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Mary Pickford wurde am 8. April 1892 (nach anderen Quellen 1893) als Gladys Louise Smith im kanadischen Toronto
(Ontario) geboren. Ihr Vater, John Charles Smith (1866 1898), war der Sohn britischer, methodistischer Einwanderer,
die Mutter Elsie Charlotte Printer (1873 1928) unter dem Pseudonymen Charlotte Hennessy und Charlotte Pickford
als Schauspielerin tätig.
Das Paar bekam noch zwei weitere Kinder, Marys Schwester Charlotte "Lottie" Smith
erblickte 1895, Bruder John Charles
"Jack" Smith Jr.1) im darauffolgenden Jahr das
Licht der Welt; Bruder Jack (1896 1933) avancierte später als "Jack Pickford"
ebenfalls zu einem beliebten Stummfilmstar, auch Schwester Lottie (1895 -
1936) machte Karriere beim Film.
Schon als Kind musste die kleine Mary in gefühlvollen Stücken auf Provinzbühnen Geld verdienen, da ihr Vater früh
verstarb und
ihre Mutter völlig mittellos war. Sie war nur drei Monate in einer Schule und zog
bereits mit fünf Jahren in Kinderrollen als "Baby Gladys"
mit verschiedenen Vaudeville-Truppen durch Kanada und die USA. Mit vierzehn Jahren wurde sie von
dem Broadway-Produzenten David Balasco1)
(1853 1931) engagiert,
erhielt ihren Künstlernamen "Mary Pickford" und trat in der Produktion "The Warrens Of
Virginia" auf. Dort erregte sie die Aufmerksamkeit des Regisseurs D. W. Griffith1)
(1875 1948),
der ihr 1909 ein Filmdebüt und einen Vertrag mit dem "Biograph-Studio"
verschaffte. Zunächst arbeitete sie anonym als Statistin, avancierte dann
aber schnell zum Filmliebling. Meist mimte sie charmante, unschuldige
Mädchen, was ihr den Namen "America's Sweetheart" einbrachte. Das
süße Geschöpf mit den goldenen Locken Korkenzieherlocken und dem kindlich
hohen Augenaufschlag, immer schelmisch und kokett, eroberte die Herzen der
Kinogänger im Sturm.
Foto: Mary Pickford ca. 1913
Quelle: Wikimedia Commons
bzw. Wikipedia
Urheber: Theodore C. Marceau (1859 1922),
amerikanischer Fotograf und Besitzer der "Marceau Studios"
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Mit 19 Jahren war Mary Pickford ein umworbener Star, erste Leinwandkönigin
der Stummfilmära und
kassierte für damalige Verhältnisse Spitzengagen.
Zwischen 1909 und 1912 spielte Mary Pickford in über
140 kurzen Filmen mit, meist Melodramen, Western oder Literatur-Adaptationen,
überwiegend in Zusammenarbeit mit Griffith. Ab 1912 arbeitete sie zunächst für
die "Famous
Players Company" von Adolf Zukor1) (1873 1976), gründete dann
nach weiteren Wechseln die eigene Firma "Mary Pickford Productions".
Nach weiteren Wechseln verdiente sie 1916 10.000 Dollar wöchentlich plus einen
Bonus von 300.000 Dollar, die Gründung einer eigenen Produktionsgesellschaft und
der prozentualen Beteiligung an den Einspielergebnissen. Schon im Folgejahr ging Pickford zur neugegründeten Gesellschaft
"First National" für eine Gage von 350.000 Dollar pro Film. Sie erhielt
volle Autonomie über ihre Filme vom Drehbuch bis zum Final Cut.2)
Mary Pickford avancierte zum wohl größten weiblichen Star der Stummfilm- und der frühen Tonfilmzeit in den USA.
Blond gelockt und im niedlichen Jungmädchen-Kleid hüpfte sie durch unzählige
Stummfilm-Streifen. In ihren besten und berühmtesten Filmen, in "Rebecca of Sunnybrook
Farm" (1917), "Daddy Long Legs" (1919), "Pollyanna" (1920),
"Through the Back Door" (1921) oder "Little Lord Fauntleroy"1) (1921),
wo sie sowohl den "kleinen Lord" als auch dessen Mutter spielte, lässt sich der Zauber, den
Mary Pickford einst auf die Welt ausgeübt hat, noch heute nacherleben.
1923 bezauberte sie unter der Regie von Ernst Lubitsch als feurige,
spanische Straßensängerin
Rosita in dem gleichnamigen
Stummfilm1), bezeichnete
den Streifen später ungerechtfertigt als "schlechtesten meiner
Karriere", als "Strafe für meinen Versuch, auf der Leinwand
erwachsen zu werden".2)
Mary Pickford auf einer Fotografie von Arnold Genthe1) (1869 1942)
Quelle: www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier |
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1919 gründete "America's Sweetheart" zusammen
mit Griffith, Charles Chaplin3) (1898 1977)
und ihrem späteren Ehemann, dem Schauspieler Douglas Fairbanks sen.3)
(1883 1939 die "United Artists
Corporation", deren Vizepräsidentin sie auch von 1935 bis 1937 war; diese
Firma wurde das gesündeste Wirtschaftsunternehmen in der Geschichte der
amerikanischen Kinoindustrie. 1936 gründete sie die "Pickford-Lasky-Filmproduktion"
mit und 1945 wurde sie Chefin der "Mary Pickford Co." in Hollywood,
außerdem war sie Mitbegründerin der "Acadamy of Motion Picture Arts and
Science"1) in Los Angeles, welche jährlich die begehrten "Oscars" vergibt.
