Filmografie / Hörspiel
Carl Raddatz (Karl Werner Fritz Raddatz) wurde am 13. März 1912 als Sohn des Versicherungsbeamten Karl Hermann Raddatz und dessen Frau Luisa Elisabetha in Mannheim1) geboren. Zunächst nahm er Schauspielunterricht in seiner Geburtsstadt, unter anderem bei Willy Birgel, der ihm auch ein erstes Engagement am "Nationaltheater Mannheim"1) verschaffte. Weitere Verpflichtungen führten Raddatz ab 1933 auf die Theaterbühnen von Aachen, Darmstadt, Worms, Bremen und schließlich in die Metropole Berlin, die seine künstlerische Heimat wurde.
Zum Film kam Raddatz Ende der 1930er Jahre und war erstmals 1938 in Karl Ritters1) tendenziösem Kriegsstreifen "Urlaub auf Ehrenwort"1) als Grenadier Dr. Jens Kirchhoff auf der Leinwand präsent. Schnell avancierte er zu einem populären UFA1)-Star, drehte Filme wie beispielsweise "Verklungene Melodie"1) (1938), "Zwölf Minuten nach zwölf"2) (1939), "Wunschkonzert"1) (1940), "Heimkehr"1) (1941) oder den bis heute zu den "Vorbehaltsfilmen"1) zählenden Propagandastreifen "Stukas"1) (1941). In  Veit Harlans freien Storm-Adaption "Immensee"1) (1943) überzeugte er als aufstrebender Musiker Reinhart Torsten an der Seite von Kristina Söderbaum, mit der er auch für das von Harlan nach der gleichnamigen Erzählung von Rudolf G. Binding1) gedrehte Melodram "Opfergang"1) (1944) vor der Kamera stand und den inzwischen mit Octavia (Irene von Meyendorff) verheirateten Abenteurer Albrecht Froben mimte, der eine Affäre mit der todkranken Aels Flodéen (Söderbaum) beginnt. 

