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Der Schauspieler Alwin Neuß (auch Neuss) wurde am 17. Juni 1879 als Alwin Karl Heinrich Neuß
und Sohn eines Staatsbeamten in Köln-Deutz geboren. Im Alter von nur
15 Jahren riss er von zu Hause aus, um sich seinen Traum, Schauspieler zu
werden, zu erfüllen. Erste Auftritte absolvierte Neuß 1895 in Köln an der
"Sommerbühne Flora", erhielt dann Engagements an verschiedenen
Theatern, unter anderem in Barmen (heute Wuppertal-Barmen), Magdeburg, Krefeld, Innsbruck, Köln, Breslau,
Leipzig und Dresden. 1903 folgte er einem Ruf des damaligen Intendanten Otto Brahm1)
(1856 1912) an das "Deutsche Theater" in Berlin,
wirkte anschließend am "Lessing-Theater" und gehörte
schon bald zu den bedeutenden Charaktermimen seiner Zeit. Gastspielreisen
führten Alwin Neuß in die europäischen Metropolen, er spielte in London,
Paris, Rom und Mailand, bereiste Russland und Österreich. 1910 gehörte er
zum Ensemble des von Max Reinhardt1)
(1873 1943) geleiteten "Neuen Theaters", dem späteren
"Theater am Schiffbauerdamm". Darüber hinaus trat Neuß während
seiner schauspielerischen Karriere im Kabarett, bei Variétes und bei
Tournee-Theatern auf, leitete zeitweilig das "Central- Theater"
in der Berliner Friedrichstraße.
Foto: Alwin Neuss vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: Wikipedia;
Photochemie-Karte 1709 (Ausschnitt)
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1910 stieg Alwin Neuss in das noch junge Filmgeschäft ein, wurde zunächst von Ole Olsen1) (1863 1943)
für dessen Produktionsgesellschaft "Nordisk
Film"1) verpflichtet und drehte 1910 mit
Regisseur August Blom1)
(1869 1947) die Horror-Geschichte "Den skæbnesvangre opfindelse"
nach der Novelle "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde"
von Robert Louis Stevenson. Die Doppelrolle des Dr. Jekyll/Mr. Hyde mimte
Neuß übrigens noch einmal in Max Macks Streifen "Ein seltsamer Fall" (1914),
zu dem Richard Oswald1)
(1880 1963) das Drehbuch geschrieben hatte.
Blom realisierte 1910 mit Alwin Neuß in der Titelrolle auch die angeblich
erste "Hamlet"-Verfilmung, 1911 entstand bei der "Nordisk
Film" mit "Das
Millionentstament"2) (Den stjaalne
millionobligation)
ein Sherlock-Holmes-Abenteuer, in dem sich Alwin Neuß erstmals als der
berühmte Meisterdetektiv zeigte. Er trat damit die Nachfolge von Viggo Larsen3) (1880 1957) an,
der den Sherlock Holmes bereits
1908 in "Sherlock Holmes i Livsfare"2)
sowie in weiteren fünf Krimis der erfolgreichen Conan Doyle-Serie verkörpert
hatte. Weitere Stummfilme mit Neuß als Sherlock Holmes sowie Friedrich Kühne3)
(1870 – 1958) als Holmes' charismatischer Gegenspieler
Jack Stapleton wurden in
Deutschland von der Berliner "Vitascope" bzw. von Regisseur Rudolf Meinert nach Scripts von Richard Oswald
gedreht. So entstand mit der "Der Hund von Baskerville"2) (1914)
ein erster Teil, dem "Das einsame Haus"2)
(1914) folgte. Den 3. Teil (1915, Das unheimliche
Zimmer2)) und 4. Teil (1915, Die Sage vom Hund von
Baskerville)
setzte Oswald dann selbst in Szene, nachdem er von der von Jules Greenbaum1)
(1867 1924) gegründeten "Vitascope" zur
neu gegründeten "Union-Vitascope" (Fusion der "Greenbaum-Film GmbH" und PAGU) als
Ober-Regisseur und Autor gewechselt hatte.
