Die als Tochter des Architekten Serge Pinajeff und dessen Ehefrau, der
Gräfin Anna Popov, am 17. April 1900 im damals zum
russischen Zarenreich gehörenden Jekaterinoslaw (heute: Dnipropetrowsk,
Ukraine) geborene Elisabeth Pinajeff (auch Pinajewa/von Pinajeff) hatte schon früh
den Wunsch, Schauspielerin zu werden. "Meiner Familie gegenüber hatte ich es nicht leicht, als ich
endlich meine Absichten gestand. Schließlich aber gaben meine Eltern nach. Ich durfte eine dramatische
Schule besuchen und lernte gleichzeitig tanzen."*)
Anschließend nahm sie in Charkow (heute Charkiw, Ukraine) Unterricht bei Mikhail Tarkhanov (Michail Tarchanow;
1877 1948), Charaktermime am russischen Nationaltheater und Bruder
des Schauspielers sowie Regisseurs Ivan Moskvin (1874 1946).
Nach dem Besuch einer Filmschule wirkte Elisabeth Pinajeff nach eigenen
Angaben*) in zwei russischen Stummfilmproduktionen mit.
Ende der 1910er Jahre hatte
die erst 19-jährige aufstrebende Schauspielerin einen Ingenieur geheiratet,
als dieser beruflich nach Berlin ging, folgte sie ihm.
Hier kam ihr zugute, dass der dänische Regisseur Carl Theodor Dreyer 1921 für seine
Literaturadaption "Die Gezeichneten"1) (1922) per Zeitungsinserat
nach russischstämmigen Schauspielern suchte, Elisabeth Pinajeff
bewarb sich und wurde von Dreyer neben anderen Exilrussen mit einer
Nebenrolle besetzt, als Protagonisten zeigten sich Wladimir Gaidarow2) und Gräfin Polina Piechowska. Der Film
basierte auf dem 1912 erschienenen,
komplexen Roman "Elsker hverandre"
des dänischen Schriftstellers Aage Madelung, mit dem der Autor die antisemitischen
Pogrome im vorrevolutionären Russland in den Jahren zwischen 1900 und 1905
thematisiert → www.filmgazette.de.
In der nachfolgenden Zeit konnte sich Elisabeth Pinajeff in der deutschen
Stummfilmszene etablieren, wurde zunächst als "süßes Mädel" und
"Salonpuppe" eingesetzt.
Foto: Elisabeth Pinajeff 1927
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: Wikipedia;
Ross-Karte Nr. 1458/1 (Ausschnitt);
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
|
|
 |
Ihre erste anspruchsvollere Rolle erhielt
sie als Partnerin von Olaf Fřnss in Holger-Madsens, im
Aristokraten-Milieu angesiedelten Krimi " Spitzen" (1926):
" Ich spielte diese Rolle mit ganzer Seele und großer Hingabe,
und ich hoffe, daß ich gezeigt habe, daß ich auch im tragischen Fach etwas zu leisten imstande bin"
ließ sie später ihr Publikum wissen.*)
Sie stand unter anderem mit Alphons Fryland für den Streifen "Gern hab' ich die Frauen geküßt" (1926; Regie: Bruno Rahn)
vor der Kamera, war zusammen mit Grit Haid und Helga Molander
"Die drei Mannequins" (1926) in Jaap Speyers gleichnamigen
Komödie oder tauchte als Tänzerin Beatrice neben den italienischen
Stummfilmstar Luciano Albertini in Max Obals Räubergeschichte
"Rinaldo Rinaldini. Abenteuer eines Heimgekehrten" (1927) auf.
Elisabeth Pinajeff spielte zwar in ihren nachfolgenden Unterhaltungsstreifen
vorwiegend keine weibliche Hauptrolle, trat jedoch mit prägnanten
Parts in den erfolgreichen Stummfilmproduktionen jener Jahre an der
Seite der Topstars auf. So agierte sie beispielsweise als Chansonette
mit Xenia Desni in Johannes Guters "Ein rheinisches Mädchen beim rheinischen Wein" (1927),
mit Liane Haid in "Die Dollarprinzessin und ihre sechs Freier" (1927; Regie: Felix Basch) oder
war die "fesche Mizzi" in Rolf Randolfs Militärklamotte "Mikosch rückt ein" (1928). Mit Harry Liedtke und
Christa Tordy drehte sie die von Rolf Randolf inszenierte heitere
Geschichte "Amor auf Ski" (1928), Gustav Ucicky besetzte sie als attraktive
Tänzerin in seiner Komödie "Ein besserer Herr"3) (1928)
nach dem gleichnamigen Schwank von Walter Hasenclever mit Fritz Kampers als Heiratsschwindler Möbius. Zu Elisabeth Pinajeff
letzten Arbeiten für den Stummfilm zählten Géza von Bolvárys Romanze
"Der fesche Husar"4) (1928) mit
Ivor Novello, die österreichische
Produktion "Der Mitternachtswalzer" (1929; Regie Otto Paul) sowie Georg Jacobys
Melodram "Mutterliebe" (1929) mit Henny Porten
und Gustav Diessl.
