Hartmut Becker 01 Hartmut Becker wurde am 6. Mai 1938 in Berlin geboren und wuchs auch dort auf. Nach dem Abitur begann er für ein Semester zunächst ein Studium der Betriebswirtschaft, wechselte dann das Fach und studierte Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie. Parallel dazu ließ er sich im Berliner UFA-Nachwuchsstudio Berlin von Else Bongers1) (1907 – 1994) zum Schauspieler ausbilden und arbeitete als Regie-Assistent bei Viktor de Kowa (1904 – 1973) und Paul Verhoeven (1901 – 1975). Sein Schauspielerdebüt gab Becker 1962 mit der Rolle des Dauphins in dem Shaw-Drama "Die heilige Johanna"1) am "Theater der Freien Hansestadt Bremen"1) und stand dort zwei Jahre lang unter anderem in spektakulären Inszenierungen von Peter Zadek1) und Kurt Hübner1) auf der Bühne. Weitere Verpflichtungen führten Becker nach Kiel, Braunschweig, Bielefeld (1964 – 1970) und die "Münchner Kammerspiele"1) (1970), am Wiener "Theater in der Josefstadt"1) spielte er 1971, ein Jahr später ging er nach München an das "Bayerische Staatsschauspiel"1), wo er bis 1976 als Ensemblemitglied wirkte und später auch Gastspiele gab. 1975 wurde er von der Zeitschrift "Theater heute"1) für seine Verkörperung des Mercutio in der Shakespeare-Tragödie "Romeo und Julia"1) als "Bester Nachwuchsschauspieler des Jahres" ausgezeichnet.

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Agentur Actors Management zur Verfügung gestellt.
© Thomas Straub (auch Hintergrundfoto)
Zu Beckers Theaterlaufbahn gehörten die "Salzburger Festspiele"1), das Berliner "Schiller- und Renaissance-Theater", Auftritte bei verschiedenen Festspielen sowie zahlreiche Tourneen. Seine Rollen lassen sich kaum alle aufzählen, reichen vom Ferdinand in Schillers "Kabale und Liebe"1) bis hin zum alkoholsüchtigen Brick in Tennessee Williams' "Die Katze auf dem heißen Blechdach"1) und dem Biologieprofessor Nick in Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"1). Beeindruckend war seine Interpretation der Titelfigur in Schillers "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1), am "Theater in der Josefstadt" glänzte er in Pavl Kohouts1) Einakter "Evol", bei den "Salzburger Festspielen" zeigte er 1980 unter der Regie von Otto Schenk in Shakespeares "Wie es euch gefällt"1) als Oliver seine schauspielerische Wandlungsfähigkeit. In nachhaltiger Erinnerung bleibt auch sein Major von Tellheim in Lessings "Minna von Barnhelm"1), mit dem er während einer Tournee 1982/83 an der Seite von Dietlinde Turban1) Triumphe feierte. Unter der Regie von Leo Stern mimte er in jüngerer Zeit in Armando Llamas' Konversationsfarce "Gustave ist nicht modern" den Melancholiker Gustave in einer Erstaufführung am Berliner "Stükke-Theater".
Hartmut Becker und Judy Winter in dem Stück "Rose"; Copyright Bernd Schaller Als Partner von Judy Winter zeigte sich Hartmut Becker in dem Stück "Rose" ("Rose und Walsh") des Erfolgsautors Neil Simon1) mit der männlichen Hauptrolle, die umjubelte Premiere war am 17. März 2010 in der "Komödie Düsseldorf"1), bis zum 30. April fanden weitere Aufführungen statt. Die geistreiche Komödie "Rose" wurde erstmals 2003 am Broadway1) präsentiert und handelt von der berühmten Schriftstellerin bzw. zweifachen Pulitzer-Preisträgerin Rose (Judy Winter), die den Tod ihres Lebenspartners, des ebenso berühmten Autors Walsh (Hartmut Becker), ignoriert und auf ihre eigene Art am Leben erhält, Nacht für Nacht redet sie mit dem bereits seit mehreren Jahren verstorbenen geliebten Mann.

