Filmografie / Hörspiel
Helga Anders wurde am 11. Januar 1948 als Helga Scherz und Tochter eines Skilehrers in Innsbruck1) geboren; die Mutter entstammte einer Bauernfamilie aus der bayerischen Hallertau1). Helga Anders wuchs nach der Scheidung ihrer Eltern ab dem 2. Lebensjahr im oberbayerischen Ruhpolding1), wo die Mutter zeitweise einen Bauernhof betrieb, und später in Bielefeld1) auf, besuchte schon früh eine Ballettschule. Mit acht Jahren spielte sie die kleine Rolle des "Heinerle" in der Operette "Der fidele Bauer"1) von Leo Fall1), wirkte nach dem Umzug der Mutter nach Tegernsee1) mit dreizehn Jahren an einer bayerischen Bauernbühne mit und stand zwei Jahre später an der "Kleinen Komödie"1) in München auf der Bühne.
Ihr Leinwanddebüt gab die damals 14-Jährige 1962 in der Komödie "Max, der Taschendieb"1) und spielte die Tochter des "Titelhelden" Max Schilling (Heinz Rühmann), weitere Film- sowie Fernsehproduktionen folgten wie unter anderem ab Mitte der 1960er Jahre die Rolle der Christa, Tochter des Hoteldirektors Otto Buchner (Hans Söhnker) und dessen Ehefrau Anna (Jane Tilden), in der TV-Familienserie "Der Forellenhof" (1965(66) oder die der Tochter Lore Scholz in drei Folgen der legendären Reihe "Die Unverbesserlichen" mit Inge Meysel und Joseph Offenbach als das kleinbürgerliche Berliner Ehepaar Scholz.
Im Kino erlebte man sie in Streifen wie "Happy End am Wolfgangsee"1) (1966) oder "Der Kongress amüsiert sich"1) (1966), dann heiratete sie 1967 den Regisseur Roger Fritz1) (1936 – 2021), der sie in unter anderem in seinem Langfilm-Regiedebüt bzw. seiner Dreiecksgeschichte "Mädchen, Mädchen"1) (1967) mit der Rolle der Angela besetzte.
Helga Anders; Copyright Werner Bethsold

Zu ihren Kinofilmen der 1960er Jahre zählen unter anderem der von Rolf Olsen1) gedrehte Krimi "Das Rasthaus der grausamen Puppen"1) (1967), Johannes Schaafs1) Kinodebüt "Tätowierung"1) (1967), Marran Gosovs1) Gangster-Satire "Zuckerbrot und Peitsche"1) (1968), der Krimi "Sommersprossen"1) (1968) von (Regie) und mit Helmut Förnbacher1) oder das von Roger Fritz inszenierte Liebesdrama "Häschen in der Grube"1) (1968), wo sie als Ballerina Leslie die frühreife Tochter von Francine (Françoise Prévost1)) mimte, die seit geraumer Zeit eine quasi inzestuöse Beziehung mit dem Liebhaber ihrer Mutter, dem weltberühmten Dirigent Maurice (Anthony Steel1)), führt. 
  
Foto zur Verfügung gestellt von Werner Bethsold1) (1925–2019)
Das Foto entstand 1982 während einer Hörspielproduktion.
© Werner Bethsold

Die kleine Dunkelhaarige mit den großen Augen galt schnell als die " Lolita" im deutschen Films der sechziger Jahre. Lasziv mit Schmollmund und provozierend "unschuldig" spielte sie gefährdete Minderjährige und verkörperte den Typ einer modernen Jugend, die offeneren Umgang mit dem anderen Geschlecht pflegt.2)
Ab den 1970ern stand Helga Anders nur noch sporadisch vor der Kinokamera. Nach ihrer Rolle der Alice in dem von Roger Fritz in Szene gesetzten, zynisch-brutalen Thriller "Mädchen mit Gewalt"1) (1970) gehörte sie als Sabine Emonds zur Besetzung des von Vojtěch Jasný1) nach nach der gleichnamigen Erzählung1) von Heinrich Böll1) mit Helmut Griem realisierten Zeitportrait "Ansichten eines Clowns"1) (1976). Eine ihrer letzten Leinwandauftritte hatte sie unter der Regie von Mario Monicelli1) an der Seite der Protagonistin Faith Minton1) in der Komödie bzw. der deutsch-französisch-italienischen Koproduktion "Hurricane Rosie"1) (1980, "Temporale Rosy"/"Rosy la bourrasque") als Charlotte, Freundin des Boxers Raoul Lamarre (Gérard Depardieu1)) → Übersicht Kinofilme.

