Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges waren die Grécos
gezwungen, Paris zu verlassen und zogen in die Dordogne, wo sich Juliettes
Mutter bald aktiv für den französischen Widerstand, die Résistance1),
engagierte. 1943 wurde
sie von der Gestapo1) in Haft genommen, Juliette und ihre Schwester flohen
nach Paris, wo beide bald darauf ebenfalls im "Gefängnis
Fresnes"1) arretiert wurden. Kurz darauf
wurden Mutter und Schwester ins KZ Ravensbrück1) deportiert; Juliette Gréco,
die grade erst 16 war, durfte in Frankreich bleiben.
Als sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, kümmerte sich zunächst die
ehemalige Lehrerin und Schauspielerin Hélène Duc (1917 2014) um das elternlose Mädchen
und nahm sie bei sich zu Hause auf. Bis zum Ende des Krieges lebte Juliette Gréco
in Paris, wo sie schon bald das intellektuelle Boheme-Leben im "Quartier Latin"1)
sowie die aufregende Welt des Theaters entdeckte. Der idealistische Teenager
begann sich auch für Politik zu interessieren, besuchte Treffen der jungen
Kommunisten und führte ernsthafte Diskussionen mit Freunden in den
verräucherten Cafes des "Quartier Latin". Ermutigt durch Hélène Duc nahm
sie außerdem Schauspielunterricht und erhielt bald kleinere
Rollen bei der "Comédie
Française"1).
Juliette Grécos Mutter und Schwester kamen nach Kriegsende aus dem
Gefangenenlager zurück und die Familie zog wieder in den Südwesten
Frankreichs. Da die Mutter jedoch nach kurzer Zeit beschloss, in
die französische Marine einzutreten, zogen die beiden Schwester Juliette und Charlotte
erneut nach Paris. Juliette nahm bald ihren früheren Lebensstil im "Quartier Latin"
wieder auf, traf sich mit Schriftstellern, Malern und Musikern der Szene und
lernte so unter anderem auch Jean Paul Sartre1)
(1905 1980) und Albert Camus1) (1913 1956) kennen. Sie
lebte in einem kleinen Hotelzimmer und hielt sich mit verschiedensten
Gelegenheitsjobs über Wasser. Mit ihrer rebellischen Charaktere sowie ihrem
bohémien-haften Aussehen wurde sie bald zu einer der Hauptfiguren der "Quartier Latin"-Szene
und die Kontakte, die sie dort schloss, halfen ihr einige Theaterrollen sowie
Auftritte beim Rundfunk zu erhalten.
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1947 wurde von ihr und anderen der Nachtclub "Le Tabou"
in der Rue Dauphine im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain
des Prés eröffnet, der für Juliette Gréco und ihre Freunde zum
neuen Treffpunkt wurde. Der Schriftsteller Boris Vian1)
(1920 1959) verkehrte dort regelmäßig, ebenso wie
der berühmte Jean Cocteau1) (1889 1963)
oder der legendäre Jazz-Trompeter Miles Davis1) (1926 1991),
mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre hatte. Juliette Gréco sang dort
Chansons, schon bald erschien ihr Bild auf zahlreichen Titelseiten und in
diversen Artikeln wurde das neue Bohème-Leben im Nachkriegs-Paris
dokumentiert. Ermutigt durch ihre Freunde und ihre enge Freundin, die
Schriftstellerin Anne-Marie Cazalis (1920 1988),
baute Juliette Greco ihre Karriere als Sängerin weiter aus. 1949 gab sie ihr
Konzertdebüt im "Le Bœuf sur le Toit", einem weiteren legendären
Treffpunkt der Existenzialisten1), in dem regelmäßig Musikveranstaltungen und
Dichterlesungen stattfanden. Raymond Queneau1)
(1903 1976) verfasste für diesen Auftritt
das außergewöhnliche "Si tu t'imagines", sie
interpretierte "L'eternel féminin" von Jules Laforgue1)
und Jacques Prévert1)
(1900 1977) gab der Sängerin
das zum Klassiker gewordene "Les feuilles mortes" schon bald
waren diese Titel weltbekannt. 1951 nahm sie die erste Single "Je suis comme je suis" auf
und das Lied der Text stammte von Jacques Prévert,
die Musik von Joseph Kosma1)
wurde zu einem ein absoluter Klassiker in allen Gréco-Konzerten. Mit Liedern wie "Sous le ciel de
Paris", "Ne me quitte pas" oder "Paris Canaille"
begeisterte die Gréco fortan ihr
Publikum.
