Die Schauspielerin Adrienne Gessner wurde am 23. Juli 1896 als Adrienne Geiringer in der niederösterreichischen Gemeinde Schottwien-Maria-Schutz1) (Region Semmering) geboren. Sie entstammte einer Künstlerfamilie, der Vater Gustav Geiringer (1856 – 1945) war Komponist und Gesangspädagoge die Mutter, Christine Geiringer1) (1867 – 1937), Theaterschauspielerin. So verwundert es nicht sehr, dass die Tochter sich schon früh für "die Bretter, die die Welt bedeuten" interessierte und sich ab 1914 an der Wiener "Akademie für Musik und Darstellende Kunst"1) zur Schauspielerin ausbilden ließ. 
Nach ersten Bühnenerfahrungen in München ("Kammerspiele"1), 1916 – 1919) und Stuttgart ("Staatstheater"1)) erhielt sie 1921 ein Engagement am Wiener "Raimund Theater"1), zur Spielzeit 1923/24 wechselte sie an das "Theater in der Josefstadt"1), dem sie – mit Unterbrechung – bis Mitte der 1950er Jahre verbunden blieb. Zu ihren dortigen ersten Auftritten zählte unter anderem die Kammerjungfer Agathe in Hofmannsthals Lustspiel "Der Schwierige"1) (Premiere: 16.04.1924) in der Inszenierung des legendären Max Reinhardt1) mit Gustav Waldau als Hans Karl Bühl sowie unter anderem Waldaus Ehefrau Herta von Hagen1) als Bühls Schwester Crescence und Helene Thimig als Helene Altenwyl.
 

Adrienne Gessner 1973 bei der "Max-Reinhardt-Matinee"
im "Theater in der Josefstadt"
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Alfred Cermak → Bildarchiv Austria; Datierung: 09.09.1973
© Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 120/3)

Adrienne Gessner 1973 bei der "Max-Reinhardt-Matinee" im "Theater in der Josefstadt"; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Alfred Cermak; Datierung: 09.09.1973; Copyright Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 120/3)
Während des Nazi-Regimes verließ Adrienne Gessner ihre Heimat Österreich und emigrierte 1936 mit ihrem Mann, dem Schriftsteller und Theaterregisseur Hofrat Prof. Dr. Ernst Lothar1) (1890 – 1974; Heirat: 22.05.1933) über die Schweiz nach London, im April 1939 ließ sich das Ehepaar in New York nieder, wo sie erfolgreich an "Austrian Theatre" ("Die Österreichische Bühne") und auch am Broadway (u.a. mit Marlon Brando) auftrat. Nach Kriegsende kehrte Adrienne Gessner gemeinsam mit Ernst Lothar 1946 nach Österreich zurück und gehörte in vielen Inszenierungen ihres Mannes zur Besetzung.
Adrienne Gessner als Madame Pernelle, Mutter von Orgon, in der Moličre-Komödie "Tartuffe", 1961 am "Burgtheater"; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Ungenannt ; Datierung: 1961; Copyright ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer FO600185/01) Neben ihren Erfolgen am "Theater in der Josefstadt" feierte Adrienne Gessner Triumphe bei den "Salzburger Festspielen"1) sowie am Wiener "Burgtheater"1), wo sie ab 1955 bis 1981 wirkte. Bei den "Salzburger Festspielen" glänzte sie zwischen 1950 und 1977, so erstmals 1950 in der Inszenierung ihres Mannes Ernst Lothar als altes Weib in dem Zaubermärchen "Der Verschwender"1) von Ferdinand Raimund1). Wiederholt trat sie in dem Stück "Jedermann"1) von Hugo von Hofmannsthal1) als Mutter des Jedermann auf, 1953–1959 an der Seite von Will Quadflieg in der Rolle des Jedermann (Regie: Ernst Lothar) und 1975–1977 in den von Ernst Haeusserman1) in Szene gesetzten Aufführungen mit Curd Jürgens in der Titelrolle. In dem Schiller Drama "Kabale und Liebe"1) (Regie: Ernst Lothar) gab sie 1955 die Frau des Stadtmusikanten Miller (Ewald Balser), Will Quadflieg brillierte als Ferdinand, Maria Schell als Luise Miller. Erneut neben Titelheld Will Quadflieg sah man sie 1956 in Goethes Trauerspiel "Egmont"1) als Mutter von Klärchen (Inge Konradi1)), Regie führte einmal mehr Ernst Lothar. Oscar Fritz Schuh inszenierte 1957 die deutschsprachige Erstaufführung des Schauspiels "Fast ein Poet" von Eugene O'Neill1), hier verkörperte Adrienne Gessner die Nora Melody, geduldige Ehefrau des von Attila Hörbiger dargestellten Protagonisten, dem ehemaligen Major und nun verarmten, tyrannischen Kneipenwirt Cornelius Melody.
 