Bereits Anfang der 1960er begann eine umfangreiche Arbeit für das Fernsehen, erwähnenswert ist ihre Rolle der Wendy, Tochter von Mr. (Wolf Ackva) und Mrs. Darling (Isolde Bräuner) sowie ältere Schwester von Michael (Sascha Hehn) und John (Thomas Kösters) in der Verfilmung "Peter Pan"3) (1962) nach dem gleichnamigen Theaterstück1) von James Matthew Barrie1) in der Übersetzung von Erich Kästner1), gedreht von Paul Verhoeven mit Michael Ande alias Fernando Möller als Peter Pan. Nach der genannten Serie "Der Forellenhof" (1965(66) und ihrer Mitwirkung bei "Die Unverbesserlichen (1965–1967) tauchte Helga Anders im Laufe der Jahre wiederholt in den populären Krimiserien "Der Kommissar", "Derrick"1) , "Polizeiinspektion 1"1) und "Der Alte"1) auf, spielte mitunter das "gefallene Mädchen vom Dienst". Dass sie mit anders gearteten Figuren in Literaturadaptionen zu überzeugen wusste und nicht nur das Image der verführerischen "Lolita" bediente, bewies sie als Klärchen, Tochter des Urlaubers Prof. Dr. Hinzelmann (Hans Epskamp1)), in "Im weißen Rößl" (1967) nach dem gleichnamigen Singspiel1) von Ralph Benatzky1) mit Johanna Matz ("Rößl"-Wirtin Josepha Vogelhuber) und Peter Weck (Zahlkellner Leopold) oder in "Ein Monat auf dem Lande" (1967) nach der gleichnamigen Komödie1) von Iwan  Turgenew1), wo sie die "Werotschka" genannte Wera Alexandrowna gab, Mündel von Natalja Petrowna (Ursula Lingen), der Gattin des reichen Gutsbesitzers Arkadi Islayev (Herbert Probst1)).
Helga Anders präsentierte sich in Thrillern wie "Mord im Pfarrhaus"1) (1970), gedreht von Hans Quest nach der Bühnenfassung von Moie Charles (1911 – 1957) und Barbara Toy (1908 –2001) des Kriminalromans "The Murder at the Vicarage"1) von Agatha Christie1), und trat neben Inge Langen1) in der Rolle der berühmten Miss Marple1) als Tochter des erschossenen Oberst Virginia Hampton in Erscheinung. In dem Fünfteiler "Die Powenzbande" (1974) nach dem gleichnamigen Roman1) von Ernst Penzoldt1) war sie als Lilith Powenz eines der zahlreichen Kinder von Baltus Powenz (Gustav Knuth) und dessen Ehefrau Sabine (Ruth-Maria Kubitschek), in der Serie "Spannagl & Sohn"1) (1975/1976) kam sie einmal mehr als Tochter daher, diesmal des Delikatessenhändler-Ehepaares Gustav (Walter Sedlmayr) und Elise Spannagl (Bruni Löbel), deren Bruder Gerd (Richard Rüdiger1)) als Filialleiter bei der Konkurrenz arbeitet.
Die 1980er Jahre waren geprägt von Episodenrollen in den erwähnten Krimiserien aber auch Auftritten in unterhaltsamen Geschichten wie "Ein zauberhaftes Biest"1) (1981) oder "Unsere schönsten Jahre"1) (1983), in nachhaltiger Erinnerung ist sie sicherlich auch mit der Figur der Literaturlehrerin Fräulein Charlotte Güssow in dem Mehrteiler "Der Trotzkopf" (1983) geblieben, realisiert nach dem gleichnamige Roman1) von Emmy von  Rhoden1) bzw. dessen Fortsetzung "Trotzkopfs Brautzeit" von Else Wildhagen1) mit Anja Schüte1) als Titelheldin Ilse Macket. Eine letzte Arbeit war ihre Mitwirkung in der Episode "Manhattan"1) aus der mit Ottfried Fischer1) gedrehten Serie "Irgendwie und Sowieso"1), deren Erstausstrahlung am 27. November 1986 sie nicht mehr erlebte → Übersicht TV-Produktionen.
  