Foto: Alwin Neuss vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de;
Photochemie-Karte 1482
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Die anfangs auch weiterhin selbständig produzierende "Vitascope"
setzte dem mit "Das
dunkle Schloss"1) (1915) übrigens einen eigenen dritten
Teil des Baskerville"-Abenteuer entgegen, gedreht von Regisseur Willy Zeyn sen.1)
(1876 1946) mit Eugen Burg3) (1871 1944)
als Detektiv. Zur Entstehung des Films notiert Wikipedia: "Das dunkle
Schloß" war ursprünglich als dritter Teil der Filmreihe "Der
Hund von Baskerville" geplant. Rechtsstreitigkeiten mit dem Produzenten
Jules Greenbaum1)
führten jedoch dazu, dass die produzierende PAGU den Film unter diesem
Titel nicht führen durfte. Greenbaums Firma hatte nämlich selbst einen
Film "Der Hund von Baskerville, 3. Teil" mit dem Untertitel
"Das unheimliche Zimmer" unter der Regie von Richard Oswald
her- und unmittelbar zuvor fertiggestellt. Daraufhin machte die juristisch
unterlegene PAGU Paul Davidsons1)
kurzerhand aus ihrem Sherlock Holmes einen Detektiv Braun und aus der
von Hanni Weiße gespielte Laura Lyons eine Else Schmidt.
Lediglich beim Baskerville-Schurken Stapleton verzichtete man auf eine
Umbenennung.
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1915 musste Alwin Neuß seine erfolgreiche Karriere zeitweise unterbrechen,
da er während des 1. Weltkrieges zur Garde-Infanterie nach Döberitz
eingezogen wurde, doch dies blieb nur ein Intermezzo. Bereits nach kurzer
Zeit beurlaubt, setzte er seine Arbeit für den Film bei der "Decla-Film-Gesellschaft Holz & Co"
fort und arbeitete nun auch verstärkt als Regisseur und Darsteller in
Personalunion. So tauchte er unter anderem mit der Figur des "Tom Shark"1)
auf,
einem amerikanischen scharfsinnigen Detektiv, der in
"Das Licht im Dunkeln"1) (1916)
seinen ersten kniffligen Fall zu lösen hatte. "Shark ist der Übermensch unter
den Detektiven (
) der elegante Mann in allen Lebenslagen", notierte unter
anderem "Der Kinematograph" (12.12.1917). Eine Reihe weiterer "Tom Shark"-Geschichten folgten,
allerdings erwarb sich Neuß mit dieser
Figur keinen solch nachhaltigen Ruhm wie etwa Ernst Reicher3) (18851936)
mit seinem "Stuart Webbs"1)
oder Regisseur Joe May mit "Joe Deebs"1),
anfangs erfolgreich von Max Landa3)
(1873 1933) verkörpert, später unter anderem von von Harry Liedtke3)
(1882 1945) und Heinrich Schroth3)
(1871 1945).
Alwin Neuß schlüpfte in die unterschiedlichsten Rollen, wurde als
"Meister der Maske" gerühmt, auch seine Regie-Arbeiten fanden
positive Resonanz. So schrieb unter anderem "Der Kinematograph" (07.02.1917):
"Auch wenn er die Hauptrolle hat, ordnet er sich in weiser Mäßigung und in vollster Erkennung
der künstlerischen Wirkung dem Ganzen unter." Seine Regie
schaffe "nicht nur schöne Bilder, sondern auch echte. Man muß es Neuß lassen, er versteht und
kann sehr viel".
