Filmografie / Hörspiel
Mathilde Danegger wurde am 2. August 1903 als Mathilde Deutsch in der österreichischen Hauptstadt Wien geboren. Sie war die Tochter des Charakterdarstellers, Regisseurs und Schauspielpädagogen Josef Danegger1) (eigentlich Josef Deutsch; 1865 – 1933), der sich vor allem am Wiener "Burgtheater" einen Namen gemacht hatte, und der Schauspielerin Bertha Müller (1866 – 1954). Die älteren Brüder Josef Danegger1) (1889 – 1948) und Theodor Danegger1) (1891 – 1959) waren ebenfalls Schauspieler, Theodor zudem Opernsänger. 
Mathilde Danegger, fotografiert von Barbara Morgenstern; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_mo_0000293_008); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Barbara Morgenstern; Urheber: Barbara Morgenstern; undatiertes Foto; Quelle: www.deutschefotothek.de Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich Mathilde, geprägt von dem familiären künstlerischen Umfeld, schon früh für das Theater interessierte, bereits mit neun Jahren stand sie 1912 als Kinderdarstellerin erstmals auf der Bühne des "Burgtheaters". Wenig später trat sie an ihrer späteren langjährigen Wirkungsstätte, dem "Deutschen Theater"1) in Berlin bei Max Reinhardt1) auf und spielte in dessen deutschsprachigen Erstaufführung des Kinder- und Jugendschauspiels "Der blaue Vogel" ("L'oiseau bleu") von Maurice Maeterlinck1), bildete zusammen mit Lia Rosen das Geschwisterpaar Mytyl und Tyltyl → digi.ub.uni-heidelberg.de.
Mathilde Danegger reifte im Laufe der Jahre zu einer angesehenen Charakterschauspielerin, gestaltete unter anderem am "Burgtheater" das Gretchen in Goethes "Faust"1) (1919/20), spielte in Wien am "Deutschen Volkstheater"1) (1920–1923) und am "Theater in der Josefstadt"1) (1924–1927). Eine weitere Station für die junge Mimin wurde bis 1930 das "Schauspielhaus Zürich"1), wo sie beispielsweise in einer Inszenierung von Herman Wlach als Luise in Schillers "Kabale und Liebe"1) brillierte. Nach einem neuerlichen Aufenthalt in Wien (1930–1932) kam sie 1932 für kurze Zeit wieder an das "Deutsche Theater" in Berlin.
  
Mathilde Danegger, fotografiert von Barbara Morgenstern
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_mo_0000293_008)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Barbara Morgenstern;
Urheber: Barbara Morgenstern; undatiertes Foto;
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte die Schauspielerin 1933 in die Schweiz, spielte einmal mehr am "Schauspielhaus Zürich" (1933/34), zwischen 1934 und 1938 betätigte sie sich in Zürich als Ensemblemitglied des "Cabaret Cornichon"1), das 1934 unter anderem auch von ihrem zweiten Ehemann Walter Lesch1) (1898 – 1958) gegründet worden war → Foto bei cyranos.ch. Seit 1938 wieder am "Schauspielhaus Zürich" engagiert, glänzte sie dort beispielsweise als Mrs. Webb in "Unsere kleine Stadt"1) von Thornton Wilder oder als Shakespeare-Interpretin, gestaltete die Margarete1) in "König Richard III."1) und die Emilia in "Othello"1).
Nach Ende des 2. Weltkrieges kam die engagierte Kommunistin Mathilde Danegger 1946 nach Deutschland zurück und fand zunächst Arbeit am "Hessischen Landestheater" in Wiesbaden (1947–1951), ging dann im Frühjahr 1951 mit ihrer Familie in die DDR bzw. nach Ost-Berlin. Zwischen 1951 und 1953 wirkte sie an Bertolt Brechts "Berliner Ensemble"1), um dann die nächsten zwanzig Jahre bis 1973 mit ihrem unfangreichen Repertoire zu den prägenden Darstellern des "Deutschen Theaters" zu gehören. Gerühmt wurden ihre Darbietungen von Mutterfiguren und volkstümlichen Gestalten, im folgenden eine kleine Auswahl der Rollen bzw. Theaterstücke, in denen sie am "Deutschen Theater" auftrat:
(Quelle (unter anderem) und fremde Links: Wikipedia)
Schon zu Stummfilmzeiten hatte Mathilde Danegger Erfahrungen vor der Kamera gesammelt und unter der Regie von Mihály Kertész1) (= Michael Curtiz) in "Wege des Schreckens" (1921) und "Die Lawine" (1923) mitgewirkt. Doch erst mit Beginn der 1930er Jahre nahm sie ihre Tätigkeit für den Film in Schweizer Produktionen wieder auf. Zwischen 1933 und 1947 spielte sie in sieben Kinofilmen, so unter der Regie ihres Mannes Walter Lesch und Richard Schweizers1) als Resi in dem Dialektschwank "Wie d'Warret würkt"1) (1933) und zwei Jahre später als Sophie in der Dialektkomödie "Jä–soo!"1) (1935), diesmal von Walter Lesch zusammen mit Leopold Lindtberg1) in Szene gesetzt.
Mathilde Danegger mit Heinz Woester (als Dr. med. Ernst Laduner) in "Matto regiert"; Quelle/Link: cyranos.ch bzw. Archiv "Praesens-Film AG", Zürich, mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich); Copyright Praesens-Film AG

