Filmografie
Anouk Aimée erblickte am 27. April 1932 als Nicole Françoise Florence Dreyfus in Paris1) das Licht der Welt. Die Tochter der Schauspielerin Geneviève Sorya  (1912 – 2008) und des als Henri Dreyfus geborenen Schauspielers Henry Murray (1907 – 1984) erhielt zunächst eine Tanzausbildung an der Oper in Marseille1), später nahm sie Schauspielunterricht in London und Paris. Mit 14 Jahren stand sie dann erstmals auf der Bühne, wurde ein Jahr später von Henri Calef (1910 – 1994) für den Film entdeckt und spielte erst 15-jährig ihre erste kleinere Leinwandrolle in dessen Streifen "La maison sous la mer" (1947); wenig später 1947 erhielt sie dann eine erste Hauptrolle in dem unvollendet gebliebenen Film "La fleur de l'âge" (1947) von Marcel Carnè1).
Die internationale Karriere begann 1949 mit der Rolle der Giorgia Maglia (Julia) in dem Drama "Les amants de Vérone"2) ("Die Liebenden von Verona"), angelehnt an die Shakespeare-Tragödie "Romeo und Julia"1) und inszeniert von André Cayatte1) mit Serge Reggiani1) als Angelo (Romeo). In den folgenden Jahren spielte Anouk Aimée oft geheimnisvolle, rätselhafte schöne Frauen, die immer eine Wende in ihrem Leben ersehnten. So sehr eindrucksvoll in dem von Alexandre Astruc1) gedrehten melancholischen Film "Le rideau cramoisi"2) (1952, "Der scharlachrote Vorhang") oder sehr vital in Jacques Demys1) Regiedebüt "Lola"1) (1961, "Lola, das Mädchen aus dem Hafen"). In diesem Klassiker gab die Schauspielerin mit dem dunklen Haar und den großen, ausdrucksstarken Augen eine Nachtclubsängerin, die einen Freund aus Kindertagen wiedertrifft und mit ihm schmerzhafte Erinnerungen austauscht, brillierte in der Rolle einer Frau, die einst von einem Mann im Stich gelassen wurde.

Anouk Aimée 2007 anlässlich der "Internationalen Filmfestspiele von Cannes"1)
Urheber: Georges Biard;  Lizenz CC-BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons

Anouk Aimée 2007 anlässlich der "Internationalen Filmfestspiele" in Cannes; Urheber: Georges Biard;  Lizenz CC-BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
Eindringlich war auch ihre junge, rebellische François, die in Georges Franjus1) beklemmendem Drama "La tête contre les murs"3) (1958, "Mit dem Kopf gegen die Wände") in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wird. Auch in einigen deutschen Produktionen zeigte sie ihr facettenreiches Spiel, so unter der Regie von O. W. Fischer bzw. als dessen Filmpartnerin in dem Melodram "Ich suche Dich"1) (1956), in der von Rudolf Jugert1) nach dem Roman "Romeo und Julia in Wien" von Milo Dor1) und Reinhard Federmann1) gedrehten Liebesgeschichte "Nina"1) (1956) war Karlheinz Böhm an ihrer Seite, in Alfred Brauns1) preisgekröntem Biopic "Stresemann"1) (1957) überzeugte sie an der Seite von Ernst Schröder (Stresemann) und mimte die Sekretärin des Politikers Gustav Stresemann1).
Mit Ausnahme von zwei Filmen – Frederico Fellinis1) Klassiker "La dolce Vita"1) (1960, "Das süße Leben") und der Rolle der arroganten Maddalena neben Marcello Mastroianni und Anita Ekberg sowie "Achteinhalb"1) (1963) mit der Figur der geduldigen Ehefrau –  spielte Anouk Aimée überwiegend in Produktionen, die das Rollenklischee als undurchsichtige Frau mit suggestivem Blick und sehr zurückhaltender Gefühlsäußerung nur geringfügig variierten. Sie zeigte sich beispielsweise als machthungrige Königin Bera in der von Robert Aldrich1) in Szene gesetzten, internationalen Monumental-Produktion "Sodom und Gomorrha"1) (1962), mit Jean-Louis Trintignant als Partner gelang ihr in Claude Lelouchs1) meisterlichem Werk "Un homme et une femme"1) (1966, "Ein Mann und eine Frau") eine faszinierende Variation dieses Typus, spielte das Scriptgirl Anne Gauthier, das sich nach dem Tod ihres Mannes in einen ebenfalls verwitweten Rennfahrer verliebt. Für diesen mit einem "Oscar"1) ("Bester fremdsprachiger Film"/ "Bestes Originaldrehbuch"1)) und zwei "Golden Globes"1) ausgezeichneten Film – einer in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film"1) und einer für Aimée als " Beste Hauptdarstellerin – Drama" – erhielt sie 1967 auch den "British Academy Award"1) als "Beste ausländische Schauspielerin"1). In Lelouchs der Fortsetzung der Liebesgeschichte "Un homme et une femme: vingt ans déjà"3)  (1986, "Ein Mann und eine Frau – 20 Jahre später") stand sie erneut mit Trintignant vor der Kamera.
  
