Richard Tauber wurde am 16. Mai 1891 im österreichischen
Linz1) geboren. Seine Mutter Elisabeth Seifferth (geborene Denemy,
verwitwet nach Karl Seyfferth)
war Operetten-Soubrette am Linzer Theater und hatte seinen Vater, Sohn eines aus
Preßburg1)
(damals Königreich Ungarn) stammenden jüdischen Weinhändlers, den Schauspieler bzw. späteren Intendanten des städtischen Theaters in Chemnitz
Anton Richard Tauber1) (1861 1942) wohl wegen
des erheblichen Altersunterschiedes (er war vierzehn Jahre jünger)
nicht geheiratet. Erst 1913 wurde Richard Tauber von seinem
Vater adoptiert, trug eine Zeit lang den Doppelnamen Richard
Denemy-Tauber, ließ dann später den ersten Teil des Namens weg.
Bis zu seiner Einschulung 1897 aufgewachsen in Linz bei Pflegeeltern
verlief die Kindheit des kleinen Richard außerordentlich unstet, vor
allem, weil er zwischen den beiden "Wanderexistenzen" seiner
beiden Eltern hin und her geschoben wurde. Wichtig für seine spätere
Entwicklung wurden ab 1903 die Jahre bei seinem Vater in
Wiesbaden, der am dortigen "Hoftheater" engagiert war;
Richard Tauber bekam Klavierunterricht bei dem später bekannten
Dirigenten Artur Rother1)
(1885 1972) und schwärmte für den damaligen
Heldentenor Heinrich Hensel (1874 1935) → operissimo.com.
Als 17-Jähriger entschied sich Tauber ebenfalls Sänger zu werden und
aufgrund der freundschaftlichen Beziehungen seines Vaters zu dem Wiener
Bariton Leopold Demuth1)
(1861 – 1910) erhielt er die Gelegenheit, diesem vorzusingen. Die Beurteilung des Sängers war niederschmetternd:
"Um Gottes Willen, halte Deinen Sohn davon ab, Sänger zu werden. Was
er besitzt, ist ein Zwirnsfaden, keine Stimme", schrieb Demuth damals
an Taubers Vater.
Richard Tauber, fotografiert 1916 in Dresden von Bruno
Wiehr → Info-Karte Quelle:
Deutsche
Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0156016)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Bruno Wiehr
Urheber: Bruno Wiehr; Datierung: 1916
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
|
|
|
Richard Tauber ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken,
machte eine Opern- und Operettenausbildung unter anderem an dem "Hoch'schen
Konservatorium"1)
in Frankfurt und besuchte auch die
Dirigentenklasse, da er noch zwischen dem Beruf eines Sängers oder
Dirigenten schwankte.
Durch die Empfehlung seiner Dozenten wurde Tauber in der Zeit zwischen
1911 und 1912 in Freiburg im Breisgau Schüler von Carl Beines1)
(1869 1950) und ließ sich im Gesang ausbilden. Dort konnte er dann auch am 12. Mai 1912 als Solist des Gesangsvereins
"Concordia" öffentlich debütieren.2)
Am 2. März 1913 sang Tauber
am "Theater
Chemnitz"1) erstmals in einer Oper, konnte
als Tamino in Mozarts "Die Zauberflöte"1)
einen überwältigenden Erfolg feiern. Anschließend ging er
nach Dresden1), wo er ab August 1913 an
der "Königlichen Hofoper"1)
(heute "Semperoper"1))
engagiert
war. Der "Dresdner Staatsoper" folgte ab 1919 die "Berliner
Staatsoper"1), wo er unter anderem
den Bacchus in der Richard Strauss-Oper "Ariadne auf
Naxos"1) gestaltete. Nach
vorausgegangenen Auftritten an der "Volksoper
Wien"1) wirkte er ab 1925 an
der "Wiener Staatsoper"1) und in den folgenden
Jahren avancierte Tauber vor allem mit Operetten von Franz Léhar1) zu einem der
berühmtesten Tenöre seiner Zeit. Mit der Premiere von Léhars
"Paganini"1) am 30. Januar 1926 endete die Opernlaufbahn des
"Deutschen Caruso", seine Operettenkarriere begann.
