Kristina Söderbaum wurde als Tochter des Chemieprofessors und zeitweiligen
Vorsitzenden des Nobelpreiskomitees Henrik Gustaf Söderbaum1)
(1862 1933) und dessen Frau Margareta Charlotta Katarina
(1887 1933) am 5. September 1912 in der schwedischen Hauptstadt Stockholm geboren.
Zur Familie gehörten Bruder Gustaf (1907 1960) sowie die beiden
Schwestern Ulrike Emilie (* 1908) und Ulla (* 1915), später Tänzerin
und Mitglied im Ballet von Kurt Jooss1).*)
Die Eltern ermöglichten ihrer Tochter eine Schulausbildung an exklusiven Internaten in
Frankreich und der Schweiz, unter anderem besuchte sie ab 1929 in Paris zwei Jahre
lang das "Collčge feminin du Boffémont". Nach dem Tod der
Eltern kam die junge
Schwedin 1934 zu einer Verwandten nach Berlin, begann ein Studium der Kunstgeschichte und nahm
nebenher Schauspielunterricht.
Bereits zwei Jahre später sah man sie erstmals mit der Rolle des Bauernmädchens Minning
in der wenig beachteten Fritz Reuter-Verfilmung "Onkel Bräsig"
unter der Regie Erich Waschneks1) auf
der Leinwand, 1937 wurde der Regisseur Veit Harlan (1899 1964)
auf die schwedische Schönheit aufmerksam, der
ihr die Hauptrolle des Annchen in seinem Pubertätsdrama
"Jugend" (1938)
als Partnerin von Hermann Braun übertrug.
Kurze Zeit darauf wurden beide ein
Paar, nach der Scheidung Harlans von der Schauspielerin Hilde
Körber (1906 1969)
fand im April 1939 die Eheschließung zwischen Harlan und Söderbaum
statt.
Kristina Söderbaum 1942
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Körperschaft: Weltbild; Datierung: 17.09.1942
© ÖNB Wien; Bildarchiv
Austria;
(Inventarnummer
P 2437)
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Veit Harlan machte seine Frau, die fortan nur noch unter seiner Regie
Rollen übernahm, in zahlreichen nachfolgenden Filmen zum erfolgreichsten Filmstars der
1940er Jahre, ließ sie tragische und melodramatische Rollen spielen,
deren Leben schon mal im Wasser oder Moor endete. "Reichswasserleiche" wurde die Söderbaum deshalb auch
spöttisch genannt, obwohl sie nur einmal ins Moor ging. so in "Die goldene Stadt"1) (1942)
und in zwei Filmen ertrank, in "Jugend" 1938) sowie in Jud Süß"1) 1940).
"Als Hauptdarstellerin der Filme Harlans, in langen Einstellungen obsessiv aufgenommen, machte
Söderbaum" in der Folge rasch Karriere (
). Nur 1,60 m groß, verkörperte die vorzügliche Reiterin
und Schwimmerin ein vom Nationalsozialismus propagiertes Rasseideal: Kindfrau mit heller Stimme, blond, blauäugig,
von unverfälschter Natürlichkeit, zudem eine treue Gefährtin des Mannes und bereit zur Selbstaufgabe.
Darüber hinaus gab sie das empfindsame Opfer von Intrigen und Unverständnis ihrer Mitmenschen und anerzogener
Schuldgefühle. Harlan inszenierte Söderbaum volksnah als Gegenentwurf zur "Femme fatale" ihrer glamouröseren Landsmännin
Zarah Leander."*)
Allerdings war Söderbaum nach dem Krieg wegen ihrer Darstellungen des
von den Nazis propagierten Idealtyps der deutschen Frau heftig umstritten.
Sie schien ein Gretchentyp und war doch nicht "Gretchen",
weil sie ideal für die Rassephantasien des Dritten Reiches nicht fragil erschien,
sondern kerngesund, mit kräftigen Handgelenken und Fesseln, aufrechten Schultern und festem Gang.
