Hanns Lothar ehemaliger Kampfpilot George Spencer in dem TV-Film "Flug in Gefahr"1) (1964); Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; Copyright SWR Hanns Lothar wurde am 10. April 1929 als Hans Lothar Neutze und Sohn eines Justizbeamten in Hannover1) geboren; seine Brüder Horst-Michael Neutze (1923 – 2006) und Günther Neutze (1921 – 1991) avancierten ebenfalls zu renommierten Schauspielern.
Lothar besuchte die Höhere Schule seiner Geburtsstadt, und gehörte bereits mit 16 Jahren zum Ensemble der "Städtischen Bühnen Hannover"1). Sein Debüt hatte er 1941 als "Standhafter Zinnsoldat" in dem gleichnamigen Weihnachtsmärchen1) von Hans Christian Andersen1), vier Jahre später überzeugte er neben seinen beiden Brüdern und dem jungen Hannes Messemer in dem Shakespeare-Stück "Komödie der Irrungen"1).
Eine Reihe klassischer und moderner Rollen folgten im Verlaufe der nächsten Jahre, in denen sich Lothar mit seinem facettenreichen Spiel als Charakterdarsteller profilierte, wie beispielsweise in Shakespeares "Wie es Euch gefällt"1) oder "Der Eismann kommt" von Eugene O'Neill1). Anfang der 1950er Jahre wurde Lothar an die "Städtischen Bühnen Frankfurt"1) berufen, wo er unter anderem in Bruno Franks Komödie "Sturm im Wasserglas"1), Schillers "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1) und "Die kleinen Füchse" von Lillian Hellman1) auf der Bühne stand. 1954 ging der Schauspieler nach Hannover zurück, um schließlich von 1955 bis 1962 in Hamburg als Mitglied des "Thalia-Theaters"1) eine neue künstlerische Heimat zu finden. Der damalige Intendant Willy Maertens1) hatte den jungen Schauspieler in Hannover "entdeckt", am 14. Oktober 1955 gab Lothar sein Hamburger Debüt.
In der Hansestadt heiratete er 1959 auch seine Kollegin, die Schauspielerin Ingrid Andree; aus der Verbindung, die 1965 geschieden wurde, stammte die 1960 geborene Tochter Susanne Lothar, die sich ebenfalls als bedeutende Schauspielerin einen Namen machte.
  
Hanns Lothar als ehemaliger Kampfpilot George Spencer
in dem TV-Film "Flug in Gefahr"1) (1964)
Regie und Drehbuch (zusammen mit Werner Sommer): Theo Mezger1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; © SWR
Das "Hamburger Abendblatt" (13.03.1967, Nr. 61, S. 7) schrieb unter anderem in einem Nachruf: Man kann sie nicht alle aufzählen, die vielen Rollen, die nun kamen. Aber einige sind aus dem künstlerischen Schaffen dieses Schauspielers, der sich nie auf einen "Typ" festlegen ließ, nicht fortzudenken. Da war sein Dr. Jura in Bahrs "Das Konzert"1), sein Marius in Pagnols1) "Fanny", sein Paul Schippel in Sternheims1) "Bürger Schippel". Und man erinnert sich vor allem an zwei Premieren, die erfüllt waren von seiner herrlichen komödiantischen Lust am Spielen: "Süßer Vogel Jugend"1) von Tennessee Williams mit Gisela von Collande1) als Partnerin und "Das Ei" von Félicien Marceau1). Maertens: "Er hatte einen weiten schauspielerischen Bogen. Er war oft etwas schwierig, aber ich bin immer großartig mit ihm ausgekommen."
 