Richard Tauber als Tamino in "Die Zauberflöte" von
Wolfgang Amadeus Mozart1)
fotografiert 1915 von Bruno Wiehr
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0264626)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Bruno Wiehr
Urheber: Bruno Wiehr; Datierung: 1915
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
1927 schrieb Léhar für Tauber den "Zarewitsch"1) und auch
in "Friederike"1) feierte das Publikum den Sänger frenetisch. Ab 1929
trat Tauber in über 700 Vorstellungen in "Land des
Lächelns"1) auf, einem Léhar-Stück, dem vormals unter dem Titel
"Die gelbe Jacke" keinerlei Erfolg beschieden gewesen war das Lied "Dein ist mein ganzes Herz"1) aus dieser Operette
wurde "der Tauber-Hit". Daneben nahm der Künstler unzählige
Schallplatten auf und avancierte zum absoluten "Pop-Star" der 1920er Jahre. Über den Rundfunk
erreichte er Millionen, er war der Liebling
der Frauen, ein Idol der Massen, er sang sich in die Herzen und er
sang alles: Oper und Operette, Schlager und Lieder.
Seine Platten waren Melodien für Millionen, seine Konzerte und Gastspiele ausverkauft,
seine Tourneen umjubelt, seine Filme Kassenschlager. Mehr als fünfzig Jahre nach
seinem Tod werden Taubers Platten noch millionenfach verkauft und sein berühmtestes Lied
"Dein ist mein ganzes Herz" wird in jeder Sprache gesungen Tauber, die Legende,
lebt.
Richard Tauber als Wilhelm Meister in der Oper "Mignon"1)
von Ambroise
Thomas1),
fotografiert 1915 von Bruno Wiehr
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0264625)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Bruno Wiehr
Urheber: Bruno Wiehr; Datierung: 1915
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
|
|
Zum Film kam Tauber, als sich der stumme Kintopp dem Ende entgegenneigte: Als deutsche Alternative zum amerikanischen
"Talkie-Star", dem Entertainer Al Jolson1), trat er mit dem Hafenmilieu-Film
"Ich glaub' nie mehr an eine Frau"1) (1930) erstmals
als Darsteller auf der Leinwand in Erscheinung. 1931 sah man ihn als Riccardo in "Die
große Attraktion"3), ein Jahr später mit der Rolle des Kammersänger R. Hoffmann
in "Melodie der Liebe"1) oder 1934 als Franz Schubert1) in der britischen Produktion "Dein
ist mein Herz"1) ("Blossom Time"). Mit Spontaneität
und Humor individualisierte er im Film die steifen Rollen der Opern-
und Operettenrollen, die er auch auf den Bühnen darstellte. Er spielte in
Sängerfilmen Troubadoure, Komponisten, Opernhelden, trat aber auch als
Heurigensänger auf und erfreute sein anhängliches Publikum durch seinen natürlichen
Habitus ein Star der internationalen Glamourwelt, König der
Operette; ohne ihn sind Berlin und der Zeitgeist der goldenen Zwanziger nicht denkbar.
Tauber gründete auch eine eigene Tonfilm-Gesellschaft, um sich die Rollen auf den Leib schneidern
zu können; wegen
Misswirtschaft ging die Firma jedoch nach wenigen Jahren pleite.
Mit der Machtergreifung der Nazis endete in Deutschland die steile Karriere des berühmtesten Tenor seiner
Zeit. Der Sohn eines nach dem damaligen Jargon
"Halbjuden" durfte ab 1933 nicht mehr in Deutschland
auftreten, für die Nazipresse war der Sänger jedoch schon länger ein Symbol für den
"sittenlosen Kulturverfall" der Weimarer Republik gewesen.
Tauber war von Geburt an römisch-katholisch (in Linz getauft), seine Mutter
war römisch-katholisch und sein Vater als Jugendlicher zum römisch-katholischen
Glauben konvertiert. Tauber selbst sah sich stets als Katholik und verstand
zeitlebens nicht, dass er von den Nationalsozialisten verfolgt wurde, nur
weil seine Großeltern väterlicherseits praktizierende Juden waren.
