Stummfilme
Der Schauspieler Max Devrient wurde am 12. Dezember 1857 als Maximilian Paul Devrient in Hannover1) (damals Königreich Hannover1)) in eine Künstlerfamilie hineingeboren; im ausgehenden 19. Jahrhundert galt er als einer der bedeutendsten Bühnenstars.
Sein Vater Carl August Devrient1) (1797 – 1872), ebenfalls ein bekannter deutscher Theaterschauspieler, der in erster Ehe seit 1822 mit der berühmten Opernsängerin und Sopranistin Wilhelmine Schröder-Devrient1) (1804 – 1860) verheiratet gewesen war, ehelichte 1855 die Schauspielerin und Sängerin Johanna Block, Mitglied der "Königlichen Hofbühne"1) in Hannover; aus dieser zweiten Verbindung ging Max Devrient hervor. Auch sein älterer Halbbruder Friedrich Devrient1) (1825 – 1871) aus der Ehe seines Vaters mit Wilhelmine Schröder-Devrient war Schauspieler, ebenso die Brüder seines Vaters Eduard Devrient1) (1801 – 1877) und Gustav Emil Devrient1) (1803 – 1872) sowie sein Großonkel Ludwig Devrient1) (1784 – 1832) → mehr zur Künstlerfamilie Devrient bei Wikipedia. Der Name "Devrient" war nicht französischen, sondern flandrischen Ursprungs, ein Ahne der Familie hieß eigentlich "De Vrient" und war allerdings in Frankreich ansässig gewesen. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes1) am 18. Oktober 1685, mit der die französischen Protestanten aller religiösen und bürgerlichen Rechte beraubt wurden, floh der Hugenotte wie viele seiner Landsleute nach Preußen und gründete mit diesen in Berlin die so genannte "Französische Kolonie" → siehe auch "Hugenotten in Berlin"1).

Max Devrient 1916 in einem Jackett und weißem Hemd mit Krawatte
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 05.05.1916
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203835-D

Max Devrient 1916 in einem Jackett und weißem Hemd mit Krawatte; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 05.05.1916; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv Inventarnummer 203835-D
Max Devrient als "Zawisch" in Grillparzers "König Ottokars Glück und Ende" am Wiener "Burgtheater"; Urheber: Eugen Schöfer (1862 - 1912); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei Nach dem Besuch des Gymnasiums zu Zerbst ("Francisceum Zerbst"1)) sollte Sohn Max auf Wunsch des Vaters eigentlich eine wissenschaftliche Laufbahn ergreifen und begann ein Philologie-Studium, das er jedoch abbrach. Er entschied sich für die Schauspielerei, besuchte ab 1877 die "Königliche Hochschule zu Berlin" und wurde dort von dem Hofschauspieler Karl Gustav Berndal1) (1830 – 1885) in Deklamation unterwiesen, zudem nahm er dramatischen Unterricht bei Heinrich Oberländer1) (1834 – 1911). 1878 kam Devrient als Volontär an das "Königliche Hoftheater Dresden"1), wo er am 20. November mit der Figur des Bertrand in dem Schiller-Drama "Die Jungfrau von Orleans"1) sein Bühnendebüt gab. Bis Juli 1881 blieb er in Dresden und profilierte sich mit jugendlichen Charakterrollen, Mitte Oktober 1881 wechselte er an das Wiener "Ringtheater"1), das jedoch wenig später am 8. Dezember 1881 knapp vor einer Aufführung von "Hoffmanns Erzählungen"1) einer verheerenden Brandkatastrophe zum Opfer fiel → "Ringtheaterbrand"1). Obwohl Devrient so wenig Gelegenheit hatte, sein schauspielerisches Können unter Beweis zu stellen, wurde er an das renommierte "Burgtheater"1) verpflichtet, wo er Anfang Januar 1882 seinen Einstand gab.
 
