Über die Herkunft der Stummfilmdarstellerin Erna Thiele ist nichts Eindeutiges bekannt. Die oft angeführte angebliche Geburt am 23. März 1896 in Berlin-Wilmersdorf1) betrifft tatsächlich die Schauspielerin Dorothea Thiele, die unter mehreren Pseudonymen während der Stummfilmzeit tätig war. Legt man nach einigen Quellen genannten den russischen Geburtsort St. Petersburg1) zugrunde, so erblickte sie nachweislich dort am 6. Mai 1895 als Erna Josephine Thiele, Tochter des Juweliers Karl Ernst Thiele und dessen Ehefrau Josepha (geb. Fansky), das Licht der Welt → Heiratsurkunde.
1916 startete sie eine kurze, überschaubare Karriere als Stummfilmdarstellerin, präsentierte sich unter anderem neben Harry Liedtke, Ossi Oswalda, Max Gülstorff und Ernst Lubitsch1) in dem von Danny Kaden1) gedrehten Lustspiel "Leutnant auf Befehl"1) (1916). Der bekannteste Film dürfte wohl die von Otto Rippert1) mit  mit Olaf Fønss als Wissenschaftler Prof. Richard Ortmann bzw. Homunculus1) in Szene gesetzte, sechsteilige Schauergeschichte "Homunculus"1) (1916) gewesen sein, wo Erna Thiele im 3. Teil "Die Liebeskomödie des Homunculus"2) die Figur der jungen Anna mimte, die von ihren Eltern verstoßen wird und einem schurkischen Verführer verfällt. Es folgten weitere Auftritte beispielsweise als Tochter des Bankiers (Adolf Klein1)) in dem Krimi "Die Botschaft des Jean Battista" (1917) aus der "Joe Jenkins"-Reihe1) mit Léon Rains1) als Detektiv Joe Jenkins oder als Sigrid, Tochter von Graf Ludwig Erlenstein (Hans Adalbert Schlettow), in dem Melodram "Die weißen Rosen von Ravensberg"3) (1919), gedreht von (Regie) und mit Nils Chrisander als Fürst Marcel Hochwald nach dem gleichnamigen Roman1) von Gräfin Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem1) und Uschi Elleot1) als Iris von Ravensberg.

Erna Thiele vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: www.cyranos.ch;
Photochemiekarte K.290
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Erna Thiele vor 1929M Photochemiekarte K.290; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: www.cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Ihre letzte Arbeit für den Stummfilm war der Streifen "Des Teufels Puppe" (1919/20), der jedoch mit einem Aufführungsverbot belegt wurde und 1924 in einer Neufassung als "Marie d'Amour und ihre Liebhaber" mit Hanni Weisse als Marie d'Amour, des "Teufels Puppe", in die Lichtspielhäuser gelangte, aber nach wie vor wegen "entsittlichender und verrohender Wirkung" mit der Verbots-Auflage versehen wurde → Zensurentscheidung2) vom 11.06.1924 → Übersicht Stummfilme.
Nach nur 12 Produktionen beendete Erna Thiele ihre Laufbahn als Filmschauspielerin auch schon wieder. Am 22. September 1917 hatte sie in Berlin-Charlottenburg1) den aus einem mährischen Uradelsgeschlecht stammenden Leutnant Joseph Friedrich Johannes Marie Hubertus Graf Praschma (1893 – 1948), geheiratet, der später seinen Namen in Friedrich Freiherr von Bilkau ändern ließ. Nach der Geburt des am 11. Mai 1920 geborenen gemeinsamen Sohnes Gonzalo († 1934) widmete sie sich nun dem Familienleben. Die Ehe hielt nicht lange und wurde am 29. Dezember 1922 in München rechtskräftig geschieden → Notizen Heiratsurkunde. Graf Praschma ehelichte später (1927) in Kansas City (USA) die Amerikanerin Mabel Rice → www.thepeerage.com sowie Geschlecht der Praschma bei Wikipedia.
 
