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Ita Rina war die erste slowakische Filmschauspielerin, die auch
international Aufsehen erregte und mit Produktionen in Deutschland und
der Tschechoslowakei ab Ende der 1920er Jahre als Schönheit
Star-Status erlangte.
Geboren am 7. Juli 1907 als Italina "Ida" Kravanja im damals zur k.u.k Monarchie
Österreich-Ungarn gehörenden kleinen Gemeinde Divača (später
Jugoslawien, heute Slowenien), wuchs die älteste Tochter des
Eisenbahners Jožef Kravanja und dessen Ehefrau Marija gemeinsam mit
ihrer jüngeren Schwester Danic auf. Kurz nach Beginn des 1. Weltkrieges zog die Familie 1919 nach
Laibach (heute Ljubljana, Slowenien), wo Ida ein Gymnasium besuchte. Als der Vater
verstarb, lebte die Familie in bescheidenen Verhältnissen, die Mutter vermietete Zimmer ihrer Wohnung an Studenten,
Tochter Ida arbeitet in einer Bank. Bereits zu dieser Zeit träumte das junge Mädchen
davon, eine berühmte Filmschauspielerin zu werden, als im Oktober 1926 das Magazin "Slavic People" einen nationalen
Schönheitswettbewerb zur Teilnahme an den Wahlen zur "Miss
Europa" organisierte, meldete sich Ida und errang den Titel
"Miss Slowenien". Eigentlich sollte sie nun nach Zagreb zum
Auswahlverfahren der "Miss Jugoslawien" fahren der
Gewinnerin winkte eine Filmrolle in Hollywood doch die Mutter
verhinderte dies zunächst, gab dann jedoch schließlich nach. Als Ida Kravanja
in Zagreb ankam, war es zu spät, die Jury hatte bereits die drei
schönsten Finalistinnen gekürt. Doch durch Zufall wurde der
Unternehmer Adolf Müller1) (1857 1932),
unter anderem Besitzer des Zagreber
Lichtspielhauses "Balkan Palace", auf die attraktive
19-Jährige aufmerksam, sandte Fotos von ihr an den deutschen Filmproduzenten
Peter Ostermayr2) (1882 1967),
der sie nach Berlin zu einem Vorstellungstermin einlud.
Foto: Ita Rina vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder2) (1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de
bzw. www.flickr.com;
Ross-Karte Nr. 3766/1
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Gegen den Willen der Mutter fuhr Ida Kravanja im Mai 1927 nach Berlin, nahm unter anderem Schauspiel- und
Tanzunterricht. In der Ostermayr-Produktion "Was die Kinder ihren Eltern verschweigen" (1927), inszeniert
von Ostermayers älterem Bruder Franz Osten2) (1876 1956),
erhielt sie dann eine erste Leinwandrolle und mimte noch unter ihrem Geburtsnamen den kleinen Part einer
Zofe. Nach weiteren kleineren Rollen, unter anderem in Johannes Guters
Komödie "Der
Tanzstudent"3) (1928), konnte sie dann in Mario Bonnards,
im Theatermilieu angesiedelten Krimimalfilm "Das letzte Souper" (1925) neben
den Stars Marcella Albani und Heinrich George erste
Aufmerksamkeit erregen; im selben Jahr lernte sie ihren zukünftigen Ehemann,
den Ingenieur-Studenten Miodrag Đorđević kennen.
Schon seit ihrer Mitwirkung in Johannes Guters Liebeskomödie "Zwei unterm Himmelszelt" (1927, u.a. mit Ernst Deutsch)
trat sie unter dem wohlklingenderen
Künstlernamen "Ita Rina" auf, Furore machte sie dann mit einem
Film, der sie auch international zum Gesprächsthema werden ließ: "Erotik" (1929, Erotikon)
hieß das von dem tschechischen Regisseur Gustav Machatý1)
(1901 1963) in Szene gesetzte stimmungsvolle Melodram, gedreht nach dem Bühnenstück
"A Kék róka" des ungarischen Autors Ferenc Herczeg,
in dem Ita Rina neben Olaf Fjord mit für jene Zeit ungewohnten, intensiven
Liebesszenen zu sehen war. Die Geschichte handelte von der jungen naiven
Bahnwärterstochter Andrea (Ita Rina), die von dem Verführer George (Olaf Fjord) geschwängert und verlassen den
vornehmen, sympathischen Jean (Luigi Serventi) heiratet. Erst als sie entdeckt, dass sie für den sie inzwischen wieder umwerbenden
George nur eine von vielen ist, erkennt sie ihre wahre Liebe für Jean.4)
Der Film, vor allem von der Kirche als "unmoralisch"
angeprangert, wurde von der Kritik hochgelobt und ließ die Kinokassen
klingeln, bei www.film.at
kann man unter anderem lesen. "Mit einem Minimum an Zwischentiteln fand
Machatý zu einer subtilen Filmsprache, welche die Atmosphäre der Erotik,
Verführung und Begierde durch eine Folge von symbolkräftigen Bildern und Überblendungen erzeugt."
