Übersicht (Auswahl) Theater / Film / Hörspiel
Josef Bierbichler Josef (Sepp) Bierbichler wurde am 26. April 1948 in Ambach1) am Starnberger See geboren. Seine Eltern betrieben dort Landwirtschaft und besaßen einen Gasthof, den sie dem Sohn nach ihrem Tod vererbten. So war es zunächst nur folgerichtig, dass der junge Bierbichler nach Ende der Schulzeit ein Studium an einer Hotelfachschule begann. Daneben trat er bereits als Laienschauspieler bei einem Bauerntheater am Starnberger See auf, 1970 entschied er sich, die Schauspielerei zum Beruf zu machen und ließ sich drei Jahre lang an der renommierten "Otto-Falckenberg-Schule"1) in München ausbilden. Anschließend stand Bierbichler sowohl an bedeutenden deutschen als auch österreichischen Theatern auf der Bühne, so unter anderem am "Staatstheater Stuttgart"1) (1978) und an den "Städtischen Bühnen Frankfurt"1) (1980/81). Zwischen 1984 und 1986 gehörte er zum Ensemble des "Bayerischen Staatsschauspiels"1), wirkte Ende der 1980er Jahre am Wiener "Burgtheater"1) sowie in den 1990ern am "Deutschen Schauspielhaus"1) in Hamburg und an der Berliner "Volksbühne"1).
Rasch hatte sich Bierbichler mit unterschiedlichsten Rollen einen Namen als kraftvoller, rebellischer Theater-Star gemacht, brillierte beispielsweise als Odysseus1) in Heiner Müllers Stück "Philoktet" nach "Philoktetes"1) von Sophokles1), ebenso wie als Gauner Schnell in der Nestroy-Posse "Die beiden Nachtwandler"1). Er glänzte unter anderem mit der Titelrolle in dem Drama "Korbes"1) (1988) von Tankred Dorst1), als klassischer Held in dem Schiller-Schauspiel "Wilhelm Tell"1) (1988) oder als Goethes "Urfaust"1) (1989, "Münchner Volkstheater"1)). Bierbichler beeindruckte als Galileo Galilei1) in Brechts "Leben des Galilei"1) (1998, "Berliner Ensemble"1)), für seine Gestaltung der männlichen Titelrolle in Ödön von Horváths Volksstück "Kasimir und Karoline"1) (1997, "Hamburger Schauspielhaus") und wurdeer mit dem "Gertrud-Eysoldt-Ring"1) ausgezeichnet – dem höchstdotierten Schauspielerpreis im deutschsprachigen Raum.

Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Ein Jahr zuvor war Bierbichler für seine Verkörperung des Lopachin in Peter Zadeks1) Tschechow-Inszenierung "Der Kirschgarten"1) am Wiener "Burgtheater" vom Fachblatt "Theater heute"1) zum "Schauspieler des Jahres"1) gewählt worden. In jüngerer Zeit begeisterte der Charakterdarsteller das Publikum auch mit den Hauptrollen in Shakespeares "König Lear"1) (1999) oder dessen "Ein Sommernachtstraum"1) (2001) – um nur wenige von Bierbichlers herausragenden Theaterauftritten zu nennen. 
Das eigenwillige Einpersonenstück "Holzschlachten. Ein Stück Arbeit" entstand nach einer Idee bzw. einem Konzept von Josef Bierbichler, basierend auf Interviews des Journalisten Bruno Schirra
1) zwischen 1995 und 1998 mit dem KZ-Arzt Hans Münch1) sowie Monologen des Schriftstellers Florian List und wurde mit Bierbichler in der Rolle des SS-Arztes Hans Münch Mitte Juni 2006 an der Berliner "Schaubühne am Lehniner Platz"1) uraufgeführt. "Es geht um einen älteren Mann, umgeben von Bergen von Holzstämmen. Er zerlegt sie fachmännisch und sorgfältig und der Rhythmus seiner Arbeit bringt ihn zum Reden. Darüber, was er getan hat, bevor er anfing, Holz zu hacken. Arbeit ist Arbeit. Und wenn er sie macht, will er sie gut machen. Ein verstörender Monolog über die Routine der grausamen Vernichtungsmaschinerie des Nationalsozialismus und über den Umgang mit der Vergangenheit und der Schuld." (Quelle: schaubuehne.de) "Die Selbstverständlichkeit, mit der Münch über Auschwitz spricht, wie hemmungslos und ungebremst er redet, erzählt viel mehr als jeder Hinweis auf das Verbrechen", so Bierbichlers persönlicher Kommentar zu seinem eindringlichen Solo gegen das Vergessen.