 
Adrienne Gessner als Madame Pernelle, Mutter von Orgon,
in der Moličre-Komödie "Tartuffe"1), 1961 am "Burgtheater"
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Ungenannt ; Datierung: 1961
© ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer FO600185/01)
1959 erlebte das Salzburger Festspielpublikum das Trauerspiel "Der Turm"1) von Hugo von  Hofmannsthal, hier hatte sie den eher kleinen Part einer Bauersfrau, die zentrale Figur des Sigismund spielte unter der Regie Ernst Lothars Maximilian Schell.
Für ihre schauspielerischen Leistungen wurde Adrienne Gessner Anfang Juni 1966 mit der "Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien"1) in Silber ausgezeichnet, am 24. Oktober 1966 überreichte man ihr die "Kainz-Medaille"1) für ihre bravouröse Darstellung der Abby Brewster in der schwarzen Kriminalkomödie "Arsen und alte Spitzen" am "Burgtheater" ("Akademietheater") nach dem Klassiker "Arsenic and Old Lace" von Joseph Kesselring1) – Alma Seidler1) gab nicht minder exzellent deren mörderische Schwester Martha Brewster. "Als große Frauengestalterin verfügte sie über ein breitgefächertes Repertoire und gehörte zu den beliebtesten großen alten Damen des österreichischen Theaters." notiert geschichtewiki.wien.gv.at.
 