Richard Tauber
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Körperschaft: Residenzatelier (Wien); Datierung: ungenannt
© ÖNB
Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer Pf 3.372 : C (2)) |
Tauber emigrierte zunächst nach Österreich, dann 1938 endgültig nach
Großbritannien. Am 2. Mai 1938 gab er am "Royal
Opera House"1) im Londoner Bezirk "Covent Garden"1)
sein Debüt in Mozarts "Die Zauberflöte", trat dann dort bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges immer wieder
auf; nach Kriegsende gestaltete der bereits an Lungenkrebs Erkrankte letztmalig am 27. September 1947 in London einmal mehr
den Don Ottavio in Mozarts "Don Giovanni "1),
wobei er besser denn je gesungen haben soll.
Das Publikum liebte ihn, Tauber ging auf
umfangreiche Tourneen, gab Gastspiele rund um den Globus und übernahm auch Rollen im
britischen Film; am bekanntesten wurde dort seine Filmversion der
Leoncavallo-Oper
"Der Bajazzo"1)
(Pagliacci), die dann als "Pagliacci"1) 1936 in die Kinos kam.
Tauber sang im Exil neben seinen Operettenliedern von vielen
"Hits" gibt es englischsprachige Versionen wie " You are my heart's delight" auch
weiterhin Tenorlieder, Serenaden, Elegien und Schlager und blieb auch nach
Kriegsende in England, wo er im Londoner Westend1) wohnte. Seine Gastspiel in den USA, wo er am New Yorker
"Broadway"1) in der amerikanisierten Fassung von "Land des
Lächelns" auftrat, geriet zum Desaster das Ende einer glanzvollen
Karriere zeichnete sich ab.
Foto: Richard Tauber 1932 vor einem Auto stehend,
im Hintergrund das
Brandenburger Tor
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 102-13848E;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: 1932 / Lizenz CC-BY-SA
3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb
dieser
Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 102-13848E bzw. Wikimedia Commons
|
|
|
Während des ganzen Zweiten Weltkriegs blieb Tauber in Großbritannien und trat u.a. in vielen Städten
zur Truppenbetreuung auf. 1940 wurde ihm dann auch die britische Staatsbürgerschaft verliehen. Verschiedentlich wirkte er auch als Dirigent beim
"London Philharmonic Orchestra"1). 1941 konnte Tauber mit seiner Operette
"Old Chelsea" in London eine weitere Premiere feiern. Die offizielle Kritik verlieh ihm auf Grund seines Äußeren den Namen
"Der Mann mit dem Monokel". 1946 gab Tauber in Zürich ein Abschiedskonzert (ein Mitschnitt der Radiosendung
ist erhalten) und widmete sich die nächsten zwei Jahre fast ausschließlich dem Komponieren und Dirigieren.2)
Ende 1947 unterzog sich Tauber im Londoner "Guy’s
Hospital"1) einer Operation, als der Tenor
dann am 8. Januar 1948 im Alter von nur 56 Jahren an den Folgen
seiner Lungenkrebs starb, war er nicht zuletzt wegen seines luxuriösen Lebens
sowie seiner Beziehungen zu Frauen bankrott. Nun hinterließ der Sänger,
der während seiner Glanzzeiten zwei Villen in Berlin sowie eine
Sommerresidenz im östereichischen Bad Ischl1) besessen hatte, 750.000 Mark
Steuerschulden das Geld
für sein Begräbnis wurde unter den Gästen anlässlich der
Trauerfeier in der "Royal Albert Hall"1) gesammelt.
Die letzte Ruhe fand Richard Tauber auf dem
"Brompton Cemetery"1) in London, ein Gedenkstein befindet sich auf dem Friedhof in Bad Ischl → Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons sowie knerger.de.
Foto: Richard Tauber singt im August 1932 anlässlich
einer Wohltäigkeits-Matiné
im Berliner Zoologischen Garten.
