Willi Schur als Otto, der Verlobungsgast, in dem Film "Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?" (1932); Quelle: cyranos.ch bzw. Archiv Praesens-Film AG" Zürich, mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich); Copyright Praesens-Film AG Der Sänger, Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Willi Schur wurde am 22. August 1888 in Breslau1) (heute: Wrocław. Polen) geboren; über den familiären Hintergrund ist derzeit nichts bekannt. Schon früh fühlte er sich zur Bühne hingezogen, ein erstes Engagement erhielt der 18-Jährige als jugendlicher Komiker 1906 am "Königlichen Schauspielhaus"1) in Potsdam. Weitere Stationen wurden die Stadttheater in Bromberg1) (1908; heute: Bydgoszcz, Polen) und in Neisse1) (1910–1912; heute: Nysa, Polen), wo er auch erstmals Stücke inszenierte. Danach wechselte Schur für ein Jahr nach Oldenburg1) an das "Großherzogliche Hoftheater"1), ging dann 1913 für eine Spielzeit nach Bremen. Bis Mitte der 1920er Jahre hielt es den Künstler nicht lange an einem Ort, so fungierte er 1914/15 als Direktor und Oberspielleiter des "Kurtheaters" in Bad Kösen1) (Sachsen-Anhalt), parallel dazu leitete er das "Stadttheater Wilhelmshaven"1). 1916 berief man ihn zum Direktor und Oberspielleiter an das "Thalia-Theater" in Chemnitz1), 1917 als Regisseur und Darsteller an das "Stadttheater Nürnberg"1), wo er auch als Sänger in Operetten auftrat. Es folgten das "Stadttheater" in Halle/Saale1) (1918), drei Jahre später übernahm er dort – zusammen mit dem "Reichshallentheater" in Erfurt1) – die Direktion des "Walhalla"-Operettentheaters (ehemaliges "Steintor-Varieté"1)). 
 
Willi Schur als Otto, der Verlobungsgast, in dem Film
"Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?"1) (1932) → cyranos.ch
Quelle: cyranos.ch bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG
Als das "Walhalla-Theater" 1922 von dem neuen Besitzer als Kino und Ringkampfarena genutzt wurde, gab Schur die Leitung auf, ging 1924 als Direktor an das "Moderne Theater", welches nach einem Umbau 1925 zu den damals modernsten und elegantesten Vergnügungsstätte der Stadt Halle zählte und Varieté sowie Revuen mit künstlerischem Anspruch darbot. 1926 zog es Willi Schur in die Metropole Berlin, hier wirkte er an verschiedenen Bühnen, zunächst am "Residenz-Theater"1), zwischen 1928 und 1931 am "Theater des Westens"1) und gelegentlich an der "Volksbühne"1) sowie ab 1932 am "Theater am Schiffbauerdamm"1).
 
Mitte der 1930er Jahre gab Schur seine Arbeit für das Theater zugunsten des Films fast vollständig auf. Bereits zu Stummfilmzeiten hatte er sich in dem Detektiv-Streifen "Die Banditen von Asnieres" (1920) neben Protagonist Max Landa mit einer kleinen Rolle als Leinwanddarsteller versucht, doch erst im Tonfilm-Zeitalter arrivierte er zu einem vielbeschäftigten Nebendarsteller. Seit seinem Tonfilmdebüt mit dem Part des schlitzohrigen Tagediebs Jacob in Erich Engels1) Depressions-Komödie "Wer nimmt die Liebe ernst…"1) (1931) mit Max Hansen und Jenny Jugo stand der nicht gerade als "Beau" geltende Schauspieler unermüdlich vor der Kamera. "Ein Kerl mit einer wirklichen Verbrechervisage, dessen Derbheit zu dem zierlichen Hansen in merkwürdigem Widerspruch steht." notierte damals "Der Film" (03.10.1931).*) Festgelegt auf Ganoven- und Außenseiterrollen, gehörte Schur neben Hauptdarsteller Heinrich George (Franz Biberkopf) zur Besetzung des Dramas "Berlin – Alexanderplatz"1) (1931), der ersten von Phil Jutzi1) in Szene gesetzten Verfilmung des berühmten, gleichnamigen Romans1) von Alfred Döblin1)1), und zur Schauspielerriege von Richard Oswalds1) Adaption "Der Hauptmann von Köpenick"1) (1931) nach dem gleichnamigen Theaterstück1) von Carl Zuckmayer1) mit Max Adalbert als Schuster Wilhelm Voigt1), wo er dessen Kumpan Kalle mimte. "Zu seinem Fach zählen Kleinbürgerporträts wie der Zeltkolonist Otto in Slátan Dudows1) "Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?"1) (1932), der auf der Hochzeitsfeier zuerst genüßlich, dann bis zur Besinnungslosigkeit zecht, nachdenkliche Proletarier wie der Vorarbeiter Pitt in Karl Hartls1) Science-Fiction "Gold"1) (1934), der mit Hans Albers über die Gefahren künstlicher Edelmetallproduktion philosophiert und der Steiger Schumacher in Harry Piels "Der Herr der Welt"1) (1934), der nach einem Grubenunglück über den Sinn seines Lebens sinniert. Seinen Ganoven- und Landstreichertyp erweitert Schur um skurrile Figuren wie den bärbeißigen Piratenkapitän Malossol mit Seebär-Bart und schwarzer Augenbinde in "Die Finanzen des Großherzogs"1) (1934); gefährliche, schneidige Typen zeichnet er in der deutsch-tschechischen Co-Produktion "Das Gässchen zum Paradies"1) (1936) als tyrannischer, kinderquälender Jahrmarktsbudenbesitzer Gustav und in Piels Kriminalfilm "Sein bester Freund"4) (1937) als Raubmörder Kruppack, aus dem die Polizei bei einem Verhör kein Wort herausbekommt. Auch seinen mitunter sehr kleinen Rollen – einen Clochard in "Der träumende Mund"1) (1932), einen Kneipenwirt in "Ave Maria"2) (1936), einen Streckenwärter in "Der Mann, der Sherlock Holmes war"1) (1937) – verleiht er Profil und Pointen." schreibt CineGraph.*)
  
