Alexander Granach wurde am 18. April 1890 als Jessaja Szajko Gronach und neuntes Kind eines Bäckers im damals zu Österreich-Ungarn1) gehörenden, ostgalizischen Dorf Werbowitz (Bezirk Horodenka1), Ostgalizien1)) in recht ärmliche Verhältnisse hineingeboren. Schon als Kind musste er zum Lebensunterhalt der Familie beitragen und erlernte bei seinem Vater das Bäckerhandwerk. Im Alter von zwölf Jahren verließ er seine Familie, ging auf Wanderschaft und kam dann 1906 über Krakau1) und Wien1) nach Berlin. Schon als Junge war er vom Theater fasziniert, nun fasste er den Entschluss, Schauspieler zu werden; zu seinen Vorbildern zählten Alexander Moissi (1879 – 1935), Paul Wegener (1874 – 1948) und Albert Bassermann (1867 – 1952).
Erste Bühnenerfahrungen sammelte Hermann Gronach – erst ab 1912 nannte er sich Alexander Granach – in Berlin bei einem jüdischen Amateurtheater, ab 1909 besuchte er bei Max Reinhardt1) (1873 – 1943) dessen Schauspielschule. Erste kleinere Theaterrollen schlossen sich an, im Verlaufe der nächsten Jahre avancierte Granach zu einem bedeutenden Charakterdarsteller. Während des 1. Weltkrieges wurde seine Laufbahn unterbrochen, er musste in der österreichischen Armee Dienst tun, kämpfte unter anderem an der Alpenfront an der Grenze zu Italien und geriet in italienische Kriegsgefangenschaft.
Nach Kriegsende setzte er seine Karriere fort, brillierte beispielsweise in Brecht-Stücken oder unter Erwin Piscator1) (1893 – 1966) an der Berliner "Volksbühne" als Mephisto in Goethes "Faust"1).
 
Sein Leinwanddebüt gab Granach 1919 in dem stummen Streifen "Das goldene Buch", nach weiteren Auftritten erlebte man den Schauspieler mit der Rolle des Häusermaklers Knock in Friedrich Wilhelm Murnaus1) Stummfilmklassiker "Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens"1) (1922) an der Seite von Max Schreck (Graf Orlok) und Gustav von Wangenheim (Hutter). Ebenfalls 1922 zeigte er sich mit dem kleinen Part eines Gefangenen in Richard Oswalds1) Literaturadaption "Lucrezia Borgia"1) mit Liane Haid als Lucrezia Borgia, im darauffolgenden Jahr verkörperte er in "Erdgeist"1) (1923), gedreht von Leopold Jessner1) nach der gleichnamigen Tragödie1) von Frank Wedekind1) mit Asta Nielsen als "männermordende" Lulu, den Ganoven Schigolch. Es folgten stumme Produktionen wie das Drama "Paganini"1) (1923) mit Conrad Veidt in der Titelrolle des Niccolò Paganini1), die Tolstoi-Verfilmung "Der Mensch am Wege"1) (1923) mit Heinrich George als Gutsherr und Granach als der arme Schuster oder der frühe Science-Fiction-Streifen "Schatten – Eine nächtliche Halluzination"1) (1923) mit Fritz Kortner. In Robert Wienes Bibelverfilmung "I.N.R.I."1) (1923) nach dem gleichnamigen Roman1) von Peter Rosegger1) mit Gregori Chmara1) als Jesus Christus1) verkörperte Granach den Judas Iskariot1), in "Ein Sommernachtstraum"1) (1925), frei nach der gleichnamigen Komödie1) von William Shakespeare1), mimte er den Waldschrat. Auch in Curtis Bernhardts1) Melodram "Qualen der Nacht" (1926), zu dem Carl Zuckmayer1) gemeinsam mit Bernhardt das Drehbuch geschrieben hatte, gehörte Granach zur Besetzung. Bis Ende der 1920er Jahre wirkte der Schauspieler in stummen Kinoproduktionen wie "Svengali"1) (1927), "Das letzte Fort"1) (1928), "Der Adjutant des Zaren"1) (1928), "Flucht in die Fremdenlegion"2) (1929) und "Großstadtschmetterling"1) (1929) mit und auch im Tonfilm konnte er sich behaupten → Übersicht Stummfilme.
   
