Ihren ersten Tonfilm drehte Valeska Gert ebenfalls mit Georg Wilhelm Pabst, herausragend war hier ihre Darstellung der Mrs. Peachum, Ehefrau des "Bettlerkönigs" Peachum (Fritz Rasp) und Eltern von Polly (Carola Neher), in dessen ersten Verfilmung "Die Dreigroschenoper"1) (1931) frei nach dem gleichnamigen Bühnenwerk1) von Bertolt Brecht/Kurt Weill1) mit Rudolf Forster als Mackie Messer. Nach der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten ging die von den Nazis als "entartet" diffamierte Künstlerin mit jüdischen Wurzel 1933 zunächst nach Frankreich, später nach Großbritannien, wo sie als Tänzerin an verschiedenen Londoner Theatern auftrat und zudem eine Rolle in dem von Alberto Cavalcanti1) gedrehten Kurz-Spielfilm "Pett and Pott: A Fairy Story of the Suburbs" (1934) übernahm. "Der Film des britischen "General Post Office"1) stellt anhand der Nachbarsfamilien Pett und Pott die Vorzüge eines Telefonanschlusses heraus. Während Mrs. Pett (Marjorie Fone) bereits eifrig davon Gebrauch macht, um den Haushalt besser zu organisieren, hat sich Familie Pott für ein Dienstmädchen (Valeska Gert) entschieden. Eine Entscheidung, die sie bald bereuen wird." kann man bei arsenal-berlin.de lesen. Am 23. November 1935 wurde sie auf Grund der Nazi-Rassengesetze1) von ihrem ersten Ehemann, dem Arzt Helmuth von Krause (1893 1980) und Sohn des Juristen Paul von Krause1) geschieden, den sie am 28. März 1918 geheiratet hatte. Ein Jahr später ehelichte sie den homosexuellen Schriftsteller und Kulturmanager Robin Hay Anderson, um die britische Staatsbürgerschaft zu erlangen; dieser hatte zwischen 1936 und 1938 ihre Solo-Auftritte organisiert. Anfang 1939 emigrierte Valeska Gert in die USA, wo sie sich zunächst als Tellerwäscherin und Aktmodell über Wasser hielt, da sie ihrem bisherigen Beruf kaum Arbeit fand. "Sie engagierte als Klavierbegleiter für Probeauftritte zeitweilig den 17-jährigen Georg Kreisler1), was aber zu keinem Engagement führte. Im Sommer 1940 war Gert einige Wochen oder Monate lang in Provincetown1) als Aktmodell tätig. Im Sommer 1940 trat sie mehrfach im Hafenlokal "White Whale" in Provincetown auf." notiert Wikipedia. Seit Ende 1941 betrieb sie im New Yorker Stadtteil Greenwich Village1) das Kellerkabarett "Beggar Bar", eine Mischung aus Kabarett und einfachem Restaurant- "Dort traten neben Valeska Gert selbst unterschiedliche, teils ebenfalls eingewanderte Künstler auf, unter anderem Kadidja Wedekind1) mit Rezitationen der Gedichte ihres Vaters Frank Wedekind1). Einer ihrer Kellner war der später als Dramatiker weltberühmt gewordene Tennessee Williams1), der hier auch eigene Gedichte vortrug. An der Garderobe arbeitete die später durch das "Living Theatre"1) berühmte Judith Malina1). Zeitweise galt die "Beggar's Bar" als besonderer Tipp und wurde von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten besucht. In Gerts Lokal galt zudem keine Rassentrennung. Im Frühling 1945 musste Gert ihr Kabarett wegen behördlicher Auflagen schließen."2) Kurze Zeit später eröffnete sie für kurze Zeit in Provincetown das Kabarett "Valeska's", kehrte dann im März 1947 nach Europa zurück. Zunächst ging Valeska Gert nach Frankreich, später in die Schweiz, betrieb in Zürich das "Café Valeska und ihr Küchenpersonal" und kam dann schließlich am 17. Februar 1949 wieder nach