Foto: © Rainer
Binder
(Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem Fotografen Rainer Binder zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Rainer Binder; das Foto darf nicht für andere Zwecke
verwendet werden.
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Die Künstlerin gab in Folge zahlreiche Konzerte, die sie auch nach Brasilien
und in die USA führten, wo sie unter anderem 1952 einen triumphalen Erfolg in
der Show "April in Paris" feierte. Nach ihrer Rückkehr aus den
Staaten machte sie eine ausgedehnte Tournee in Frankreich, trat 1954 im
legendären Pariser "Olympia"1) auf und erntete Begeisterungsstürme. Stets
stand sie auf der Bühne im schwarzen, hochgeschlossenen Kleid oder schwarzem
Jackett und wurde deshalb anspielend auf ihre Kleidung von
vielen als "Schwarze Rose von St. Germain" bezeichnet.
1954 war auch privat für Juliette Gréco ein erinnerungswürdiges Jahr: Bei
den Dreharbeiten zu dem von Jean-Pierre Melville1)
in Szene gesetzten Film "Und
keine blieb verschont"1) (1953,
"Quand tu liras cette lettre")
traf sie den Schauspieler Philippe Lemaire1)
(1927 2004), den sie später heiratete. Die Ehe
war nicht von langer Dauer, denn bereits 1956 ließ sich das Paar
trotz der 1954 geborenen gemeinsamen Tochter Laurence-Marie wieder scheiden.
In den 1950er Jahren verlief die Karriere der Gréco zweigleisig, neben ihrer
Arbeit als Chansonsängerin wirkte sie bei verschiedenen
Filmproduktionen mit, arbeitete mit so berühmten Regisseuren wie Henry King1),
John Huston1)
oder Orson Welles und entwickelte sich zu einer bemerkenswerten
Schauspielerin. So wirkte sie unter anderem "The Sun Also Rises"1)
(1957, "Zwischen Madrid und Paris") und in "The Roots of Heaven"1)
(1958, "Die Wurzeln des Himmels")
sowie in Otto Premingers1)
Sagan-Adaption "Bonjour Tristesse1) (1958)
mit → Auszug Filmografie.
Die 1960er Jahre waren wieder verstärkt von ihrer Arbeit als Sängerin
geprägt. Sie veröffentlichte so berühmte Chansons wie "Il n'y a plus d'après" (1960)
oder "Jolie Môme" (1961) und trat mit überwältigendem
Erfolg erneut im Pariser "Bobino"1) und "Olympia" auf.
Mitte der 1960er Jahre war sie eine der bekanntesten Gesichter des französischen
Showbusiness, nicht zuletzt auch wegen ihrer Rolle in dem berühmten TV-Vierteiler
"Belphégor, òu le fantôme du Louvre"
(1965, "Belphégor oder das Geheimnis des Louvre"). Trotz brillanter Karriere und internationaler
Anerkennung fiel der Star privat in eine tiefe Depression, die Mitte 1965 in
einem Selbstmordversuch gipfelte. Doch schon bald erholte sich die Künstlerin,
hatte 1966 die Krise überwunden und ehelichte ihren Schauspielerkollegen
Michel Piccoli
(1925 2020);
mit ihm war sie bis 1977 verheiratet.
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In den folgenden Jahre unternahm sie wieder zahlreiche Tourneen rund um den
Globus, die sie unter anderem 1967 auch nach Berlin führten, wo sie vor
60.000 begeisterten Zuhörern sang; sie veröffentlichte erfolgreich zahlreiche
Schallplatten-Alben, schränkte aber zeitweise ihre Bühnenauftritte ein.