Nur der scheu leidensbereite Blick verhieß die Prädisposition zu ergreifendem fraulichem
Opfer, schlichte Gemüter spielte sie, Mädchen vom Lande.
Kristina Söderbaum mit Otto Gebühr
(l.) und Veit Harlan
anlässlich der Premiere des Films "Der große König"
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Körperschaft: Weltbild; Datierung: 04.03.1942
© ÖNB Wien; Bildarchiv Austria;
(Inventarnummer S 460/123)
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Man sah die Schwedin 1938 als Seraphine, die in dem Krimi "Verwehte Spuren"1)
in Paris ihre verschwundene Mutter sucht, in dem Melodram "Das
unsterbliche Herz"1) mimte sie 1939 an der Seite von
Heinrich George als Nürnberger Uhrenerfinders
Peter Henlein1)
dessen sexuell vernachlässigte Ehefrau Ev, in der Adaption "Die Reise nach Tilsit"1) (1939)
nach der gleichnamigen
Novelle1) von Hermann Sudermann1) zeigte sie sich als Elske Settegast, die ihrem untreuen Mann Endrik (Frits van Dongen) im Fall einer Scheidung
droht, das gemeinsame Kind zu töten. Wegen ihrer Hauptrolle der Dorothea in
dem antisemitischen Hetzfilm "Jud Süß"1) (1940)
musste sich auch die Söderbaum nach dem Krieg gerichtlich verantworten. Der berüchtigte und perfide
Streifen gilt als folgenreichster Propagandafilm der Nazis, wurde unter
anderem SS-Kommandos vor deren Einsätzen gegen Juden vorgeführt
und zählt bis heute zu den so genannten "Vorbehaltsfilmen"1).
Bis Ende des 2. Weltkrieges folgten dann beispielsweise die
Harlan-Produktionen "Der
große König"1) (1942) mit
Otto Gebühr in der
Titelrolle des Preußenkönigs Friedrich II.1), in der Storm-Adaption "Immensee"1) (1943)
sowie dem Melodram "Opfergang"1) (1944)
hatte sie Carl Raddatz als Partner. In dem Nazi-Duchhaltestreifen "Kolberg"1) (1945)trat sie
mit der Figur der Maria neben Heinrich George als "Volksheld" Joachim
Nettelbeck1) und Horst Caspar als junger Major Gneisenau1)
in Erscheinung. Auch dieser Propagandastreifen, der die Belagerung
Kolbergs 18071) thematisierte, gehört zu den "Vorbehaltsfilmenen",
die nur mit Zustimmung der "Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung"1)
und zu ihren Bedingungen gezeigt werden dürfen.
1947 wurde Veit Harlan zwar als "Entlasteter" eingestuft, auf Intervention
der Öffentlichkeit aber Ende Juli 1948 erneut wegen "Verbrechens gegen die Menschlichkeit"
angeklagt und 1950 von der Anklage freigesprochen. Erst danach wirkte die Söderbaum wieder in Filmen ihres Mannes mit,
konnte aber nicht mehr so recht an ihre früheren Erfolge anknüpfen.
Sie hatte zunächst Theater gespielt und aus Solidarität mit ihrem mit
einem mehrjährigen Berufsverbot belegten Mann zudem internationale Filmangebote abgelehnt.
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Kristina Söderbaum 1983
Die Fotos wurden mir freundlicherweise von der Fotografin
Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Ab 1950 drehte sie dann wieder mehrere Film unter der Regie ihres Mannes; die
"Gloria-Filmproduktion"
schickte sie und Harlan unter anderem nach Asien, um dort Filme zu
produzieren, in denen
neben einer unechten Handlung auch echte Elefanten und echte Palmen zu sehen
waren die zwar künstlerisch missglückten, aber die Sehnsucht
des Publikums nach der weiten Welt und Exotik befriedigten.
