Die Schauspielerin Anita Dorris gehörte ab Mitte der 1920er Jahren für
kurze Zeit zu den Stars der Stummfilm-Ära. Geboren am 21. Dezember 1903 in Lübeck
als Anita Dorothea Schmidt, begann die Tochter eines Druckereibesitzers
ohne eigentliche Schauspielausbildung sie hatte lediglich Sprachunterricht
bei dem Charakterdarsteller des Lübecker Stadttheaters Carl Pündter
genommen auf Vermittlung eines befreundeten Schauspieler-Ehepaares ihre Karriere
1921 am Stadttheater
von Eger (heute Cheb, Tschechien).*)
Über die heute zu Tschechien gehörenden
Städte Pilsen (Plzeň) und Franzensbad (Františkovy Lázně) kam
sie 1923 nach Prag, wo sie zwei Jahre lang unter anderem neben Paul Hörbiger und anderen bekannten Schauspielern
jener Jahre auf der Bühne stand. Beispielsweise trat sie in Uraufführungen wie Egon Erwin Kischs
"Die gestohlene Stadt" und Max Brods "Prozeß Bunterbart" auf,
wurde als Partnerin bei Gastspielen von Max Pallenberg in "Der
Wauwau" und 1924 von Alexander Moissi in "Paracelsus"
von der Kritik lobend erwähnt.*)
|
Ihre erste Filmrolle erhielt sie in der dritten Verfilmung der sogenannten
"Fridericus-Rex"1)-Reihe
"Die Mühle von Sanssouci" (1926) mit Otto Gebühr als preußischem König Friedrich II.
und spielte die Tochter des Müllers Casper (Jakob Tiedtke). Sie nannte sich
nun Anita Dorris und trat in der nachfolgenden Zeit in rund fünfzehn
weiteren stummen Produktionen in Erscheinung. Die überaus attraktive junge
Frau avancierte in Deutschland
und in Österreich zu einer bekannten und beliebten
Filmschauspielerin, wurde von Regisseuren wie Hans Steinhoff, Richard Oswald, Karl Grune oder Jaap Speyer
mit Haupt- bzw. prägnanten Nebenrollen besetzt.
Anita Dorris zeigte sich in Komödien, Melodramen und Historienfilmen, in
Jaap Speyers Drama "Bigamie"2) (1927)
beispielsweise mimte sie die hübsche Gerichtsschreibers-Tochter
Elise, die schon lange in den Klempnermeister Engel (Heinrich George)
verliebt ist. Dieser erliegt jedoch den Reizen der rassigen Tänzerin Ada
(Maria Jacobini), nach einer kurzen, fehlgeschlagenen Ehe findet Engel zu
Elise zurück allerdings will es mit der Scheidung von Ada nicht so recht
klappen
In Karl Grunes Historien-Zweiteiler um die preußische "Königin Luise" (1927: Teil 1; 1928: Teil 22))
mit Mady Christians in der Titelrolle verkörperte Anita Dorris die jüngste
Schwester der berühmten preußischen Königin
Luise1), die Friederike,
Herzogin zu Mecklenburg1).
Foto: Anita Dorris 1928
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1) (1888 1929)
Quelle: Wikipedia;
Ross-Karte Nr. 3107/1 (Ausschnitt)
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
|
|
|
Aufsehen erregte Anita Dorris als
Partnerin von Paul Wegener in Gennaro Righellis Literatur-Adaption
"Svengali"1) (1927),
einer freien Verfilmung des Bestsellers "Trilby"1)
des britischen Autors George du Maurier. Hier spielte sie
eindrucksvoll die junge Wäscherin Trilby, die in den Bann des berühmten Musikers
Svengali (Paul Wegener) gerät und seiner dämonischen Macht erliegt. Mit Hilfe seiner hypnotischen Fähigkeiten verhilft Svengali ihr zu
einer großen Karriere als Sängerin, allerdings um den Preis, dass sie ihr bisheriges Leben vergisst und auch ihren
Geliebten (André Mattoni) nicht mehr wiedererkennt
(Quelle → www.filmblatt.de)
Anita Dorris
als Trilby und Paul Wegener als Svengali
in dem Stummfilm "Svengali"
von Gennaro Righelli1)
(Terra-Film, 1927)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pos-2006-a_0000855)
aus
"Vom Werden deutscher Filmkunst/1. Teil: Der stumme Film" von
Dr. Oskar Kalbus
(Berlin 1935, S. 95)
bzw. Bilder aus dem Sammelwerk Nr. 10
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
|
Eine weitere tragende Rolle war unter anderem die der Pflegetochter von Bernhard Goetzke in
Jaap Speyers "Die Sache mit Schorrsiegel" (1928) nach dem
gleichnamigen, anfangs in der "Berliner Illustrierten"
erschienenen Krimi von Fred Andreas. Zu ihren letzten Arbeiten für den
Stummfilm zählen Hauptrollen in der heiteren Geschichte "Das Mädel aus der Provinz" (1929, mit Alfred Döderlein) und in Conrad Wienes
Drama "Eros in Ketten" (1929, auch "Sexualnot"), mit dem
die sozialen Repressionen gegen ledige Mütter thematisiert wurde: Maria,
Tochter des Rechnungsrats Faber (Christian Holt), wird ungewollt schwanger
und von der Kriminalpolizei in ein Mädchenerziehungshaus überwiesen, wo
sie einen Knaben gebärt. An Leib und Seele gebrochen, kehrt sie mit
Hoffnung auf ein Happy End in die elterliche Wohnung zurück. (Quelle → www.stummfilm.at)
Den Übergang zum Tonfilm schaffte Anita Dorris aufgrund ihrer Bühnenerfahrungen ohne Probleme, ihre erste "sprechende" Arbeit war
der von E. W. Emo in Szene gesetzte kurze Streifen "Mein Traum wär ein Mädel" (1930) als
Partnerin von Rudolf Platte der erste deutsche Tonfilm überhaupt.