Zum Film kam Hanns Lothar Ende der 1940er Jahre und spielte einen kleinen Part in Gustav Fröhlichs Regiedebüt "Wege im Zwielicht"1) (1948), doch erst 1959 brachte ihm seine Rolle des wahnbefangenen Christian Buddenbrook in der zweiteiligen Adaption "Buddenbrooks"1) nach dem berühmten, gleichnamigen Roman1) von Thomas Mann1) unter der Regie von Alfred Weidenmann1) Starstatus ein: Für seine außergewöhnliche Darstellung wurde er mit dem "Filmband in Silber"1)
als "Bester Nebendarsteller" sowie mit dem "Preis der deutschen Filmkritik"1) ausgezeichnet. Ein Jahr später erhielt er ein "Filmband in Gold"1) für die eindrucksvolle Verkörperung des Rechtsanwalt Dr. Fox in Wolfgang Staudtes1) spannendem, sozialkritischem Krimi "Der letzte Zeuge"1). Lothar wirkte, wenn auch eher sporadisch, in verschiedenen erfolgreichen Kinoproduktionen mit, so unter anderem 1960 als intriganter Thöni Grieg neben Hansjörg Felmy und Cordula Trantow in Weidemanns Bergdrama "An heiligen Wassern"1), im gleichen Jahr sah man ihn an der Seite seiner Ehefrau Ingrid Andree als Journalist Hans Burdach in Josef von Bákys1) Beamten-Satire "Sturm im Wasserglas"1) nach der gleichnamigen Komödie1) von Bruno Frank1), in der Lothar schon auf der Bühne brilliert hatte. In Franz Peter Wirths1) Liebesfilm "Bis zum Ende aller Tage"1) 1961) nach dem Roman "Brackwasser" von Heinrich Hauser1) mimte er den Kuddel Bratt, das "Karlchen", bester Freund von Schriftsteller Kurt (Walter Giller) in Kurt Hoffmanns1) Adaption "Schloß Gripsholm"1) (1963) nach der Erzählung "Schloß Gripsholm. Eine Sommergeschichte"1) von Kurt Tucholsky1). In nachhaltiger Erinnerung bleibt Lothar auch als zackiger, hackenschlagenden Sekretär Schlemmer von Direktor C.R. MacNamara (James Cagney) in Billy Wilders1) Ost-West-Satire "One, Two, Three"1) (1961, "Eins, Zwei, Drei"). Letztmalig sah man Hanns Lothar als Modeschöpfer Emile Cavin in der amüsanten Krimigeschichte "Lange Beine – lange Finger"1) (1966) neben Martin Held und Senta Berger auf der Leinwand → Übersicht Kinofilme.

Beim Fernsehen fand der charismatische Schauspieler ebenfalls vielfältige Aufgaben, erstmals spielte er 1954 in John Oldens1) heiter-anrührenden Geschichte "Im sechsten Stock" nach dem Theaterstück "Sixième étage" von Alfred Gehri neben Inge Meysel und Ehefrau Ingrid Andree, es folgten prägnante Rollen ambitionierte TV-Produktionen wie beispielsweise der Amerikaner Yank in Rudolf Steinboecks1) Inszenierung "Das heiße Herz" (1957) nach dem Theaterstück "The Hasty Heart" von John Patrick1) oder der Part des Bill in Paul Verhoevens John Van Druten-Verfilmung "Das Lied der Taube"2) (1960). In der Fernsehfassung des Dramas "Biedermann und die Brandstifter"1) (1958) von Max Frisch1) hatte Lothar mit der Rolle des Kellners und "Brandstifters" Eisenring geglänzt, in Fritz Umgelters1), im Stile einer Reportage inszeniertem Fernsehfilm "Freundschaftsspiel"2) (1963) beeindruckte er mit der Figur des Star-Fußballers Erwin Koll ebenso wie mit der Titelrolle in Wolfgang Schleifs1), auf einer wahren Begebenheit basierendem Dokumentarspiel "Der Fall Harry Domela
"2) (1965): Der 22-jährige Harry Domela1) hoelt Mitte der 1920er Jahre unter verschiedenen falschen Namen wie Adalbert von der Recke, Graf von Lieven, Baron Korff und zuletzt als Prinz Wilhelm von Preußen die feine Gesellschaft der Weimarer Republik zum Narren. Militärs und hohe Kommunalbeamte fielen auf ihn genau so herein wie Heidelberger Korpsstudenten und Vertreter des thüringischen Hochadels. Ganz Deutschland hatte 1927 den Prozess gegen den falschen Prinzen mit ungewöhnlicher Aufmerksamkeit verfolgt – und belacht … Lothars letzte TV-Rolle war der Kunstfälscher Lothar Malskat1) in dem Drama "Der Fall Lothar Malskat"2) (1966) zu dem Maria Matray und Answald Krüger1) das Drehbuch geschrieben hatten → Übersicht TV-Produktionen.
 
