die junge Friederike für Musik und Gesang und
konnte ihre Mutter überreden, ohne Wissen des Vaters Gesangsunterricht zu
nehmen. Mit nur 16 Jahren stand sie dann am Landestheater Linz wenn auch
nicht besonders erfolgreich als Soubrette auf der Bühne, von Linz wechselte
sie nach Hamburg an das "Carl-Schultze-Theater", kehrte jedoch schon nach einer Spielzeit 1901 nach
Wien zurück und trat am "Danzer's Orpheum" mit internationalen
Kassenschlagern auf. Einem
glücklichen Umstand war es zu verdanken, dass sie eine glänzende Karriere
in Berlin machte: Direktor Schulz vom Berliner "Metropol-Theater" hatte
sie gehört und die Sängerin 1904 an die Spree geholt.
Foto: Fritz Massary 1914 in Berlin
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 183-R93050;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: 1914 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-R93050 bzw. Wikimedia Commons
|
 |
 |
Rasch avancierte Fritzi Massary,
wie sie sich jetzt mit Künstlernamen nannte, trotz allerseits
bemängelter stimmlicher Defizite zunächst zum Revue-
später zum Operettenstar. Sie sang alle Rollen ihres Fachs, brillierte als "Lustige Witwe"1)
von Franz Lehàr oder Emmerich Kálmáns "Csárdásfürstin"1)
ebenso wie als Leo Falls "Madame
Pompadour"1)
und "Dollarprinzessin"1). 1911 sang sie bei den Münchner Opernfestspielen
an Max Reinhardts Künstlertheater als Partnerin von Maria Jeritza in Offenbachs
"Die Schöne Helena"1). Oscar Straus schrieb für sie die Hauptrollen in seinen Operetten
"Die
Teresina"1) (1925) und "Der letzte Walzer"1) (1920), deren Uraufführungen
in Berlin zu glänzenden Erfolgen wurden, ähnlich wie 1916 die Premiere der Operette "Die Rose von Stambul"1)
von Leo Fall am Berliner "Metropol-Theater".
Foto: Fritzi Massary (links) und der Charakterkomiker
Joseph Giampietro1) (1866 1913; rechts) in der Operette
"Maxim" im Berliner Metropoltheater.
In der Mitte (vermutlich) Max Pallenberg.
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 183-H26728;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: 1904/1913 ca. / Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-H26728 bzw. Wikimedia Commons |
Fritzi Massarys Ruhm basierte nicht nur allein auf ihrer Stimme, sondern auch auf
ihrem schauspielerischen Talent, die sie zur beliebtesten Operettendiva der goldenen
1920er Jahre
und Idol einer ganzen Epoche werden ließ. Als Revuetheaterstar der Vorkriegszeit
wurde sie beispielsweise am Berliner "Metropol" umjubelt, sie spielte, so erinnerte sich Fritz Kortner,
"singend so, dass Theaterleute sie für große Rollen wollten und Bruno Walter sie sich für die
Carmen wünschte". "Halb Fürstin, halb Zirkusaktrice", so charakterisierte sie
die Sängerin Lotte Lehmann, und der Kritiker Felix Salten schrieb der
"Eidechsenschönheit ihrer Gebärden" zugleich die "gewagtesten und die harmlosesten
Deutungen" zu. Operettenluft verspürte Thomas Mann bei ihrer Gegenwart noch in Beverly Hills, und
der Philosoph und Schriftsteller Ludwig Marcuse, ihr
getreuer lebenslanger Verehrer, bezeichnete sie "am Himmel der wilhelminischen
Halbwelt" als den faszinierendsten Stern.
Ihre Popularität war derart groß, dass die elegante Interpretin
durch ihre raffinierte Garderobe sogar eine
erheblichen Einfluss auf den Modestil von damals hatte. Im Jahre 1929 wandte
sich Fritzi Massary fast ausschließlich der Sprechbühne zu und feierte auch hier weiterhin
Erfolge. 1932 hatte sie in Berlin nochmals eine rauschenden Erfolg in der Oscar Straus-Operette
"Eine Frau, die weiß, was sie will" ein Titel, der nicht
nur auf der Bühne auf die Massary zutraf.
