Filmografie
Liv Ullmann (Liv Johanne Ullmann) wurde am 16. Dezember 1938 in der japanischen Hauptstadt Tokio1) als Tochter des in Japan tätigen norwegischen Luftfahrt-Ingenieurs Viggo Ullmannin geboren, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges nach einer Behandlung in New York an den Folgen eines schweren Berufsunfall verstarb. Ihre Mutter zog daraufhin zurück nach Norwegen und ließ sich in Trondheim1) nieder, wo Liv Ullmann gemeinsam mit ihrer Schwester ihre Kindheit verbrachte und in der Nähe von Trondheim die Schule besuchte. Anschließend absolvierte sie acht Monate lang eine Schauspielschule in London. Ende der 1950iger Jahre wurde sie dann an ein Theater in Stavanger1) engagiert und stand dort drei Jahre lang auf der Bühne. 1960 kam sie in Oslo an das "Nationaltheater"1) und übernahm Rollen in Stücken von Brecht, Ibsen und Shaw, wirkte im Fernsehen unter anderem in Verfilmung von Tschechows "Onkel Wanja"1) (1963, als Sonja) und Arthur Millers "Hexenjagd"1) (1965, als Mary Warren) mit.
Liv Ullmann; Copyright Rainer Binder Bereits 1957 gab Liv Ullmann ihr Keinwanddebüt und spielte in norwegischen und schwedischen Produktionen, bis sie 1965 den schwedischen Regisseur Ingmar Bergman1) traf. Diese Begegnung markierte einen Wendepunkt im künstlerischen Schaffen und im realen Leben der damals 27-Jährigen: Ingmar Bergman wurde zum Lebens-, Liebes- und Leidensgefährten der norwegischen Künstlerin und ermöglichte ihr eine steile Kinokarriere. Die große Leidenschaft endete nach fünf Jahren banal; Bergman verließ die Schauspielerin – ein Tatbestand, den Liv Ullmann nie richtig wahrhaben wollte.
Ihre erste Bergmann-Rolle war 1966 die der sprachgehemmten und schizoiden Schauspielerin Elisabeth Vogler in der psychologischen Studie "Persona"1). Liv Ullmann wurde für diese Rolle von Publikum und Presse begeistert gefeiert und avancierte schnell zum Star. In Zusammenarbeit mit Bergmann entstanden (vorerst) bis 1978 – neben einer gemeinsamen Tochter – acht weitere Filme, mit denen die Schauspielerin Weltruhm erlangte; es waren komplex angelegte Studien über Frauen in Krisensituationen. Nachhaltige Wirkung erzielte Liv Ullmann nicht zuletzt durch ihr variationsreiches Mienenspiel, das Bergmann stets in extensiven Großaufnahmen festhielt.
 