Bis zum Tode Veit Harlans im Jahre 1964 entstanden die Melodramen
"Unsterbliche Geliebte"1) (1951),
"Hanna Amon"1) (1951)
und "Ich werde Dich auf Händen tragen"1) (1958),
die Komödie "Die blaue Stunde"1) (1953),
die beiden Abenteuer "Sterne über Colombo"1) (1953)
und "Die Gefangene des Maharadscha"2) (1954) sowie der
Streifen "Verrat an Deutschland"1) (1955)
um den Spion Dr. Richard Sorge1). August Strindbergs
Drama "Ein Traumspiel"1), eine
teilweise boykottierte Theatertournee bzw. Theaterinszenierung in
Aachen, war 1963 die
letzte gemeinsame Arbeit von Söderbaum und Harlan. Während dieser
gesamten Zeit
hatte sie nur ein Mal für einen anderen Regisseur vor der Kamera gestanden,
zeigte sich in der mit zahlreichen Liedern durchsetzten rührseligenLiteraturadaption
"Zwei Herzen im Mai"1) (1957)
unter der Regie von Géza von Bolváry1) als Partnerin
Dieter Borsches.
Erst nach dem Tod ihres Mannes im April 1964 begann die Schauspielerin sich aus den Schatten
ihrer Vergangenheit zu lösen, die Respekt abnötigte: Nach 25 Jahren Gattentreue
und freiwilliger Abhängigkeit stand die Witwe mit einem Berg Schulden da.
Die Mutter zweier Söhne ließ sich bei "Photo Porst"1) in Nürnberg zur Fotografin ausbilden,
arbeitete anschließend erfolgreich als Mode- und Porträt-Fotografin und lichtete andere Stars mit der Kamera ab.
Ihre erste Foto-Ausstellung unter dem Titel "Begegnungen" fand 1972
in Graz statt.
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Nur noch vereinzelt stand sie selbst vor der Filmkamera: So als Emma May1),
erste Frau des Schriftstellers Karl May1) (Helmut Käutner1)), in
Hans-Jürgen Syberbergs Biopic "Karl May"1) (1974),
mit kleinen Parts in Giorgio Cristallinis "Lets go crazy" (1986)
und in Carlo U. Quinterios Thriller "Night
Train to Venice"1) (1993) sowie in der
Episode "Der Sinn des Lebens" aus der TV-Serie "Der Bergdoktor"1)
mit Gerhart Lippert → Übersicht
Filmografie.
Am 12. Februar 2001 starb der einstige Ufa-Star Kristina Söderbaum, die in den letzten Jahren meist in
München bei einem ihrer Söhne lebte, im Alter von 88 Jahren in einem Pflegeheim
im niedersächsischen Hitzacker1).
Die letzte Ruhe fand
sie auf dem Friedhof in
Seeshaupt1) am Starnberger See → Foto der Grabstelle bei knerger.de. Christina Söderbaum hinterließ die Söhne Kristian Veit
(geb. 1939) und Caspar Harlan (geb. 1946). Kristian Veit Harlan, der
als Kind in dem Film "Der große König" (1942)
neben seiner Mutter auftrat, arbeitet als Filmregisseur, auch Bruder Caspar realisierte
als Autor und Regisseur unter anderem einige Kinderfilme → freiebuehnewendland.de.
Ihre Erinnerungen hatte die Söderbaum 1983 unter dem Titel
"Nichts bleibt immer so. Rückblenden auf ein Leben vor und hinter der
Kamera" veröffentlicht; in der Neufassung (1993) hatte sie gefragt:
"Verjährt nicht auch einmal für mich die Schuld?".
