Harold Lloyd holte seine Konkurrenten Charlie Chaplin und Buster Keaton2) (1895 1966) bald ein, machte mit seinen Filme teilweise mehr Kasse als sie und war zeitweilig der höchstbezahlte Star der Branche. Mehr und mehr verzichtete Harold (der wesentlichen Einfluss auf die Regie nahm, ohne genannt zu werden) auf den Slapstick der frühen Jahre und setzte auf die Entwicklung der Figuren und durchkonstruierte Storys. Sein Markenzeichen waren artistische Höhepunkte auf Wolkenkratzern, die Harold als geübter Sportler immer selbst spielte. Dennoch schreiben Gregor und Patalas in ihrer "Geschichte des Films": "Harold Lloyd war kein kompletter Autor wie Chaplin und Keaton, sondern nur ein Schauspieler mit einer festumrissenen Rolle, auf die die Handlungen und Gags seiner Filme zugeschnitten wurden. Keiner seiner Filme besitzt einen individuellen Stil auch Harold Lloyd verkörperte einen amerikanischen Helden, aber keinen mythischen, sondern einen aktuellen Lloyds spezielle Komik resultierte aus dem Übereifer, den er bei der Beachtung der gesellschaftlichen Spielregeln an den Tag legt, und seiner anfänglichen Unbeholfenheit. Nachdem er zunächst Chaplins äußere Erscheinung imitiert hatte, gab er ab 1917 seiner Gestalt die Kontur des völlig untragischen, auf Anpassung bedachten jungen Kleinbürgers voll guten Willens und absoluten Vertrauens in die Gerechtigkeit der Welt. Bedingungslos ist seine Sucht, es allen recht zu machen. Unempfindlich gegen Erniedrigungen, lässt er sich verhöhnen, quälen, ausnutzen".
In "Movie Crazy" (1932, Filmverrückt) taucht er noch als Tölpel Harold Hall auf, der auf Grund einer Verwechslung zu Probeaufnahmen nach Hollywood fährt und schon bald die Kinometropole völlig auf den Kopf stellt; Regie führte Clyde Bruckman, der Regisseur des Buster-Keaton-Meisterwerks "Der General"1) (1926, The General). Weitere Tonfilme mit Lloyd waren unter anderem "The Cat's-Paw" (1934, Harold Lloyd, der Strohmann), "The Milky Way" (1936, Ausgerechnet Weltmeister) und "Professor Beware" (1938, Der gejagte Professor). Während des 2. Weltkrieges arbeitete Lloyd nur als Produzent, erst 1947 trat er wieder als Darsteller auf: Mit Lloyd Preston Sturges1) (1898 1959), einem der großen Komödienregisseure des damaligen amerikanischen Films, drehte er "The Sin of Harold Diddlebock" (1947, Die Sünde des Harold Diddlebock), doch der Streifen wurde kurz nach dem Start als "Totalflop" zurückgezogen. Drei Jahre später kam er in einer völlig veränderten Schnittfassung als "Mad Wednesday" (1950, Verrückter Mittwoch) neu in die Kinos und geriet nun zum Kassenschlager. Die Geschichte handelt von einem Studenten, der wegen seines Rugby-Erfolges von einem Sportskollegen einen Job als Buchhalter erhält. Eine Weile altert Harold im Laufe der Dienstjahre vor sich hin, bis er dann doch noch auf Touren kommt. Sturges hat in die locker-lakonische Geschichte wie in all seinen Filmen einiges an Sozialkritik eingebracht, und natürlich turnt Lloyd wieder an der Fassade eines Wolkenkratzers herum es war Lloyds letzter Film, danach zog er sich ins Privatleben zurück. 1952 erhielt Harold Lloyd, der zu den 36 Gründern der "American Academy of Motion Pictures"1) zählt, den "Ehren-Oscar" als "herausragender Komödiant und guter Bürger". 1960 wurde er mit einem "Stern" auf dem "Hollywood Walk of Fame" (Nähe 6840 Hollywood Blvd. und 1501 Vine Street) geehrt. Posthum erhielt der legendäre Komiker eine weitere Auszeichnung, 1994 gab der " United States Postal Service" eine 29-Cent-Briefmarke heraus, entworfen von dem Cartoon-Zeichner Al Hirschfeld1). In den 1960er Jahren macht Lloyd mit der Fernsehvermarktung seiner Filme, für die er die Rechte behalten hatte, ein Vermögen. 