Hanns Lothar avancierte bei Film und Fernsehen durch sein intensives, aber unprätentiöses Spiel zum Publikumsliebling und wirkte in rund 65 Produktionen mit. Er schien seine Rollenfiguren nicht darzustellen, sondern sie zu leben, wie ein Medium verwandelte er sich in sie, ohne jedoch als Schauspieler ganz zu verschwinden – ein faszinierender Balanceakt. Er hatte eine individuelle Ausdrucksskala, zu der eine faszinierende Mischung aus Charme und Impertinenz gehörte. Bei aller Versenkung in die Rollen, zeigte er das Quantum Lässigkeit und Alltäglichkeit, das ihn zur Identifikationsfigur vor allem eines jungen und kritischen Publikums machte.3) Für das "Hamburger Abendblatt" (13.03.1967, Nr. 61, S. 7) war "Hanns Lothars Wirkung auf sein Publikum fast ein Phänomen. Er war kein strahlender Held und kein Liebhaber, dem die Fans nachrannten. Aber er strahlte die gewinnende Liebenswürdigkeit eines Menschen aus, der "wie du und ich" in den Gefilden des Alltäglichen angesiedelt war. Und dadurch wurde er vielleicht so populär."
  
Sein früher und unerwarteter Tod machte den Schauspieler zur Legende, Hanns Lothar starb am 11. März 1967 – rund vier Wochen vor seinem 38. Geburtstag – in Hamburg an Nierenversagen mit nachfolgendem Kreislaufkollaps. Er wurde mitten aus den Proben am "Jungen Theater" (heute "Ernst Deutsch Theater"1)) zu "Meuterei auf der Caine", einer Bühnenversion nach dem preisgekrönten Roman "Die Caine war ihr Schicksal" von Herman Wouk1) gerissen, wo er an der Seite von Hansjörg Felmy (Commander Queeg) den Verteidiger geben sollte, zudem führte er erstmals Regie; die Premiere fand in tiefer Trauer um Lothar am 21. März 1966 statt.
Der Charaktermime hinterließ seine dritte Frau Gabriele, die er nach seiner Scheidung von Ingrid Andree am 24. Juli 1966 geheiratet hatte; die Verbindung mit der damals 23-jährigen Lübeckerin Gabriele Wiemer galt als glücklich.
Aus der zweiten Ehe mit Ingrid Andree stammte die 1960 geborene Tochter Susanne Lothar1), welche ebenfalls zu einer angesehenen Charakterdarstellerin avancierte; Susanne Lothar starb am 21. Juli 2012 mit nur 51 Jahren in Berlin. In erster Ehe war Lothar von 1950 bis 1954 mit der Schauspielerin Kari Noller verheiratet, aus seiner Beziehung mit der Schauspielerin Elfriede Rückert1) ging der Schauspieler Marcel Werner1) (1952 – 1986) hervor, der später von Stiefvater Carlos Werner adoptiert wurde.
Die letzte Ruhe fand Hanns Lothar auf dem "Friedhof Ohlsdorf"1) (Planquadrat AC 11) in Hamburg → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Commons.   
Siehe auch Wikipedia, deutsches-filmhaus.de, filmportal.de sowie
den Nachruf bei www.spiegel.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Die Krimihomepage
3) Quelle: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S.  229)
   
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