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Jane Russell (Ernestine Jane Geraldine Russell) wurde am 21. Juni 1921 als
Tochter des ehemaligen Armeeoffiziers Roy William Russell (1890 1937) in
Bemidji1) (Minnesota , USA)
geboren; ihre Mutter, Geraldine Jacobi (1891 1986), hatte vor der Ehe
als Schauspielerin mit einer Theatertruppe auf der Bühne gestanden.
Im südkalifornischen San Fernando Valley1) als
einziges Mädchen mit den vier jüngeren Brüdern Thomas (geb. 1924), Kenneth (geb. 1925), Jamie (geb. 1927) und Wallace (geb. 1929).aufgewachsen, absolvierte
die junge Jane zunächst die "Van Nuys High School", war dann eine
Zeit lang als Sekretärin und Sprechstundenhilfe in einer Arztpraxis tätig. Nebenbei
arbeitete sie als Model, machte bei der russischen Emigrantin und Charakterschauspielerin
Maria Ospenskaya1)
am "Max-Reinhardt-Theater-Workshop" eine solide
Ausbildung als Schauspielerin. Dort entdeckte sie der Hollywood-Regisseur Howard Hawks1), der
auf die dunkelhaarige Schönheit durch ein Foto aufmerksam geworden war und
stellte sie seinem Produzenten, dem millionenschweren Exzentriker
Howard Hughes1) (1905 1976), vor. Dieser nahm Jane Russell wegen ihrer (96 cm)
Oberweite gleich unter Vertrag und baute sie zu einem neuen Sexsymbol auf, indem er eine
beispiellose Werbekampagne startete.
In dem Western "The Outlaw"1)
("Geächtet") mit Jack Buetel1)
als William Bonney1) alias "Billy the Kid"
gab Jane Russell 1943 als Rio McDonald, Freundin von Doc Holliday1)
(Walter Huston1)), ihr sensationelles und vielbeachtetes Leinwanddebüt.
Foto: Jane Russell im September 1945
Quelle: Wikimedia Commons von "Yank,
the Army Weekly"
Urheber: U.S. Army; Angaben zur Lizenz siehe hier |
Filmgeschichte hat "Geächtet" mit seinen jahrelangen Rechtsstreitigkeiten, verzögerten
Kinostarts und vor allem mit einer geschmacklosen Publicity-Kampagne geschrieben, die das
Sternchen Jane Russell zum bekannten Covergirl und Pin-up aufbaute, ehe es überhaupt
auf der Leinwand erschien. Der gewagteste Ausschnitt der stets im Heu hingeräkelten Rio
war aber nicht im Kino, sondern auf zahlreichen freizügigen Werbefotos zu sehen zu
jenen Zeiten reichte schon die Ablichtung eines Brustansatzes aus, um die Verantwortlichen des
"Production Code", dem damaligen amerikanischen Zensurorgan, auf den
Plan zu rufen.
Der Streifen wurde in vielen Städten der USA verboten, weil er angeblich zu pornographisch
war. In den übrigen Orten sorgten die Bilder der leichtbekleideten Jane Russell
für Schlangen an den
Kinokassen und ganz Hollywood sprach nur noch von der Oberweite des Starlets: Sie liegt im Heu
und blickt mit halb geöffneten Augen in die Kamera, die eine Hand hat sie hinter dem Kopf,
die andere hält einen Grashalm, den Stiel im halb geöffneten Mund. Das Kleid ist
tief dekolletiert, ein Träger etwas heruntergerutscht. Mehr sieht man nicht von Jane Russell, einen ganzen
Film lang bis auf die letzte Einstellung, wo sie sich auf galoppierendem Pferd ganz nach vorne neigt, halbnah.
Und doch ist jeder, der den Film gesehen hat, von dieser Frau fasziniert.2)
Unter dem Druck der Öffentlichkeit nahm Hughes den Film sieben Wochen nach der Premiere zunächst wieder aus den
Lichtspielhäusern, offiziell wurde eine zensierte Version ohne einige leidenschaftlichen
Szenen erst 1950 gezeigt.
