|
Der Schauspieler Eugen Burg wurde am 6. Januar 1871 als Eugen Hirschburg
in Berlin geboren. Bevor er mit 43 Jahren zum Film kam, hatte er bereits
eine beachtliche Theaterkarriere vorzuweisen, zeigte sich in Dramen, vor
allem aber in Komödien und gehörte zu den bedeutenden
Charaktermimen seiner Zeit; verschiedentlich schrieb und inszenierte er selber Stücke.
Seine Ausbildung zum Schauspieler hatte Burg in Wien von Maximilian Streben
erhalten, damaliger Direktor des "Fürstlich Sulkowsky-Privattheaters" in
der Wiener Vorstadt Matzleinsdorf. Ein erstes Theaterengagement schloss sich 1889 im für seine
Moorbäder berühmt gewordenen Franzensbad1)
(heute Františkovy Lázně; Tschechien) an. Weitere
Theaterstationen wurden Bielitz (Ostschlesien; heute Bielsko-Biała,
Polen), Wiener Neustadt (Niederösterreich), Reichenberg (Nordböhmen; heute
Liberec, Tschechien) und Troppau (Mährisch-Schlesien; heute Opava,
Tschechien). 1894 wurde Burg von Otto Brahm1) (1856 1912), der gerade die
Intendanz des "Deutschen Theaters" übernommen hatte, nach Berlin
berufen. Hier erregte der Schauspieler unter anderem Aufmerksamkeit mit der Rolle des Franz Ferner in Ludwig Anzengrubers
Volksstück "Der
Meineidbauer"1). Zwei
Jahre lang blieb Eugen Burg am "Deutschen Theater", wechselte dann
zur Spielzeit 1896/97 an das Stadttheater im südmährischen Brünn
(heute Tschechien), kam dann für weitere drei Jahre an das Wiener "Raimund
Theater", wo er auch Rollen im Wiener Dialekt übernahm.
Foto: Eugen Burg um 1920
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1) (1888 1929)
Quelle: Wikimedia
Commons bzw. Wikipedia;
Photochemie-Karte Nr. 296
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
|
Ab 1900 wurde für vier Jahre das Hamburger "Schauspielhaus"
Burgs künstlerische Heimat, hier glänzte er unter
anderem zur Spielzeit 1901/02 als Künstler Osvald Alving in Ibsens
"Gespenster" sowie ein Jahr später als galanter Assessor Brack in
"Hedda Gabler", ebenfalls von Ibsen. Anschließend zog es ihn
wieder nach Berlin, zur Spielzeit 1904/05 wirkte er bei Max Reinhardt1) (1873 1943) am "Kleinen
Theater Unter den Linden" sowie am "Neuen Theater", dem späteren
"Theater am Schiffbauerdamm".
Eugen Burg war zu einem vielbeschäftigten und gefragten Mimen avanciert,
der sich auch als Regisseur einen Namen machte. Nach seiner Zeit am
Hamburger "Carl Schultze-Theater"1) (19051907) arbeitete Burg als
Schauspieler und Oberregisseur am "Deutschen Theater" in New York
(19071909), dessen Direktor er zuletzt auch war, als Regisseur und
Schauspieler am "Düsseldorfer Schauspielhaus" (1909/1910), ging
dann endgültig nach Berlin zurück. Hier wirkte er sowohl als Schauspieler
als auch Regisseur am "Berliner Theater" (19121919), am "Trianon-Theater"
bzw. "Residenztheater" (19191923), an den sogenannten "Rotter-Bühnen" (1924/25) von Alfred Rotter1) (1886 1933),
am "Deutschen Künstlertheater" (1926/27), am "Kleinen Theater" und am
"Theater am Kurfürstendamm" (1927/28).
Zur Spielzeit 1928/29 wurde Eugen Burg Oberspielleiter des von Ralph Arthur Roberts4)
(1894 1940) geleiteten "Theater in der Behrenstraße".
