Das Komiker-Duo "Pat & Patachon" war zur Zeit
des frühen Stummfilms das berühmteste Filmkomiker-Paar und nahm spätere Paarungen wie
"Laurel & Hardy"1) vorweg. Im Gegensatz zu
Stan Laurel und Oliver Hardy,
die in Anzug und Melone auftraten, war das Outfit der beiden Dänen
Landstreichern gleich, die in zerrissenen Kleidern herumliefen und ein
altes Stück Seil als Gürtel benutzten.
Carl Schenstrøm (1881 1942) spielte den "Pat" und
war der große, schlaksige Kerl mit dem melancholischen Blick, Harald Madsen (1890 1949)
der kleine, etwas dicklich wirkende lustige Gegenpart "Patachon". Zusammen präsentierten sie gemeinsam mit der legendären
Asta Nielsen1)
(1881 1972) zugleich die dänische Hochburg
des internationalen Films der damaligen Zeit. Im dänischen Original
hießen die beiden "Fyrtårnet und Bivognen", was übersetzt
"der Leuchtturm und sein Beiwagen" hieß und auf den visuellen
Kontrast des Komiker-Traumpaares abzielte.
Die beiden feierten in ganz Europa riesige Erfolge und wurden
in unzähligen Ländern berühmt in Deutschland und
Österreich als "Pat & Patachon", in Skandinavien
als "Fy og Bi",
in den Niederlanden als "Watt en 1/2 Watt", in Frankreich als
"Doublepatte et Patachon", in Großbritannien als "Long & Short"
und in Schweden als "Telegrafstopen och Tilhengern."
Als Schöpfer des legendären Duos gilt der Regisseur Lau Lauritzen2) (1878 1938).
Von 1914 bis 1919 arbeitete er bei der "Nordisk Films
Compani"2)
und drehte in dieser Zeit die unglaubliche Anzahl von über 200 Kurzfilmen
in einer Länge von meist 20 Minuten. Der ersten beiden Filme "Langliggeridyl Vandgang" (Sommerfrischleridyll im Wasser)
und "Flirt og Forlovelse" (Film, Flirt und Verlobung) mit Schenstrøm und Madsen in den Rollen der Landstreicher "Fyrtårnet" und
"Bivognenn" entstand 1921, in Folge realisierte Lauritzen rund 30 weitere Streifen,
die europaweit zu Kassenschlagern wurden. "Ihre Geschichten folgen einer grundlegenden Struktur.
Beide unterstützen die Schwachen der Gesellschaft und helfen
einander, werden zu "Robin Hoods" der modernen Gesellschaft. Üblicherweise ist es Pat, der
Patachon aus der Klemme hilft."3) Zu den
bekanntesten und erfolgreichsten Streifen zählen die Cervantes-Adaption "Don Quixote" (1926,
Der Ritter von der traurigen Gestalt) mit Schenstrøm als langer,
dürrer Don Quixote und
Madsen als kleiner, dicker treuer Gehilfe Sancho Panza (→ Foto bei www.dfi.dk)
und die vergnügliche Geschichte "Vester-Vov-Vov" (1927, Pat und Patachon am Nordseestrand).
"Der Streifen "Vester-Vov-Vov" wird sowohl von den Beteiligten als auch von Kritikern
als die wahrscheinlich beste Zusammenarbeit von Regisseur Lau Lauritzen und dem Komikerduo Madsen und
Schenstrøm bezeichnet"
notiert www.stummfilmmusiktage.de.
Mit Beginn der Tonfilm-Ära bzw. des sich wandelnden Zeitgeschmacks ließ der Erfolg des Duos
merklich nach, auch in Deutschland und Österreich wurden "Pat & Patachon"-Tonfilme produziert, die jedoch die Qualität
der frühen, skandinavischen Stummfilme nicht mehr erreichen konnten.4)
Im Jahre 1940 zeigte sie sich "I de gode gamle dage" (Aus guten alten Zeiten) in ihrem letzten gemeinsamen Film.
Siehe auch www.cyranos.ch,
Wikipedia,
die (englischsprachige) Fan-Seite www.warming.dk
sowie
www.massenmedien.de
mit dem Abdruck aus:
"Es nichts, nur Papier, und doch ist es die ganze Welt" von Peter Høeg
Papiertheaterausstellung (1998) des Landesmuseums Oldenburg
aus der Sammlung Helge Schenstrøm
Fotos von "Pat & Patachon" bei www.virtual-history.com
Link: 1) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 2) Wikipedia
Quelle: 3) www.film-zeit.de,
4) www.stummfilmmusiktage.de

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Carl Schenstrøm
Pat, der bürgerlich Carl Georg Harald Schenstrøm hieß, wurde am 13. November 1881 am Stadtrand von Kopenhagen als
einziges Kind einer Handwerkerfamilie geboren, sein Vater Harald Andreas Jørgen Schenstrøm (1857 1946) betrieb eine Klempnerei.
Der Großvater war Artist, der sich mit einem Schaustellerzelt am Rande von
Kopenhagen niedergelassen hatte. Um 1890 wanderte der kleine Carl mit
seinen Eltern nach Amerika bzw. Chicago aus, da sich diese in der "Neuen Welt"
ein besseres Leben erhofften. Doch nach nur drei Jahren kehrte
die Familie wieder nach Dänemark zurück und ließ sich in Fredericia
im Süden von Jütland nieder, der Vater hatte einen
schweren Unfall erlitten und verbrachte ein Jahr im Krankenhaus, die Mutter
musste als Wäscherin für den Lebensunterhalt sorgen. Schenstrøm absolvierte
nun eine Lehre
als Buchbinder und spielte
bereits während der Ausbildung in einer Laienspielgruppe. Als Geselle ging
für einige Zeit auf die Wanderschaft, kam dann (vermutlich) 1903 in Kopenhagen zum
"Nørrebro Theater". Da er jedoch anfangs mit 40 Kronen im
Monat nur einen "Hungerlohn" erhielt, schaute sich Schenstrøm nach weiteren Einnahmequellen
um, schrieb unter anderem ein Lustspiel, das jedoch erst 20 Jahre später
Erfolge verzeichnete.