Foto: Anita Dorris auf einer Fotografie von
Wilhelm Paulsen (verstorben 1920/21)
Quelle: Wikipedia;
Photo-Postkarte (Autogrammkarte)
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
 |
Danach
stand sie nur noch für sechs Produktionen vor der Kamera, ihre wohl bedeutendste
Leinwandrolle im Tomfilm erhielt sie in der von Paul Merzbach inszenierten Romanze
bzw. der in Schweden produzierten deutschen Version von "Mach mir die Welt zum Paradies" (1930, För hennes skull)
an der Seite der schwedischen Theaterlegende Gösta Ekman. "Gösta Ekman, der
Schwede, der so reizvoll deutsch spricht, und Anita Dorris, die feine, blondstrahlende Zart-Menschliche,
sind das erfreuliche Erlebnis dieses nicht in allem gleichwertigen Films."
notierte unter anderem die "Münchener Telegramm-Zeitung" (13.10.1930).
Nach dem musikalischen Streifen "Student sein, wenn die Veilchen blühen" (1931) verabschiedete
sich Anita Dorris auf Wunsch ihres Ehemannes vom
Filmgeschäft, am 28. Oktober 1930 hatte sie den österreichischen Filmregisseur
E. W. Emo1)
(1898 1975) geheiratet. Adele Sandrock, die sie sehr schätzt, gelingt es noch einmal, sie 1931
während der Abwesenheit ihres Mannes bei Außenaufnahmen in Paris zu einem Bühnenauftritt als Cecily in
"Bunbury" (mit der Sandrock als Lady Bracknell) im Berliner "Renaissance-Theater" zu bewegen, doch dann beendet sie endgültig
ihre schauspielerische Laufbahn und zieht sich ins Privatleben zurück.*)
Die am 8. Juni 1936 geborene
gemeinsame Tochter Maria Emo1)
machte sich später als gefeierte Theaterschauspielerin einen Namen, trat
aber auch gelegentlich vor die Kamera.
Anita Dorris, die seit 1939 mit ihrer Familie in Wien lebte, starb dort am 24. Dezember 1993
im hohen Alter drei Tage nach ihrem 90. Geburtstag.
|
|
Quelle (unter anderem): Wikipedia
sowie www.cyranos.ch Fotos
bei www.virtual-history.com
|
*) Quelle: CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film (Lg. 24)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung
Lizenz Fotos Anita Dorris (Urheber: Alexander Binder/Wilhelm Paulsen): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre
urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die
Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer
gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
|
|
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database,
filmportal.de
(Link: Murnau Stiftung,Wikipedia, www.stummfilm.at)
|
Stummfilme
- 1926: Die Mühle von Sanssouci
- 1926: Ballettmädels / Frau Sopherl vom Naschmarkt
- 1926: Fedora / Frauenliebe – Frauenhass
- 1926: Wien Berlin / Ein Liebesspiel zwischen Spree und Donau
- 1926: Im weißen Rössl (nach dem Singspiel
von Ralph Benatzky)
- 1926: Es blasen die Trompeten
- 1926: Als ich wiederkam
- 1927: Wie bleibe ich jung und schön Ehegeheimnisse
- 1927: Liebeshandel / Agentur Übersee
- 1927: Bigamie
- 1927: Svengali
- 1927/28: Königin Luise
- 1928: Ehre Deine Mutter
- 1928: Die Sache mit Schorrsiegel
|
Noch: Stummfilme
- 1928: Hinter Klostermauern
- 1929: Die Frau auf der Banknote / Banknotenfälscher
- 1929: Das Mädel aus der Provinz
- 1929: Eros in Ketten / Sexualnot
→ filmportal.de
- 1930: Sturm auf drei Herzen
- 1930: Alimente
Tonfilme
- 1930: Mein Traum wär ein Mädel
- 1930: Sturm auf drei Herzen
- 1930: Die Jugendgeliebte / Goethes Frühlingstraum
- 1930: Gigolo / Der schöne, arme Tanzleutnant
- 1930: Mach mir die Welt zum Paradies
- 1930: Nur Du
- 1931: Student sein, wenn die Veilchen blühen
|
|