Der österreichische Schauspieler Alexander Girardi erblickte am 5. Dezember 1850 als Sohn des aus Cortina d'Ampezzo1) (Italien) zugewanderten Schlossermeisters Andreas Girardi (1807 – 1968) in Graz1) (Steiermark1)) das Licht der Welt. Auf Wunsch des Vaters erlernte er das Schlosserhandwerk bis zur Gesellenreife, erst nach dessen frühen Tod konnte er sich der Schauspielerei zuwenden.
Schon als Junge schwärmte er für das Theater, brachte sich selbst das Singen und die Grundbegriffe des Bühnenmetiers bei, die er bei einer Laienspielgruppe anwenden bzw. vertiefen konnte. Ohne weitere Ausbildung ging Girardi Mitte Juni 1869 an das Sommertheater im Kurort Rohitsch-Sauerbrunn (heute Rogaška Slatina1), Slowenien) und gab mit der Figur des geschwätzigen Tabakverkäufers Sebastian Tratschmiedl in der Posse mit Gesang "Der Tritschtratsch"1) von Johann Nestroy1) sein professionelles Bühnendebüt. Weitere Stationen wurden Krems1) (1869/1870), Karlsbad1) (Karlovy Vary) und das Sommertheater in Bad Ischl1) (1870), zur Spielzeit 1870/1871 trat er in Salzburg1) auf. Noch Ende 1871 erhielt er ein Engagement an das gerade neu eröffnete Wiener "Strampfer-Theater"1), wo er als Lorenz in dem Schwank "Nur zwei Gläschen" von Josef Böhm seinen Einstand gab. Bis 1874 blieb Girardi an dieser Wiener Vorstadtbühne, profilierte sich als jugendlicher Buffo und Gesangskomiker und entwickelte sich aber auch rasch zum genialen Charakterdarsteller, oft an der Seite von Josefine Gallmeyer1) (1838 – 1884).

Porträt des Alexander Girardi 1911
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 10.11.1911
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer
203545-D

Porträt des Alexander Girardi 1911; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ONB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 10.11.1911; Quelle/Copyright öNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203545-D
Alexander Girardi fotografiert von Ludwig Gutmann (1869 - 1943); Quelle: www.cyranos.ch "Während seiner dreijährigen Tätigkeit an dieser Bühne wirkte er nicht bloß als Komiker, er erschien auch als Tenorist und Liebhaber und stieg bald in der Gunst des Wiener Publikums von Stufe zu Stufe empor. Ob in Possen von Berg, Bittner (= O. F. Berg1), Pseudonym für Ottokar Franz Ebersberg), Costa (= Karl Costa1)), Haffner (= Karl Haffner1)) oder ob in Singspielen und kleinen Operetten, der Erfolg blieb ihm treu." notiert Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) in seinem 1903 publizierten Lexikon*). 1874 wurde Girardi von Marie Geistinger1) und Maximilian Steiner1) als "Erster Jugendlicher" und Gesangskomiker an das "Theater an der Wien"1) verpflichtet, dem er 22 Jahre lang treu blieb und bis 1896 vor allem mit seinen Operettenfiguren die größten Triumphe feierte. Zum letzten Mal stand er am 31. Mai 1896 im "Theater an der Wien" als reicher Schweinezüchter Kálmán Zsupán in "Der Zigeunerbaron"1) von Johann Strauss1) auf der Bühne. "Das Publikum liebte ihn, die Freundschaft und Verbindung des Multitalents Alexander Girardi – Tenor, Charakterdarsteller und Komödiant – zu Johann Strauss machte beide zu Stars ihrer Epoche."2)