Kristina Söderbaum 1983
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin
Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Filme
(wenn nicht anders vermerkt: Kinofilme)
Filmografie bei der Internet Movie Database,
filmportal.de (Fremde
Links: Wikipedia, filmportal.de, fernsehserien.de)
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- 1936: Onkel Bräsig (nach dem Roman "Ut mine Stromtid" von Fritz
Reuter; Regie: Erich Waschneck;
als Zwillingsschwester Minning) → IMDb
- Regie: Veit
Harlan
- 1938: Jugend
(als Annchen, Cousine und Jugendfreundin von Hans = Hermann
Braun)
- 1938: Verwehte Spuren
(als Séraphine Lawrence) → filmportal.de
- 1939: Das
unsterbliche Herz (nach "Das Nürnbergische
Ei" von Walter
Harlan über Peter
Henlein,
gespielt von Heinrich
George; als Ev Henlein, seine Frau) → filmportal.de
- 1939: Die Reise nach Tilsit
(nach der gleichnamigen
Erzählung von Hermann Sudermann; als Elske, Frau von
Fischer Endrik Settegast = Frits
van Dongen) → filmportal.de
- 1940: Jud Süß
(Vorbehaltsfilm; angelehnt an die historische Figur des Joseph
Süß Oppenheimer (16981738),
gespielt von Ferdinand
Marian; als Dorotheas, Tochter des Landschaftskonsulenten Sturm
= Eugen Klöpfer) → filmportal.de
- 1942: Der
große König (über Friedrich
II. von Preußen, gespielt von Otto
Gebühr; als Luise,
Frau des Feldwebels Paul Treskow = Gustav
Fröhlich) → filmportal.de
- 1942: Die goldene Stadt
(nach dem Schauspiel von Richard
Billinger; als Bauerntochter Anna Jobst) → filmportal.de
- 1943: Immensee
(nach der Novelle
von Theodor Storm; als Elisabeth Uhl) → filmportal.de
- 1944: Opfergang
(nach der Erzählung von Rudolf
G. Binding; als Aels Flodéen) → filmportal.de
- 1944: Kolberg
(Vorbehaltsfilm;
als Maria, Patenkind von Joachim
Nettelbeck = Heinrich
George) → filmportal.de
- 1951: Unsterbliche Geliebte
(nach der Novelle "Aquis
submersus" von Theodor
Storm; als Katharina/Angelika von Hollstein)
→ filmportal.de
- 1951: Hanna
Amon (als Hanna Amon) → filmportal.de
- 1952: Die blaue Stunde
(als schwedische Musikerin Angelika, Frau von Universitätsprofessor
Paul = Hans Nielsen)
→ filmportal.de
- 1953: Sterne über Colombo
(als Gräfin Svandborg, genannt "Yrida") → filmportal.de
- 1954: Die Gefangene des Maharadscha
(Fortsetzung von "Sterne über Columbo"; als "Yrida")
- 1954: Verrat an Deutschland
/ Der Fall Dr. Sorge (über den Sowjet-Spion Richard
Sorge = Paul Müller;
als Katharina von Werber, seine Geliebte) →
filmportal.de
- 1958: Ich werde Dich auf Händen tragen
(frei auf der Novelle "Viola
Tricolor" von Theodor
Storm;
als Pianistin Ines Thormälen) → filmportal.de
- 1958: Zwei Herzen im Mai
(nach dem Roman "Viva la Musica" von Hans
Fritz Köllner;
Regie: Géza
von Bolváry;
als Annemarie, Frau von Peter Paul Müller = Dieter
Borsche) → filmportal.de
- 1974: Karl May
(über Karl
May, gespielt von Helmut Käutner;
Regie: Hans-Jürgen
Syberberg; als Mays 1. Ehefrau Emma
May)
→ filmportal.de
- 1988: Let's go crazy (Regie: Giorgio
Christallini; als ?) → filmdienst.de,
IMDb
- 1992: Das bleibt, das kommt nie wieder (Dokumentarfilm;
Regie: Herbert
Schwarze; Mitwirkung, Archivmaterial)
- 1993: Night
Train to Venice / Train to Hell (Regie: Carlo U. Quinterio;
als greise Zugreisende Euphemia)
- 1993: Der
Bergdoktor (TV-Serie; als Frau Landmann in Folge 11 "Der
Sinn des Lebens")
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