Filmografie / Hörspiel
Wolfgang Kieling erblickte am 16. März 1924 als Sohn eines Handelsvertreters in Berlin-Neukölln1) das Licht der Welt; sein Stiefvater, bei dem er aufwuchs, war Schneidermeister. Schon als Kind trat er als singender "Ehren-Pimpf" bei einer NS-Feierstunde auf, anschließend hörte man "die schönste Knabenstimme Europas", wie es damals genannt wurde, im Kinderfunk als Wölfchen in der Sendung "Kunterbunt", auf der Bühne spielt er kleinere Kinderrollen. Später stand er nach Abschluss der höheren Schule und dem folgenden Schauspielstudium, welches er bei Albert Florath absolvierte, zunächst in der Provinz auf der Bühne; ab 1941 spielte er ein Jahr lang am Stadttheater von Luckenwalde1), dann ging er an das Stadttheater in Potsdam (seit 1952 "Hans Otto Theater"1)).

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
 Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Wolfgang Kieling 01
Schon als Junge war Kieling auf der Leinwand zu sehen, spielte unter anderem in Veit Harlans Tolstoi-Adaption "Die Kreutzersonate"2) (1937) den Filmsohn von Lil Dagover oder den Christoph, kleiner Bruder von Maria (Hilde Körber),  in dem propagandistischen Streifen "Maria, die Magd"1) (1936), ebenfalls von Veit Harlan in Szene gesetzt und bis heute zu den "Vorbehaltsfilmen1)" zählend. Bis zu seiner Einberufung in die Wehrmacht 1942 agierte er in einigen weiteren Streifen, so unter anderem 1937 für Jürgen von Alten1) in dem Melodram "Heimweh"2), 1939 einmal mehr für Harlan in der Adaption "Die Reise nach Tilsit"1) nach der gleichnamigen Novelle von Hermann Sudermann1) oder 1941 für Paul Martin in der Komödie "Jenny und der Herr im Frack"1) an der Seite von Gusti Huber und Johannes Heesters.
Während des Krieges wurde Kieling schwer verwundet, geriet in russische Gefangenschaft und begann nach seiner Entlassung 1949 zunächst als Synchronsprecher für Frank Sinatra und Paul Newman. Gleichzeitig setzte er seine Schauspielerkarriere fort und spielte an Berliner Bühnen im Ost- und Westteil der Stadt. Ab 1950 erlebte man ihn ein Jahr lang am "Hebbel-Theater"1), anschließend bis 1953 an der "Tribüne"1) sowie gleichzeitig seit 1952 am "Schillertheater"1). Dann ging er für ein Jahr lang an das "Theater Basel"1), Mitte der 1950er Jahre spielte er bei der ostdeutschen Filmgesellschaft DEFA1) in den Kinoproduktionen "Genesung"1) (1956), "Damals in Paris"3) (1956) sowie "Betrogen bis zum jüngsten Tag"1) (1957), einem von Kurt Jung-Alsen1) nach der Novelle "Kameraden" von Franz Fährmann1) inszenierten Anti-Kriegsfilm, wo Kieling als Gefreiter Lick nachhaltigen Eindruck hinterließ.  
Ab 1957 trat er an den Bühnen von Stuttgart, München und Köln, Essen sowie wieder Berlin auf. Zu seinen erfolgreichsten Bühnenrollen zählten beispielsweise der Shakespeare'sche "König Richard III."1), der Reichsvogt Gessler in Schillers "Wilhelm Tell"1), der römische Patrizier Ämilian in Dürrenmatts "Romulus der Große"1), der Tshitschikow in "Die toten Seelen" ("Les ames mortes") von Arthur Adamov1) sowie zahlreiche Titelrollen, unter anderem in Brechts "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui"1) und "Leben Eduards II. von England", in Max Frischs "Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie"1) oder in "Bacchus" von Jean Cocteau1).
In den 1960er Jahren war Kieling in zahlreichen Stücken auf dem Bildschirm präsent und gehörte bald zum festen Bestandteil der Fernsehlandschaft, machte sich, wie auf der Leinwand, einen Namen als vielseitiger Charakterdarsteller.
Vor allem mit seinen Interpretationen in Klassiker-Adaptionen wie 1963 als St. Just1) in dem Büchner-Drama "Dantons Tod"4) mit Wolfgang Reichmann als Danton1), 1964 als Patient Möbius in der Dürrenmatt-Komödie "Die Physiker"1) mit Therese Giehse als Frl. Dr. Mathilde von Zahnd oder 1966 als Journalist Joseph Garcin in "Geschlossene Gesellschaft"  nach dem gleichnamigen Drama1) von Jean-Paul Sartre1). Für letztgenannte Rolle wurde er am am 12. Januar 1967 mit der "Goldenen Kamera"1) des "Springer-Verlags"1) ausgezeichnet, die er jedoch aus Protest gegen die Politik des Verlags im Jahr darauf zurückgab. Daneben übernahm er prägnante Aufgaben in Krimiserien, wie beispielsweise ab Mitte der 1960er Jahre in "Das Kriminalmuseum", "Tatort" (1972: Strandgut1); 1979: Schweigegeld1)) oder "Dem Täter auf der Spur" (1972: Tod in der Maske / Ohne Kranz und Blumen4)). 