 
Zu den Höhepunkten in Bierbichlers Theaterschaffen gehörte am 18. Mai 2008 die Verleihung des "Theaterpreises Berlin"1) der Stiftung "Preußische Seehandlung"1) anlässlich des "Berliner Theatertreffens"1). Bierbichler erhielt die Auszeichnung für "herausragende Verdienste um das deutschsprachige Theater". Nach Angaben der Jury "gibt es kaum einen anderen deutschsprachigen Bühnendarsteller, der mit seiner einfachen Präsenz das Publikum so sehr in seinen Bann zu ziehen vermag". Weiter hieß es unter anderem: "Er ist kein Verwandlungskünstler, sondern ein Versinnlicher von Haltungen und Gefühlen. Dieser Schauspieler erklärt uns nicht Figuren und Situationen, er stellt sie nicht her oder aus, sondern er befragt sie im unangestrengten Spiel. Statt in fremde Figuren zu schlüpfen, erkundet er diese, indem er alle Nähe und Fremdheit aus sich selbst heraus holt, Bierbichlers Theaterspiel speist sich stark aus seiner Physis. (…) Da Joseph Bierbichler zur Spezies des "denkenden Schauspielers" gehört, der nicht nur Widersprüche auf der Bühne zeigt, sondern sie auch im Leben findet, mischt er sich immer wieder mit Gegenrede und Widerspruch in gesellschaftliche und politische Diskurse ein." 
Dass Bierbichler diese Ehrung zu Recht bekam, bewies er einmal mehr an der Berliner "Schaubühne am Lehniner Platz" mit der Titelrolle in dem Ibsen-Drama "John Gabriel Borkmann"
1). In dem von Thomas Ostermeier1) inszenierten Schauspiel verlieh Bierbichler dem kaltherzigen, machtbesessenen Bankier Borkmann eigenwillig Kontur, Angela Winkler1) und Kirsten Dene1) brillierten als Schwestern, deren Leben von Borkmann fremdbestimmt und am Ende zerstört wird. Die Premiere fand am 14. Januar 2009 vor ausverkauftem Haus statt, Bierbichler interpretierte Borkmann als selbstsicheren und selbstgerechten Mann, der nur darauf wartet, dass seine einstigen Widersacher "zu Kreuze kriechen", mit viel Applaus und Bravo-Rufen ging ein gelungener Theaterabend zu Ende. → schaubuehne.de
Ab November 2012 begeisterte Bierbichler nicht nur die Zuschauer der Berliner "Schaubühne" mit der Hauptrolle des Gustav von Aschenbach1) in der Aufführung "Der Tod in Venedig/Kindertotenlieder" nach Thomas Mann
1) bzw. Gustav Mahler1), einer Koproduktion mit dem "Théâtre National de Bretagne" in Rennes1). "Thomas Ostermeiers Inszenierung ist eine Versuchsanordnung: Ein Erzähler, ein Pianist, ein Videokünstler und eine Gruppe von Schauspielern und Tänzern versuchen, sich gemeinsam den Themen der Novelle von Thomas Mann, der erotischen Passion, der Körperlichkeit und Vergänglichkeit, zu nähern. Das innere Drama des alternden Mannes findet seine musikalische Entsprechung in Josef Bierbichlers Interpretation der Kindertotenlieder von Gustav Mahler – Thomas Manns Vorbild für die Figur Gustav von Aschenbachs." (Quelle: schaubuehne.de, siehe auch nachtkritik.de) → mehr zum Theaterwirken.

Seit Mitte der 1970er Jahre wurde Bierbichler durch Rollen in zahlreichen Filmproduktionen, aber auch in viel beachteten Fernsehspielen einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Als herzoglicher Jäger Simmerl gab er 1975 sein TV-Debüt in "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben"1), für Werner Herzog1) spielte er die zentrale Figur des Hellsehers Hias in "Herz aus Glas"1) (1976). Bis Ende der 1980er Jahre trat Bierbichler in etlichen anarchischen Heimatfilmen des Regisseurs Herbert Achternbusch1) in Erscheinung, wie beispielsweise in "Bierkampf"1) (1977), "Der junge Mönch" (1978), "Der Neger Erwin" (1981), "Der Komantsche" (1981), "Das Gespenst"1) (1983), "Rita Ritter" (1984), "Wanderkrebs" (1984), "Heilt Hitler!" (1986) oder "Wohin?" (1988).