Foto: Elisabeth Pinajeff vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de
bzw. www.flickr.com
Ross-Karte Nr. 1679/1; Angaben zur Lizenz siehe hier
|
Elisabeth Pinajeffs erster Tonfilm hieß "Ruhiges Heim mit
Küchenbenutzung. Das Mädel von der Operette" (1930; Regie: Carl Wilhelm), in dem sie jedoch nur einen kleineren Part spielte. Doch
bereits in "Tingel-Tangel" (1930; Regie: Jaap Speyer) stand
sie zusammen mit Ernö Verebes an erster Stelle der Besetzungsliste. Von
den nachfolgenden Filmen, dem Abenteuer "Schatten der Unterwelt" (1931;
Regie: Harry Piel) sowie den Komödien "Die Vier um Bob 13" (1932; Regie: Johannes Guter)
und "Madame hat Ausgang" (1932; Regie: Wilhelm Thiele)
gab es als "Ombres des bas fonds", "L'amour en vitesse"
und "L'amoureuse aventure"
französischsprachige Versionen, in denen Elisabeth Pinajeff in
den beiden letztgenannten als "Lily Dorell" ebenfalls
mitspielte.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verließ sie 1933 Deutschland und
machte Frankreich zu ihrer Wahlheimat, übernahm als "Lily Dorell" zunächst
nur noch in zwei Filmen Aufgaben, in der deutsch-französischen
Co-Produktion "Le triangle de feu" (1932) und in Edmond T. Grévilles witzigen
Geschichte "Vacances
conjugales" (1933). Letztmalig zeigte sie sich nach einer längeren
Pause mit einer kleineren Rolle in Marcel L'Herbiers Historiendrama "La tragedie imperiale" (1938) um
den sagenumwobenen russischen Mönch Rasputin (Harry Baur) auf der Leinwand. Danach beendete sie ihre Filmkarriere und
verschwand als Schauspielerin aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit.
Foto: Elisabeth Pinajeff vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1)
(1888 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de; Ross-Karte Nr. 3772/1;
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
 |
|
Während der Kriegs- und Nachkriegsjahre soll Elisabeth Pinajeff einigen Quellen
zufolge in der Pariser mondänen Gesellschaft ein gern gesehener Gast,
Anfang der 1950er Jahre eine intime Freundin des Rechtsanwalts und
sozialistischen Politikers André Le Troquer1) (1884 1963) gewesen sein.
Mit ihm zusammen soll sie
im Januar 1959 in dem Sittenskandal um das "Rosa Ballett"
verwickelt gewesen sein, der sich zu einem der größten politischen
Skandale der Pariser Nachkriegszeit ausweitete. Troquer, damals noch
Parlamentspräsident und zweiter Mann im Staate, und seinen Freunden
wurde vorgeworfen, in einer dem Staat gehörenden Villa zweifelhafte
Ballettaufführungen organisiert oder geduldet zu haben, an denen zwölf
bis achtzehnjährige Mädchen beteiligt waren. Weiterhin wird in einigen
Quellen berichtet, dass sich Elisabeth Pinajeff während ihrer Pariser
Zeit als Kunstmalerin hervortat und Persönlichkeiten wie die britische
Königin oder die Frau des französischen Präsidenten René Coty1) portraitierte → Artikel bei www.flickr.com
(englisch) und www.zeit.de.
Danach verliert sich die Spur der Schauspielerin, die heute weitgehend
in Vergessenheit geraten ist. Elisabeth Pinajeff starb am 31. Dezember 1995
im hohen Alter von 95 Jahren in der französischen Gemeinde Villemoisson-sur-Orge
nahe Paris.
|
|
Quellen (unter anderem*)):
Wikipedia,
www.cyranos.ch
Fotos bei www.virtual-history.com
|
*) Elisabeth Pinajeff. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 3) www.film.at, 4)
Wikipedia (englisch)
Lizenz Fotos Elisabeth Pinajeff (Urheber: Alexander Binder): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre
urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische
Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer
gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
|
|
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Link: Wikipedia (deutsch), Murnau Stiftung, film.at, Wikipedia (englisch))
|
Stummfilme
- 1922: Die Gezeichneten
- 1923: Graf Cohn
- 1924: Die Brigantin von New York
- 1924: Königsliebchen
- 1925: Menschen am Meer
- 1925: Herrn Filip Collins Abenteuer
- 1926: Die drei Mannequins
- 1926: Spitzen
- 1926: Die Kleine und ihr Kavalier
- 1926: Der lachende Ehemann
- 1926: Gern hab' ich die Frauen geküßt
- 1927: Rinaldo Rinaldini. Abenteuer eines Heimgekehrten
- 1927: Ein rheinisches Mädchen beim rheinischen Wein
- 1927: Was Kinder den Eltern verschweigen
- 1927: Die Dollarprinzessin und ihre sechs Freier
- 1928: Mikosch rückt ein
- 1928: Amor auf Ski
- 1928: Die Sünderin
|
Noch: Stummfilme
Tonfilme
- 1930: Ruhiges Heim mit Küchenbenutzung. Das Mädel von der Operette
- 1930: Tingel Tangel
- 1931: Schatten der Unterwelt / Ombres des bas fonds
- 1932: Die Vier um Bob 13 / L'amour en vitesse (als Lily
Dorell)
- 1932: Madame hat Ausgang / L'amoureuse aventure (als Lily
Dorell)
- 1932: Le triangle de feu (als Lily Dorell)
- 1933: Vacances conjugales (als Lily Dorell)
- 1938: La tragedie imperiale / Rasputin (als Lily Dorell)
|
|