Nach ihren großen Leinwanderfolgen ließ auch Hollywood nicht lange auf sich warten, Regisseur George Cukor1) übertrug ihr in dem Drama "Justine"1) (1969, "Alexandria – Treibhaus der Sünde"), das nach dem "Alexandria-Quartett" des britischen Schriftstellers Lawrence Durrell1) entstanden war, die Titelrolle neben Michael York und Dirk Bogarde, im selben  Jahr konnte man die schöne Französin als Partnerin von Omar Sharif in Sidney Lumets1) Melodram "The Appointment"1) (1969, "Ein Hauch von Sinnlichkeit") bewundern. Während ihrer Ehe mit dem britischen Schauspielerkollegen Albert Finney, den sie im Jahre 1970 geheiratet hatte, machte sich Anouk Aimée auf der Leinwand rar, erst für Claude Lelouchs Melodram "Si c'était à refaire"1) (1976, "Ein Hauch von Zärtlichkeit") trat sie wieder vor die Kamera. Anfang der 1980er drehte sie neben Ugo Tognazzi1) und Laura Morante1) mit Regisseur Bernardo Bertolucci1) das Drama "La tragedia di un uomo ridicolo"1) (1981, "Die Tragödie eines lächerlichen Mannes"), zusammen mit Protagonist Francis Huster1) sowie unter anderem Charles Aznavour präsentierte sie sich unter der Regie von Élie Chouraqui1) in dem Spielfilm "Qu'est-ce qui fait courir David?" (1982), Marcello Mastroianni und Michel Piccoli waren einmal mehr ihre Partner in dem von Luciano Tovoli1) nach dem Roman (dt. "Der General der toten Armee") von Ismail Kadare1) inszenierten Drama "Il generale dell'armata morte" (1982) und Claude Lelouch1) besetzte sie erneut gemeinsam mit Michel Piccoli, Charlotte Rampling, Jean-Louis  Trintignant und Charles Aznavour in dem Science-Fiction-Streifen "Viva la vie"3) (1984, "Viva la vie – Es lebe das Leben"). 
An der sorgsam dosierten Filmarbeit des Stars änderte sich all die Jahre nichts, stets blieb die Schauspielerin gegenüber der Filmindustrie höchst distanziert, bis in jüngere Zeit stand sie fast ausschließlich für ambitionierten Kino- oder Fernsehproduktionen vor der Kamera.
So spielte sie in Marco Bellocchios1) Drama "Salto nel vuoto"2) (1980, "Der Sprung ins Leere") und erhielt ebenso wie Michel Piccoli für die Rolle eines Geschwisterpaares anlässlich der "Internationalen Filmfestspiele von Cannes"1) den Darstellerpreis. In Robert Altmanns1) Mode- und Medien-Satire "Prêt-à-Porter"1) (1994) war sie eine Modeschöpferin, deren Präsentation nackter Körper den Höhepunkt des Films bildete. Phillip Borsos1) besetzte sie neben Donald Sutherland und Helen Mirren1) in dem Biopic über Dr. Norman Bethune1) (Sutherland) mit dem Titel "Bethune: The Making of a Hero"2) (1990, "Bethune – Arzt und Held") als Marie-France Coudaire, in Agnès Vardas1) Komödie "Les Cent et une nuits de Simon Cinéma"1) (1995, "Hundert und eine Nacht") gehörte sie ebenfalls zur prominenten Schauspieler-Riege. Als Batseba1), Mutter des von Ben Cross1) dargestellten König Salomon1), tauchte sie in Roger Youngs1) für das Fernsehen inszenierten, zweiteiligen Bibel-Epos "Salomon"1) (1997) auf, nach sporadischen Auftritten in einigen Kino- und TV-Produktionen, spielte sie in dem Vierteiler "Napoleon"1) (2002) mit Christian Clavier1) in der Titelrolle des Napoleon Bonaparte1) die Mutter des französischen Kaisers, Laetitia Ramolino1). Auf der Kinoleinwand beeindruckte sie in dem von Marceline Loridan1) gedrehten Drama "Birkenau und Rosenfeld"1) (2003, "La petite prairie aux bouleaux"), wo sie eindringlich die Auschwitz-Überlebende Myriam darstellte, die sich auf die Spuren der grausamen Nazi-Vergangenheit begibt. Yvan Attal1) besetzte sie in der Komödie "Ils se marièrent et eurent beaucoup d'enfants"1) (2004, "Happy End mit Hindernissen") als Mutter des von ihm gespielten Vincent, Brice Cauvin als Nelly in seinem Langfilm-Regiedebüt "De particulier à particulier" (2006, "Hotel Harabati"). Danach übernahm der französische Star kleinere kleinere Aufgaben in den Kinofilmen "Celle que j'aime" (2009; Regie: Élie Chouraqui1)) und "Ces amours-là" (2010; Regie: Claude Lelouch1)), Harley Cokeliss1) gab ihr eine größere Rolle in dem Thriller "Paris Connections" (2010) und Philippe Claudel1) in der Geschichte "Tous les soleils" (2011) mit Stefano Accorsi1) als Protagonist bzw. der Witwer Alessandro. Danach zeigte sie sich in Charlotte de Turckheims1) Komödie "Ziemlich dickste Freundinnen"1) (2012, "Mince alors!") als Mutter der leicht übergewichtigen Nina (Lola Dewaere1)).
Zuletzt stand die Französin – mehr als fünf Jahrzehnte nach "Un homme et une femme"1) (1966, "Ein Mann und eine Frau") – gemeinsam mit Jean-Louis Trintignant für das erneut von Claude Lelouch1) inszenierte Drama "Les plus belles années dune vie"2) (2019, "Die schönsten Jahre eines Lebens") vor der Kamera. Trintignant gab den einst erfolgreichen Rennfahrer und großen Frauenschwarm Jean-Louis, der nun im Altersheim ein tristes Dasein verbringt und zunehmend Schwierigkeiten hat, sich an etwas zu erinnern. Bis auf eine Ausnahme: Anne (Anouk Aimée). "Vor einem halben Jahrhundert haben die zwei Filmgeschichte geschrieben, als sie sich am Strand von Deauville verliebten. Damals war sie (Anouk Aimée) ein Skriptgirl und er (Jean-Louis Trintignant) ein gefeierter Rennfahrer. Nun sitzt Jean-Louis im Rollstuhl und behauptet, nie von dem Ort gehört zu haben. Sein fürsorglicher Sohn (Antoine Sire) hat die Wiederbegegnung eingefädelt, denn der Vater spricht nur noch von Anne. Sie zögert erst, denn es ging damals nicht gut aus mit ihnen. "Er hat mich erkannt", sagt sie, danach, als sich Traum und Wirklichkeit begegnet sind, "ohne mich wiederzuerkennen."" notiert epd-film.de. → Übersicht Filmografie
Anouk Aimée 2014 anlässlich der Premiere des Films "Salaud, on t'aime"; Urheber: Georges Biard;  Lizenz CC-BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons

Am 2. März 2002 ehrte man den Star mit dem als französischer "Oscar" geltenden "César"1). ("César d’honneur"), in Folgejahr wurde die Film-Diva anlässlich der 53. "Filmfestspiele Berlin"1) (06.–16.02.2003) mit einem "Goldenen Ehrenbär" für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Der damalige "Berlinale"-Chef Dieter Kosslick1) überreichte die Auszeichnung mit den Worten "Anouk Aimée gehört zu den großen europäischen Stars, denen wir unvergessliche Kinomomente verdanken. Mit ihrem unverwechselbaren Spiel von Melancholie und Leidenschaft hat sie in zahlreichen Filmen ihr großes schauspielerisches Können gezeigt. (…) Vielen Dank für alles, was Du uns gegeben hast". Als Hommage an die französische Schauspielerin wurde neben neun anderen Filmen auch Jacques Demys Klassiker "Lola"1) aus dem Jahre 1961 gezeigt. Eine weitere Würdigung ihrer darstellerischen Leistungen erfuhr die französische Film-Ikone 2003 beim "Filmfest München"1), wo sie mit dem Ehrenpreis des "Bernhard-Wicki-Filmpreises"1) geehrt wurde → Übersicht der Auszeichnungen bei der "Internet Movie Database".

Anouk Aimée 2014 anlässlich der Premiere
des Films "Salaud, on t'aime"1)
Urheber: Georges Biard;  Lizenz CC-BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons

Anouk Aimée, die im Laufe ihrer Karriere in über 90 Filmen mitwirkte, starb am 18. Juni 2024 im hohen Alter von 92 Jahren in ihrer Geburtsstadt Paris.
  
Die gefeierte Schauspielerin war in erster, kurzer Ehe (Februar 1949 bis Oktober 1950) mit Edouard Zimmermann verheiratet, im August 1951 ehelichte sie den griechischen Regisseur Nikos Papatakis1) (1918 – 2010), von dem sie sich trotz der gemeinsamen Tochter Manuella im Oktober 1955 wieder scheiden ließ. Ihre dritte Verbindung ging sie im April 1966 mit dem Autor, Komponisten und Sänger Pierre Barouh1) ein, auch dieser Ehe war nur eine kurze Dauer beschieden, im März 1969 erfolgte die Scheidung. Ehemann Nr. 4 wurde im August 1970 der britische Schauspieler Albert Finney, im Juni 1978 wurde das Paar geschieden. Laut Wikipedia war sie zudem zeitweilig die Lebensgefährtin des Regisseurs Élie Chouraqui1), auch mit Warren Beatty und Omar Sharif soll sie kurzzeitig liiert gewesen sein.
  

Anouk Aimée im Mai 2019 in Cannes
Urheber: Georges Biard;  Lizenz CC-BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons

Anouk Aimée im Mai 2019 in Cannes; Urheber: Georges Biard; Lizenz CC-BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
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Siehe auch Wikipedia (deutsch), Wikipedia (englisch), cyranos.ch
Fotos bei virtual-history.com, Wikimedia Commons
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Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, prisma.de (Originaltitel))
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