Nach mehrjähriger Bühnenabstinenz feierte sie 1991 in Paris ein umjubeltes Comeback.
In den 1990er Jahren wurde ihre triumphale Rückkehr vor allem
von dem Pianisten Gérard Jouannest1) gefördert mit ihrem
langjährigen musikalischen Begleiter hatte sie 1988 auch das Band der Ehe geknüpft.
Nach einem Herzanfall, den sie im Mai 2001 erlitt, lebte die Künstlerin zurückgezogen
auf einem Bauernhof in der Nähe von Paris und stand nur noch ab und zu auf der Bühne.
Seit 2004 nahm sie jedoch wieder
vermehrt Auftritte im In- und Ausland war. In Deutschland trat sie unter
anderem 2005 in der "Berliner
Philharmonie"1)
auf, zuletzt konnte man ihre Kunst am 14. April 2012 im "Theaterhaus Stuttgart"1)
bewundern, begleitet von ihrem Ehemann Gérard Jouannest.
Ihr Album "Le temps d’une chanson" kam Ende 2006 auf den
Markt, 2009 folgte das Album "Je me souviens de tout", Ende Januar 2012 "Ca
se traverse et c’est beau", mit dem sich die "Chanson-Ikone" als
Duett-Partnerin mit jüngeren Stars wie Marc Lavoine1)
oder Melody Gardot1) präsentierte.
Das Album "Gréco chante Brel" erschien 2013.
Foto: Juliette Gréco im Oktober 2006
Urheber: Victor Diaz Lamich (Link: französischsprachige Wikipedia)
Foto bei Wikipedia
bzw. Wikimedia Commons veröffentlicht mit Genehmigung des Fotografen
Lizenz: CC-by-SA 3.0
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Im Paris der Nachkriegsjahre galt Juliette Gréco als Muse der Existenzialisten,
verkörperte die intellektuelle französische Nachkriegsgeneration und Jean-Paul Sartre
oder Albert Camus schrieben viele ihrer Texte. Mit ihrer samtenen, tiefen Stimme
sowie ihren Liedern prägte sie maßgeblich das französische Chanson und
machte es rund um den Globus bekannt. Neben Edith Piaf zählt Juliette Gréco zu den wenigen
"Grande Dames" des französischen Chansons. Die strenge gedeckte Kleidung und
ihre meist schwermütigen Chansons blieben über Jahrzehnte ihr Markenzeichen.
Die Künstlerin, die am 7. Februar 2012 ihren 85. Geburtstag feierte,war eine
Frau, die mit ihrem emotionsgeladenem Gesang nicht nur Jean-Paul Sartre oder
Albert Camus inspirierte, sondern mit ihrer ausdrucksstarken Stimme
auch noch heute ihr Publikum begeistert.
Bereits 1982 hatte die Künstlerin ihre erste Autobiografie unter dem Titel
"Jujube" vorgelegt, die ein Jahr später in Deutschland als "Ich bin, die ich bin"
erschien. Im Februar 2012 veröffentlichte die legendäre "Muse der
Existenzialisten" weitere Erinnerungen, "Je suis faite comme ça"
heißt das Buch, welches in deutscher Übersetzung seit 24. September 2012 als
"So bin ich eben Erinnerungen einer Unbezähmbaren" im Handel
erhältlich ist. Im Rahmen des Hamburger "Harbour Front
Literaturfestivals" stellte sie am 20. September 2012 ihre neueste
Autobiografie erstmals in Deutschland vor, am 9. Oktober wurde sie im Stuttgarter
"Literaturhaus" gefeiert, am 11. Oktober 2012 gehörte sie
in Köln zu den Gästen der "lit.COLOGNE Spezial"1).