Es folgte Leopold Lindtbergs Gottfried Keller-Adaption "Die missbrauchten Liebesbriefe" (1940) mit der Rolle des "Blaustrumpfs" Jungfer Kätter Ambach, in "Gilberte de Courgenay"1) (1941), Franz Schnyders1) Biopic über das Schweizer Soldaten-Idol  Gilberte de Courgenay1), mimte sie die Tante Ottilie. In dem Lustspiel "Der Schuss von der Kanzel"1) (1942; nach der Novelle von Conrad Ferdinand Meyer1)) spielte sie einmal mehr für Leopold Lindtberg die alte Babeli, tauchte dann noch in zwei weiteren, von Lindtberg inszenierten Kinoproduktionen auf: In "Marie-Louise"2) (1944) spielte sie an der Seite der Titelheldin Josiane Hegg die Päuli, in dem Krimi "Matto regiert"1) (1947), der Verfilmung des gleichnamigem Romans1) von Friedrich Glauser mit Heinrich Gretler als Wachtmeister Studer, die Frau Dr. Spühler.
 
Mathilde Danegger mit Heinz Woester1) (als Dr. med. Ernst Laduner) in "Matto regiert"
Quelle/Link: cyranos.ch bzw. Archiv "Praesens-Film AG", Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG → DVD-Veröffentlichung

Erst für die DEFA bzw. den "Deutschen Fernsehfunk" (DFF) nahm Mathilde Danegger rund zehn Jahre später ihre Filmarbeit wieder auf, errang auch hier mit ihren ausdrucksstarken, sowohl resoluten als auch gütigen Mutter- und Großmutterrollen Aufmerksamkeit. "Warmherzigkeit und Volkstümlichkeit geben vielen Figuren der Danegger eigenes, unverwechselbares Leben." (Heinz Hofmann, 1974). Besondere Beachtung fand die als gutmütige Protagonistin in dem farbenprächtigen Märchenfilm "Frau Holle"1) (1963), "in der werkgetreuen und phantasievollen Inszenierung strahlt sie Ruhe und Souveränität aus" notiert www.film-zeit.de. Eine Klammer bilden die beiden Filme von Günter Reisch "Ach, du fröhliche …"1) (1962) und "Wie die Alten sungen…"1) (1987), in denen Ansichten einer typisch-untypischen DDR-Familie zu Anfang der sechziger und Mitte der achtziger Jahre thematisiert werden. Als christlich orientierte Schwiegermutter des von Erwin Geschonneck dargestellten Kommunisten ist sie ihm ein amüsanter Gegenpart. führt das "Lexikon der DDR-Stars"*) aus. Dazwischen lagen Produktionen wie der amüsante Musikfilm "Geliebte weiße Maus"1) (1964) mit Danegger als Reinigungskraft Mutter Hirsch, die Opernverfilmung "Der fliegende Holländer"1) (1964) mit der Part der Amme Mary oder die Komödie "Seine Hoheit – Genosse Prinz"1) (1969), wo sie mal als Fürstin aufspielen durfte.
Auf dem Bildschirm erlebte man sie – neben verschiedenen Theateraufführungen – beispielsweise brillant als Angeklagte Anna Mergel in "Die Wahnmörderin"3) (1962), gedreht nach Akten eines 1960 in Nürnberg geführten Prozesses gegen die Witwe und fanatische Katholikin Josefine Fischhold, die ihrem Sohn Rudolf die Kehle durchgeschnitten hatte, weil er eine Frau evangelischen Glaubens heiraten zu wollte. Großartig war sie auch mit der Titelrolle der sorbischen Landarbeiterin Jantschowa in "Mutter Jantschowa"3) (1968) nach einer Erzählung von Jurij Brězan1) – "das war in heiteren und tragischen Dimensionen große Schauspielkunst, und der Zeitraum, den Mutter Jantschen zu überleben hatte, wurde durch Mathilde Danegger zum Erlebnis eines Entwicklungsprozesses …" schrieb 1970 der Publizist bzw. Film- und Fernsehkritiker Heinz Hofmann.*)
Ab Ende der 1970er Jahre wirkte sie auch in populären Krimis mit, zeigte sich unter anderem drei Mal in dem Quotenrenner "Polizeiruf 110"1). Einen ihrer letzten TV-Auftritte hatte sie als Tante Beisel in der Serie "Archiv des Todes"1) (1980).
Darüber hinaus machte sich Mathilde Danegger auf KPD-Veranstaltungen einen Namen als Rezitatorin und Sängerin, wirkte zudem sporadisch in Hörspiel-Produktionen mit. Eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank aufgeführten Stücke findet man hier am Ende des Artikels.
Die politisch engagierte Künstlerin – bereits in der Schweiz gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der Bewegung "Freies Deutschland"1) – betätigte sich in der Gewerkschaft bzw. als Vorstandsmitglied des "FDGB"1), setzte sich aktiv für die Friedensbewegung ein und leitete zeitweilig die Parteiorganisation des "Deutschen Theaters". Sie kümmerte sich auch um den Schauspielernachwuchs und unterrichtete als Honorarkraft an der "Berliner Schauspielschule".
Mehrfach wurde sie ausgezeichnet, 1955 erhielt sie die "Clara-Zetkin-Medaille"1), fünf Jahre später den "Kunstpreis der DDR"1).Weitere Ehrungen waren unter anderem der "Vaterländischer Verdienstorden"1) in Bronze (1963), der "Nationalpreis der DDR1) II. Klasse für Kunst und Literatur" (1969), der "Vaterländische Verdienstorden" in Gold (1978), der "Wolfgang-Heinz-Ring"1) (1985) und der "Stern der Völkerfreundschaft" in Gold1) (1988) → Übersicht der Auszeichnungen bei Wikipedia
  