 
Alexander Girardi fotografiert von Ludwig Gutmann1) (1869 – 1943)
Quelle: www.cyranos.ch
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Ludwig Eisenberg*) schreibt: "Er hat in der Operette Typen geschaffen, die musterhaft geworden sind auf deutscher Bühne. Von diesen seien erwähnt:
Die Leistungen in "Der lustige Krieg"1) (mit dem Walzerlied "Nur für Natur"), "Glocken von Corneville" (von Robert Planquette1)), "Apajune"1), "Jungfrau von Belleville" (in welcher sein Kavallerie und Infanteriekouplet ungeahnte Sensation machte; von Carl Millöcker1)), "Der arme Jonathan"1), "Sonntagskind" (von Carl Millöcker), "Der Vogelhändler"1), "Obersteiger"1), "Zigeunerbaron", "Hofnarr" (Musik: Adolf Müller junior1)), "Fürstin Ninetta"3) etc. Es möge auch der vortrefflichen Darstellung des Plinchard in "Lili" (von Hervé1)) gedacht werden, welcher Leistung bald sein "Rip Rip" (von Robert Planquette) folgte – eine Darbietung, die auch den ernstesten und strengsten Anforderungen entsprach und in welcher er wahrhaft tragische Wirkung erreichte. Damals wurden maßgebliche Stimmen laut, er möge den "Valentin"4) spielen. Dies geschah und der Erfolg stelle Girardi in die Reihe der ersten österreichischen Volksschauspieler. Seine Verwandlungsfähigkeit und Vielseitigkeit bewies dieser Künstler in "Wienerstadt in Wort und Bild". So wuchs seine Beliebtheit von Tag zu Tag, und die Sympathiebeweise, die ihm in reicher Fülle entgegengebracht wurden, nahmen die überschwänglichsten Formen an. Man ging nicht mehr ins Theater, um ein neues Stück kennen zu lernen, sondern um Girardi in einer neuen Rolle zu sehen. Trotzdem mit Girardi ein wahrer Kult getrieben wurde, blieb der Künstler stets einfach und natürlich und ließ sich nie verleiten, in Übertreibung und Manieriertheit zu verfallen. Er braucht keine Grimassen zu schneiden und den Körper zu verrenken, mit einem Augenzwinkern, einer Handbewegung erreicht er oft die größte Wirkung. Sein Humor, seine bestrickende Liebenswürdigkeit, reiche dramatische Begabung, seine innigen Gemütstöne und die unbedingte Naturtreue seiner Darstellungen erheben ihn weit über das Niveau eines Komikers im landläufigen Sinn des Wortes."

Alexander Girardi als Kálmán Zsupán in "Der Zigeunerbaron" von Johann Strauß (Sohn)
Urheber: k. u. k. Hof-Atelier Rudolf Krziwanek1) († 1905); Angaben zur Lizenz siehe hier
Quelle: Wikimedia Commons; dieses Bild der ist Teil der Porträtsammlung "Friedrich Nicolas Manskopf
der Universitätsbibliothek der "Johann Wolfgang Goethe-Universität" Frankfurt/M; Signatur:  5502386