Hartmut Becker und Judy Winter in dem Stück "Rose"
© Bernd Schaller (www.schallerfoto.de)
(Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem Fotografen Bernd Schaller
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Seit Mitte der 1960er Jahre stand Hartmut Becker vor der Kamera, spielte prägnante Rollen bei Film und Fernsehen. Vor allem mit Regisseur Michael Verhoeven1) verband ihn eine intensive Zusammenarbeit, erstmals hatte ihm Verhoeven einen kleinen Part in "Der Bettenstudent oder: Was mach' ich mit den Mädchen?"1) (1970) gegeben, im gleichen Jahr agierte er in dem Kriegsdrama "o.k."1) sowie 1971 in dem ambitionierten Melodram "Wer im Glashaus liebt … Der Graben"2), wo er neben Senta Berger die männliche Hauptrolle spielte. Mit Mario Adorf und Senta Berger drehte er "MitGift"1) (1975), 1980 folgte "Sonntagskinder"2) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Gerlind Reinshagen1). Doch auch andere namhafte Regisseure bedienten sich des wandlungsfähigen Schauspielers, in Eberhard Schröders1) Malpass-Adaption "Als Mutter streikte"1) (1974) mimte er den Gabriel Gillhof, Richard Attenborough besetzte ihn in dem Klassiker "A Bridge Too Far"1) (1977, "Die Brücke von Arnheim") neben Stars wie Robert Redford und Maximilian Schell. Es folgten beachtenswerte Haupt- und Nebenrollen in internationalen Produktionen wie dem Krimi "Il Professore – Polizza inferno" (1989, "Big Man – Der Tod fährt Achterbahn") mit Bud Spencer, für Lina Wertmüller spielte er den Orazio in dem Drama "Heimlich, still und leise1) (1989, "Il decimo clandestino"). Robert M. Young gab ihm die Rolle des Major Rauscher in dem Sportlerdrama über Salamo Arouch1) mit dem Titel "Triumph des Geistes"1) (1990, "Triumph of the Spirit"), in Peter Patzaks1) Historienfilm "Gavre Princip – Himmel unter Steinen"2) (1990) war er ebenso zu sehen wie in dessen TV-Drama" St. Petri-Schnee"2) (1991), gedreht nach dem Roman von Leo Perutz1)

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Hartmut Becker 03
An jüngeren Arbeiten für das Kino ist die deutsch-argentinische Koproduktion "Der deutsche Freund"1) (2012, "El amigo alemán") von Jeanine Meerapfel1) mit der Rolle des Werner Künheim zu nennen, am 26. März 2015 startete das Drama "Verfehlung"1) in den deutschen Kinos. In diesem Film, der die Freundschaft dreier katholischer Priester, die wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch unter extremen Druck gerät, thematisiert, zeigte sich Becker als Kardinal Schoeller → www.br.de sowie stuttgarter-nachrichten.de.
Hartmut Becker; Copyright Bjoern Kommerell (www.bjoernkommerell.com) Vor allem durch das Fernsehen wurde der Schauspieler einem breiten Publikum bekannt, unzählige Auftritte in populären Krimi-Reihen wie "Die fünfte Kolonne", "Der Kommissar", "Derrick", "Der Fahnder", "Großstadtrevier", "SOKO 5113", "Wolffs Revier", "Ein Fall für Zwei", "SOKO Leipzig", "Zwei Brüder", "Rosa Roth" oder "Tatort" gehörten ebenso zu Beckers TV-Filmografie wie Gastrollen in "Unser Lehrer Dr. Specht", "Air Albatros", "Dr. Stefan Frank – Der Arzt dem die Frauen vertrauen" oder "Schloßhotel Orth". Er verkörperte interessante Figuren in Einzelproduktionen, spielte beispielsweise den Gutsinspektor Christian Blaskorken in "Jauche und Levkojen" (1979) und der Fortsetzung "Nirgendwo ist Poenichen" (1980) nach den Romanen von Christiane Brückner1), oder den Viktor Karenin in der von Otto Schenk in Szene gesetzten Tolstoi-Adaption "Der lebende Leichnam" (1981) → Foto bei filmportal.de. Für seine Darstellung des brutalen Aufsehers und SS-Oberscharführers Gustav Wagner1) in Jack Golds1) Kriegsdrama "Flucht aus Sobibor"1) (1987, "Escape from Sobibor"), welches die größte Gefangenenrevolte und Flucht während des Zweiten Weltkriegs aus dem Todeslager Sobibor1) in Polen thematisiert, wurde Becker mit einer Nominierung für den "Emmy Award"1) geehrt. In Michael Andersons1) zweiteiligem opulenten Kostümfilm "Young Catherine"1) (1991, "Die junge Katharina") mimte er den Christian August, Fürst von Anhalt-Zerbst1), Vater der russischen Zarin Katharina die Große1) (Julia Ormond1)), in Stuart Ormes zweiteiligem Thriller "The Waiting Time"2) (1999) den deutschen Politiker Dieter Krause.
Zu Beckers Arbeiten für das Fernsehen in den letzten Jahren zählten unter anderem die Familienkomödie "Tausche Firma gegen Haushalt"1) (2003), die Pilcher-Verfilmungen "Wege der Liebe"3) (2004) und "Aus Liebe und Leidenschaft"3) 2007) sowie das Melodram "Der Ferienarzt in der Provence"3) (2005).
 