Juliette Gréco 2009 im Konzert anlässlich
der Eröffnung der
"Wiener
Festwochen"1)
Urheber: Manfred Werner / Tsui;
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia
Commons
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- 1947: Die Brüder Bouquinquant / Les frères Bouquinquant (nach
dem Roman von Jean Prévost; Regie:
Louis Daquin;
als Ordensschwester)
→ filmdienst.de,
IMDb
- 1949: Eine
Heilige unter Sünderinnen / Au royaume des cieux (Regie: Julien
Duvivier; als Rachel)
- 1949: Orpheus
/ Orphée (Regie: Jean
Cocteau; mit Jean
Marais als Orpheus; als Aglaonice, Anführerin der Bacchantinnen)
- 1951: Ohne Angabe der Adresse /
Sans laisser d'adresse (Regie:
Jean-Paul Le Chanois; als die Sängerin)
→ filmdienst.de,
IMDb
- 1953: Und keine blieb verschont
/ Quand tu liras cette lettre (Regie: Jean-Pierre
Melville; als Thérèse Voise)
- 1956: Weiße
Margeriten / Elena et les Hommes (Regie: Jean
Renoir; als Miarka, die Zigeunerin)
- 1956: Die Herrscherin vom Libanon / La châtelaine du Liban (Regie:
Richard Pottier; als Maroussia)
→ filmdienst.de,
IMDb
- 1956: Gangster, Rauschgift und Blondinen / L'homme et l'enfant (Regie: Raoul André;
mit Eddie
Constantine; als Nicky Nistakos)
→ filmdienst.de,
IMDb
- 1957: Zwischen
Madrid und Paris / The Sun Also Rises (nach dem Roman "Fiesta"
von Ernest
Hemingway; Regie: Henry King;
mit unter anderem Tyrone Power,
Ava Gardner,
Mel Ferrer und
Errol Flynn;
als Georgette Aubin)
- 1958: Bonjour
Tristesse / Bonjour Tristesse (nach dem gleichnamigen
Roman von Françoise
Sagan; Regie: Otto Preminger;
als Sängerin)
- 1958: Die
Wurzeln des Himmels / The Roots of Heaven (nach Roman "Les
racines du ciel" von Romain Gary;
Regie: John Huston; als Nachtklubsängerin Minna)
- 1959: Die
schwarze Lorelei / Whirlpool (Regie: Lewis
Allen; als Lora)
- 1960: Drama im Spiegel / Crack in the Mirror (Regie: Richard Fleischer;
mit Orson Welles;
als Eponine / Florence)
→ filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch), IMDb
- 1961: Das große Wagnis / The Big Gamble (Regie: Richard Fleischer;
als Marie Brennan) → filmdienst.de,
Wikipedia
(englisch), IMDb
- 1962: Das Haus der Sünde / Maléfices (nach dem Roman von Pierre
Boileau, Thomas Narcejac;
Regie: Henri Decoin;
als Myriam Heller) → filmdienst.de,
IMDb
- 1965: Onkel
Toms Hütte (nach dem gleichnamigen
Roman von Harriet
Beecher Stowe; Regie: Géza
von Radványi; als Dinah)
→ filmportal.de
- 1965: Belphégor
oder das Geheimnis des Louvre / Belphégor ou le fantôme du Louvre (TV-Vierteiler nach dem Roman "Belphégor"
von Arthur Bernède; in Deutschland als 13-teilige Serie zu je 25 Minuten; als
Laurence Borell/Stéphanie Hiquet) → Wikipedia
- 1967: Die
Nacht der Generale / The Night of the Generals (nach dem Roman
von Hans
Hellmut Kirst; Regie: Anatole
Litvak;
als Juliette)
- 1975: Lily, hab mich lieb / Lily, aime-moi (Regie: Maurice Dugowson;
als Flo) → filmdienst.de,
IMDb
- 1996: Jedermanns
Fest (Kinostart: 05.10.2002; Moderne Paraphrase des "Jedermann"
von Hugo
von Hofmannsthal;
mit Klaus
Maria Brandauer; als Yvonne Becker)
- 2001: Belphégor / Belphégor, le fantôme du Louvre
(nach dem Roman von Arthur Bernède;
Regie: Jean-Paul Salomé;
mit
Sophie Marceau;
Kurzauftritt als Frau auf dem Friedhof)
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