Mathilde Danegger 1955, Trägerin der "Clara-Zetkin-Medaille"
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001188_001)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 08.03.1955
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Mathilde Danegger 1955; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001188_001); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 08.03.1955; Quelle: www.deutschefotothek.de
Mathilde Danegger starb am 27. Juli 1988 in Ost-Berlin – wenige Tage vor ihrem 85. Geburtstag; die letzte Ruhe fand sie auf dem Friedhof I im brandenburgischen Zeuthen1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
In erster Ehe war sie mit dem österreichischen Regisseur und Schauspieler Herbert Waniek1) (1897 –1949) verheiratet, in zweiter Ehe, wie erwähnt, seit 1932 mit dem Schweizer Regisseur, Dramaturgen und Schriftsteller Dr. Walter Lesch. Die 1935 in Zürich geborene gemeinsame Tochter Karin Lesch1) trat in die Fußstapfen ihrer Mutter und wurde ebenfalls Schauspielerin; sie präsentierte sich auch in einigen Kinofilmen, unter anderem als Königin in dem Kult-Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"1) (1973).
Nach der Trennung  von Lesch lernte Mathilde Danegger in der Emigration ihren dritten Ehemann, den Kommunisten und Gesellschaftswissenschaftler Herbert Crüger1) (1911 – 2003) kennen, der dann seit 1951 in der  DDR als Universitäts-Dozent tätig war. Im Zuge kritischer Diskussionen nach dem XX. Parteitag der KPdSU und seinem Einsatz für den verhafteten Bernhard Steinberger1) wurde Crüger selbst im März 1958 vom "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS) verhaftet, im Dezember 1958 in einem geheimen Prozess wegen "schweren Staatsverrats" zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt und ab 1959 in die berüchtigten Stasi-"Haftanstalt Bautzen II"1) verbracht wurde. Auch Mathilde Danegger musste sich der politischen Diskussion stellen, stand aber stets an der Seite ihres Ehemannes, der 1961 vorzeitig entlassen wurde.
Quellen: "Lexikon der DDR-Stars"*), Wikipedia, tls.theaterwissenschaft.ch, www.cyranos.ch
*) "Lexikon der DDR-Stars" von F.-B. Habel und Volker Wachter (Ausgabe 1999, S. 57/58)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) cyranos.ch, 3) fernsehenderddr.de
4) Quelle: Wikipedia
    
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de

(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, defa-stiftung.de, fernsehenderddr.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Link: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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