Nach dem zweiten, von Edwin L. Marin1) in Szene gesetzten Melodram
"Young Widow" (1946, "Der junge Löwe")
sah es zunächst so aus, als würde die eben erstandene Sexgöttin wieder in der
Versenkung verschwinden.
Der Film kam zunächst nicht in den Verleih, geriet später zum Flop an
den Kinokassen. Außerdem hatte ihr Gönner Howard Hughes eine
neue Leinwandschönheit
entdeckt, und Jane Russell wartete vergeblich auf passende Rollen. Erst Bob Hope holte
sie 1948 für die Westernkomödie "The Paleface"1)
("Sein Engel mit den zwei Pistolen") wieder vor die Kamera. Die Story vom
ängstlichen, schüchternen Zahnarzt Peter Potter (Bob Hope), der sich nach allerlei Neckereien mit der
legendären schießfesten Spezialagentin "Calamity" Jane1) (etwa
um 1852 1903) zusammentut, geriet zu einer der amüsantesten Western-Parodien.
Damit begann eine Wendung in Jane Russells Karriere, immer häufiger wurde sie
nun mit humorvollen Rollen besetzt, so etwa erneut mit Bob Hope in Frank Tashlins1)
Westernkomödie "Son of Paleface"1) (1952,
"Bleichgesicht Junior")
oder in Hal Walkers1) amüsanten Geschichte
"Road to Bali"1) (1953,
"Der Weg nach Bali") aus der "Road"-Reihe mit Bob Hope,
Bing Crosby
und Dorothy Lamour, wo sie sich selbst spielte.
Weitere, wenn auch nicht ganz so bemerkenswerte
Streifen waren die musikalische Komödie "Double Dynamite"^1) (1951,
"Doppeltes Dynamit") unter anderem mir Frank Sinatra,
der Western "Montana Belle"1) (1952,
"Die Schönste aus Montana") sowie der Film noir "His Kind of
Woman"1) (1951, "Ein
Satansweib") mit Vincent Price
und Robert Mitchum als
Partner. Eine
weitere Zusammenarbeit mit Robert Mitchum ergab sich bei Josef von Sternbergs1)
Krimi "Macao"1) (1952),
wo Jane Russell die beschäftigungslose, vom Leben enttäuschte Barsängerin Julie Benson mimte, die auf den zynischen
Abenteurer und Aussteiger Nick Cochran (Mitchum) traf.
Dann zeigte Jane Russell 1953 in der von Howard Hawks1) gedrehten, inzwischen zum Klassiker avancierten Musikkomödie
"Gentlemen Prefer Blondes"1)
("Blondinen bevorzugt") nach dem gleichnamigen
Musical1) von Jule Styne1) (Musik)
und Leo Robin1) (Liedtexte) neben Marilyn Monroe wohl ihre beste darstellerische
Leistung: Zwei Showgirls sammeln, die eine Männer, die andere Diamanten, und am Ende
marschieren beide reich und glücklich mit Mann und Moneten zum Standesamt. Die
dünne Trivialgeschichte voller Banalitäten und Klischees hatte Howard Hawks nach dem
Drehbuch von Charles Lederer1) locker und phantasievoll inszeniert. Wie
Marilyn Monroe das naive Blondchen Lorelei Lee und Jane Russell die
raffinierte Freundin Dorothy
spielten das erst macht die Meisterschaft dieses schwungvollen
Hollywood-Films aus. In nachhaltiger Erinnerung ist wohl der Hit
"Diamonds are a Girl's best Friend"1) geblieben, den die
Monroe in diesem Film trällerte; weitere "Ohrwürmer" waren
"My Heart Belongs to Daddy" von Cole Porter1) und "Bye, Bye Baby".