Welch darstellerisches Potential in ihm steckte, konnte Willi Schur mit der Rolle des heruntergekommenen Sargtischlers Hackelberg bzw. Vater der Dienstmagd Regine (Brigitte Horney) in Fritz Peter Buchs1) Drama "Der Katzensteg"2) (1938) nach dem Roman von Hermann Sudermann1) unter Beweis stellen. Meist wurde seine Möglichkeiten jedoch kaum genutzt, zu oft musste er das Klischee des Unsympaths bedienen. Lediglich in wenigen Produktionen konnte er diesem Image entfliehen, beispielsweise als Diener des Lords Arthur Cavershoots (Curt Goetz) in "Napoleon ist an allem schuld"1) (1938), einer gesellschaftskritischen Satire aus der Feder (Drehbuch mit Karl Peter Gillmann1)) und unter der Regie von Curt Goetz mit unter anderem Ehefrau Valérie von Martens als Lady Cavershoot. "Als schwarzgelockter, dunkelhäutiger arabischer Diener des Napoleonforschers Lord Cavershoot ist Schur leicht, behutsam, vornehm, graziös, distinguiert, und in einer kurzen Tanznummer kann er demonstrieren, daß er noch immer über die Agilität seiner Operettenzeit verfügt."*) In dem kuriosen Abenteuer "Der unmögliche Herr Pitt"1) (1938) von und mit Harry Piel war er als Tim dessen Kumpan und schlüpfte in die unterschiedlichsten Masken – Fischhändler, Sträfling, Schiffbrüchiger, Hochstapler, Villenbesitzer – meisterte diese Aufgabe "vital, sympathisch und mit Humor".*)
Zudem erfreute Willi Schur das Publikum in etlichen kurzen, meist witzigen Spielfilmen, die im Vorprogramm gezeigt wurden. Auch hier deckte er die ganze Palette der Chargenrollen ab, sei es als Einbrecher in "Der große Preis von Europa"3) (1935) oder als Landstreicher in "Die Holzauktion"3) (1937). Zwei Mal setzte er mit "Wie du mir – so ich dir" (1935) und "Nach dem Klingeln – Bitte drücken" (1935) selbst Kurz-Spielfilme in Szene → Übersicht Filmografie.
 
Willi Schur, der trotz seiner umfänglichen Filmografie von rund 100 Produktionen heute in Vergessenheit geraten ist, erlag nach langer Krankheit am 1. November 1940 mit nur 52 Jahren in seinem Haus in der Berliner Künstlerkolonie1) am Südwestkorso 481) einem Krebsleiden. Die letzte Ruhe fand der Künstler auf dem "Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf"1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Quellen: Wikipedia, cyranos.ch sowie
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, LG 12*)
Fotos bei virtual-history.com
*) Matias Bleckman, Jörg Schöning: "Willi Schur – Schauspieler". In: "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" ( Lieferung 12, 1988)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) Murnau Stiftung
Filme
Langfilme / Kurz-Spielfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Murnau Stiftung)
Stummfilm
  • 1920: Die Banditen von Asnieres (nach der Vorlager von Sven Elvestad; Regie: Carl Mueller-Hagens; mit Max Landa
    als Detektiv; als ?
    )→ IMDb
Tonfilme
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