Foto: Ernst Wilhelm Borchert (Mitte) als "Wallenstein"1)
mit Wolfgang Kieling (l., Graf Terzky1)) und
Alexander Golling (r., Feldmarschall Illo1))
in dem TV-Zweiteiler "Wallenstein" (1962)
nach der Dramen-Trilogie1) von Friedrich Schiller1)
Regie: Franz Peter Wirth1) → www.zeit.de, web.ard.de, IMDb
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; © SWR

Ernst Wilhelm Borchert (Mitte) als "Wallenstein" mit Wolfgang Kieling (l., Terzky) und Alexander Golling (r., Illo) in dem TV-Zweiteiler "Wallenstein" (1961); Autor: Friedrich Schiller; Regie: Franz Peter Wirth; Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; Copyright SWR
Foto: Wolfgang Kieling 1968;  Historische Originalbeschreibung: 30.2.1968 Berlin, Vietnam-Ausstellung: Der Schauspieler Wolfgang Kieling, besuchte mit seiner Tochter Anett am 20.3.1968 die Vietnam-Ausstellung in der Berliner Friedrichstrasse. Er informierte sich über die Solidaritätsbeweise der Bevölkerung der DDR für das heldenhaft kämpfende vietnamesische Volk. Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-G0320-0029-001; Fotograf: Eva Brüggmann / Datierung: 20. 3.1968 / Lizenz CC-BY-SA 3.0. Kieling präsentierte sich in zahlreichen Produktionen mit den unterschiedlichsten Rollen, entwickelte sich zu einem der profiliertesten Darsteller bei Film und Fernsehen – ein Mann, der mit bleichen Zügen und einem müden Zucken um die Mundwinkel auch schwierigste Rollen meisterte. Auf Masken und Verkleidungen war er selten angewiesen und vermochte auch schwachen Texten und Figuren auf phantasievolle Weise Leben einzuhauchen.5) So sah man ihn beispielsweise 1960 im Kino als ehemaligen Geigenvirtuosen Philip in der parodistisch-heiteren Geschichte "Agatha lass das Morden sein"1) neben Titelheldin Johanna von Koczian, für seine Darstellung des Hauptwachtmeister Glantz in Jürgen Rolands1) semidokumentarischem Krimi "Polizeirevier Davidswache"1) (1965) erhielt Kieling den "Bundesfilmpreis"1) in der Kategorie "Bester Hauptdarsteller".
 