Jane Russell 1953
Quelle: Wikimedia Commons:
(Ausschnitt des Originalfotos)
von "UCLA Library Digital Collection";
Urheber: "Los Angeles Times"1);
Lizenz: CC BY 4.0 Deed
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Es folgten eine Reihe weiterer Kinoproduktionen, in denen die Russell ihre
Reize spielen lassen konnte, so etwa als die attraktive Viehstrecken-Begleiterin
Nella Turner neben Clark Gable und
Robert Ryan
in dem Western "The Tall Men"1) (1955,
"Drei Rivalen") nach dem gleichnamigen Roman von Clay Fisher1) oder als
rassige "Zigeunerin" Annie Caldash in dem Melodram "Hot Blood"2) (1956, "Feuer im Blut").
Als zwielichtige Halbweltdame Mamie Stover erlebte man sie 1956 in Raoul Walshs1) Drama
"The Revolt of Mamie Stover"3)
("Bungalow der Frauen").
Nach der humorvollen Kidnapper-Story "The Fuzzy Pink Nightgown"4) (1957,
"Traum in Pink") und ihrer Rolle einer anfangs platinblonden
egozentrischen Hollywood-Diva Laurel Stevens zog sich der Star mehr und mehr vom
Filmgeschäft zurück, stand nur noch sporadisch vor der Kamera. Ihr kurzes
Comeback als "Alabama Tigress" in der Literaturadaption "Darker Than Amber"1) (1970,
"McGee, der Tiger"), gedreht von Regisseur Robert Clouse1)
nach dem Roman "Dunkler als Bernstein" von John D. MacDonald1)
mit Rod Taylor als Travis McGee, unterstrich sie vor der Presse
mit den Worten "Ich habe mehr zu bieten als Busen, Beine und Gesicht!". Es war ihre
letzte Arbeit für die Leinwand, danach wirkte sie nur noch 1983/84 in
drei Episoden der Western-Soap "The Yellow Rose"5)
("Kampf um Yellow Rose") sowie 1986 in
einer Folge der Krimiserie "Hunter"1)
mit → Übersicht Filmografie.
Jane Russell hatte sich schon früh andere Betätigungsfelder
gesucht, seit den 1940er und 1950er Jahren produzierte die Schauspielerin mehrere
Schallplatten unter anderem mit Balladen und Spirituals, die durchaus
erfolgreich waren. Nachdem ihr Stern am Filmhimmel zu sinken begann, stand sie
in Las Vegas als Sängerin auf der Bühne, am New Yorker Broadway1) trat sie in Musicals auf und
auch in der TV-Werbung war sie als Model für eine Büstenhalterfirma
("Playtex")
gefragt. Die Hollywood-Legende, die 2006 ihren 85. Geburtstag feierte,
stand bis zuletzt noch gerne im Rampenlicht, auch wenn sie altersbedingt an einer
Seh- und Hörschwäche litt. In der Show-Revue "The Swinging Forties"
im kalifornischen Santa Maria1) erinnerte sie mit anderen Senioren zwei Mal im
Monat an die vergangenen Glamour-Zeiten. "Mit üppigen Kurven im türkisen Abendkleid ist sie immer noch die
flotte, kecke Jane Russell vergangener Jahre" war vor einigen Jahren in der
"Los Angeles Times" zu lesen. Anlässlich des 85. Geburtstages der
Diva zeigte der "Bayerische Rundfunk" die Dokumentation "Jane Russell Der Star aus dem Heu".
