Arletty
Arletty wurde am 15. Mai 1898 im französischen Courbevoie (Département Hauts-de-Seine) als Léonie Marie Julie Bathiat geboren; sie stammte aus einfachen Verhältnissen, die Mutter war Wäscherin, der Vater Bergmann (andere Quellen sprechen von Straßenbahnfahrer). Zunächst arbeitete die junge Léonie nach dem Schulbesuch in einer Fabrik, dann als Sekretärin und Fotomodell. 1918 trat sie 20-jährig unter dem Namen "Arletty" erstmals als Sängerin in einer Pariser Music-Hall in Erscheinung und war dann ab 1919 in komischen Rollen auf der Bühne zu sehen. 1930 kam sie zum Film, gab ihr Leinwanddebüt mit einem kleineren Part in René Hervils Streifen "La douceur d'aimer". Nach Auftritten mit Haupt- und Nebenrollen unter der Regie namhafter Filmemacher wie Raymond Bernard, Jacques Feyder oder Sacha Guitry in einer Reihe französischer Filmproduktionen, gelang ihr erst durch Marcel Carné1) (1906 – 1996) bzw. dessen dem "poetischen Realismus" zuzuordnenden Filmen der Durchbruch zum gefeierten Leinwandstar: 1938 wurde ihre Rolle der Raymonde in dem Melodram "Hôtel du Nord"1) legendär, ebenso wie ein Jahr später neben Jean Gabin die der jungen Clara in "Le jour se lêve"1) (1939, Der Tag bricht an), Streifen, in denen sie unerreichbare und zugleich unglücklich liebende Frauen darstellte. In Frankreich hatte Arletty großen Erfolg und gehörte zwischen 1938 und 1944 zu den bestbezahlten Filmschauspielern Frankreichs, wurde bald wegen ihrer erotischen Ausstrahlung mit Greta Garbo und Marlene Dietrich in einem Atemzug genannt. Auch als Komödiantin, mehrfach als Partnerin von Michel Simon, leistete die Heroine Überragendes. Arletty verzauberte auf der Leinwand mit einer ungewöhnlichen Mischung aus Sinn für Humor und ihrer romantischen Schönheit.
 
Sie wurde nun hauptsächlich als Protagonistin besetzt, eine höchst mysteriöse und androgyne Dominique verkörperte sie dann 1942 in Marcel Carnès' "Les visiteurs du soir" (Die Nacht mit dem Teufel) und als Kurtisane Garance, nach der sich der Pantomime Baptiste (Jean–Louis Barrault) tragisch-leidenschaftlich verzehrt, schrieb sie in der 190-minütigem Romanadaption "Les enfants du paradis"1) (1943/44), Kinder des Olymp) Filmgeschichte; die Uraufführung des Dramas fand jedoch einige Monate nach der Befreiung am 9. März 1945 ohne die Hauptdarstellerin Arletty in Paris statt.
Zu dieser Zeit hatte die Schauspielerin bereits seit Mitte Oktober 1944 eine zweimonatige Haftstrafe im berüchtigten Lager Drancy verbüßt, sie war beschuldigt worden, während der Okkupation eine Liebesbeziehungen mit dem zehn Jahre jüngeren deutschen Luftwaffenoffizier Hans-Jürgen Soehring1) (1908 – 1960) gehabt zu haben. Später stellte man sie in der Nähe von Paris unter Hausarrest, erst ab 18. März 1946 konnte sie sich wieder frei bewegen und nach Paris ziehen. Für das liberale Frankreich geriet der Star zu einer Symbolfigur des Verrats, sie wurde als "horizontale Kollaborateurin" ("collaboration horizontale") bezeichnet und sollte dafür "bezahlen". Arletty soll damals die Anschuldigungen mit den Worten kommentiert haben "Mein Herz schlägt für Frankreich, aber mein Hintern ist international". Die Freundschaft zu Soehring hielt übrigens bis zu dessen Tod im Jahre 1960; als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland war er auf bis heute ungeklärte Weise bei einem Ausflug im Fluss Kongo ums Leben gekommen.
 