Foto: © Rainer Binder
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Für die Rolle der Eva Rosenberg in "Skammen"1) (Schande) wurde die Ullmann 1969 in Schweden mit dem "Guldbagge"1) als "Beste Hauptdarstellerin"1) ausgezeichnet. 1973 folgte der "New York Film Critics Circle Award"1) für ihre Doppelrolle in "Viskningar och rop"1) (Schreie und Flüstern) sowie ein Jahr später für ihre Gestaltung der Marianne in "Scener ur ett äktenskap" (Szenen einer Ehe). Sowohl die sechsstündige Fernsehfassung als auch die Kinofassung des von Liv Ullmann und Erland Josephsons1) gespielten Kinodramas beeindruckte ebenso durch präzisen Gestus wie Liv Ullmanns erschütterndes Solo als Dr. Jenny Isaksson in dem 1976 gedrehten Film "Ansikte mot ansikte"1) (Von Angesicht zu Angesicht), für das sie erneut von der New Yorker Filmkritik geehrt sowie für den Oscar nominiert wurde. Weitere Filme mit Bergmann waren 1968 "Vargtimmen"1) (Die Stunde des Wolfes), 1969 "En Passion"1) (Passion), 1977 "The Serpent's Egg"1) (Das Schlangenei), 1978 "Höstsonaten"1) (Herbstsonate) sowie drei Dokumentarfilme.
Liv Ullmann 01; Copyright Virginia Shue
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Neben ihren berühmten Auftritten in den Bergman-Filmen arbeitete die Ullmann auch mit zahlreichen anderen renommierten Regisseuren zusammen, übernahm Rollen in europäischen und amerikanischen Produktionen: 1971 beeindruckte sie als Kristina in Jan Troells1) realistischem Auswandererfilm " Utvandrarna"1) (Emigranten), für den sie ebenfalls eine Oscar-Nominierung erhielt, sowie ein Jahr später in der Fortsetzung "Nybyggarna"1) (Das neue Land). In Michael Andersons1) Historiendrama "Pope Joan"1) (Papst Johanna) überzeugte sie 1972 mit der Titelrolle der Päpstin Johanna1), im gleichen Jahr verkörperte sie in Charles Jarrots "Lost Horizon" (Der verlorene Horizont), dem Musical-Remake des Dramas "In den Fesseln von Shangri-La"1) (1937), die Catherine. Mit zahlreichen großen internationalen Stars stand sie für Richard Attenboroughs Kriegsdrama "A Bridge Too Far"1) (1977, Die Brücke von Arnheim) vor der Kamera, war während ihrer Karriere Partnerin vieler bekannter Film- und Theaterstars. Überwiegend drehte sie jedoch in Europa, da sie in Amerika ihre subtile Darstellungskraft nicht so recht entfalten konnte. Privat entwickelte sie während ihres US-Aufenthaltes jedoch ein starkes politisches Bewusstsein und setzte sich für den Frieden in der Welt und vor allem für die notleidenden Kinder ein. Seit August 1980 war sie als Nachfolgerin von Danny Kaye und Peter Ustinov Sonderbotschafterin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen1) (UNICEF), besucht in dieser Funktion immer wieder Elendsquartiere in den Ländern der Dritten Welt und, engagierte sich auch im Jugoslawien-Konflikt.
1982 gab Liv Ullmann in dem Episodenfilm "Love" (Episode "Parting") ihr Regiedebüt, stellte dann rund zehn Jahre später mit der historischen Frauenstudie "Sofie" (1993) bzw. der Geschichte einer jüdischen Familie im 19. Jahrhundert ihren ersten eigenen Film vor. Nach eigenem Drehbuch realisierte sie "Kristin Lavransdatter"2) (1995, Kristin Lavranstochter) mit Elisabeth Matheson in der Titelrolle, der aufwendigste und teuerste Streifen, der in Norwegen je gedreht wurde. In Skandinavien wurde das monumentale Mittelalter-Epos, basierend auf der gleichnamigen Roman-Trilogie der norwegischen Schriftstellerin Sigrid Undset1), die dafür 1928 den Nobelpreis für Literatur erhielt, ein Riesenerfolg. Weitere Regie-Arbeiten folgten gelegentlich, zuletzt inszenierte sie erneut nach eigenem Drehbuch die Strindberg-Adaption "Miss Julie"1) (2014, Fräulein Julie) mit Jessica Chastain1) in der Titelrolle und Colin Farrell1) als John → www.tagesspiegel.de.
  