Fritzi Massary 1923
Foto
mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier Madame d'Ora1) (18811963); Datierung: 06.12.1923
© ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204457-D) |
 |
Auch im Stummfilm konnte man sie auf der Leinwand bewundern, in sogenannten Tonbildern wurde sie 1907
in "Komm du kleines Kohlenmädchen", 1908 in "Trallala
Lied", "Schutzmannslied", "Entrée der Messalinette",
"Donnerwetter, tadellos" und "Auf ins Metropol" aufgenommen.
In den 1910er Jahren kamen weitere, wenige Spielfilme hinzu, so "Viola" (1912),
"Der Tunnel"1) (1915), "Die Rose von Stambul" (1919) und
"Narrentanz der Liebe" (1919).
|
Nach ihrer ersten Ehe mit dem Augenarzt Dr. Pollack hatte Fritzi Massary
am 20. Februar 1916 (nach anderen Quellen 1918) den österreichische
Sänger, Schauspieler und Komiker
Max Pallenberg2) (1877 1934) geheiratet.
Mit der Machtergreifung der Nazis verließ der Star 1933 zusammen mit ihrem
Mann wegen antisemitischer Propaganda Berlin und ging zunächst
in ihre österreichische Heimat zurück. Nur ein Jahr später kam
Max Pallenberg am 26. Juni 1934 in der Nähe von Karlsbad bei einem Flugzeugabsturz ums
Leben.
Fritzy Massary in dem von ihr anlässlich der Ausstellung
"Weltkultur durch Frauenhand" im Möbelhaus Gleiser arrangierten
Zimmer (Aufnahme 1929).
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 183-1983-0207-501;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: 1929 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-1983-0207-501 bzw. Wikimedia Commons
|
Fritzi Massary ging über Großbritannien, wo sie in London an ihre Erfolge
anknüpfen konnte, schließlich in die USA und ließ sich im kalifornischen Beverly-Hills bei Los Angeles
nieder, wo sie bis zu ihrem Tode im Hause ihrer Tochter Liesl Frank
(1903 1979) und ihres inzwischen verstorbenen Schwiegersohnes, dem
Schriftsteller Bruno Frank (1887 1945), zurückgezogen lebte, umgeben von guten Freunden
wie Lion Feuchtwanger1),
Thomas Mann1), Franz Werfel1) und
Ernst Lubitsch1).
Fritzi Massary starb am 31. Januar 1969, wenige Wochen vor ihrem 87. Geburtstag
in Beverly Hills (Los Angeles); die Urne mit den sterblichen Überresten
wurde auf dem "Forest Lawn Memorial Friedhof" in Glendale
beigesetzt. Heute erinnert die "Fritzi-Massary-Straße"
in Berlin-Neukölln an die legendäre Operettendiva.
Die Künstlerin war Mutter einer Tochter, ihr einziges, am 10. September 1903
geborenes Kind Elisabeth Maria Karl Liesl starb 1979 und war mit dem Schriftsteller
Bruno Frank1)
(1887 1945) verheiratet. Elisabeth stammte aus einer Beziehung ihrer Mutter mit Karl-Kuno
"Rollo" Graf von Coudenhove
(1887 1940).
Von Carola Stern kam 1998 die Biografie "Die Sache, die man Liebe nennt. Das Leben der Fritzi Massary"
auf den Markt; hierin portraitiert die Autorin die Künstlerin unter anderem
mit den Worten: Sie war nicht die Schönste, auch nicht die Anmutigste, aber sie war apart.
Die Figur?
Nicht gerade ideal zu nennen. Die Taille könnte schlanker sein
die ganze Dame könnte
etwas größer sein für einen Bühnenstar. Aber wie sie die Hüften wiegt, wie aufregend sie über die
Bühne schreitet, wie perfekt ausbalanciert die Schritte sind das beeindruckt.
Die Gesten
sind sparsam, ein Verziehen der Mundwinkel, ein Achselzucken, eine kurze Handbewegung oft deutet sie,
auch in der Mimik, nur ganz fein an, was sie sagen
will.
Graziös setzt sie das rechte Bein vor, hebt den langen, mit
schwarzer Spitze abgesetzten Seidenrock bis zur Wade, nimmt den linken Arm seitwärts
in die Höhe und spielt mit den Fingern ihrer rechten Hand. Voilà!
Ihre Stimme war nicht
sehr kräftig. Manchmal klang sie leicht näselnd, ab und zu brach sie auch weg. Aber sie hatte etwas
Verheißungsvolles, konnte nuancieren, girren, schmeicheln,
seufzen.
|