Die Kinozuschauer erlebten Bierbichler aber auch in Filmen anderer bedeutender Regisseure, wie unter anderem 1978 in Doris Dörries1) Langfilm-Regiedebüt "Der erste Walzer", ein Jahr später als feschen Tambourmajor in Werner Herzogs "Woyzeck"1) oder 1981 in Rainer Erlers1) TV-Film "Mein Freund, der Scheich" → deutsches-filmhaus.de. Den von der Liebe getroffenen Zahnarzt Dr. Armin Thal mimte er 1983 in Doris Dörries Film Drama "Mitten ins Herz" (→ filmportal.de), war 1991 der schwerfällige, bürgerliche Liebhaber Helmberger in der Romanze "Wildfeuer"1) oder stand 1997 für das Melodram "Winterschläfer"1) vor der Kamera, wo er eindrucksvoll einen gebrochenen Vater spielte, der den Tod seines Kindes betrauert. Mit einem seiner seltenen TV-Auftritte begeisterte er wenig später das Fernsehpublikum als korrupter Baudezernent Edgar Wurlitzers, der in dem psychologischen Drama "Freier Fall" Fahrerflucht begeht, nachdem er in angetrunkenem Zustand unwissend seine eigene Frau überfahren hat und in eine Katastrophe gerät. Für seine darstellerische Leistung wurde Bierbichler 1998 zusammen mit Regisseur Christian Görlitz1) und Schauspielerkollegen Florian Martens1), der als diabolischer Verteidiger im Rollstuhl agierte, mit dem "Grimme-Preis in Gold"1) ausgezeichnet → tittelbach.tv.
Ebenfalls 1997 gab es eine erneute Zusammenarbeit mit Regisseur Herbert Achternbusch in dessen Kinofilm "Picasso in München", ebenso wie 1998 in dem Film "Neue Freiheit – Keine Jobs" (→ filmportal.de), welchen Bierbichler kurz darauf am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg inszenierte und damit sein Debüt als Theaterregisseur gab. 1998 zeigte er sich auch mit der Hauptrolle in Peter Kerns1) filmischen Biographie "Hans Eppendorfer: Suche nach Leben" sowie in Andreas Lechners1) Romanze "Hot Dogs" → filmportal.de. Von Publikum und Kritikern gleichermaßen gefeiert wurde 2000 Bierbichlers eindringliche Darstellung des alternden Bertolt Brecht
1) in dem von Jan Schütte1) in Szene gesetzten Porträt "Abschied – Brechts letzter Sommer"1), der die letzten Tage im Leben des Schriftstellers Bertolt Brecht1) filmisch umsetzt. In dem spannenden TV-Thriller "Ein Dorf sucht seinen Mörder"2) trat er 2002 als Rechtsanwalt Dr. Haake und alternder Liebhaber der ermordeten jungen Tina (Isabella Jantz1)) in Erscheinung und bewies einmal mehr seine enorme schauspielerische Dominanz.
In jüngerer Zeit wirkte Bierbichler in der Kinoproduktion bzw. dem Kunstprojekt "hamlet_X"1) (2003) von Herbert Fritsch1) mit und spielte in Sebastian Steinbichlers vielbeachtetem dramatischen Heimatfilm "Hierankl"1) (2003) den Vater der Hauptdarstellerin Lene (Johanna Wokalek1)). 