Die Suche führte den seit 29. Oktober 1910 mit seiner Jugendliebe Ellen Marta
Vilhelmine Butzkowsky (1884 1964)
verheirateten Schenstrøm im gleichen Jahr zu der "Nordisk Films Compani", wo er nebenbei
als Darsteller Beschäftigung fand. Dort lernte er den Regisseur Lau Lauritzen kennen, mit dem er 1920 zur
Konkurrenz, der "Palladium Filmgesellschaft" wechselte. Von nun an ging es aufwärts.
Sein Einkommen steigerte sich stetig. Musste er vor 1910 noch mit
einem Jahreseinkommen von
1.000 Kronen auskommen, durfte er sich 1925 die stolze Summe von 24.000 Kronen
jährlich gutschreiben lassen. 1921 traf er bei "Palladium" auf den Schauspieler Harald Madsen
und zusammen bildeten sie das legendäre Duo
"Pat & Patachon".
Bis 1940 traten sie regelmäßig in Stummfilmen auf, bei denen Lau Lauritzen meist die Regie führte.
Carl Schenstrøm, Vater eines Sohnes und einer Tochter, starb am 10. April 1942
nach kurzer Krankheit im Alter von 60 Jahren in seiner Geburtsstadt
Kopenhagen; die letzte Ruhe fand er auf dem dortigen "Bispebjerg Kirkegård".
Noch zwei Jahre zuvor hatte er seine Memoiren mit dem Titel "Fyrtårnet
fortæller" geschrieben, die jedoch erst posthum veröffentlicht wurden.
Sohn
Helge Schenstrøm (1910 1988) war Direktor des Papiertheaters1)
"Dania" in Kopenhagen → www.massenmedien.de.
Siehe auch Wikipedia;
Fotos bei www.virtual-history.com
Filmografie bei der Internet Movie Database
Link: 1) Wikipedia
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Harald Madsen
Der Gegenpart von Schenstrøm wurde von Harald Madsen verkörpert. Madsen wurde am
20. November 1890 als Harald Martin Bergmann Madsen in Silkeborg (Ostjütland) als Sohn
des Schumachers Mads Madsen geboren und arbeitete bereits seit 1904 als Artist und Clown beim Wanderzirkus
"Miehe". Im Laufe der Zeit wurde er so erfolgreich, dass sogar sein Name auf
den Plakaten erwähnt wurde, im Rahmen von Tourneen bereiste er elf Jahre
lang die
skandinavischen Länder. 1915 gründete er mit August Miehe, dem Sohn des alten
Zirkusdirektors, und Kristian Rehder eine eigene Clowns-Gruppe, die sich "Die drei
Miehes" nannte und bei diversen, einschlägigen Unternehmen engagiert
war. Erste gelegentliche Auftritte beim Film folgten ab 1917 bei der
"Svensk
Filmindustri"1), 1920 wechselte er zu der Filmgesellschaft "Palladium",
wo er als Komiker arbeitete und später auf den
dazustoßenden Carl Schenstrøm traf.
In den 1930er Jahren hatte Harald Madsen eine ernsthafte Krise zu
überwinden. Sein Gesundheitszustand wurde immer wieder durch
langwierige Krankheiten beeinträchtigt, sein eigener Zirkus,
den er von den Film-Gagen gründete, rentierte sich nicht und ging
schließlich bankrott. Als dann auch noch immer größere Probleme
in seiner Ehe auftraten, war er psychisch stark angeschlagen und fiel durch
"Merkwürdigkeiten" auf. Schließlich zog er sich in seinen Zirkuswagen zurück,
da er aus seiner Villa ausziehen musste. Ein Versuch, nach
Schenstrøms Tod
das Duo mit einem neuen Partner (Calle Reinholdz) wieder aufleben zu lassen, scheiterte,
der Streifen "Helden wider Willen" (1947) geriet zum Flop an den
Kinokassen.
Harald Madsen starb am 13. Juli 1949 mit nur 58 Jahren verarmt im dänischen Usserød
(heute Teil von Hørsholm1)),
nahe Kopenhagen, wo er auch seine letzte Ruhe auf dem dortigen Friedhof (Hørsholm
Kirkegård) fand → Foto der Grabstelle bei www.findagrave.com
sowie knerger.de. Quellenangaben zufolge litt er an einer durch Syphilis1)
hervorgerufenen Hirnhauterkrankung.
Verheiratet war Madsen seit 10. März 1924 mit der Tänzerin und
Schauspielerin Anna Ingeborg Helga
Sandberg (18922) 1974),
genannt "Inga", Tochter des schwedischen Schauspielers und
Theaterdirektors Johan August Sandberg (1842 1901)
→ www.danskefilm.dk
(in dänisch).
Siehe auch Wikipedia,
www.film-zeit.de
Fotos bei www.virtual-history.com
Filmografie bei der Internet Movie Database
Link: 1) Wikipedia
2) verschiedene Quellen geben als Geburtsjahr auch 1882 an.
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