Ihre Ehe mit Filmstar Fairbanks, den sie 1920 geheiratet hatte, machte
sie noch mehr zum Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, das glamouröse Paar
zählte zu den absoluten Herrschern der Hollywood-Prominenz.
Über ihre triumphalen Weltreisen, die beide unter anderem für "Famous
Players" 1926 auch in die Sowjetunion
führte, wurde damals weltweit berichtet.
Ende der 1920er Jahre versuchte Mary Pickford sich
endgültig vom Image des "America's Sweetheart" zu lösen und
zeigte sich in der Komödie "My Best Girl"4) (1927) erstmals ohne die
blonden Locken. Das Publikum war von dem Wechsel hin zu einer "modernen
Frau mit Bubikopf" nicht so sehr begeistert, doch schon mit dem
nächsten Film konnte Mary Pickford sich auch als Charakterdarstellerin
beweisen.
1929 erhielt sie einen, allerdings kontrovers diskutierten Oscar als "Beste Hauptdarstellerin" für
die Rolle der Norma Besant in dem Film "Coquette"1), ihrem ersten
Tonfilm. Anschließend stand sie für die die Verfilmung der Shakespeare-Komödie "Der
Widerspenstigen Zähmung"1) (1929, The Taming of the Shrew) vor der
Kamera, zeigte sich als kokett-widerspenstige Katherine an der Seite von
Douglas Fairbanks als Petruchio.
Mit kluger Einsicht erkannte die Pickford rechtzeitig, dass ihr Typ auf der
Leinwand nicht mehr gefragt war, nach dem Western "Forever Yours" (1930)
und der wenig erfolgreichen Komödie "Kiki"4) (1931) trat sie
für Frank Borzages Western "Secrets"4) (1933)
neben Leslie Howard als Partner letztmalig vor die Kamera, zog sie sich dann
als Schauspielerin aus dem Filmgeschäft zurück.
Als erfolgreiche Produzentin und Geschäftsfrau verdiente sie jedoch
weiterhin enorme Summen und wurde mehrfache Millionärin, unter anderem
mit der Kosmetik-Firma "Mary Pickford Cosmetic Company", die sie 1937 gegründet hatte.
Sie erwarb große Ländereien
und kaufte die Hälfte der Aktien der Filmgesellschaft "United Artists"
auf; schon 1945 schätzte man ihr Vermögen offiziell auf 8 Millionen Dollar.
Mary Pickford finanzierte mehrere Krankenhäuser und gründete das
"Motion Picture Home" für bedürftige ehemalige Filmleute, damit
diese ihren Lebensabend materiell gesichert verbringen konnten.
Sie veröffentlichte im Laufe der Zeit als Schriftstellerin mehrere Romane,
unter anderem "Why not Try God" (1934, Warum nicht Gott
versuchen?), "The Demi-Widow" (1935, Die Strohwitwe und "My
Rendezvous with Life" (1935, Meine Begegnung mit dem Leben);
ihre Memoiren "Sunshine and Shadow" (Sonnenschein und
Schatten) erschienen 1955. Im Jahre 1953 verkaufte
sie ihre Anteile an den "United Artists" wieder und lebte weitgehend
zurückgezogen mit ihrem dritten Mann in ihrer prachtvollen Residenz "Pickfair",
die sie und Fairbanks sich einst gebaut hatten. 1976 wurde sie "für
ihren einmaligen Beitrag zur Filmindustrie" mit einem Ehren-Oscar
ausgezeichnet.
Mary Pickford auf einer Fotografie von Fred Hartsook4) (1876 1930)
Quelle: Wikimedia
Commons;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Mary Pickford starb am 29. Mai 1979 mit 87 Jahren im
kalifornischen Santa Monica an den Folgen einer Hirnblutung; ihre letzte
Ruhestätte fand sie im "Garten der Erinnerung" des "Forest
Lawn Memorial Park"-Friedhofs in Glendale (Kalifornien). Neben ihr –
auf dem privaten Grundstück – liegen ihre Mutter Charlotte und ihre
Geschwister Lottie und Jack begraben.
In erster Ehe war der einstige Stummfilmstar seit 1911 mit
Schauspielerkollegen Owen Moore1)
(1886 – 1939) verheiratet gewesen, ihre anschließende Ehe mit
Douglas Fairbanks sen. endete am 10. Januar 1936
ebenfalls vor dem Scheidungsrichter. Seit 24. Juni 1937 war Mary
Pickford in dritter Ehe mit dem Schauspieler und Jazzmusiker Charles
"Buddy" Rogers1)
(1904 – 1999) verheiratet. Das Paar adoptierte zwei Kinder,
1943 einen Jungen namens Ronald ("Ronnie" Charles Rogers;
1937 – 2010) und im darauffolgenden Jahr kam mit dem Baby bzw.
Tochter Roxanne (1944 – 2001) ein weiteres Kind in die Familie.
Laut der Dokumentation "America's Sweetheart: The Mary Pickford
Story" (1978; Regie: John Edwards) soll ihr die Mutterrolle
jedoch nicht gelegen haben und das Verhältnis zu ihren Kindern wurde vor
allem in späteren Jahren als "angespannt" bezeichnet; siehe auch
den Artikel "Buddy Rogers, Mary Pickford and Their Children"
bei "American Experience".
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