In den letzten Jahren übernahm die charismatische Schauspielerin nur sporadisch Verpflichtungen für interessante Film- und Fernsehproduktionen. Herausragend war ihre Darstellung der Anwältin Gabriele Schlüter-Freund in dem Holocaust-Drama "Der Rosengarten"3) (1989, The Rose Garden) von Fons Rademakers1), neben so berühmten Kollegen wie Maximilian Schell, Peter Fonda1) und Jan Niklas. Die deutsch-britische Co-Produktion, welche 1990 für den "Bundesfilmpreis"1) nominiert wurde und Liv Ullmann eine "Golden Globe"-Nominierung1) einbrachte, entstand nach dem gleichnamigen Roman von Paul Hengge1).  Baierend auf einer wahren Begebenheit, thematisiert das Werk die Erhängung von 20 jüdischen Kindern nach medizinischen Experimenten in einer Hamburger Schule wenige Tage vor Kriegsende.
Eine erneute, letzte Zusammenarbeit mit Ingmar Bergmann ergab sich bei dem Film "Saraband"1) (2003), einem Familiendrama über eine Frau, die nach dreißig Jahren ihren geschiedenen Mann besucht. Sie blicken nicht nur auf die Scherben ihres Lebens, sondern müssen sich auch mit der kranken Liebe ihres von Todesfantasien heimgesuchten Sohnes zu seiner Tochter, einer 19-jährigen Cellistin, auseinandersetzen. Die in zehn Szenen arrangierte Versuchsanordnung einer Hassliebe wurde mit einer meisterhaften Einfachheit und Dichte sowie großer Leidenschaft für das Wort inszeniert.4)  
Zuletzt war Liv Ullmann vorerst als Erzählerin in Torill Koves kurzem Animationsfilm "The Danish Poet"1) (2006) zu hören, spielte danach die Rolle der Großmutter in dem norwegischen Jugenddrama "I et speil i en gåte" (2008, Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort) nach dem gleichnamigen Roman1) des norwegischen Schriftstellers und Philosophen Jostein Gaarder1) → Filmbeschreibung bei "Nordische Filmtage Lübeck".
Nach längerer Pause stand Liv Ullmann für den von Georg Maas inszenierten, bewegenden Familien-Thriller "Zwei Leben"1) unter anderem zusammen mit Juliane Köhler1) und Ken Duken1) vor der Kamera. Erzählt wird die Geschichte der in Norwegen lebenden Deutschen Katrine Evensen (Juliane Köhler), die die Liebe ihres Lebens, ihre Familie und ihr gesamtes Dasein in Norwegen auf einer gefälschten Identität aufgebaut hat.5); Liv Ullmann spielte die ehemalige Stasi-Mitarbeiterin und Mutter von Katrine, deren Vater ein deutscher Wehrmachtssoldat war. Der Presse vorgestellt wurde die deutsch-norwegische Produktion am 5. Januar 2012 im Bonner "Ratssaal". Seit Oktober 2012 lief der Film in den norwegischen Kinos, im November 2012 stellte der Regisseur die spannende, aber auch heikle Gesichte anlässlich der "Nordischen Filmtage" in Lübeck vor, bundesweiter Kinostart war der 19. September 2013.
Von Margarethe von Trotta1) und Felix Moeller3) (Konzept/Drehbuch) stammt die Dokumentation "Auf der Suche nach Ingmar Bergman"3) über Leben und Werk Ingmar Bergmans, anlässlich des 100. Geburtstags des legendären schwedischen Regisseurs portraitierte die Filmemacherin ihr großes Regie-Vorbild – dass Liv Ullmann als wichtige Zeitzeugin nicht fehlen durfte, war selbstverständlich. Vorgestellt wurde der Film im Mai 2018 bei den "Internationalen Filmfestspielen von Cannes"1), allgemeiner Kinostart war am 12. Juli 2018 → www.spiegel.de.
 