Carl Raddatz in "Die Ziegeninsel" von Ugo Betti1),
1954 am Berliner "Schlosspark Theater"1)
Regie: Karl-Heinz Stroux1)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004154_018)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1954;
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Carl Raddatz in "Die Ziegeninsel" von Ugo Betti, 1954 am Berliner "Schlosspark Theater"; Regie: Karl-Heinz Stroux; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004154_018); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1954; Quelle: www.deutschefotothek.de
Vor allem mit seiner Rollengestaltung des jungen Partikuliers Hendrik Feldkamp in Helmut Käutners1) poetischem Meisterwerk "Unter den Brücken"1) an der Seite von Hannelore Schroth und Gustav Knuth bleibt Raddatz unvergessen. Die im Herbst 1944 fertiggestellte Produktion wurde erst im Juli 1946 beim "Festival del film Locarno"1) (Schweiz) uraufgeführt und gelangte in Deutschland ab Mitte Mai 1950 in die Lichtspielhäuser.
Auch im deutschen Nachkriegsfilm blieb Raddatz ein vielgefragter Darsteller; die Hauptrolle in Wolfgang Staudtes1) "Die Mörder sind unter uns"1) (1946), dem ersten deutschen Nachkriegsfilm, hatte er abgelehnt, in dem Glauben, darin werde die deutsche Kollektivschuld propagiert. 1947 spielte er dann in Käutners dramatischem Episodenfilm "In jenen Tagen"1) in der siebten Geschichte den Kradmelder Josef, der die junge Kriegswitwe Maria (Bettina Moissi1)) und deren Kind unter Lebensgefahr nach Hamburg bringt. Bis Ende der 1950er Jahre folgten einprägsame Rollen in Filmen wie dem Melodram "Schatten der Nacht"1) (1950), der Komödie "Taxi-Kitty"1) (1950, mit Hannelore Schroth), dem Krimi "Gift im Zoo"1) (1952), dem Drama "Regina Amstetten"1) (1953, mit Luise Ullrich) oder dr Roman-Adaption "Geständnis unter vier Augen"1) (1954). In "Rosen im Herbst"1) (1955), gedreht von Rudolf Jugert1) nach dem Roman "Effi Briest" von Theodor Fontane mit Ruth Leuwerik als Effi Briest; und Bernhard Wicki als Geert von Innstetten, trat Raddatz als Major von Crampas in Erscheinung, in dem Melodram "Das Mädchen Rosemarie"1) (1958) mit Nadja Tiller als Edelprostituierte Rosemarie Nitribitt als Geschäftsmann Konrad Hartog. Mit der männlichen Hauptrolle des Jons Baltruschowsky überzeugte er zusammen mit Giulietta Masina als dessen Ehefrau Erdme in "Jons und Erdme"1) (1959), in Szene gesetzt von Helmut Käutner nach der Erzählung von Hermann Sudermann1). In nachhaltiger Erinnerung bleibt er auch mit der Verkörperung des Wissenschaftlers und Physikers Prof. Ernst Abbe1) in Wolfgang Schleifs1) Historienfilm "Made in Germany – Ein Leben für Zeiss"1) (1957) an der Seite von Werner Hinz als Unternehmer Carl Zeiss1)
In den 1960er Jahren wurden die Leinwandauftritte seltener und Raddatz konzentrierte sich vermehrt auf seine Arbeit am Theater. Zu seinen letzten Kinoproduktionen zählte der US-amerikanische Kriegsfilm "The Counterfeit Traitor"1) (1960, "Verrat auf Befehl") mit der Rolle des Otto Holtz sowie Alfred Vohrers Literaturadaption "Jeder stirbt für sich allein"1) (1976) nach dem gleichnamigen Roman1) von Hans Fallada1), basierend auf dem wirklichen Leben der Berliner Eheleute Otto Hermann Hampel1) und Elise Hampel1). Im Film genannt Otto und Else Quangel, stellten Raddatz und Hildegard Knef brillant dieses in einfachen Verhältnissen lebende Ehepaar dar, das aktiv Widerstand gegen den Nationalsozialismus betreibt und Opfer des NS-Regimes wird → Übersicht Kinofilme.
Carl Raddatz (mit Christoph Bantzer) in der TV-Fassung von Jean Paul Sartres "Die schmutzigen Hände" (1968); Regie: Franz Peter Wirth; Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; Copyright SWR Die Fernsehzuschauer erlebten Raddatz eher sporadisch. So sah man ihn unter anderem als den sowjetischen Meisterspion Oberst Rudolf Iwanowitsch Abel in dem Thriller "Der Mann, der sich Abel nannte"3) (1966) und einmal mehr unter der Regie von Helmut Käutner als gestrengen "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I.1) in "Die Preußische Heirat" (1974) nach dem Lustspiel "Zopf und Schwert" von Karl Gutzkow1)  → filmmuseum-potsdam.de.  In dem von Franz Peter Wirth1) aufwendig in Szene gesetzten Mehrteiler "Die Buddenbrooks", gedreht nach berühmten, Literaturnobelpreis1)-gekröntem Gesellschaftsroman "Buddenbrooks"1) von Thomas Mann1), machte er als Konsul Johann Buddenbrook sen. eine gute Figur. Seine letzten Rollen für das Fernsehen übernahm Raddatz in der zur Zeit der Berliner Blockade1) 1948/49 angesiedelten TV-Produktion "Rosinenbomber" (1988) sowie in der "Derrick"1)-Folge "Solo für vier" (EA: 14.12.1990), wo er als Josef Steckel gemeinsam mit seinen Rentner-Kollegen Alfons Koppel (Klaus Herm), Carlo Larossa (Peter Pasetti) und Irma Labuch (Gisela Uhlen) zwei Männer beauftragte, den ehemaligen Arbeitgeber bzw. dessen Firma auszurauben – doch der Plan der Alten läuft aus dem Ruder, als die Ganoven den Wachtmann erschießen …→ Übersicht TV-Filme.
   
Foto: Carl Raddatz als Führungsmitglied der KP Hoederer,
mit Christoph Bantzer1) (Hugo) und Susanne Barth1) (Jessica)
in der TV-Fassung des Theaterstücks "Die schmutzigen Hände"1) (1968)
von Jean Paul Sartre1)  Regie: Franz Peter Wirth1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; © SWR
Vornehmlich stand Raddatz in jenen Jahren jedoch auf der Bühne, als Ensemble-Mitglied der "Staatlichen Schauspielbühnen Berlin"1) spielte er am"Schillertheater"1) und "Schlosspark Theater"1). So begeisterte er beispielsweise 1962 als der Narr in der Shakespeare-Komödie "Was ihr wollt"1) oder 1964 als tragischer Held Schuster Wilhelm Voigt in "Der Hauptmann von Köpenick"1) von Carl Zuckmayer1) unter der Regie von Boleslaw Barlog1). 1967 glänzte er als Fliegeroffizier Harras in dem Zuckmayer-Drama "Des Teufels General"1), ein Jahr später als Meister Anton in der Hebbel-Tragödie "Maria Magdalena"1) oder 1970 erneut in einem Stück von Zuckmayer, als alter Zirkusdirektor Karl Knie in dem Volksstück "Katharina Knie"1). Das Jahr 1975 gehörte zu den Höhepunkten Karriere als namhafter Bühnendarsteller: Samuel Beckett inszenierte am Berliner "Schillertheater" sein Stück "Warten auf Godot"1) (Premiere: 08.03.1975) mit Raddatz als grandiosem Landbesitzer Pozzo, der seinen Knecht Lucky (Klaus Herm) barsch traktiert, jedoch einen Rest an Zuneigung zu dem armen Kerl zeigen darf. Nicht minder großartig waren Horst Bollmann als Estragon und Stefan Wigger als Wladimir in diesem Stück des absurden Theaters1), das 1976 auch im Fernsehen gezeigt sowie als Hörspiel (Theater-Mitschnitt) ausgestrahlt wurde. 1986 nahm Raddatz dann seinen Abschied von der Theaterbühne, wurde im darauffolgenden Jahr für seine herausragenden darstellerischen Leistungen mit der "Ernst-Reuter-Plakette"1) geehrt.
 