Max Devrient am Wiener "Burgtheater" als Zawisch von Falkenstein1) in
dem Trauerspiel "König Ottokars Glück und Ende"1) von Franz Grillparzer1;
Urheber: Eugen Schöfer2) (1862 – 1912), aufgenommen nach 1891;
Quelle: Wikimedia Commons (mit weiteren Quellenangaben);
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Der Künstler musste sich langsam, Schritt für Schritt seine Stellung erobern und dauerte es lange, bis er seiner Individualität entsprechend verwendet wurde. Es gelang ihm jedoch, sich immer mehr die Gunst des Publikums zu erringen, bis er endlich einen Platz unter den allerersten Künstlern dieses berühmten Ensembles einnahm. Devrient ist ein vorzüglicher Sprecher. Er hat das Wort in seiner Gewalt, bringt es klar, deutlich und verständlich, und selbst in der kleinsten Rolle in der spielt, erkennt man den denkenden talentvollen Schauspieler. Am besten gelingen ihm im modernen Stück, in dem seine Stärke liegt, die Gestalten aus der vornehmen Welt: fein, elegant, mit einem Stich ins Sarkastische, überlegen, kalt berechnend. Dabei hat er es nicht nötig, erst lange den richtigen, angemessenen Ton zu suchen, er findet ihn sofort. Auch weiß Devrient die Charaktere, die er darzustellen hat, schön plastisch zu formen, bleibt immer wahr, gestaltet immer aus der Situation heraus, lehnt sich in seinen Darbietungen nie an Vorbilder an, auch nicht an die besten, sondern trägt in jeder Rolle ein selbständiges Kunstgebilde auf die Bühne und wird nie übertreiben. Als Herzog von Bligny in "Hüttenbesitzer" (Anm.: Bühnenversion des Romans "Der Hüttenbesitzer" ("Le maître des forges") von Georges Ohnet1)) eine seiner vornehmsten Gestaltungen, wurde das große Publikum zum ersten Mal auf diesen Künstler aufmerksam. Sein Repertoire ist sehr groß und wenngleich er auch seine größten Erfolge im Salonstück errang, so ist er auch in der Klassik, so als Brackenburg in "Egmont"1), Zawisch in "Ottokars Glück und Ende"1) etc. stets auf seinem Platz. Zu neuerer Zeit wurde er besonders als Ollendorf in "Verlorenes Paradies", Baron Larun in "Das Erbe" (Anm.: Schauspiel "Das Erbe" von Felix Philippi1)), Goßler in "Jugend von heute" ( Anm.: Komödie "Jugend von heute" von Otto Ernst1)). Untersuchungsrichter in "Die rote Robe" (Anm.: "Die rote Robe" ("La Robe Rouge") von Eugene Brieux1)) etc. rühmend genannt."
   
Am 21. Januar 1889 wurde Max Devrient zum "Hofschauspieler", 1902 zum Ensemblemitglied des "Burgtheaters" auf Lebenszeit ernannt. Im Laufe seiner Karriere gestaltete der Mime die großen klassischen Charakterrollen, beispielsweise Titelrollen in den Shakespeare-Tragödien "Julius Cäsar"1), "Macbeth"1), "Richard III."1) und in dem Schiller-Drama "Wallenstein"1), den Mephisto in Goethes "Faust"1) oder den Petruchio in der Shakespeare-Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung"1). Zudem machte er sich mit verschiedenen Inszenierungen als Regisseur (ab 1920) bzw. Oberregisseur (ab 1922) einen Namen. Anlässlich seines vierzigjährigen Bühnenjubiläums trug man ihm 1922 die Ehrenmitgliedschaft des "Burgtheaters" an.

  
Max Devrient 1920 mit der Titelrolle in "Macbeth" von William Shakespeare …
Max Devrient 1920 mit der Titelrolle in "Macbeth" von William Shakespeare; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 28.02.1920; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv Inventarnummer 204241-D Max Devrient 1920 mit der Titelrolle in "Macbeth" von William Shakespeare; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 28.02.1920; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv Inventarnummer 204239-D Max Devrient 1920 mit der Titelrolle in "Macbeth" von William Shakespeare; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 28.02.1920; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv Inventarnummer 204240-D
in Rüstung und Krone
Inventarnummer 204241-D
in Hemd mit Schwert
Inventarnummer 204239-D
in Rüstung
Inventarnummer 204240-D
Fotos mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 28.02.1920
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv

    