Alexander Girardi als Kálmán Zsupán in "Der Zigeunerbaron" von Johann Strauss (Sohn); Urheber: Rudolf Krziwanek († 1905); Quelle: Wikimedia Commons; dieses Bild der ist Teil der Porträtsammlung "Friedrich Nicolas Manskopf" der Universitätsbibliothek der "Johann Wolfgang Goethe-Universität" Frankfurt/M; Signatur: 5502386
Alexander Girardi als Adam in "Der Vogelhändler" von Carl Zeller; Urheber: k. u. k. Hof-Atelier Rudolf Krziwanek († 1905); Quelle: Wikimedia Commons; dieses Bild der ist Teil der Porträtsammlung "Friedrich Nicolas Manskopf" der Universitätsbibliothek der "Johann Wolfgang Goethe-Universität" Frankfurt/M; Signatur: Signatur: 5546557 Zur Spielzeit 1896/97 wirkte Girardi in Wien am "Carltheater"1) und anschließend zwei Jahre am "Deutschen Volkstheater"1). Am 24. September 1898 trat er dort erstmals als Florian Heindl in dem Volksstück mit Gesang "Das liebe Ich" von Carl Karlweis1) (Musik: Franz Roth) auf. Er feierte Erfolge beispielsweise als Oberkellner Leopold Brandmeyer in dem Alt-Berliner Lustspiel "Im weißen Rößl" von Oskar Blumenthal1) und Gustav Kadelburg1) (später von Ralph Benatzky1) als gleichnamiges Singspiel1) vertont), als reicher Lebemann August Stolzenthaler in dem Stück "Das vierte Gebot"1) von Ludwig Anzengruber1), als Sebastian Greiling in dem Schauspiel "Johannistrieb" von Paul Lindau1) oder als Lipp in Anzengrubers Bauernkomödie mit Gesang "Die Trutzige", einer Übertragung des Motivs der Shakespeare-Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung"1) ins bäuerliche Milieu. Girardi, der wie gewohnt das Publikum mit seinem Spiel eroberte, "erkannte doch nach Ablauf eines Jahres, dass das "Deutsche Volkstheater" denn doch nicht der richtige Boden für seine Kunst sei und schied am 26. April 1900 als "Valentin" von dieser Bühne. Es dauerte nicht lange und die Wiener hatten an anderen Kunststätten ("Raimundtheater"1), "Theater in der Josefstadt"1)) reichlich Gelegenheit, sich an seinem Können zu erfreuen."*)
 
 
Alexander Girardi als Adam in "Der Vogelhändler" von Carl Zeller
Urheber: k. u. k. Hof-Atelier Rudolf Krziwanek1)1) († 1905); Angaben zur Lizenz siehe hier
Quelle: Wikimedia Commons; dieses Bild der ist Teil der Porträtsammlung "Friedrich Nicolas Manskopf
der Universitätsbibliothek der "Johann Wolfgang Goethe-Universität" Frankfurt/M; Signatur: 5546557
1902 kehrte Girardi ans "Theater an der Wien" und damit zur Operette zurück. Hier traf er auf eine neue Komponistengeneration, die das Genre revolutionieren und dessen sogenannte silberne Ära prägen sollte: Franz Lehár1), in dessen Erstling "Wiener Frauen"1) (1902) Girardi auftrat, Leo Fall1), dessen "Brüderlein Fein"1) (1909) er allerdings erst später populär machte, und vor allem Edmund Eysler1), dessen erste Operette "Bruder Straubinger"1) (1903) ganz auf Girardi zugeschnitten war. Noch bevor Lehár mit seiner "Lustigen Witwe"1) (1905) dem neuen Operettentyp zum Durchbruch verhalf, wechselte Girardi mit Eysler ans "Carltheater"1), wo sie ihre enge Zusammenarbeit fortsetzten. wird beim "Österreichischen Biographischen Lexikon" ausgeführt.
Später ging er erneut an das "Raimundtheater"1) und 1912 an das "Johann-Strauß-Theater"1), wo er in "Der Zigeunerprimas"1) von Emmerich Kálmán1) seine letzte große Operetten-Rolle interpretierte; daneben führten ihn Gastspiele auch nach Deutschland bzw. nach Berlin1) (1908 und 1909), Hamburg1) und Dresden1). Neben seiner Mitwirkung bei dem Biophon-Tonbild1) "Fiakerlied" (1908) trat der Mime nur ein Mal in einem Stummfilm in Erscheinung: In dem von Hubert Marischka1) und Alexander Graf Kolowrat1) in Szene gesetzten, rund 60-minütigen Streifen "Der Millionenonkel"1) (1913) zeigte der inzwischen 63-Jährige – eingebettet in eine Rahmenhandlung – mit über 30 Figuren eine Auswahl seiner berühmtesten Bühnenrollen, mit denen er in seiner langen Karriere die größten Erfolge feiern konnte; zudem zeichnete er auch für die überwiegend humoristischen Zwischentitel verantwortlich. Die feierliche Uraufführung fand am 10. September 1913 im Wiener "Beethovensaal" statt, Operettenkomponist Robert Stolz1), der hier sein musikalisches Filmdebüt gab, war bei der Premiere anwesend und dirigierte persönlich die "Salonkapelle Haupt". Girardi, der "Der Millionenonkel" als die größte Gastspielreise seines Lebens' bezeichnete, gab in einer Pressekonferenz anlässlich der Filmpremiere folgende Stellungnahme ab: "Nach Ihren Mienen zu urteilen scheinen Sie zu glauben, daß ein Künstler eine kleine Treulosigkeit an seiner Kunst verübt, wenn er sich in den Dienst des Films stellt. Ich bin nicht dieser Ansicht. Die Tatsache, daß nicht nur die Massen ins Kino strömen, daß es auch das gebildete Publikum lockt, hat ja seine tiefen und wohlberechtigten Gründe."5)
Alexander Girardia 1918 als "Aschenmann" (Fortunatus Wurzel) in der "Bauer als Millionär" von Ferdinand Raimund; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 21.02.1918; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 204118-D Zu Beginn des 1. Weltkriegs zog sich Girardi von der Bühne zurück und kehrte in seine Heimatstadt Graz zurück. Zwei Monate vor seinem plötzlichen Tod erhielt er 1918 nochmals einen Ruf an das Wiener "Burgtheater"1), wo er mit der Figur des Fortunatus Wurzel in dem romantischen Zaubermärchen mit Gesang "Der Bauer als Millionär"1) von Ferdinand Raimund1) brillierte.
  