Raddatz war zudem ein begehrter Sprecher, der etliche Hörspiele bereicherte, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier. Häufig war er auch im Synchronstudio zu finden, lieh seine markante Stimme unter anderem Hollywoodstars wie Humphrey Bogart (1948, "Der Schatz der Sierra Madre"), Kirk Douglas (u. a. 1952, "Stadt der Illusionen"), Burt Lancaster (u. a. 1962, "Der Gefangene von Alcatraz"1)) oder Lee Marvin (1969, "Westwärts zieht der Wind") seine Stimme. Mehrfach synchronisierte er Robert Taylor, beispielsweise als Bill Bonney1) alias Billy the Kid in "Der letzte Bandit"1) (1941, "Billy the Kid"), als Alan Garroway in "Der unbekannte Geliebte"1) (1946, "Undercurrent"), als Buck Wyatt in "Karawane der Frauen"1) (1951, "Westward the Women"), als Ritter Lancelot1) in "Die Ritter der Tafelrunde"1) (1953, "Knights of the Round Table"), als Joel Shore in "Die schwarze Perle"1) (1953, "All the Brothers Were Valiant") oder als Trapper Bushrod Gentry in "Ein Mann liebt gefährlich"1) (1955, "Many Rivers to Cross") → mehr bei synchronkartei.de.
 
Der große Schauspieler und Ufa-Star Carl Raddatz starb am 19. Mai 2004 im Alter von 92 Jahren in Berlin, wo er bis zu seinem Tod gelebt hatte. An der Trauerfeier nahm auch Altbundespräsident Richard von Weizsäcker1) teil. Er wurde im engsten Familien- und Freundeskreis auf dem Berliner "Friedhof Dahlem"1) (Feld 005-35) an der Seite seiner am 2. Februar 1966 verstorbenen zweiten Ehefrau Hilde beigesetzt; seit November 2010 ist es ein Ehrengrab des Landes Berlin → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Comons.
Raddatz war kurz zwischen 1944 bis 1945 mit der Schauspielerin Hannelore Schroth (1922 – 1987) verheiratet. Erst wenige Jahre vor seinem Tod heiratete er 2001 in dritter Ehe seine Hausärztin Helga Cartsburg, die er 1984 kennen gelernt hatte und die bis zuletzt an seiner Seite war.

Im Film des "Dritten Reiches" war Raddatz der Prototyp des – idealisierten – deutschen Fliegeroffiziers, ein vorbildlicher Führer und Draufgänger mit Verantwortungsgefühl. Nach dem Krieg zog er die Uniformen aus und trat, unrasiert und in schmutziger Heimkehrerkleidung, den Rollenrückzug in das Zivilleben an. Als schnauziger und rauer aber herzlicher Kumpel, Schiffer oder Naturbursche drückte er der Trümmerzeit des deutschen Films seinen Stempel auf. Sein illusionsloser, deutscher Männertonfall, immer auf Kontrast zum gekünstelten Habitus anderer Filmstars seiner Zeit, blieb in allen Auftritten gleich: eigensinnig, reizbar, gemütlich und autoritär.4) 
An Auszeichnungen erhielt der 1963 zum "Berliner Staatsschauspieler" ernannte Raddatz 1972 das "Bundesverdienstkreuz"1), im selben Jahr wurde er Ehrenmitglied der "Staatlichen Schauspielbühnen Berlin"1). 1979 konnte er das "Filmband in Gold"1)
für "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" entgegennehmen.
Seit 21. August 2012 erinnert an seinem ehemaligen Wohnhaus in Berlin-Dahlem1) (Am Schülerheim 6) eine Gedenktafel an den Charaktermimen.

Berliner Gedenktafel, Carl Raddatz (Am Schülerheim 6, Berlin-Dahlem)
Urheber: OTFW, Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons

Berliner Gedenktafel, Carl Raddatz (Am Schülerheim 6, Berlin-Dahlem); Urheber: OTFW, Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch, filmportal.de, filmmuseum-potsdam.de,
das Interview (1971) bei "Deutsche Welle" sowie den Nachruf bei www.welt.de
Fotos bei film.virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) Die Krimihomepage
4) Quelle: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 295/296)
      
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Die Krimihomepage, fernsehserien.de)
Kinofilme Fernsehen
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia (deutsch/englisch), whoswho.de)
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