Foto: Wolfgang Kieling 1968; Historische Originalbeschreibung:
30.2.1968 Berlin, Vietnam-Ausstellung: Der Schauspieler Wolfgang Kieling, besuchte mit seiner Tochter Anett am 20.3.1968 die Vietnam-Ausstellung in der Berliner Friedrichstrasse. Er informierte sich über die Solidaritätsbeweise der Bevölkerung der DDR für das heldenhaft kämpfende vietnamesische Volk. 
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-G0320-0029-001;
Fotograf: Eva Brüggmann / Datierung: 20. 3.1968 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv Bild 183-G0320-0029-001 bzw. Wikimedia Commons
1966 wurde der Schauspieler auch einem internationalen Publikum zum Begriff: In dem von Alfred Hitchcock1) realisierten Thriller "Torn Curtain"1) ("Der zerissene Vorhang") spielte er neben Paul Newman den Stasi-Geheimagenten Hermann Gromek und die Szene, in der Kieling einen jämmerlichen Leinwand-Tod im Gas-Backofen starb, schrieb Filmgeschichte.
Im März 1968 ging Kieling aus Protest gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik sowie die Vietnampolitik der Amerikaner in die ehemalige DDR zurück, wo er bis 1971 blieb. Der Schauspieler erhielt den Sonderstatus, im Westen ebenfalls arbeiten zu dürfen und feierte während dieser Zeit unter anderem Erfolge als Kommissar Escherich in der dreiteiligen TV-Fallada-Verfilmung "Jeder stirbt für sich allein"6) (1970; Regie: Hans-Joachim Kasprzik1)) mit Elsa Grube-Deister (Anna Quangel) und Erwin Geschonneck (Otto Quangel) in den Hauptrollen oder als Staatsmann Manuel de Godoy1) in dem Kinofilm "Goya – oder Der arge Weg der Erkenntnis"1) (1971), gedreht von Konrad Wolf1) nach dem gleichnamigen Roman1) von Lion Feuchtwanger mit Donatas Banionis1) als Goya1).
Zurück in der Bundesrepublik erlebte man Kieling unter anderem 1973 (grandios!) als alten Transvestiten Alfred Bergmann in Peter Beauvais'1) TV-Drama "Im Reservat"1) – hierfür erhielt er den Fernsehpreis der "Deutschen Akademie der Darstellenden Künste"1) in der Kategorie "Bester Darsteller" –, 1979 als Edmund Gabriel in Alf Brustellins1) Kinofilm "Der Sturz"1) nach dem gleichnamigen Roman von Martin Walser1), 1983 als Reporter Watergate in Norbert Kückelmanns1) preisgekröntem Politthriller "Morgen in Alabama"1) oder 1984 in der Glanzrolle des biederen Buchhalters Gössmann neben Götz George in Carl Schenkels1) Aufzug-Thriller "Abwärts"1). Gemeinsam mit George spielte er auch in in dem TV-Historienfilm "Der König und sein Narr"1) (1981) nach dem Roman von Martin Stade1) – George überzeugte als preußischer König Friedrich Wilhelm I.1), Kieling als Jacob Paul Freiherr von Gundling1). Als "Serienheld" konnte er in der 2. Staffel (1977/78) in "Der Anwalt"1) als engagierter Anwalt Dr. Colmar bei den Zuschauern punkten, ebenso wie als Protagonist in "Kreisbrandmeister Felix Martin"1) (1982). Im Folgejahr stellte er in "Die Geschwister Oppermann" (1983), dem Zweiteiler nach dem gleichnamigen Roman1) von Lion Feuchtwanger1) den Martin Oppermann dar. Erwähnenswert ist auch seine Darstellung des brillanten Biochemikers Professor Gunström in dem abenteuerlichen TV-Mehrteiler "Patrik Pacard" an der Seite von Hendrik Martz1) in der Titelrolle sowie Peter Bongartz und Gila von Weitershausen als Patriks Eltern. Zu einer seiner letzten Arbeiten vor der TV-Kamera zählten vier Episoden des Quotenrenners "Die Schwarzwaldklinik"1) (1985/86) mit der Rolle des Landarztes Dr. Ignaz Marker sowie die Figur des Kunsthändlers Joseph Pickler bzw. des Rembrandt van Rijn1) in der satirischen Farce "Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht"1) (1986) von Ephraim Kishon1), der auch Regie führte → Übersicht Filmografie.