Foto: Alwin Neuss vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de;
Photochemie-Karte 1442
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Dass Neuß nicht nur in Krimis bzw. Detektivgeschichten zu überzeugen
wusste, bewies er in etlichen Melodramen jener Jahre. So etwa als junger,
verarmter Adliger Raphaël de Valentin in "Das Spiel vom Tode"4) (1917),
von ihm in Szene gesetzt nach dem Roman "Das Chagrinleder" (1831, "La peau de chagrin"1)) von Honoré de Balzac. Für seinen Film
"Zwei blaue Jungen"1) (1917, u.a. mit Käthe Haack)
mit dem Untertitel "Filmdarstellung der
Kriegsabenteuer zweier deutscher Schiffsjungen", den die "Decla-Film" im
Auftrag des "Deutschen Schulschiff Vereins" unter dem Protektorat des
Großherzogs Friedrich August von Oldenburg produzierte, erhielt Neuß
1917 das "Friedrich-August-Kreuz"1).
Für seine eigene Produktionsfirma "Alneuco", die er im November 1920
in München gründete, sind keine Filme nachweisbar.
Mit Beginn der 1920er Jahre ließ die Popularität von Alwin Neuß rapide
nach, er trat noch als Darsteller sporadisch in einigen Produktionen auf,
mit dem Falschmünzer-Melodram um eine junge, mittlerweile seriöse
Ex-Ganoven-Braut (Agnes Esterhazy), die in "Die Zwei und die Dame"
das Opfer von Erpressern wird, lieferte er 1926 seine letzte Regie-Arbeit
ab; danach agierte er als Schauspieler nur noch in zwei Stummfilmen. Beim
Tonfilm konnte er nicht Fuß fassen, wurde lediglich von Max Nosseck in dem
Streifen "Der Tanz ins Glück" (1930) sowie zuletzt von
Erich Waschneck in dessen Liebesdrama "Das alte Lied" (1930) mit Nebenrollen besetzt seine einst so erfolgreiche Film-Karriere
war beendet.
Foto: Alwin Neuss vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Verlag "Hermann Wolff, Berlin", Nr. F 128
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Neuß widmete sich nun wieder seiner Arbeit am Theater, nach der Machtübernahme
der Nazis trat er zwar als Gründungsmitglied am 4. April 1933 der "Nationalsozialistischen
Betriebszellenorganisation1) (NSBO) deutschstämmiger
Filmregisseure" bei, konnte sich aber als Regisseur nicht mehr
etablieren.
Alwin Neuß starb am 30. Oktober 1935 (nach anderen Quellen5) am 29. Oktober)
mit nur 56 Jahren in Berlin; er war mit Anna Klara Warczok verheiratet.
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Quelle: Wikipedia
und CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film, LG 12*)
Siehe auch www.cyranos.ch,
filmstarpostcards.blogspot.de
(englisch)
Fotos bei www.virtual-history.com,
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*) Quellen CineGraph:
Julius Urgiß: Künstlerprofile L Alwin Neuß. In: Der Kinematograph, Nr. 483,29.3.1916,
Ernst Kämpfer; Alwin Neuß. In: Deutsche Kino Rundschau, Nr.29,1914,
Heinz Salmoa-Alwin Neuß. In: H. S.: Film-Götter. Berlin: Grübel 1919, S. 72,
Charles Rudolph: Alwin Neuß. Berlin: Kühne 1920,
Ernst Franke: Lieber Alwin Neuß! In: Lichtbild-Bühne, Nr. 258,2,11.1935
Link: 1) Wikipedia, 2) sherlockholmes.wikia, 3) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 4) Murnau Stiftung
5) Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films
Lizenz Foto Alwin Neuß (Urheber: Alexander
Binder): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre
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des Urhebers.
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Filme
(R = Regie, D = Drehbuch)
Filmografie bei der Internet Movie Database
sowie
www.earlycinema.uni-koeln.de
(Link: Murnau Stiftung, Wikipedia, sherlockholmes.wikia.com,
filmportal.de)
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Stummfilme
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Noch: Stummfilme
Tonfilme
- 1930: Der Tanz ins Glück
- 1930: Das alte Lied
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