Berlin, wo sie zunächst das Kabarett "Bei Valeska" und im Folgejahr "Die Hexenküche" eröffnete – der junge Klaus Kinski rezitierte hier zum ersten Mal Texte des spätmittelalterlichen, französischen Dichters François Villon1). "Sie selbst spielte in der "Hexenküche" die für ihre Grausamkeit berüchtigte KZ-Kommandeuse Ilse Koch1), Ehefrau des Lagerkommandanten des KZ Buchenwald1) Karl Otto Koch1), die 1949 zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde."2) 1951 ließ sich Valeska Gert in Kampen1) auf der Nordsee-Insel Sylt1) nieder, wo sie seit 1932 ein Haus besaß, und eröffnete dort am 2. Juli 1951 die Nachtbar "Ziegenstall", in der sie ihre makabren Lieder vor einem meist bizarres Publikum sang. An den Wänden des künstlerisch gestalteten "Ziegenstalls" war zu lesen "Die Gäste sind wie die Ziegen, sie werden gemolken und meckern!" Viele Jahre lebte Valeska Gert in den Sommermonaten auf Sylt, bevor sie ihre Berliner Wohnung aufgab und sich ganz auf die Insel zurückzog. Im Film feierte Valeska Gert ab Mitte der 1960er Jahre ein kleines Comeback: Der berühmte italienische Filmregisseur Federico Fellini1) besetzte sie neben seiner Protagonistin Giulietta Masina in seinem Fantasyfilm "Julia und die Geister"1) (1965, "Giulietta degli spiriti") und ließ sie als das viel gefragte Medium Pijma (Bhishma) auftreten, ein weißhaariges Orakel, das "das Geheimnis beider Geschlechter" verkörpert und Julia in der Badewanne sitzend im Kamasutra1) unterweist: "Die Liebe ist eine Religion."3) Rainer Werner Fassbinder1) gab ihr die kleine Rolle der unerwünschten "Oma" (mit rotgefärbten Haaren und hochgestecktem Dutt"3)) im dritten Teil "Franz und Ernst"4) des TV-Fünfteilers "Acht Stunden sind kein Tag"1) (1972), in der von (Regie) und mit Ulrike Ottinger1) und Tabea Blumenschein1) nach einer Vorlage von Guillaume Apollinaire1) gedrehten experimentellen Kinofilm-Collage "Die Betörung der blauen Matrosen"1) (1975) zeigte sie sich als "der alte Vogel". Ein kleiner, letzter Höhepunkt ihrer späten Aktivitäten vor der Kamera war sicherlich die Figur der verrückten Aristokratin Tante Praskovia in dem von Volker Schlöndorff1) nach dem Roman "Le Coup de Grâce"1) von Marguerite Yourcenar1) gedrehten Drama "Der Fangschuss"1) (1976), mit dem der Liebeskonflikt zwischen einer leidenschaftlichen jungen Adligen Margarethe von Trotta1)) und einem gefühlskalten preußischen Offizier (Matthias Habich) vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges 1919 im Baltikum1) (→ Deutsche Legion) erzählt wurde. Schlöndorff widmete der ehemaligen exzentrischen Tänzerin 1977 eine einstündige, bemerkenswerte Dokumentation unter dem Titel "Nur zum Spaß Nur zum Spiel"4) mit dem Untertitel "Kaleidoskop Valeska Gert" → schloendorff.deutsches-filminstitut.de. "Für seinen Porträtfilm besuchte Volker Schlöndorff zusammen mit Kameramann Michael Ballhaus1) Valeska Gert in Kampen auf Sylt und interviewte sie in ihrem Nachtlokal "Ziegenstall". Dort zeigt sie noch einmal eine Nummer aus der Zeit ihres Kabaretts "Hexenküche" und gibt Ilse Koch1), die "Kommandeuse" des "KZ Buchenwald"1). Der Film enthält seltenes Archivmaterial, unter anderem Ausschnitte aus kurzen Tanzfilmen mit Valeska Gert aus den 1920er Jahren. (Quelle: arsenal-berlin.de) → Übersicht Tonfilme Valeska Gert, die 1970 mit dem "Filmband in Gold"1) für "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" ausgezeichnet worden war, starb – von den Medien wenig beachtet – (vermutlich) am 16. März 1978 (zwischen dem 15. und 18. 