Neben seiner Karriere als Theater- und Filmschauspieler war Kieling ein gefragter Sprecher, der sowohl für das Hörspiel als auch die Synchronisation arbeitete und etlichen berühmten Kollegen seine Stimme lieh. Bei Wikipedia wird ausgeführt: "Kieling arbeitete schon seit seiner Kindheit als Synchronsprecher, so lieh er Freddie Bartholomew in einer 1930er-Jahre-Synchronfassung von "David Copperfield"1) (1935) seine Stimme." In späteren Jahren sprach Kieling beispielsweise für (fremde Links: Wikipedia, wunschliste.de, zweitausendeins.de)

Außerdem sprach Kieling zwischen 1973 und 1985 in der deutschen Fassung der Kinderserie "Sesamstraße"1) den Bert, der gemeinsam mit Ernie zu den populärsten Figuren der Sendung zählt. Zu nennen ist auch die Rolle des Heuschreckenforschers Cornelius Button in der Kinderserie "Die Grashüpfer-Insel"7)  → mehr bei synchronkartei.de.  Im Hörspiel-Studio bereicherte mit seiner markant-sonoren Stimme etliche Produktionen, wirkte auch in der ehemaligen DDR an Hörspielen mit, darunter – kurz nach seiner Übersiedlung – "Heimsuchungen eines Eingesessenen"8) (EA: 15.05.1968), in dem es um die Probleme von Werktätigen in der sozialistischen Industrie ging. Eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier. Darüber hinaus "sprach er 1974 die Titelrolle bei der EUROPA1)-Hörspielproduktion "Räuberhauptmann Potzblitz" und 1975 den "Zauberer Zackzarack", ferner wirkte er u. a. auch bei "Hanni und Nanni"1) mit. In der Hörspielreihe "Hui Buh – das Schloßgespenst"1) sprach er in den Folgen 3 und 4 die Rolle des "König Julius der 111.". 1984 war er einer der "Grauen Herren" in der dreiteiligen Philips1)-Hörspielfassung von Michael Endes1) "Momo". " notiert Wikipedia.
Wolfgang Kieling starb am 7. Oktober 1985 mit nur 61 Jahren nach einer Magen-Operation, der er sich aufgrund seines Krebsleidens unterziehen musste, in einer Hamburger Klinik; die letzte Ruhe fand er auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Commons.
"Das melancholische Knautschgesicht wird fehlen, wenn in deutschen TV-Filmen die Zweifelnden, Zwiespältigen, Zwielichtigen zu besetzen sind. Kieling, ein oft faszinierender, bedrohlicher Schauspieler, war ein Umgetriebener im Leben, geplagt von Passionen, Krankheiten, Verschattungen; seine politischen Kreuz- und Querzüge gründeten wohl darin." schrieb DER SPIEGEL unter anderem in einem Nachruf → spiegel.de.

Der Schauspieler war seit 1952 mit seiner Kollegin Gisela Uhlen (1919 – 2007) verheiratet, von der er sich 1957 wieder scheiden ließ; aus der Verbindung stammt die 1955 geborene, bekannte Schauspielerin Susanne Uhlen1). 1950 hatte Kieling seine Kollegin Jola Jobst1) geheiratet, die sich im Oktober 1952 (oder 1953) das Leben nahm. Von der Bildhauerin Johanna Göllnitz trotz der gemeinsamen Tochter Annette geschieden, heiratete er 1969 in der DDR die wesentlich jüngere Schauspielerin Monika Gabriel1) (1943 – 2007). Diese Ehe endete zwar 1975 ebenfalls vor dem Scheidungsrichter, doch lebte das Paar später wieder eine Zeit lang zusammen. Aus seiner kurzen Beziehung mit der Schauspielerin Ingrid Rentsch1) stammt der 1958 geborene Sohn Florian Martens1), der inzwischen zu den führenden deutschen Schauspielern gehört.
Wolfgang Kieling war zudem der Großonkel des Tierfilmers Andreas Kieling1)

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Wolfgang Kieling 02
Textbausteine des Kurzportraits von prisma.de
Siehe auch deutsches-filmhaus.de, Wikipedia, defa-stiftung.de, filmportal.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) defa-stiftung.de, 4) Die Krimihomepage, 6) fernsehenderddr.de, 7) fernsehserien.de, 8) ARD-Hörspieldatenbank
5) Quelle: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf  Heinzlmeier/Berndt Schulz
    
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Murnau Stiftung, Die Krimihomepage,
fernsehenderddr.de, deutsches-filmhaus.de, deutsche-biographie.de, cyranos.ch)
Kinofilme

Fernsehen (Auszug)

Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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