Die Karriere der Arletty war vorerst unterbrochen, beim Film konnte sie zunächst nicht mehr Fuß fassen und zog sich in ihr Haus auf der "Belle Île" vor der Südküste der Bretagne zurück. Erst 1947 gelang es ihr, in Marcel Carnès "La fleur de l'âge" an der Seite von Anouk Aimée wieder mit einer Hauptrolle zu glänzen. Sie widmete sich in den nachfolgenden Jahren jedoch verstärkt der Theaterarbeit und trat in zahlreichen Stücken von Tennessee Williams, Marceau und Cocteau auf. Vor der Filmkamera stand sie nur noch sporadisch, so beispielsweise 1954 als Inès in Jacqueline Audrys Sartre-Adaption "Huis-clos" (Geschlossene Gesellschaft) oder zusammen mit Jean Gabin in Marcel Carnés "L'air de Paris" (Die Luft von Paris).
Nach Filmen wie "Un drôle de dimanche" (1958, Leben und lieben lassen), "Maxime" (1958, Die Affären von Madame M.), "La gamberge" (1962, Die tolle Masche) oder dem Kriegsdrama "The Longest Day"1) (1962, Der längste Tag) zog sich Arletty 1963 von Theater und Leinwand zurück, da sie – bedingt durch einen Unfall – zunehmend erblindete.
1971 erschienen ihre Memoiren "La défense", die sie 1987 mit "Je suis comme je suis" fortsetzte.
Die Schauspielerin starb am 24. Juli 1992 im Alter von 94 Jahren in Paris, ihre letzte Ruhe fand sie auf dem dortigen Friedhof "Père Lachaise". Der Beerdigungszug hielt ihr zu Ehren vor dem "Hôtel du Nord" an, wo 1938 der berühmte Film gedreht worden war.
Von dem deutschen Schriftsteller und Journalisten Klaus Harpprecht1) erschien Anfang Mai 2011 im Frankfurter "S. Fischer Verlag" das Buch "Arletty und ihr deutscher Offizier. Eine Liebe in Zeiten des Krieges". "Harpprecht schildert mit großer Leidenschaft eine schillernde deutsch-französische Geschichte, ein Leben voller Glamour, aber auch stiller Momente" notierte br-online.de.; siehe auch die Buchbesprechungen bei "Deutschlandradio" und www.stern.de.  
Siehe auch Wikipedia, www.fembio.org, www.cyranos.ch 
Link: 1) Wikipedia
   
Kinofilme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Link: Wikipedia)
  • 1930: La douceur d'aimer
  • 1931: Un chien qui rapporte
  • 1932: La belle aventure
  • 1932: Une idée folle
  • 1932: Enlevez-moi
  • 1933: La guerre des valses
  • 1933: Un soir de réveillon
  • 1933: Mademoiselle Josette, ma femme (Fräulein Josette meine Frau)
  • 1933: Je te confie ma femme
  • 1934: Pension Mimosas (Spiel in Monte Carlo)
  • 1934: Le voyage de Monsieur Perrichon
  • 1935: Amants et voleurs
  • 1935: Le vertige (Sonja)
  • 1935: La fille de Madame Angot
  • 1935: Pension Mimosas (Spiel in Monte Carlo)
  • 1936: Aventure à Paris
  • 1936: Faisons un rêve
  • 1936: La garçonne
  • 1936: Feu la mère de madame
  • 1936: Le mari rêvé
  • 1936: Messieurs les ronds-de-cuir
  • 1937: Aloha, le chant des îles
  • 1937: Mirages/Si tu m'aimes
  • 1937: Désiré
  • 1937: Les perles de la couronne (Die Perlen der Krone)
  • 1938: La chaleur du sein
  • 1938: Hôtel du Nord (Hotel du Nord)
  • 1938: Le petit chose
  • 1939: Circonstances atténuantes
  • 1939: Le jour se lève (Der Tag bricht an)
  • 1939: Fric-frac
  • 1939: Tempête
  • 1941: Boléro
  • 1941: Madame sans-gêne
  • 1942: La femme que j'ai le plus aimée (Meine größte Liebe)
  • 1942: L'amant de Bornéo (Der Liebhaber von Borneo)
  • 1942: Les visiteurs du soir (Die Nacht mit dem Teufel)
  • 1942: La loi du 21 juin 1907
  • 1945: Les enfants du paradis (Kinder des Olymp)
  • 1948: Madame et ses peaux-rouges
  • 1949: Portrait d'un assassin
  • 1950: Georges Braque
  • 1951: Gibier de potence (Die Hexe von Montmartre)
  • 1951: L'amour, Madame
  • 1953: Le grand jeu (Die letzte Etappe)
  • 1953: Le père de Mademoiselle 
  • 1954: L'air de Paris (Die Luft von Paris)
  • 1954: Huis-clos (Geschlossene Gesellschaft)
  • 1956: Vacances explosives
  • 1956: Mon curé chez les pauvres 
  • 1958: Et ta sœur 
  • 1958: Le passager clandestin (Nächte auf Tahiti)
  • 1958: Un drôle de dimanche (Leben und lieben lassen)
  • 1958: Maxime (Die Affären von Madame M.)
  • 1961: La gamberge (Die tolle Masche)
  • 1962: The Longest Day (Der längste Tag)
  • 1962: La loi des hommes
  • 1962: Les petits matins (Wir bitten zu Bett)
  • 1962: Le voyage à Biarritz
  • 1962: Tempo di Roma (Römische Abenteuer)
  • 1967: Dina chez les rois (Sprechrolle)
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