Im Fernsehen war er 2003 mit der Hauptrolle des Karl Fürnkranz, Freund des Dorfgendarm Simon Polt (Erwin Steinhauer1)) in Julian Pölslers1) Thriller "Polterabend"1) nach dem erfolgreichen "Polt"1)-Krimi des Österreichers Alfred Komarek1) präsent, sowie 2004 als zwielichtiger Dr. Rolf Schneider in dem zweiteiligem Krimi "Das Konto"2) mit Heino Ferch1) als des Mordes an seiner Frau verdächtigter Top-Manager. Man erlebte ihn eindrucksvoll in dem bereits am 26. Juni 2004 beim "Filmfest München" vorgestellten Beziehungsdrama von Regisseur Christian Görlitz mit dem Titel "Außer Kontrolle" als alkoholabhängigen und zynischen Romanistikprofessor Jörg, der es seiner wesentlich jüngeren Frau Lisa (Christiane Paul1)) nicht leicht macht – in das Beziehungsgeflecht mit eingewoben sind der Journalist Dieter (Jürgen Vogel1)) und dessen Ehefrau (Suzanne von Borsody1)). Die Fernsehzeitschrift "Gong" urteilte: "Josef Bierbichlers Auftritt in diesem subtilen Psychodrama ist beeindruckend, die restlichen Drei der Schicksalsgemeinschaft stehen ihm an Ausdruck aber kaum nach." → dieterwunderlich.de. Eine prägnante Figur, die des Chefredakteurs Dr. Spitz, spielte er in dem von Diethard Klante nach dem gleichnamigen Roman1) von Martin Walser1) in Szene gesetzten TV-Film "Ohne einander"2) (2007) mit unter anderem Franziska Walser1), Jürgen Prochnow und Klaus Dieter Pohl → dieterwunderlich.de

Josef Bierbichler Mitte Oktober 2011
Copyright: Das blaue Sofa / Club Bertelsmann
Quelle: Ausschnitt des Fotos Josef Bierbichler im Gespräch mit Marita Hüinger
Urheber: Blaues Sofa from Berlin, Deutschland
Veröffentlicht bei Wikimedia Commons; Lizenz CC-BY-2.0

Josef Bierbichler Mitte Oktober 2011; Copyright: Das blaue Sofa / Club Bertelsmann; Quelle: Ausschnitt des Fotos Josef Bierbichler im Gespräch mit Marita Hüinger; Urheber: Blaues Sofa from Berlin, Deutschland, veröffentlicht bei Wikimedia Commons; Lizenz CC-BY-2.0
Mit einem weiteren Film, dem von Hans Steinbichler1) inszenierten einfühlsamen Drama "Winterreise"1) (2006), konnte der Ausnahmeschauspieler als abgebrannter Kleinunternehmer Franz Brenninger einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen. "Regisseur Hans Steinbichler schickt den Geschäftsmann Brenninger (Josef Bierbichler) auf eine "Winterreise" in die melancholische Seele eines Mannes, der sich in der Welt nicht mehr zurechtfindet. Er spielt einen Geschäftsmann, der sich auf den Weg nach Afrika machen muss, um mit seinem Leben ins Reine zu kommen und den inneren Frieden zu finden, der seit langem verloren ist." (Quelle: Andreas Fischer, teleschau – der mediendienst GmbH)3) … dem Publikum jedenfalls begegnet ein sehr emotionaler Film, der in seiner Balance aus Schwere und Heiterkeit gefällt und besonders durch den großartigen Hauptdarsteller getragen wird. Seinem misanthropischen Lebemann und ewigen Grantler muss man trotz aller Flüche und Poltereien ("Neger und Notare, alles Arschlöscher!") einfach eine große Portion Sympathie entgegenbringen. Geschickt ist in die "Winterreise" auch inhaltlich der gleichnamige Liedzyklus von Franz Schubert hineingewoben, der dem melancholischen Part des Filmes auch in der musikalischen Dimension Intensität verleiht. konnte man bei leipzig-almanach.de lesen.
Für seine eindringliche schauspielerische Leistung wurde Bierbichler am 4. Mai 2007 bei der 57. Verleihung der "Deutschen Filmpreise"1) in Berlin mit einer "Lola" als "Bester männlicher Hauptdarsteller" ausgezeichnet.
 
Gerade abgedreht hatte er unter der Regie von Caroline Link1) (auch Drehbuch) das Familiendrama "Im Winter ein Jahr"1). Nach dem Roman "Aftermath" von Scott Campbell1) zeichnet die Filmemacherin beeindruckend das atmosphärische Portrait einer zerrissenen Familie, Bierbichler gab den Künstler Max Hollander, der von Eliane Richter (Corinna Harfouch1)) gebeten wird, ein Bild ihrer beiden Kinder zu malen, der 22-jährigen Lilli (Karoline Herfurth1)), einer talentierten Tanz-Studentin, und des 19-jährigen Alexander (Cyril Sjöström), der vor einem knappen Jahr tödlich verunglückt ist. Als Lilli, zunächst lustlos, zu Sitzungen im Studio des Malers erscheint, merkt dieser schnell, dass sie in großen emotionalen Schwierigkeiten steckt und er versucht, die ehemals tiefe Verbindung der Geschwister besser zu verstehen.4) Kinostart war der 13. November 2008, bei der Verleihung des "Deutschen Filmpreises"1) am 24. April 2009 in Berlin wurde "Im Winter ein Jahr" als "Bester Spielfilm" mit einer "Lola in Silber" prämiert.