Alexander Girardi, der in der Donaumonarchie des ausgehenden 19. Jahrhunderts "DER" Theaterstar war und heute wohl als "Mega-Star" bezeichnet würde, starb am 20. April 1918 im Alter von 67 Jahren im Wiener "Sanatorium Löw"1) an den Folgen einer Lungenembolie nach des Amputation des linken Beines; diese war aufgrund seiner schweren Diabetes-Erkrankung notwendig geworden.
Nachrufe online bei ANNO → von Leo Perovsky "Der letzte Biedermeier", in "Sport & Salon"1) (28.04.1918, Heft 17, S. 7) mit zahlreichen Fotos seiner Bühnenrollen (S. 8) und Peter Altenberg1) "Alexander Girardi" in "Sport & Salon" (28.04.1918, Heft 17, S. 9) mit der letzten Aufnahme vom Atelier d'Ora1).
   
Alexander Girardia 1918 als "Aschenmann" (Fortunatus Wurzel) in
"Der Bauer als Millionär" von Ferdinand Raimund
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 21.02.1918
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer
204118-D
Die letzte Ruhe fand Girardi in einem ihm ehrenhalber gewidmeten Grab1) auf dem "Wiener Zentralfriedhof"1) (Grab 33 E, Reihe 9/15-16) → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons sowie knerger.de. Hier wurde auch seine zweite Ehefrau, die 1868 geborene Leonie von Latinovicz beigesetzt, die vier Wochen später am 20. Mai 1918 in Wien verstarb. 
Girardi heiratete die Ziehtochter des Klavierfabrikanten Ludwig Bösendorfer1) am 10. Oktober 1898 in Bad Ischl1), aus dieser Verbindung ging der Sohn Anton Maria Girardi (1899 – 1961) hervor, der zunächst Schauspieler wurde, dann jedoch als freier Schriftsteller in Hamburg tätig war. → Siehe auch dessen Artikel "Schlosser und Volksschauspieler. Erinnerungen an Alexander Girardi" aus dem Jahre 1949 bei DIE ZEIT.
In erster Ehe war Girardi von 1893 bis 1896 mit der deutsch-österreichischen Schauspielerin Helene Odilon1) (18636) –1939) verheiratet gewesen → Foto bei bildarchivaustria.at. Mit dieser gab es 1896 einen Eklat, als sie ihren Mann entmündigen lassen wollte bzw. der Arzt des "Theaters an der Wien"1) Josef Hoffmann ein Attest ausstellte, in dem er Girardi für geisteskrank erklärte. Im letzten Moment erfuhr der Schauspieler von dieser Aktion und floh zu der Schauspielerin Katharina Schratt1). Auf ihr Betreiben und dem Einschalten des "Burgtheater"1)-Arztes Staniek und des Gerichtspsychiaters Hinterstoißer wurde Girardi für "geistesgesund" erklärt. Zudem führte der Vorfall unter Kaiser Franz Joseph I.1) zu einer Gesetzesreform, welche die gewaltsame Einweisung von geistig eingeschränkten Personen erschwerte.