 
Das Foto wurde mir freundlicherweise von Hartmut Becker zur Verfügung gestellt.
© Bjoern Kommerell (www.bjoernkommerell.com)
 In der 21-teiligen ZDF-Familien-Serie "Eine Liebe am Gardasee"3) mimte Becker seit Sommer 2006 den Werftchef Franco Leone. Nach Auftritten in Serien wie "Notruf Hafenkante" und "Der Kriminalist" war er unter anderem in der Geschichte "Hochzeitsvorbereitungen"1) (2009) aus der losen ZDF-Reihe "Meine wunderbare Familie"1) zu sehen. 2011 zeigte er sich in der Folge "Ein Mord zu viel"1) (EA: 17.01.2011) aus der ZDF-Krimireihe "Nachtschicht"1), in der "Tatort"-Story "Der Weg ins Paradies"1) (EA: 18.12.2011) mit dem etwas anderen Ermittler Cenk Batu (Mehmet Kurtuluş1)) mimte er den Vater des Christian Marschall (Ken Duken1)), vermutlicher Kopfes einer Terrorzelle. Im August 2014 präsentierte er sich als Partner von Elisabeth Schwarz1) in der damals vorerst letzten Folge der zehnteiligen, auf ARTE ausgestrahlten Kurzfilmreihe "Paare" unter der Regie von Johann Buchholz  → "Paare – Fall 10"3). Zuletzt gehörte er zur Besetzung des TV-Films "Liebesfilm"4) (2018, → presseportal.zdf.de) sowie 2019 als Prof. Rudolf Tenge-Wegemann in zwei Folgen der Kultserie "Lindenstraße"1) → Übersicht Filmografie.
 
Neben seiner umfangreichen Tätigkeit für Theater, Film und Fernsehen machte sich der Schauspieler auch als Autor einen Namen, unter anderem erschienen seine Theaterstücke "Die Nach der Amazonen" und "Bizone" im "Theaterverlag Desch"1). Er arbeitete als Synchronsprecher, sprach mehrfach Kris Kristofferson1) oder lieh James Stewart, Tommy Lee Jones1), Nick Nolte1) und Terence Hill seine Stimme → mehr bei synchronkartei.de. Zudem stand er verschiedentlich im Hörspiel-Studio. Als Songwriter und Interpret veröffentlichte das Multitalent im Oktober 2013 seine erste (Pop-)Single "Sehnsuchtland", das gleichnamige Album erschien Anfang 2014.
 
Hartmut Becker war verheiratet und lebte in Berlin; zwischen 2007 und 2012 fungierte er als Vorstandsmitglied der "Deutschen Filmakademie"1).
Der vielseitige Künstler starb am 22. Januar 2022 im Alter von 83 Jahren nach schwerer Krankheit in Berlin-Spandau1) an den Folgen eines Krebsleidens. "Der Tagesspiel" bezeichnete ihn in seinem Nachruf als "Der Markante", der "brillant im Theater, beeindruckend im Kino" war → tagesspiegel.de. Kulturstaatsministerin Claudia Roth1) würdigte ihn als "wunderbaren Schauspieler", verwies dabei auch auf seinen wichtigen, berühmten Kinofilm "o.k."1) (1970) und würdigte Becker unter anderem mit den Worten: "Ein politischer Kopf ist er immer geblieben und war sich früh darüber im Klaren, dass wir nicht einfach immer weiter wirtschaften können ohne Rücksicht auf unsere Lebensgrundlagen. Als kluger Kopf, der er war, gehörte er auch lange dem Vorstand der "Deutschen Filmakademie" an." Becker habe "uns aber auch ein Bild davon gegeben, wie hart und fordernd der Schauspielberuf ist – abseits von Glamour und rotem Teppich", betonte Roth. "Für sein Schaffen als Künstler, aber ganz besonders für die gemeinsame Zeit auf diesem Planeten, danke ich ihm."
Webpräsenz: www.hartmutbecker.com
Siehe auch Wikipedia, filmportal.de
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