Über den weiteren Lebensweg von Erna Thiele lässt sich nichts in Erfahrung bringen; das mitunter angegebene Todesdatum 4. August 1985 betrifft wiederum Dorothea Thiele.
Quelle (unter anderem): cyranos.ch
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) Murnau Stiftung
Lizenz Foto Erna Thiele (Urheber: Alexander Binder): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
   
Stummfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Murnau Stiftung; R = Regie)
 
Infos zu Dorothea Thiele:
 
Dorothea Thiele wurde 23.März 1896 als Dorothea Elise Alma Gertrud Thiele in Berlin-Wilmersdorf1) geboren → Geburtsurkunde. Der in Polen geborene Vater Rudolf Thiele "ist ein stadtbekannter Maler, außerdem spielt er gut Klavier. (…) Die Mutter eine ungewöhnlich schöne, elegante Frau. Bewundert und umschwärmt auf allen Anlässen, welche die Eltern fleißig besuchen. (…) Dorotheas Schönheit steht der der Mutter in nichts nach. Sie liebt schöne Kleider, wundervolle Hüte. Sie beginnt eine Lehre als Hutmacherin. Gibt sie dann auf. Sie lernt Stenographie und Schreibmaschinenschreiben. Ein bestimmtes Berufsziel hat sie nicht."*)**) Am 5. April 1914 heiratet sie in Berlin-Charlottenburg den Züricher Architekten Alwin Spengler, der im selben Jahr am 19. Oktober 1914 geborene Sohn starb bereits wenige Tage nach der Geburt → Heiratsurkunde, Todesurkunde.
Durch den Hofmaler Professor Jung machte das junge Mädchen Bekanntschaft mit dem Schauspieler und Regisseur Friedrich Zelnik, der ihr den Part der Tatjana in seinem nach dem gleichnamigen Versroman1) von Alexander Puschkin1) mit sich selbst in der Titelrolle realisierten Stummfilm "Eugen Onegin"2) (1919) anbot, die sie dann unter dem Künstlernamen "Thea Pellard" verkörperte. Mit wechselnden Pseudonymen trat sie verschiedenen stummen Produktionen in Erscheinung, so unter anderem als "Renée Pelar" in der nach einer Vorlage von Henrik Ibsen entstandenen italienischen Produktion "La donna del mare" (1922, → IMDb). Auch soll sie als "Tamara Geva" in G. W. Pabsts1) Meisterwerk "Die freudlose Gasse"1) (1925, → filmportal.de) die Figur der Lia Leid gespielt haben; im Tonfilm konnte sie nicht Fuß fassen.
Vermutlich Mitte der 1930er Jahren heiratete sie den aus Zürich1) stammenden Kunstmaler Peter Voltz (1910 –1978), mit dem sie zurückgezogen und in bescheidenen Verhältnissen in Sant’Abbondio1) im Schweizerischen Tessin1) lebte; später zog das Ehepaar nach Locarno1). Als "Tamara Voltz" widmete sich die einstige Stummfilmdarstellerin, die DER SPIEGEL3) als "Stummfilmvamp" bezeichnete, ebenfalls der Malerei – zunächst auf Glas, dann auf Leinwand – und konnte einige Ausstellungen mit ihrer Kunst ausstatten, die der naiven Malerei zurechnet wird. Einigen Quellen zufolge hatte sie sich zudem inzwischen der buddhistischen Lehre zugewandt.4)
Tamara Voltz starb am 4. August 1985 im hohen Alter von 89 Jahren in der Gemeinde Klosters1) (Schweiz) → SIKART – Lexikon zur Kunst in der Schweiz.
Quellen:
*) Alfred A. Häsler: "Außenseiter-Innenseiter, 28 Porträts aus der Schweiz" ( Verlag Huber Frauenfeld, 1983)
**) Anatole Jakovsky: "Lexikon der Laienmaler aus aller Welt. Dictionnaire des peintres naïfs du monde entier = Lexicon of the world's naive painters"
( Basel,  Basilius-Presse, 1976)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Wikipedia
3) Artikel in DER SPIEGEL (38/1968) vom 16.09.1968
4) Artikel bei "Schweizerische Buddhistische Union"
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