Ebenfalls Ende 2008 kam die österreichische Produktion "Der Knochenmann"1) von Regisseur Wolfgang Murnberger1) in die Kinos, gedreht nach dem gleichnamigen Bestseller1) von Wolf Haas1) um den kauzigen Privatdetektiv Simon Brenner1), gespielt von Josef Hader1). Bierbichler glänzt in dieser skurrilen Geschichte als Notoriker namens Löschenkohl, Chef einer gleichnamigen Grillstation, in der ganzen Steiermark berühmt berüchtigt für seine riesigen Grillhendl bzw. einer massenhaften Verköstigung von Hungrigen. Der produzierte Knochenabfall wird in einer Knochenmehlmaschine verarbeitet, eines Tages kommt es dort zu einem grausigen Fund …
Bei den 42. "Internationalen Hofer Filmtagen"1) (21.–26.10.2008) wurde neben "Im Winter ein Jahr" ein weiterer Spielfilm mit Bierbichler in der Hauptrolle vorgestellt – "Der Architekt"1) hieß das Regiedebüt der Berliner Schauspielerin Ina Weisse1). Im Mittelpunkt stand der Hamburger Erfolgsmensch und Architekt Georg Winter (Josef Bierbichler) der vom Tod seiner Mutter erfährt und sich mit seiner Familie widerwillig in sein Heimatdorf aufmacht. Bei schlechtem Wetter fährt er mit seiner Frau Eva (Hilde von Mieghem) und seinen beiden erwachsenen Kindern (Matthias Schweighöfer1) und Sandra Hüller1)) mit dem Auto zur Beerdigung seiner Mutter. Dort wird der Familienvater mit seiner Vergangenheit konfrontiert, mit seiner Jugendfreundin Hannah (Sophie Rois1)) und deren Sohn Alex (Lucas Zolgar1)). Die scheinbar harmonische Fassade der Familie Winter beginnt zu bröckeln. Bei der Testamentseröffnung kommt es zu einem Eklat. Als das Dorf dann auch noch durch eine Schneelawine von der Außenwelt abgeschnitten wird, kann der Architekt nicht mehr entfliehen. Sein mühsam aufrecht erhaltenes Leben droht einzustürzen. Schließlich läuft er vor sich selbst und seinen Problemen davon. Erschöpft bricht er zusammen und landet im verschneiten Straßengraben.5) Der Film gelangte am 29. Januar 2009 in die Kinos.
  
Wenige Monate später startete am 15. Oktober 2009 das Drama "Das Weiße Band"1)  mit dem Untertitel "Eine deutsche Kindergeschichte" des österreichischen Regisseurs Michael Haneke1) in den Kinos. Der prominent besetzten Film –  unter anderem mit Burkhart Klaußner, Susanne Lothar und Ulrich Tukur1) sowie Ernst Jacobi als Erzähler – spielt am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1913/14 in einem Dorf im protestantischen Norden Deutschlands und erzählt die Geschichte des vom Dorflehrer (Christian Friedel1)) geleiteten Schul- und Kirchenchors, der kindlichen und jugendlichen Sänger und deren Familien wie dem Gutsherr (Ulrich Tukur), dem Pfarrer (Burghart Klaußner), dem Gutsverwalter (Josef Bierbichler), einer Hebamme (Susanne Lothar), einem Arzt (Rainer Bock1)) und einiger Bauern. Dann passieren seltsame Unfälle, die nach und nach den Charakter ritueller Bestrafungen annehmen. Wer steckt dahinter?
Der preisgekrönte Film nahm im Mai 2009 am offiziellen Wettbewerb der "62. Internationalen Filmfestspiele"1) im französischen Cannes teil und feierte damit seine Weltpremiere. Hanekes Sozialstudie über eine autoritäre Gesellschaft, deren Kinder sich 20 Jahre später begeistert in den Nationalsozialismus stürzen werden, wurde in Cannes mit der "Goldenen Palme"1) ausgezeichnet. Einen weiteren Preis konnte Michael Haneke mit dem "Grand Prix de la FIPRESCI" für den "besten Film des Jahres" entgegennehmen, jährlich verliehen von der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung "FIPRESCI". Am 26. August 2009 wählte die Organisation "German Films" die Produktion "Das weiße Band" als offiziellen deutschen Bewerber für eine Oscar-Nominierung in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" aus.