Mit Beginn der 1930er Jahre trat er zudem am "Admiralspalast"
sowie an der "Komischen Oper" auf, wo Burg im Oktober 1931 in der
Uraufführung der Operette "Zur goldenen Liebe" (Musik: Ralph Benatzky) mitwirkte. Zuletzt war Burg zwischen 1932 und der Spielzeit 1933/34 wieder
Regisseur und Schauspieler am "Theater in der
Behrenstraße". Hier wurde er in Komödien wie "Ehe in Dosen"
von Leo Lenz und
Ralph Arthur Roberts als Partner von Trude Marlen gefeiert, in dem Lustspiel
"Hauruck!" von Paul Vulpius und
Ralph Arthur Roberts trat er sowohl als Darsteller als auch als Regisseur in
Erscheinung.
Von seinen zahlreichen Bühnenparts sind nur wenige überliefert, etwa 1902/03
die Rolle des Leutnants Victor von Hohenegg in dem Lustspiel "Im bunten Rock"2)
von Franz von Schönthan1)
(1849 1913) und Freiherr von Schlicht2) (1867 1926). Das "Hamburger
Fremdenblatt" vom 2. November 1902 notierte unter anderem anlässlich
eines Gastspiels am
Hamburger "Thalia-Theater": "Man merkte allen Darstellern an, daß
sie mit Lust und Liebe spielten. Frl. Hönigsvald gab die amerikanische Missis
mit dem ganzen Charme ihrer Persönlichkeit und in drei prachtvollen Toiletten, die, wenn sie allgemein getragen
würden, den Sieg der Reformkleider sehr in Frage stellen dürften; Herr Eugen Burg war ein schneidiger Husarenleutnant
und Liebhaber; Herr Ludwig Max gab den philiströs bürgerlich gefärbten, ewig aufgeregten Fabrikanten Wiedebrecht mit
unwiderstehlicher Komik und Herr Paul Biensfeldt schuf aus dem etwas begriffsstutzigen Hans eine drollige
Charakterfigur."3) In dem heiterem
Schauspiel "Der Leibgardist" von Ferenc Molnár begeisterte er 1911 auch das
Münchener Publikum.
Eugen Burgs erste Leinwandauftritte werden in stummen Streifen des
Filmpionier bzw. -regisseurs Max Mack1)
(1884 1973) für die Berliner Filmfirma "Projektions-AG
Union" (PAGU) nachgewiesen. Für Max Mack stand der Schauspieler noch
mehrmals vor der Kamera, so auch mit der Hauptrolle des Robert als Partner
des den Bertram mimenden Ferdinand Bonn4)
(1861 1933) in der spaßigen Geschichte "Robert und
Bertram"1) (1915), welche den Untertitel "Die lustigen Vagabunden"
trug und in der auch der berühmte Ernst Lubitsch1)
(1892 1947) als Kommis Max Edelstein zu sehen war. In der äußerst beliebten, von der Berliner
PAGU
produzierten "Sherlock-Holmes"-Reihe
spielte er in "Das dunkle
Schloss"1) (1915) den
"Meisterdetektiv". Zur Entstehung des Films notiert Wikipedia: "Das dunkle Schloß" war
ursprünglich als dritter Teil der Filmreihe
"Der Hund von Baskerville" geplant. Rechtsstreitigkeiten mit dem Produzenten
Jules Greenbaum1) führten
jedoch dazu, dass die produzierende PAGU den Film unter diesem Titel nicht führen durfte. Greenbaums Firma
hatte nämlich selbst einen Film
"Der Hund von Baskerville, 3. Teil" mit dem Untertitel "Das unheimliche Zimmer"
unter der Regie von Richard Oswald her- und unmittelbar zuvor fertiggestellt.
Daraufhin machte die juristisch unterlegene PAGU Paul Davidsons1)
kurzerhand aus ihrem Sherlock Holmes einen Detektiv Braun und aus der von Hanni Weiße gespielte Laura Lyons
eine Else Schmidt. Lediglich beim Baskerville-Schurken Stapleton verzichtete man auf eine Umbenennung.
In etlichen stummen Produktionen unterschiedlichen Genres arrivierte Eugen
Burg mit
Haupt- und Nebenrollen nun zum vielbeschäftigten Leinwand-Star, führte zwischen 1916 und
Anfang der 1920er Jahre auch mehrfach Regie und drehte Filme mit
Publikumslieblingen wie Ressel Orla4)
(1889 1931), Wanda Treumann4)
(1889 ca. 1940er Jahre),
Oscar Marion4)
(1894 1986) oder Karl Beckersachs4) (1886 1942?); bei "Das Abenteuer der Bianetti" (1919) spielte auch Tochter Hansi mit.