1962 wurde in Cannes ein Kompilationsfilm aus alten Lloyd-Filmen unter dem Titel "Harold Lloyd's World of Comedy" (Selten so gelacht) präsentiert, der anwesende Künstler erhielt eine "Standing Ovation". Eine weiterer aus Lloyd-Streifen zusammengesetzter Film erschien 1963 unter dem Titel "The Funny Side of Life" (Spaß muss sein). Am 8. März 1971 starb Harold Lloyd mit 77 Jahren als reicher Mann in Beverly Hills an den Folgen einer Krebserkrankung; die letzte Ruhe fand er auf dem "Forest Lawn Memorial Park" in Glendale (Kalifornien) → Foto der Grabstelle bei knerger.de. Aus seinem Nachlass von rund 5 Millionen Dollar Vermögen vermachte er 1,5 Millionen für die Errichtung eines Museums und Film-Forschungsinstitutes in seinem Heim, doch das Museum kam nicht zustande. Lloyd war seit 10. Februar 1923 mit der 1901 geborenen Schauspielerin Mildred Davis1) verheiratet, die bis zur Hochzeit mit dem Stummfilmstar in vielen Streifen seine Filmpartnerin gewesen war; Mildred Davis starb knapp zwei Jahre vor Lloyd am 18. August 1969 in Santa Monica (Kalifornien). Aus der Verbindung stammten zwei gemeinsame Kinder, Tochter Gloria (1924 2012) und Sohn Harold Lloyd jr. (1931 1971), der seinen Vater nur um drei Monate überlebte und an der Seite seiner Eltern bestattet wurde → www.findagrave.com. Zur Familie zählte weiterhin Adoptivtochter Marjorie (geborene Gloria Freeman, 1924 1986), welche das Paar im September 1930 zu sich geholt hatte. Glorias Tochter Suzanne Lloyd kümmerte sich später um das Erbe ihres Großvaters, leitet die "Harold Lloyd Entertainment" Inc., welche Lloyds Nachlass verwaltet. Zudem publizierte sie Bildbände wie "3 D Hollywood" und "Harold Lloyd's Hollywood Nudes", mit denen sie das Hobby ihres Großvaters der Öffentlichkeit zugänglich machte. Peter Zander schrieb in dem Artikel "Die Mädchen des Harold Lloyd" (Die Welt, 08.11.2008) unter anderem: "Als er seine Karriere Ende 1938 beendet hatte, widmete sich Lloyd - der sich früh die Rechte an all seinen Filmen gesichert hatte und sich finanziell niemals Sorgen machen musste den merkwürdigsten Hobbys. Dem Schach. Der Mikroskopie. Dem Sammeln von Weihnachtsschmuck aus allen Herren Ländern. Aber auch der 3-D-Fotografie. Und dies schon ab 1949, als die Kunst der Zweilinsen-Fotografie noch in ihren Anfängen steckte. Ein früher Pionier also. Und Lloyd hatte dabei ein bevorzugtes Motiv: nackte Frauen. Ausgerechnet er, der Biedermann, der Vorzeige-Bürger, der eine Musterehe mit seiner einstigen Filmpartnerin Mildred Davis führte, lud die aufkommenden Starlets von Hollywoods ein, um für ihn ihre Hüllen fallen zu lassen." Lloyd war der ewige Pechvogel, der nette Junge von nebenan, der immer wieder in die komischsten Situationen gelangte und darüber selbst erstaunt war. Er war einer der hochbegabten Komiker, doch anders als Charlie Chaplin und Buster Keaton vergaß man ihn ganz einfach für Jahrzehnte, bis ihn das Fernsehen zumindest hierzulande Ende der 1970er Jahre wiederentdeckte. Wilfried Wiegand, einstiger Feuilletonchef und Paris-Korrespondent der "Frankfurter Allgemeine Zeitung", schrieb in einem F.A.Z.-Nachruf unter anderem: "Zwei Merkmale unterschieden Lloyd von seinen heute berühmteren Kollegen. Einmal war er einer der ganz wenigen Komiker überhaupt, deren Gags nicht durch Entstellungen von Statur oder Physiognomie in Szene gesetzt wurden. Er war weder dick noch dünn, noch lang, noch klein. Und weder lachte er übertrieben, noch fiel er durch demonstrativen Ernst auf. Und weiterhin: Gerade die unbestreitbar größten Komiker, Chaplin und Keaton nämlich, hatten den Typ des Gescheiterten, des im Leben zu kurz Gekommenen verkörpert eine Identifikationsmöglichkeit, auf der letztlich auch der Erfolg Laurels, Hardys und Langdons beruhte. Harold Lloyd hingegen war kein Außenseiter, weder im Leben noch im Film. Dem Schauspieler war, nachdem der Erfolg sich erst einmal eingestellt hatte, die Ruhe eines bürgerlichen Lebens, fern von allen Skandalen, geblieben: Nur eine einzige Ehe, Reichtum bis zum Lebensende für Hollywood ein Ausnahmefall." |
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Textbausteine des Kurzportraits von
www.prisma.de; Webpräsenz (in englisch): www.haroldlloyd.com; siehe auch Wikipedia, www.cyranos.ch Filmografie bei der Internet Movie Database; Fotos bei www.virtual-history.com |
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Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP Lizenz Foto Harold Lloyd (Urheber Albert Witzel): Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. |
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