Die Tageszeitung "Hamburger Echo" ( Nr. 136, 18.05.1929) notierte
unter anderem: "Es bleibt unangenehm deutlich, daß es sich in erster Linie um ein Spiel mit erotischen
Sensationen handelt. Pikant und delikat aufgetischt, werden sie vielen schmecken, Ita Rina und Charlotte Susa,
die Trägerinnen der Hauptrollen, wissen ihr Spiel so mit Glut und Charme zu füllen, daß es wenig sagt und doch
nichts verschweigt."4)
Foto: Ita Rina vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder2) (1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de
bzw. www.flickr.com;
Ross-Karte Nr. 3324/3
Angaben zur Lizenz siehe hier
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In ihrem nächsten Film, Richard Oswalds "Frühlings
Erwachen"2) (1929) nach Frank Wedekinds gleichnamigem
gesellschaftskritisch-satirischem Drama mit dem Untertitel " Eine
Kindertragödie" überzeugte Ita Rina als das Maler-Modell Ilse, war
für Karl Anton die Protagonistin in der tschechischen Produktion
"Erlebnis einer Nacht" (1930), ein Film, der wenig später auch
als Tonfilmversion herauskam. In ihrem letzter Stummfilm, dem von
Wladimir Gaidarow (Vladimir Gajdarov) unter anderem an der estischen
Küste in Szene gesetzten romantischen Ostsee-Abenteuer um Alkoholschmuggel
und Liebe "Kurs
auf die Ehe"2) (1930,
auch: "Wellen der Leidenschaft"/OT: Kire lained), waren
Raimondo van Riel und Fritz Greiner sowie der Regisseur selbst
ihre Partner.
Ein Angebot aus Hollywood schlug Ita Rina aus privaten Gründen aus, Anfang
der 1930 Jahre hatte sie Miodrag Đorđević geheiratet, trat
als Katholikin zum serbisch-orthodoxen Glauben über und hieß nun fortan
offiziell Tamara Đorđević. Danach stand sie nur noch
sporadisch für einige Kinoproduktionen vor der Kamera, ihre letzten Filme
waren Victor Jansons Literaturadaption "Die
Korallenprinzessin"3) (1937)
und der Krimi "Zentrale
Rio"3) (1939) von
Regisseur Erich Engels mit Leny Marenbach, Camilla Horn und
Werner Fuetterer.
Foto: Ita Rina vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder2) (1888 1929)
Quelle: www.cyranos.ch;
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Mit ihrem Mann hatte sich Ita Rina in Belgrad niedergelassen,
1940 wurde Sohn Milan geboren. Nach dem verheerenden Luftangriffen
auf Belgrad2) durch die deutsche
Wehrmacht am 6. und 7. April 1941 flüchtete die Familie in den
berühmten Kurort Vrnjačka Banja (heute Serbien); wenig später
wurde Tochter Tijana geboren. Nach Ende des 2. Weltkrieges zog Ita Rina
mit Mann und Kindern wieder nach Belgrad, geplante Filmprojekte wurden nicht
realisiert. Sie arbeitete eine Zeit lang als Co-Produktionsberaterin bei der
damals jugoslawischen "Avala Film" und stand auch in einigen
Theater-Produktionen auf der Bühne. 1960 trat sie noch einmal mit einem
kleinen Part in dem preisgekrönten Sci-Fiction-Drama "Krieg" (Rat,
Regie: Veljko Bulajic) auf der Leinwand in Erscheinung.
Aufgrund von Ita Rinas Asthma-Erkrankung ließ sich das Paar 1967 in
Budva (bis 2003 Jugoslawien, heute Montenegro) an der Adria-Küste
nieder, wo der einst gefeierte Film-Star am 10. Mai 1979 im Alter
von 71 Jahren an den Folgen eines Asthma-Anfalls starb. Die Beisetzung
fand kurz darauf in Belgrad statt, neben der Familie gaben ihr auch zahlreiche
Freunde, Filmschaffende und Fans das letzte Geleit. Ihre letzte Ruhe fand Ita Rina
bzw. Tamara Đjorđević, wie sie sich seit ihrer Heirat nannte, auf dem Belgrader Friedhof Novo Groblje .
Seit 1998 besteht in Ita Rinas Geburtsort Divača bzw. in ihrem ehemaligen
Geburtshaus (Škratelj Haus) eine Dauerausstellung mit Fotos, Filmplakaten und
sonstigen Exponaten. Die am 19. August 1996 ins Leben gerufene
"Slowenische Kinemathek" (Slovenska Kinoteka) in Ljubljana bzw.
Lilijana Nedič, bis 2012 Leiterin der "Slowenischen
Kinemathek", brachte 2007 anlässlich des 100. Geburtstages
eine erweiterte Monographie über das Leben und Werk des ersten slowenischen
Filmstars heraus.
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