Eckhart Schmidt1) hatte für das 60-minütige Portrait mehrere aktuelle Interviews mit
der Hollywood-Legende geführt: "Jane war dabei vital wie immer, hell im Kopf und sie
kann phantastisch erzählen über ihre Karriere, ihre Regisseure und ihre Partner und Partnerinnen, über das Hollywood der 50er Jahre und
die Welt des Pin-Up und der Sex-Bomben." (Quelle: br.de;
siehe auch programm.ard.de)
Seit Jahrzehnten engagierte sich die Hollywood-Diva mit ihrer Organisation "World Adoption International Fund"
(WAIF) für notleidende
und heimatlose Kinder; als Modeschöpferin und Schriftstellerin war
sie ebenfalls erfolgreich, ihre Autobiografie "My Path and Detours"
erschien 1985. Auf der Leinwand als Sex-Göttin gefeiert, entsprach die
private Jane Russell keineswegs diesem Klischee. Anders als einige ihrer
Kolleginnen wie beispielsweise Lana Turner hasste sie die
Sensationsgier der einschlägigen Presse, das Leben der strenggläubigen
Katholikin und erzkonservativen Republikanerin war frei von
Skandalen. Bereits auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn gründete sie die "Hollywood Christian Group",
eine Vereinigung, die sich wöchentlich in ihrem Heim zu Bibellesungen
zusammenfand. Außerdem engagierte sie sich zusammen mit anderen
prominenten Hollywoodgrößen wie Lou Costello1),
Dick Powell1) oder
June Allyson für die konservativen
"Republikaner"1).
Neben diversen anderen Preisen wurde Jane Russell 1991 in Berlin mit
der
"Berlinale
Kamera"1) für ihr Lebenswerk geehrt.
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Am 28. Februar 2011 starb die "Hollywood-Göttin" im Alter von 89
Jahren in ihrem Haus im kalifornischen Santa Monica1) nach Angaben ihrer Schwiegertochter Etta Waterfield an
den Folgen einer Atemwegserkrankung im Beisein ihrer nächsten Verwandten.6)
Die Trauerfeier fand am 12. März 2011 in der "Pacific Christian
Church" in Santa Maria mit anschließender Seebestattung
statt.
"Ihr größtes Geheimnis hat sie zum Glück nicht mit ins Grab
genommen. Auf die Antwort, wie denn nun der sagenhafte BH von Howard Hughes1) ausgesehen habe, antwortete sie einmal: scheußlich. Aber sie habe ihn
am Set von "The Outlaw" sowieso nicht getragen." bemerkt spiegel.de
in seinem Nachruf; siehe auch den Nachruf bei www.welt.de.
Ein ihr am 8. Februar 1960 gewidmeter "Stern" auf dem "Hollywood
Walk of Fame"1) (6850 Hollywood Blvd.)
erinnert an die einst so populäre Schauspielerin und Sängerin.
"Stern" für Jane Russell auf dem "Hollywood Walk of Fame"
Quelle: Wikimedia
Commons; Urheber: Wikimedia-User Sailko
Lizenz: CC
BY-SA 3.0 Deed
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Jane Russell war drei Mal verheiratet: Ihr erster Ehemann, den sie am 24. April 1943
geheiratet hatte, war der Football-Star Bob Waterfield1) (1920 1983),
mit dem sie in den 1950er Jahren die Produktionsfirma "Russ-Field
Productions" betrieb; die Verbindung wurde im Juli 1968 offiziell geschieden.
Ihr zweiter Mann, der Schauspieler Roger Barrett (1921 1968), starb
knapp drei Monate nach der Hochzeit (25.08.1968) mit nur 40 Jahren am 18. November 1968
an den Folgen eines Herzinfarktes. Dritter Ehemann
wurde am 31. Januar 1974 der Immobilienmakler John Calvin Peoples,
mit dem sie bis zu dessen Tod im April 1999 in Arizona lebte; danach zog sie
zu ihrem jüngsten Adoptivsohn nach Santa Maria, einem kleinen, Städtchen in
Kalifornien. Da Jane Russell keine eigenen Kinder bekommen konnte,
adoptierten die Waterfields 1952
das Baby Tracy und den 15 Monate alten Jungen Thomas, 1956 komplettierte der
damals 9 Monate alte Adoptivsohn Robert John die Familie.
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