Am 12. Dezember 2009 ging der "Europäische Filmpreis"1) an "Das weiße Band" in den Kategorien "Bester europäischer Film", "Beste Regie" und "Bestes Drehbuch".  Knapp einen Monat später – am 17. Januar 2010 – gehörte die deutsch-österreichische Produktion zu den Gewinnern des "Golden Globe Award"1) in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film". Die jährlich in Hollywood verliehenen "Golden Globes" sind eine der wichtigsten Preisverleihungen in der Filmbranche und gelten als Barometer für die Oscar-Verleihung. Michael Hanekes Film "Das weiße Band" gelingen Bilder, die im Kopf bleiben. Und sie sind schwarz-weiß. "Schwierigkeiten, die Bilder zu glauben", bereiteten ihm Farbfilme über historische Themen, sagt der Regisseur: "Mein Bildgedächtnis ist schwarz-weiß, anders kann ich es mir nicht vorstellen." Seine Bilder scheinen in der Tradition des schwedischen Meisterregisseurs und Pfarrersohns Ingmar Bergmann zu stehen. Ähnlich kraftvoll und scharf sind sie. Hanekes Film ist ein Panoptikum abgründiger Miniaturen – und "das weiße Band" des Titels steht dabei für die schwarze Pädagogik eines evangelischen Pfarrers.6) → weitere Preise und Nominierungen bei Wikipedia.
Bierbichler zeigte sich mit der titelgebenden Figur des berühmten Schriftstellers Brand in dem Thriller "Brand – Eine Totengeschichte"2) und war für den am 27. Januar 2012 zu verleihenden "Österreichischen Filmpreis"1) als "Bester männlicher Darsteller" nominiert, unterlag jedoch Thomas Schubert1) in dem Film "Atmen"1). "Brand – Eine Totengeschichte" feierte am 1. Dezember 2011 seine deutschlandweite Kinopremiere → filmportal.de. Am 24. Oktober 2013 ging das von Caroline Link in Szene gesetzte Vater-Sohn-Drama "Exit Marrakech"1) an den Start, in dem Bierbichler als Rektor neben den Protagonisten Ulrich Tukur1) und Samuel Schneider1) ebenfalls zur Besetzung gehörte.
 
Nach längerer Zeit war der Charaktermime auch wieder im Fernsehen präsent und verkörperte den Anwalt Friedrich Leonhardt in der sechsteiligen ZDF-Serie "Verbrechen"1) nach dem gleichnamigen, Aufsehen erregenden Bestseller des Strafverteidigers und Schriftstellers Ferdinand von Schirach1). Die erste Doppelfolge "Fähner" und "Tanatas Teeschale" lief am 7. April 2013 ab 22:00 Uhr bzw. 22:45 Uhr, die weiteren spannenden vier Geschichten am 14.04. ("Grün"/"Der Igel") und 21.04.2013 ("Summertime"/"Notwehr") → fernsehserien.de.
Kraftvoll und dennoch sensibel gestaltete Bierbichler den Fußballfunktionär Kurt Landauer1) (1884 – 1961), der nach seiner Rückkehr nach Deutschland ab 1947 bis 1951 Präsident des "FC Bayern München" war. Regisseur Hans Steinbichler erzählte mit "Landauer – Der Präsident"1) (EA: 15.10.2014) und viel Liebe zum Detail die Geschichte eines von den Nazis verfolgten Mannes, unter dem der Verein bereits 1932 seine erste "Deutsche Meisterschaft" gewann, der dennoch – obwohl er den Grundstein für einen der erfolgreichsten Fußballvereine der deutschen Nachkriegsgeschichte legte – weitgehend in Vergessenheit geraten ist. "Josef Bierbichler spielt den bedachten, verletzten Landauer mit sorgfältig dosierten Emotionen – im feinen Gegensatz zur oft leider allzu gefühlsschwanger aufbrausenden Filmmusik, dem einzigen störenden Element in dieser gut komponierten Inszenierung, denn ein schwarz-weißer Gang durch Ruinen wirkt auch ohne düsteres Säge-Cello." notierte spiegel.de. Und Bernhard Blöchl schrieb in der "Süddeutschen Zeitung": "Der kernige 66-Jährige spielt den jüdischen Kaufmann mit Entschlossenheit, verleiht ihm eine Mischung aus Strenge und Güte, Grant und Begeisterung. Mit beeindruckender Präsenz gibt er einen Mann, der gebrochen sein müsste, aber nicht gebrochen ist. 1933 wurde er gezwungen, sein Amt abzugeben, 1938 kam er ins KZ nach Dachau, konnte aber in die Schweiz fliehen. Verloren hat er fast alles: seine Arbeit, seinen Verein, seine Heimat – und vier Geschwister." → tittelbach.tv
Erneut dauerte es einige Zeit, bis Bierbichler in einer TV-Produktion präsent war, am 15. April 2020 wurde in der ARD das Dokumentarspiel "Die Getriebenen"1) gesendet. In dem nach dem Sachbuch "Die Getriebenen: Merkel und die Flüchtlingspolitik"1) von Robin Alexander1) realisierten Film, mit dem die Europäische Flüchtlingskrise1) 2015 rekonstruiert wurde, stellte er neben Imogen Kogge1) als Bundeskanzlerin Angela Merkel1) den damaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer1) dar. "Klasse auch Rüdiger Vogler als mürrischer Wolfgang Schäuble1) sowie Josef Bierbichler, der Merkels Gegenspieler Horst Seehofer wie einen alten, verwundeten Graurücken spielt, der sich noch einmal gegen den jungen, ehrgeizigen Herausforderer aufzubäumen versucht." urteilt tittelbach.tv.