Zu seinen bekanntesten Arbeiten
als Darsteller zählen die beiden ersten Teile des Historienfilms "Fridericus Rex"1) (1921, mit Otto Gebühr),
das Melodram "Violet"5) (1921, mit Olga Tschechowa),
die Operetten-Adaption "Der Zigeunerbaron" (1926/27) oder
die Komödie "Eine
Dubarry von heute"1) (1927), in der auch sein Schüler und Protegé
bzw. "Schwiegersohn" Hans Albers4) (1891 1960) auftrat.
Seit 1923 war Burgs Tochter Hansi Burg1) (1898 1975) die Lebensgefährtin von
Hans Albers, "mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 geriet
das christlich-jüdische Paar bald unter Beobachtung und dann unter Beschuss
des Propagandaministers. Um seine Karriere nicht zu gefährden und den Druck
abzumildern, erklärte Albers in einem offiziellen Schreiben an Joseph Goebbels vom 15. Oktober 1935
seine offizielle Trennung von der Jüdin Hansi Burg. Zum Schein heiratete sie den norwegischen Staatsbürger Erich Blydt,
um aus dem Fadenkreuz der NS-Rasseideologen zu geraten. Aber: De facto
lebten Hans & Hansi auch weiterhin als Paar am Starnberger See zusammen
bis Hansi Burg Albers' Wankelmut eigene Entschlossenheit entgegensetzte
und 1939 auf eigene Faust klammheimlich ins Exil über die Schweiz nach
London abreiste.6) 1946 kehrte Hansi Burg aus England nach
Deutschland zurück und setzte ihre Beziehung mit Albers bis zu dessen Tod 1960 fort.7)
Mit Hans Albers drehte Eugen Burg Anfang der 1930er Jahren einige weitere
Filme, so "Der Greifer" (1930), "Der Sieger"5) (1932)
und "Der weiße Dämon"5) (1932),
seine letzten Auftritte hatte er in Erich Waschnecks Romanze "Unmögliche
Liebe" (1932, mit Asta Nielsen) und in dem Kurzfilm "Meine Frau seine Frau" (1933).
Danach war seine Karriere im Nazi-Deutschland beendet, als
sogenannter "Volljude" verlor er sein Engagement bei der Ufa,
wurde vermutlich Ende 1933 von der "Reichsfachschaft Film"1) (RFF)
bzw. der "Reichstheaterkammer"1) (RTK) mit Berufsverbot belegt.
Eine spätere Flucht ins gesicherte Ausland misslang, Eugen Burg wurde
gefasst und am 28. Januar 1943 in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort ermordeten die
Nazi-Schergen den inzwischen
nahezu erblindeten 73-Jährigen am 17. November 1944 auch eine
Intervention seines Freundes Hans Albers hatte ihn nicht retten können.
Das bisher angenommene Todesdatum "15. November" konnte laut
Kay Weniger1), basierend auf unlängst freigegebenen Unterlagen der Gedenkstätte Theresienstadt,
widerlegt werden.
Der Künstler war seit 1889 mit der Koloratursopranistin Emmy Raabe7) (geb. 02.06.1877 in Przemysl
(Galizien), gest. 06.07.1927 in Berlin) verheiratet; aus der Verbindung
stammten neben Hansi Burg noch die Töchter Stefanie-Marie Burg sowie Rita Burg
(1900 ?), ebenfalls Schauspielerin.
|
Link: 1) Wikipedia, 2) www.karlheinz-everts.de,
4) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 5) Murnau Stiftung, 7) OPERISSIMO
Quelle: 3) www.karlheinz-everts.de,
6)7) Wikipedia, Artikel zu Hansi Burg mit 6) Zitat Kay Weniger:
"Zwischen Bühne und Baracke" (Berlin 2008, S. 14)
8) weitere Quellen: Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 1945;
Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter,
Hansjörg Schneider;
Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp,
Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 1, A-K;
K G Saur, München 1999)
Lizenz Foto Eugen Burg (Urheber: Alexander Binder): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre
urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die
Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer
gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
|