Alexander Girardi 1911 in einem Mantel
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 10.11.1911
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203548-D

Alexander Girardi 1911 in einem Mantel; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 10.11.1911; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203548-D
Wikipedia notiert: "Nach einer anderen Darstellung dieses Ereignisses wurde Girardi vom berühmten Psychiater Julius Wagner-Jauregg1) kurzfristig ohne Untersuchung in die Grazer Nervenheilanstalt eingewiesen. Girardis Ehefrau Helene hatte vor, den Schauspieler entmündigen zu lassen, und nutzte dazu ihre Kontakte zu Wagner-Jauregg. Der Schauspielerin Katharina Schratt, bekanntermaßen die "Freundin" des Kaisers, gelang es durch ihre gesellschaftlichen Verbindungen, Girardi wieder aus der Heilanstalt herauszuholen."
  
Girardi galt vorzugsweise als Repräsentant des leichten Faches, drückte vor allem zahlreichen Operetten seinen Stempel auf. Er war ein Super-Star seiner Zeit, "auf der Straße, in Salons und Cafes imitierten die Menschen Girardis Sprache, Mimik und Gesten. Es herrschte ein unvorstellbarer Kult um seine Person, der vom Girardi-Hut bis zum Girardi-Rostbraten reichte. An 14.000 Abenden stand er auf der Bühne und begeisterte die Massen derart, dass er neben Kaiser Franz Joseph zum populärsten Mann in Wien wurde."7)
Über den "Girardi-Rostbraten" wird folgende Anekdote erzählt: Da Girardi als Gemüseliebhaber bekannt war, soll eines Tages die Schauspielerin Katharina Schratt versucht haben, die Vorlieben ihrer beiden Gäste Girardi und Kaiser Franz Joseph I., der Rindfleisch bevorzugte, "unter einen Hut zu bringen". Sie wies die Köchin an, das Rindfleisch mit Gemüse zu bedecken, sodass vom Fleisch nichts mehr zu sehen war – der Girardi-Rostbraten war erfunden.7)8) Bei dem "Girardi-Hut" handelte es sich um einen flachen Strohhut mit gerader Krempe, den er mit Vorliebe trug.
Heute erinnern in Wien die am 16. Juli 1918 benannte "Girardigasse" (6. Bezirk, Mariahilf1)) und das 1929 von Otto Hofner9) (1879 – 1946) gestaltete "Girardi-Denkmal", das den Mimen in der Rolle des Valentin in dem Original-Zaubermärchen "Der Verschwender"1) von Ferdinand Raimund1) darstellt, im Esperantopark und Girardipark1) am Karlsplatz1) an den legendären Volksschauspieler. Ein Ölporträt von Carry Hauser1) (1895 – 1985), das Girardi als Fortunatus Wurzel in Raimunds "Der Bauer als Millionär" zeigt, hängt in der "Burgtheater-Galerie" → austria-forum.org. Auch in seiner Geburtsstadt Graz1) existiert eine "Girardigasse", weiterhin zu nennen sind die "Alexander-Girardi-Straße" in Salzburg1) sowie die "Alexander-Girardi-Straße" in Bad Ischl1) (Oberösterreich), wo er seit 1893 eine Villa in der Steinfeldgasse 8 besaß, die er als Sommerdomizil nutzte; die "Girardi-Villa" steht heute unter Denkmalschutz → Foto bei Wikimedia Commons.