Wie etliche seiner Theaterkollegen interessierte sich auch Max Devrient für den Film, ab 1920 trat der inzwischen über 60-Jährige in verschiedenen stummen Produktionen in Erscheinung. Erstmals zeigte er sich unter der Regie von Richard Oswald1) in dem Streifen "Die Geheimnisse von London"1) (1920) mit dem Untertitel "Die Tragödie eines Kindes", gedreht nach Motiven des berühmten Romans "Oliver Twist"1) von Charles Dickens1), mit der Figur des Mr. Brown (im Roman Mr. Brownlow), welcher den kleinen Titelhelden (Manci Lubinsky1))  unter seine Fittiche nimmt. Mit Lucy Doraine und Alfons Fryland spielte er in dem von Mihály Kertész1) (= Michael Curtiz) in Szene gesetzten Melodram "Wege des Schreckens"3) (1921) und mimte als Großindustrieller Stephenson den Vater von Edward (Fryland), der sich auf die Suche nach seiner einstigen Liebe Maud (Dorine) macht. Von Regisseur Hans Otto Löwenstein1) entstand die ebenfalls dramatische Geschichte "Die Totenhand" (1921), welche sich an den berühmten Roman "Der Graf von Monte Christo"1) von Alexandre Dumas d. Ä.1) anlehnte, daher auch unter dem Titel "Der Graf von Monte Christo" in die Lichtspielhäuser gelangte und in der er als Graf von Monte Christo in Erscheinung trat. Alexander Korda inszenierte nach dem Roman "Piraten" von Ernest Vajda1) (auch Drehbuch) das Abenteuer "Herren der Meere"1) (1922) und besetzte Devrient als Millionär Thomas Bradley, dessen Jacht von dem modernen Piraten gekapert wird und der Bradleys Sohn Robby (Tibi Lubinsky1)) sowie Tochter Sylla (Maria Palma) als Geiseln nimmt. Nur durch das beherzte Einfreifen des Kapitäns der Jacht Scott (Michael Varkonyi1)) können Bradleys Tochter und Sohn Robby aus den Fängen des hispanischem Schurken gerettet werden.
Als Korda unmittelbar danach teilweise an denselben Drehorten das Drama "Eine versunkene Welt"1) (1922) mit dem Untertitel "Die Tragödie eines verschollenen Fürstensohnes" realisierte, sah man den Schauspieler als Bartel, treuer Kammerdiener von Herzog Peter (Alberto Capozzi1)). Die nach dem Roman "Serpolette" von Lajos Biró1) entstandene Produktion lehnte sich an Begebenheiten rund um den erzherzoglichen "Aussteiger" Johann Salvator1) (ab 1889 "Johann Orth) an und erhielt den ersten Preis ("Goldene Medaille") für den besten dramatischen Film beim "Concorso Cinematografico Internazionale" in Mailand. Für Julius Herzka1) gab Devrient den Papst Alexander VI.1), unter anderem Vater von Cesare Borgia1) und Lucrezia Borgia1) (Nora Gregor), in dem Historienfilm "Meriota, die Tänzerin"1) (1922), erzählt wird die Geschichte einer Liebesbeziehung zwischen Cesare Borgia – dargestellt von Oskar Beregi – und der von Maria Minzenti1) gespielten Tänzerin Meriota (Merista) vor dem Hintergrund der Sitten und Kulturgeschichte des 15. Jahrhunderts. Einen letzten Auftritt vor der Kamera hatte er dann in dem Streifen bzw. der österreichischen Produktion "Wenn du noch eine Mutter hast" (1924, auch "Zirkus Brown") des ungarischen Regisseurs Dezsö Kertész (1890 – 1965), basierend auf einem Roman des französischen Schriftstellers Hector Malot1) → Übersicht Stummfilme.

Max Devrient 1920 in Jackett
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 28.02.1920
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv Inventarnummer
203836-D

Max Devrient 1920 in Jackett; Fotos mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 28.02.1920; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203836-D
Max Devrient 1920 in einem Mantel und Hut; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 28.02.1920; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 204236-D Der noch 1928 mit dem "Ehrenring der Stadt Wien"1) ausgezeichnete Burgschauspieler Max Devrient starb am 14. Juni 1929 im Alter von 71 Jahren in Chur1) (Graubünden, Schweiz), als er sich auf einer auf Urlaubsreise nach Lugano1) befand. Die letzte Ruhe fand er fünf Tage später in einem Ehrengrab1) auf dem "Wiener Zentralfriedhof"1) (Gruppe 32 C, Nummer 10) → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Commons.
Seit 1895 war der gefeierte Künstler mit der Burgschauspielerin Babette Reinhold1) (1863 – 1940; → cyranos.ch) verheiratet, von der er später geschieden wurde; danach ehelichte er deren Schwester Regina Maasch. Max Devrient und seine Frau Bette verkehrten unter anderem im Kreis der Kunstmäzenin Jenny Mautner4) (1856 – 1938) und deren Gatten, dem Großindustriellen Isidor Mautner1) (1852 – 1930), welcher seit 1925 auch Besitzer des Textilunternehmens "Trumau-Marienthal"4) in Niederösterreich war.4)
Heute erinnern ein Ölporträt von Alexander Demetrius Goltz1) (1857 – 1944) sowie eine Büste des Bildhauers Hans Dietrich2) (1868 – 1936) in der "Burgtheater-Galerie" an den legendären Mimen; Dietrich schuf 1908 zudem eine einseitige Bronzeplakette sowie das Halbrelief, welches den Grabstein ziert. Am 12. März 1930 veranlasste der Gemeinderatsausschuss für Kultur im Wiener Stadbezirk Döbling1) die ehemalige "Prälatenkreuzgasse" in "Devrientgasse" umzubenennen.
  
Max Devrient 1920 in einem Mantel und Hut
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 28.02.1920
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer
204236-D
Quellen (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch, geschichtewiki.wien.gv.at,
Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich sowie "Österreichisches Biographisches Lexikon"
Fotos bei Wikimedia Commons
*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903); Digitalisiert: Max Devrient: S. 196
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) geschichtewiki.wien.gv.at, 3) stummfilm.at, 4) Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich
Lizenz Foto Max Devrient (Urheber: Eugen Schöfer): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers. 
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