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 102-13781;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: August 1932 / Lizenz CC-BY-SA
3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser
Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 102-13781 bzw. Wikimedia Commons
|
In erster Ehe war der Tenor mit der Hamburger Soubrette Carlotta Vanconti
verheiratet, die er 1924 kennen gelernt hatte und 1926 heiratete. Bereits 1928 trennte sich
das Paar wieder, 1930 wurde die Ehe offiziell geschieden und die Vanconti mit 1 Millionen Mark abgefunden.
Seine Liebesaffäre mit der Sängerin Mary Losseff4) (1907 1972) hatte
schon während seiner Ehe mit Carlotta Vanconti begonnen. Für sie hatte
er das Lied "Du bist die Welt für mich" komponiert, doch die
Beziehung endete nicht zuletzt wegen der Alkoholkrankheit der Geliebten.
1935 lernte Tauber die britische Schauspielerin Diana Napier1) (1904 1982)
während der
Dreharbeiten zu "Heart's Desire" kennen und heiratete sie im
darauffolgenden Jahr. Auch dieser Ehe war letztlich kein Glück
beschieden, das Paar ging während des 2. Weltkrieges oft getrennte
Wege.
Foto (Originalbeschreibung): Der berühmte Kammersänger Richard Tauber läßt
sich scheiden!
Der berühmte Kammersänger Richard Tauber hat die Scheidung
seiner Ehe mit der Sängerin Charlotte Tauber-Vanconti beantragt. Letzte
Aufnahme des Ehepaares Tauber (November 1928).
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale
Bilddatenbank, Bild 102-06802;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: November 1928 / Lizenz CC-BY-SA
3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser
Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild
102-06802 bzw. Wikimedia Commons
|
|
Seine letzten Lebensjahre verbrachte Tauber mit seiner neuen Liebe Esther Moncrieff.
Michael Jürgs1) erzählt in seiner Biografie "Gern hab'
ich die Frau'n geküßt" (2000) das Leben eines Mannes,
der vom und für den Glanz der öffentlichen Auftritte lebte, zugleich aber
ein Getriebener und Heimatloser war. Er erzählt von den frühen Tingeltouren
durch die Provinz. Von der zweifachen Vertreibung des Halbjuden Tauber durch
die Nazis: zunächst aus Berlin, ein paar Jahre später aus Wien. Er beschreibt
auf Grund von Interviews mit Zeitzeugen Taubers gefeierte Auftritte in den
berühmtesten Theatern der Welt. Und recherchierte präzise das ganz private Leben
des Mannes, der publikumswirksam zahllose Affären inszenierte, aber in Wahrheit
erst spät zum Mann
wurde.
Am 4. September 2003 brachte die ARD eine Spielelementen durchsetzte
Dokumentation von Regisseur Kai Christiansen1) über den "König der
Operette" mit der samtweichen, verführerischen Stimme unter dem
Titel "Richard Tauber Dein ist mein ganzes Herz"5). Die Biografie
von Michael Jürgs diente als Grundlage für diese 90-minütige
Erinnerung; Armin Rhode1) gab den "Jahrhundertsänger" als linkischen, unbeholfenen dicklichen Mann,
alte Schmalfilmaufnahmen zum Teil selbst von dem Hobbyfotografen Richard Tauber
gedreht zeigten den Künstler wie er "leibt und lebt": mit Monokel und Zylinder,
umgeben von schönen Frauen in Glanz und Glamour.
Der Musikdramaturg Marcel Prawy1) und Biograf Michael Jürgs
kamen ebenso zu Wort wie Zeitzeugen und Bewunderer
des begnadeten Sängers. Von Taubers unzähligen Plattenaufnahmen sind im Film auch Klassiker wie
"Ich küsse Ihre Hand, Madame", "Wenn der weiße Flieder wieder blüht" oder das Liebesbekenntnis
"Du bist die Welt für mich" zu hören.
Sehr frei thematisiert Ernst
Marischkas1) Kinofilm "Du
bist die Welt für mich"1) (1953) die künstlerische Entwicklung Richard Taubers und seine Liebschaft mit einer Tänzerin;
in den Hauptrollen sind Rudolf Schock und
Annemarie Düringer4) zu sehen.
|