Darüber hinaus betätigte sich Helga Anders, deren Kino- und Fernsehfilmografie über 80 Produktionen umfasst, als Sprecherin sowohl in der Synchronisation als auch im Hörspiel. Im Synchronstudio stand sie schon früh, lieh unter anderem Barbara Lass1) als Franca Fossati in der Komödie "Halt mal die Bombe, Liebling"1) (1961, "Che gioia vivere") oder Gila Golan1) als Elsa Lutz in dem Drama "Das Narrenschiff"1) (1964, "Ship of Fools") ihre Stimme. Sie sprach beispielsweise für Melanie Griffith1) die Delly Grastner in dem Streifen "Die heiße Spur"1) (1975, "Night Moves") und die Schuyler Devereaux in dem Krimi "Unter Wasser stirbt man nicht"1) (1975, "The Drowning Pool"), für Isabelle Adjani1) die Violette Clot in der amüsanten Story "Violette und François"1) (1977, "Violette & François"), für Laurene Landon1) die Velda in dem Thriller "Ich, der Richter"1) (1982, "I, the Jury") oder für Ornella Muti1) die Odette de Crécy in Volker Schlöndorffs1) preisgekrönten Literaturverfilmung "Eine Liebe von Swann"1) (1984, "Un amour de Swann"). In der nach dem Kinderbuch "Pinocchio"1) von Carlo Collodi1) entstandenen Anime1)-Serie "Pinocchio"1) (1976/77, "Pikorīno no bōken") war sie die deutsche Stimme des Pinocchio, in der japanischen Zeichentrickserie "Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen"1) (1980/81, "Nirusu no fushigi na tabi") nach dem gleichnamigen Roman1) von Selma Lagerlöf1)  die des Hamsters Krümel → mehr bei synchronkartei.de.
Ebenfalls seit Anfang der 1960er beteiligte sie sich sporadisch beim Hörspiel, die ARD Hörspieldatenbank weist knapp 50 Sendungen aus, in denen sie als Sprecherin mitwirkte; einen Auszug findet man hier.
   
Nach ihrer Scheidung von Roger Fritz im Jahre 1974 betrieb Helga Anders in München eine Theaterkneipe, kam in die Abhängigkeit von Alkohol und Drogen und machte mehr durch ihr Privatleben Schlagzeilen in der Boulevardpresse als durch ihre künstlerische Arbeit. Nach einer Entziehungskur wagte sie ab 1977 zwar wieder einen Neuanfang, ihre Karriere kam aber nicht mehr so recht in Gang. Ein erneuter Rückfall in den Alkohol- und Drogenabusus führte vermutlich zu ihrem frühen Tod. Seit 1980 mit dem Schauspieler und Maler Jürgen Draeger1) verlobt, starb Helga Anders kurz vor der geplanten Hochzeit am 31. März 19864) mit nur 38 Jahren im "Bezirksklinikum Haar"1) (bei München) – offiziell wurde Herzversagen als Todesursache angegeben. "Zum Tode von Helga Anders berichtete "DER SPIEGEL"1) (15/1986 vom 07.04.1986) von "Nervenzusammenbrüchen, Randale und Autokarambolagen" sowie von Alkohol- und Tablettengebrauch, der ihr Leben zuletzt geprägt habe." vermerkt Wikipedia. Die letzte Ruhe fand sie auf dem Friedhof in Gmund am Tegernsee1) → Foto der Grabstelle, die laut Wikipedia mittlerweile nicht mehr existiert, bei knerger.de.
Aus der Ehe mit Roger Fritz1) hinterließ Helga Anders die 1967 geborene, gemeinsame Tochter Tatjana Leslie Fritz, die sich als Regie-Assistentin und sporadisch als Schauspielerin betätigt(e). Roger Fritz starb am 26. November 2021 nach einem Schlaganfall im Alter von 85 Jahren in einer Münchner Klinik.
 
Wie populär Helga Anders in den 1960er Jahren war, kann man an der dreimaligen Verleihung des "Bravo Otto"1) ablesen, 1967 erhielt sie die Trophäe in "Gold" als beliebtester weiblicher TV-Star, im darauffolgenden Jahr in "Silber und 1969 in "Bronze". Für ihre darstellerische Leistung in "Mädchen, Mädchen"1) verlieh man ihr 1967 das "Filmband in Gold"1) als "Beste Nachwuchsschauspielerin".
In Anlehnung an das kurze Leben von Helga Anders verfasste Werner Zillig1) die Roman-Biografie "Das Mädchen", welche 2019 in dem in Medelby1) (Schleswig-Holstein) angesiedelten "Altan Verlag" erschien → zauberspiegel-online.de, www.altan-verlag.com.
Siehe auch Wikipedia, filmportal.de, zauberspiegel-online.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 3) Die Krimihomepage
2) Quelle: "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 18)
4) Sterbedatum laut filmportal.de und Kay Weniger "Das große Personenlexikon des Films" sowie DER SPIEGEL (15/1986); nach anderen Quellen 30. März 1986
    
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, prisma.de, Die Krimihomepage, fernsehserien.de, filmportal.de, suhrkamptheater.de; R = Regie)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung),
Wikipedia, felix-bloch-erben.de; R = Regie)
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