Denkmal für Alexander Girardi am Wiener
"Karlsplatz", geschaffen von Otto Hofner
Urheber des Fotos: Zyance
Quelle: Wikimedia Commons
Lizenz: CC BY-SA 2.5

Denkmal für Alexander Girardi am Wiener "Karlsplatz", geschaffen von Otto Hofner; Urheber des Fotos: Zyance; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: CC BY-SA 2.5
Alexander Girardi 1918 mit Zylinder; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 10.11.1911; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 204115-D Zudem sind noch etliche seiner zahlreichen Schellackplatten mit Couplets und Wiener Liedern erhalten, die zwischen 1900 und 1913 im gesamten deutschen Sprachraum verbreitet wurden. Hierzu gehört auch das berühmte "Fiakerlied"1) von Gustav Pick1) (1832 – 1921), welches er erstmals Ende Mai 1885 anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Fiakerzunft bzw. als Höhepunkt des "Prater"1)-Festes der Fürstin Pauline von Metternich1) in der Wiener "Rotunde"1) vortrug → www.youtube.com sowie grammophon-platten.de.
 
1922 entstand die kurze stumme Dokumentation "Alexander Girardi und sein lachendes Wien", 1940 verkörperte Paul Hörbiger Alexander Girardi in dem von Willi Forst gedrehten Musikfilm "Operette"1), von und mit Karl Paryla entstand das Biopic "Der Komödiant von Wien"1) (1954), mit dem Paryla seinem Landsmann ein filmisches Denkmal setzte. Das "Lexikon des Internationalen Films" schreibt: "Ernsthafter Versuch, das Leben des Wiener Volksschauspielers Alexander Girardi (1850–1918) nachzuzeichnen, der sich gegen plumpe Bühnenkomik wehrte. Mit bissigen Ausfällen gegen die damals herrschende Oberschicht durchsetzt, milieugetreu in farbigen Genrebildern, jedoch etwas schwerfällig inszeniert."
 
Alexander Girardi 1918 mit Zylinder

Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 21.02.1918
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 204115-D
Erwähnt werden sollte, dass Alexander Girardi von Albert Bassermann (1867 – 1952) den berühmten "Iffland-Ring"1) erhalten sollte. Der "Iffland-Ring" wird von seinem Träger testamentarisch an den seiner Meinung nach "jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters auf Lebenszeit verliehen". Nach dem überraschen Tod Girardis wählte Bassermann zunächst Max Pallenberg (1877 – 1934), dann nach dessen Ableben Alexander Moissi (1879 – 1935), der jedoch ebenfalls vor Bassermann verstarb. Nach Bassermanns Tod war unklar, wie die Weitergabe des Ringes geschehen sollte, bis ihn 1954 der "Kartellverband deutschsprachiger Bühnenangehöriger" Werner Krauß (1884 – 1959) zusprach.
Quellen (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch, geschichtewiki.wien.gv.at,
deutsche-biographie.de, austria-forum.org, biographien.ac.at
*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903); Digitalisiert: Alexander Girardi: S. 328ff
Link: 1) Wikipedia, 3) operetten-lexikon.info, 9) www.biographien.ac.at
Quelle: 2) austria-forum.org, 5) Wikipedia, zitiert nach "Der österreichische Film. Ein Bilderbuch von Arthur Gottlein", herausgegeben von der "österreichischen Gesellschaft für Filmwissenschaft, Kommunikations- und Medienforschung" (S. 41, Wien 1976), 7) Artikel "Vom Schlosser zum Bühnenstar" von Robert Engele, veröffentlicht bei austria-forum.org, 8) Wikipedia
4) gemeint ist die Rolle des Valentin in Ferdinand Raimunds Zaubermärchen "Der Verschwender" mit seiner berühmten Interpretation des "Hobelliedes"
6) laut quot;Katalog der Deutschen Nationalbibliothek", andere Quellen nennen als Geburtsjahr 1864 oder 1865.
Lizenz Foto Alexander Girardi (Urheber: Ludwig Gutmann/Rudolf Krziwanek): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
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