1977 veröffentlichte Liv Ullmann ihre autobiografischen Reflexionen "Forandringen" (Wandlungen), die sie 1984 mit "Choices" (Gezeiten) fortsetzte; 1998 erschienen ihre "Briefe an mein Enkelkind", im November 2005 publizierte die Künstlerin nach einer schweren Erkrankung gemeinsam mit Ketil Bjørnstad1) ihre Autobiographie "Livslinjer" (Lebenslinien). Von Edvard Hambro stammt die anlässlich des 60. Geburtstages in Norwegen erschienene Biografie "Liv Ullmann – Szenen eines Lebens" (1998, "Liv Ullmann – scener fra et liv"), bereits 1997 hatte Hambro unter diesem Titel ein filmisches Porträt realisiert.
Liv Ullmann 02; Copyright Virginia Shue Zahlreiche Auszeichnungen belegen die internationale Anerkennung der großen norwegischen Charakterdarstellerin, so verlieh ihr beispielsweise die "Amerikanische Kritiker-Gesellschaft" (National Society of Film Critics1)) 1969, 1970 und 1974 den Titel "Beste Schauspielerin des Jahres". Vier Mal (1970, 1973, 1974, 1977) wurde sie mit dem "New York Film Critics Circle Award"1) geehrt, 1974 überreichte man ihr erstmals den "David-de-Donatello-Preis"1), drei weitere (1975, 1979, 1987) sollten folgen. 1987 wurde sie in Israel mit der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa ausgezeichnet → detaillierte Übersicht der Auszeichnungen bei Wikipedia.
 
  
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. 
Das Copyright liegt bei Virginia Shue
Am 16. Dezember 2008 wurde die Künstlerin 70 Jahre alt, anlässlich dieses runden Geburtstages würdigten zahlreiche Medien die darstellerischen Leistungen der Schauspielerin, die mit Ingmar Bergmann Filmgeschichte geschrieben hat. Der Wechsel von der Starrheit zum Schrei und zurück ist ein wesentliches Merkmal der Schauspielkunst Liv Ullmanns. Sie ist, das hat Bergman von Anfang an gespürt, eine der ganz wenigen Darstellerinnen im europäischen Kino, die auch in einem Stummfilm jede Facette ihrer Rolle auf die Leinwand bringen könnten, weil sie die Extreme des Ausdrucks beherrschen, ohne sich in Klamauk oder Exaltiertheit zu verlieren. "Schreie und Flüstern", der Titel von Bergmans Film von 1972, in dem Liv Ullmann eine untreue Ehefrau und gefühlskalte Schwester verkörpert, könnte auch als Motto über ihrer Karriere stehen. schrieb unter anderem Andreas Kilb in der F.A.Z. → vollständiger Artikel bei www.faz.net.
 
Liv Ullmanns erster Ehemann war der norwegische Psychiater Dr. Jappe Stang, den sie 1960 geheiratet hatte; fünf Jahre später wurde die Ehe geschieden. Aus ihrer Verbindung mit Ingmar Bergmann1) (1918 – 2007) stammt die 1966 geborene Tochter Linn Ullman1), welche sich als Schriftstellerin einen Namen gemacht hat. Seit 1985 war die Künstlerin 10 Jahre lang mit dem amerikanischen Immobilienhändler Donald Richard Saunders verheiratet, lebt trotz der Scheidung jedoch wieder mit ihm zusammen → sz-magazin.sueddeutsche.de
Nach wie vor ist sie politisch und sozial aktiv, neben ihrer Filmkarriere war und ist ihr stets ein humanitäres Engagement wichtig. Vor allem als UNICEF-Botschafterin konnte sie ihre Popularität bei der Hilfe für Kinder in Not in aller Welt einsetzen.

Liv Ullmann Mitte September 2014 beim "International Film Festival" in Toronto
Quelle: Wikimedia Commons bzw. www.flickr.com
Urheber: Gordon Correll (gdcgraphics bei www.flickr.com); Lizenz: CC BY 2.0

Liv Ullmann Mitte September 2014 beim "International Film Festival" in Toronto; Quelle: Wikimedia Commons bzw. www.flickr.com; Urheber: Gordon Correll (gdcgraphics bei www.flickr.com); Lizenz: CC BY 2.0
Siehe auch prisma.de und Wikipedia
sowie den Artikel zum 70. Geburtstag von Liv Ullmann bei www.faz.net
Fotos bei Wikimedia Commons
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) prisma.de, 3) filmportal.de
Quelle: 4) Lexikon des internationalen Films, 5) www.filmstiftung.de (Seite nicht mehr abrufbar)
Stand November 2023
      
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(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, prisma.de (deutscher Titel), whoswho.de)
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