  
Josef Bierbichler, der bereits 1987 mit dem Kinofilm "Triumph der Gerechten" (→ filmdienst.de) sein Debüt als Drehbuchautor und Regisseur gegeben hatte, veröffentlichte im September 2001 sein autobiographisch gefärbtes Buch "Verfluchtes Fleisch", um "herauszufinden, wie weit die Wahrheit noch entfernt ist, wenn man ihr besonders nahe gekommen zu sein glaubt.", wie er in einem Interview sagte.
Am 13. März 2008, knapp einen Monat vor Bierbichlers 60. Geburtstag, kam die von Regina Schilling1) realisierte 90-minütige Dokumentation "Bierbichler"7) in die Kinos, mit der der Filmemacherin ein einfühlsames Portrait über den wortgewaltigen Querdenker gelang: Die Filmemacherin Regina Schilling hat den Ausnahmeschauspieler über zwei Jahre begleitet, seine zeitweiligen Weggefährten Werner Herzog1) und Herbert Achternbusch und seine Geliebte Luisa Francia1) befragt, vor allem aber hat sie den Bauern- und Wirtssohn vom Starnberger See, der seit seiner Geburt 1948 im Gasthof der Familie lebt, zum Reden gebracht. Bierbichler gibt offen Auskunft über seine Hassliebe zum Theater, über den Ursprung und die Sehnsucht nach der Kunst, darüber wie er mit dem Schauspielerdasein hadert und auf der Suche nach neuen Wegen ist. Er probiert andere Dinge aus, singt Mahler- und Eisler-Lieder, schreibt ein Buch ("Verfluchtes Fleisch"). Man sieht ihn bei Theaterproben, folgt ihm während der Vorbereitungen zu seinem Theaterstück "Holzschlachten. Ein Stück Arbeit", in dem er Schauspieler, Regisseur und Dramaturg in einer Person ist.8)
Bierbichlers erster Roman "Mittelreich" erschien am 10. September 2011 im "Suhrkamp Verlag"1), erzählt wird die Geschichte einer Bauern- und Wirtsfamilie zwischen 1914 und 1984. "Josef Bierbichler, der große Menschendarsteller des deutschen Theaters und Films, erzählt hundert Jahre Deutschland. Ein Epos über Krieg und Zerstörung, alte Macht und neuen Wohlstand, über die vermeintlich fetten Jahre." schreibt der "Suhrkamp Verlag"; das Werk liegt inzwischen auch als Hörbuch vor. Sicherlich auch für diese Arbeit erhielt Bierbichler 2013 den "Bayerischen Poetentaler"1), der jährlich von den "Münchner Turmschreibern"1) an Institutionen und Personen vergeben wird, die sich um die bayerische Kultur verdient gemacht haben.
Rund drei Jahrzehnte nach seiner ersten Regiearbeit "Triumph der Gerechten" aus dem Jahre 1987 kam am 22. März 2018 ein weiterer Film in die Kinos, der Bierbichlers Handschrift trägt: "Zwei Herren im Anzug" heißt das Werk, das er nach Motiven seines Romans "Mittelreich" verfilmt hat und in dem er als alter Seewirt sowie Bauer Pankraz zu sehen ist  → filmportal.de, nachtkritik.de, epd-film.de.