Nicht nur auf der Bühne, auch auf der Leinwand konnte man die Schauspielerin mit vielen prägnanten Figuren erleben, bereits Anfang der 1930er Jahre hatte Adrienne Gessner eine kleine Rolle in dem Melodram "Die große Liebe" (1931) übernommen, 1936 mimte sie die Köchin Berta in Liebesfilmkomödie "Katharina die Letzte"1). Ihr erster Kinofilm nach Kriegsende war  die Literaturadaption "Der Engel mit der Posaune"1) (1948), gedreht von Karl Hartl nach dem gleichnamigen Roman ihres Mannes Ernst Lothar, wo sie als Fürstin Pauline von Metternich1) neben ihren nicht minder berühmten Kolleginnen Paula Wessely, Helene Thimig, Hedwig Bleibtreu und Alma Seidler in Erscheinung trat. Gustav Ucicky besetzte sie als Captain Virginia Jenkins in der Zuckmayer-Verfilmung "Nach dem Sturm"1) (1948) und in dem Melodram "Vagabunden der Liebe" (1950) spielte sie die Rolle der Mademoiselle Belet, einmal mehr an der Seite von Paula Wessely und Attila Hörbiger. In den 1950ern stand die Charaktermimin in zahlreichen Produktionen mit vielen österreichischen Stars vor der Kamera, so beispielsweise für Georg Marischkas1) Verfilmung "Der fidele Bauer" (1951) nach der gleichnamigen Operette von Leo Fall1) mit Paul Hörbiger als der "fidele Bauer", Ernst Marischka1) besetzte sie neben Johanna Matz und Adrian Hoven in der musikalischen Komödie "Hannerl" (1952) und unter dessen Regie spielte sie auch in "Der Feldherrnhügel" (1953), gedreht nach dem Bühnenstück von Alexander Roda-Roda1). In der heiteren Geschichte "An der schönen blauen Donau"1) (1955), unter anderem mit Hardy Krüger, mimte sie eine Fürstin, in der Romanze "Die Deutschmeister"1) (1955), mit Romy Schneider in der weiblichen Hauptrolle, war sie die Gräfin Burgstetten. Zu ihren weiteren Filmen jener Jahre zählen unter anderem Kurt Hoffmanns Kassenschlager "Ich denke oft an Piroschka"1) (1955) und "Salzburger Geschichten"1) (1957), Rudolf Jugerts Historiendrama "Kronprinz Rudolfs letzte Liebe"1) (1956), Wolfgang Liebeneiners Heimatstreifen "Die Trapp-Familie in Amerika"1) (1958) und Rolf Hansens Tolstoi-Adaption "Auferstehung"1) (1958). Danach zeigte sich die Schauspielerin nur noch sporadisch in Kinoproduktionen, so unter anderem 1961 neben Peter Alexander als Gräfin Henriette Ratzeberg in Géza von Cziffras Komödie "Die Abenteuer des Grafen Bobby"1), in Géza von Radványis Melodram "Das Riesenrad"1) (1961) tauchte sie als Adele von Hill zusammen mit dem "Traumpaar" Maria Schell und O.W. Fischer auf und in Franz Peter Wirths Literaturverfilmung "Die Bekenntnisse eines möblierten Herrn"1) (1962) stellte sie einmal mehr eine hochgestellte Adlige  dar. Letztmalig stand Adrienne Gessner unter der Regie von Maximilian Schell für "Geschichten aus dem Wienerwald"1) (1979) nach dem gleichnamigen Theaterstück von Ödön von Horváth1) als die Großmutter vor der Kamera, eine Rolle, die schon mehrfach auf der Bühne verkörpert hatte → Übersicht Kinofilme.
 
Im Fernsehen zeigte sich Adrienne Gessner eher selten, vornehmlich waren es Literaturverfilmungen bzw. Aufzeichnungen von Theaterinszenierungen wie beispielsweise "Das weite Land"2) (1960) nach Arthur Schnitzler, Lessings "Nathan der Weise" (1964) oder "Liliom" (1971) von Ferenc Molnár. In "Schwester Bonaventura"2) 1969) nach dem Theaterstück von Charlotte Hastings mit Erika Pluhar in der Titelrolle sah man sie als Schwester Josephine, einen ihrer letzten TV-Auftritte hatte sie als Frau Spitz in der ORF-"Tatort"-Folge "Mord auf Raten"1) (1980) mit Fritz Eckhardt als dem oft spitzbübischen Wiener Oberinspektor Marek → Übersicht Fernsehfilme.

Die Kammerschauspielerin Adrienne Gessner, welche seit 1950 auch Trägerin des "Max Reinhardt-Rings" war, starb am 23. Juni 1987 in Wien – einen Monat vor ihrem 91. Geburtstag. Die letzte Ruhe fand sie in einem Ehrengrab an der Seite ihres bereits 1974 verstorbenen Mannes auf dem "Wiener Zentralfriedhof"1) (Gruppe 32 C, Nummer 37) → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Noch zwei Jahr vor ihrem Tod waren 1985 im Wiener "Amalthea Verlag" Gessners Erinnerungen unter dem Titel "Ich möchte gern was Gutes sagen…" erschienen.
Seit 2014 erinnert in Wien Floridsdorf1) (21. Bezirk) die "Adrienne-Gessner-Gasse" an die berühmte Charakterdarstellerin.
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch
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