03.1978) im Alter von 86 Jahren in ihrem Haus in Kampen1) auf Sylt. Am 18. März 1978 machen sich Nachbarn und Bekannte Sorgen, weil Valeska Gert seit vier Tagen nicht mehr gesehen wurde. Als die Haustür in Gegenwart der Polizei gewaltsam geöffnet wird, ist Gert bereits tot.2) Die letzte Ruhe fand die einst gefeierte Tänzerin und Schauspielerin auf dem Berliner "Friedhof Ruhleben"1) (Am Hain in einem Ehrengrab1) des Landes Berlin (Feld XVI–175) → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons sowie knerger.de. Bei Wikipedia kann man lesen: "Valeska Gert wurde in ihrer Geburts- und Lieblingsstadt Berlin beerdigt, wo sie auch nach ihrer Remigration noch lange Zeit (parallel zu Sylt) eine Wohnung hatte. Sie durfte auf dem "Friedhof Ruhleben" (Am Hain) in (West)-Berlin nicht wunschgemäß in einem "knallroten Sarg" bestattet werden, doch war der Sarg mit einem roten Tuch bedeckt. Der schwarze Grabstein trägt ihren Namen als Autogramm in Pink." Ihre ersten Erinnerungen veröffentlichte die Künstlerin 1930 unter dem Titel "Mein Weg", 1950 folgte "Die Bettlerbar von New York", 1968 "Ich bin eine Hexe – Kaleidoskop meines Lebens", welches inzwischen auch als Hörbuch mit wenigen Originalaufnahmen auf den Markt kam; 1973 erschien das Buch "Katze von Kampen". Bereits 1913/14 hatte Valeska Gert in in der Mode-Zeitschrift "Elegante Welt" eigene Texte veröffentlicht, in den 1920er Jahren publizierte sie Artikel in Zeitschriften wie "Die Weltbühne"1) und "Berliner Tageblatt"1). Von Dr. Frank-Manuel Peter1), unter anderem seit 1986 Leiter des "Deutschen Tanzarchivs Köln"1), erschien 1985 das Buch "Valeska Gert. Tänzerin, Schauspielerin, Kabarettistin. Eine dokumentarische Biographie" mit einem Vorwort von Volker Schlöndorff1). → mehr Literatur bei Wikipedia. Im Archiv der Berliner "Akademie der Künste"1) befindet sich durch Vermittlung ihres Biographen von der Erbengemeinschaft ihr schriftlicher Nachlass im "Valeska-Gert-Archiv" mit epischen, lyrischen und dramatischen Manuskripten, Tanzfotos (besonders nach 1945), biografische Unterlagen sowie Korrespondenz in Einzelstücken (vorwiegend nach 1945) unter anderem mit dem Theater-Mann Boleslaw Barlog1), Journalist Werner Höfer, Dichterin Mascha Kaléko1), Regisseur/Drehbuchautor Pierre Philippe (1931 – 2001) und dem Filmemacher Volker Schlöndorff1) → archiv.adk.de.
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Quellen (unter anderem): cyranos.ch,
Wikipedia
sowie "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars"*) Siehe auch "Deutschen Tanzarchivs Köln", kuenste-im-exil.de und den Artikel bei deutschlandfunk.de; Fotos bei filmstarpostcards.blogspot.com, virtual-history.com, Wikimedia Commons |
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*) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von
Adolf
Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 122/123 Fremde Links: 1) Wikipedia, 4) filmportal.de Quelle: 2) Wikipedia, 3) arsenal-berlin.de Lizenz Foto Valeska Gert (Urheber: Suse Byk/Alexander Binder/Atelier Leopold): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers. |
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