  

Josef Bierbichler am 12. Mai 2018 bei
einem Auftritt im "Bockenheimer Depot"
Urheber: Frank C. Müller, Frankfurt/Main;
Lizenz: CC BY-SA 4.0; Quelle: Wikimedia Commons

Josef Bierbichler am 12. Mai 2018 bei einem Auftritt im "Bockenheimer Depot"; Urheber: Frank C. Müller, Frankfurt/Main; Lizenz: CC BY-SA 4.0; Quelle: Wikimedia Commons
Bierbichlers jüngste Arbeit für das Kino entstand unter der Regie von Nana Neul1), trägt den Titel "Töchter"9) und basiert auf dem gleichnamigen  Bestseller-Roman von Lucy Fricke1), die zudem gemeinsam mit Nana Neul, das Drehbuch schrieb. Bei filmportal.de wird zum Inhalt ausgeführt: "Die beiden erwachsenen Freundinnen Betty (Birgit Minichmayr1)) und Martha (Alexandra Maria Lara1)) pflegen schon seit langer Zeit ihre tiefgehende Freundschaft, egal was auf beide zukommen mag. Als Marthas Vater Kurt (Bierbichler) einen überraschenden Wunsch gegenüber seiner Tochter äußerst, begeben sich die beiden Frauen gemeinsam mit ihm auf einen einzigartigen Roadtrip, um seiner Bitte nachkommen zu können: Kurt ist todkrank und würde gerne noch einen letzten Urlaub in der Schweiz verbringen, um sich vor dem Sterben ein finales Mal tiefgehend auszuruhen und zu erholen. Die zuerst als Tagesausflug gedachte Reise entwickelt sich jedoch bald zu einer ganz persönlichen Betrachtung der eigenen Familiengeschichte." Und www.ndr.de notiert: "Road Trips in Nachbarländer, die Sterbehilfe erlauben, gab es schon häufiger im Kino. Hier geht es aber um etwas anderes: Die Beziehung zweier Töchter zu ihren abwesenden Vätern. Das Traurige ist, dass ein nicht vorhandener Papa lebensprägender sein kann als einer, der sich rührend gekümmert hätte. Marthas Vater Kurt ist auch in der Buchvorlage schon ein sturer Kerl. Verkörpert durch Josef Bierbichler, wird er im Film zur Urgewalt." Kinostart war der 7. Oktober 2021.
   
Neben seiner umfangreichen Arbeit für Theater und Film, steht der charismatische Künstler mitunter als Vokalist und Sänger auf der Bühne. Darüber hinaus ist der Hobby-Landwirt seit Jahren als Sprecher für verschiedenste Audio-Produktionen und Hörspiele tätig; eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
Der bedeutende, vielseitige und mehrfach ausgezeichnete Charakterdarsteller, Regisseur und Autor Josef Bierbichler ist Vater von drei Kindern und lebt in seinem Geburtsort Ambach. Er war viele Jahre mit der Autorin, Filmemacherin und Malerin Luisa Francia1) liiert.
Seine 1946 geborene Schwester Annamirl Bierbichler1) hatte ebenfalls den Beruf der Schauspielerin ergriffen und sich vorwiegend in Filmen Herbert Achternbuschs, aber auch am Theater einen Namen gemacht. Annamirl Bierbichler erlag am 27. Mai 2005 mit nur 58 Jahren im oberbayerischen Penzberg1) einem Krebsleiden.

Fremde Links: 1)  Wikipedia, 2) prisma.de, 7) realfictionfilme.de, 9) filmportal.de
Quelle:
3) "DVD Kritik: Winterreise" von Andreas Fischer (29.10.2007) bei der nicht mehr abrufbaren Seite von monstersandcritics.de (2007 teleschau – der mediendienst)
4) www.bavaria-film.de (Seite nicht mehr existent)
5) www.lycos.de (Seite nicht mehr existent)
6) www.sonntagsblatt-bayern.de
8) www.realfictionfilme.de
Stand: Oktober 2021
Textbausteine des Kurzportraits von prisma.de 
Siehe auch Wikipedia, filmportal.de
Theater-Wirken (Auszug)
Quelle (unter anderem): "Henschel Theaterlexikon",
Hrsg. C. Bernd Sucher (Henschel Verlag, 2010, S. 78–80)
(Fremde Links: Wikipedia;  R = Regie;  UA = Uraufführung, P = Premiere)
Filme
Kino / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Die Krimihomepage, prisma.de, tittelbach.tv)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de