Granach gehörte beispielsweise zur Besetzung des frühen Tonfilms "Die letzte Kompagnie"1) (1930), spielte in Richard Oswalds Historienstreifen "1914, die letzten Tage vor dem Weltbrand"1) (1931) den Freund des Historikers bzw. sozialistischen Politikers Jean Jaurès1) (Heinrich George), im gleichen Jahr in verkörperte er in Hans Behrendts1) Historiendrama "Danton"1) (1931) die Figur des Jakobiners Jean Paul Marat1), an der Seite von Fritz Kortner als Georges Danton1) und Gustaf Gründgens als dessen Gegenspieler, dem Anführer der Jakobiner Robespierre1). Granachs letzte, in Deutschland gedrehten Filme waren Géza von Bolvárys1) musikalische Komödie "Der Raub der Mona Lisa"1) (1931) und Georg Wilhelm Pabsts1) politisch angehauchtes Bergarbeiterdrama "Kameradschaft"1) (1931).
Mit der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten gehörte Alexander Granach aufgrund seiner seiner politisch linksgerichteten Einstellung und seiner jüdischen Herkunft zu den "unerwünschten" Personen. 1933 emigrierte er nach einer Zwischenstation in der Schweiz zunächst nach Warschau1), "spielte dort auf Jiddisch in der Uraufführung von Friedrich Wolfs1) Drama "Professor Mamlock"1) die Titelrolle. Danach ging er mit dem Stück in Polen auf Tournee. 1935 erhielt er eine Einladung ans "Jiddische Theater" in Kiew1) und übersiedelte im Mai in die Sowjetunion." notiert Wikipedia. Im sowjetischen Exil gründete er mit anderen in Moskau das "Jüdische Akademische Theater" und spielte auch in zwei Filmen mit: In Gustav von Wangenheims Widerstands-Drama "
Kämpfer"1) (1936, Borzy) mimte er den Journlisten Rovelli, in "Das letzte Zigeunerlager" (1936, "Poslednij tabor"), einer Produktion, die sich mit den Umsiedlungen der sowjetischen Sinti und Roma am Vorabend der stalinistischen Verfolgungen auseinandersetzte, war er als Danilo der Anführer einer Zigeunertruppe.
  
Am 12. November 1937 wurde Granach dann infolge der stalinistischen Säuberungen1) verhaftet, auf Intervention des Schriftstellers Lion Feuchtwangers1) (1884 – 1958) jedoch wieder freigelassen und konnte am 16. Dezember 1937 in die Schweiz ausreisen. Nach einem Engagement am "Schauspielhaus Zürich"1) – hier hatte er in Shakespeares "Macbeth"1) und Büchners "Dantons Tod"1) seine letzten Auftritte in Europa – emigrierte der Schauspieler Frühjahr 1938 in die USA und lebte zunächst in New York, wo er am Aufbau eines deutschsprachigen Theaters beteiligt war. Dann ging er nach Hollywood und konnte seine Karriere als Filmdarsteller – oft in der Rolle von Offizieren oder auch Gestapo-Agenten –  fortsetzen. So spielte er unter anderem 1939 an der Seite von Greta Garbo in Ernst Lubitschs1) Liebeskomödie "Ninotschka"1) den Genossen Kopalski, John Cromwell1) besetzte ihn in dem Drama "So Ends Our Night"1) (1941) nach dem Roman "Liebe deinen Nächsten"1) von Erich Maria Remarque1), Robert Stevenson1) in der Kriegs-Romanze "Joan of Paris"1) (1942) und Fritz Lang1) in seinem antifaschistischen Film "Hangmen Also Die!"1) (1943, "Auch Henker sterben"). Zu Granachs weiteren Arbeiten vor der Kamera zählte die von Sam Wood1) in Szene "Oscar"-nominierte  Produktion "For Whom the Bell Tolls"1) (1943, "Wem die Stunde schlägt") nach dem gleichnamigen Roman1) von Ernest Hemingway1) mit Ingrid Bergman und Gary Cooper, der Film noir "Voice in the Wind"1) (1944) von Regisseur Arthur Ripley1). In "The Hitler Gang"1) (1944) über den Aufstieg des von Robert Watson1) dargestellten Adolf Hitler1) spielte er unter der Regie von John Farrow 1) den Gauleiter Julius Streicher1), Fred Zinnemann1) inszenierte mit "The Seventh Cross"1) (1944, "Das siebte Kreuz") den gleichnamigen Roman1) von Anna Seghers1) mit unter anderem Spencer Tracy als einer der sieben Gefangenen und gab Granach die Nebenrolle des Zillich, Helfer des KZ-Kommandanten. Letztmalig trat Granach in dem Krimi "My Buddy" (1944) auf der Leinwand in Erscheinung → Übersicht Tonfilme.

Alexander Granach war im Kinofilm ein Proletarier von flammender Explosivität, der auch den glutäugigen Kosaken mit schwarzem Bart, lebenstrunken und wild verkörpern konnte. Im deutschen Film der zwanziger Jahre brachte er ein ostjüdisches Element, später in Hollywood verkörperte er russische Dekadenz. Doch die plebejischen Berserkerrollen waren ihm lieber: "Gewohnt, an taube Ohren zu appellieren, schrie er wie jemand, der daran zweifelt, je gehört zu werden", so einmal Fritz Kortner.3) Die Kritiker seiner Zeit kreideten ihm eine zu übertriebene Gestik bei der Darstellung der verschiedenen Figuren an, sehr schön die Beschreibung eines Kritikers im "Film-Kurier"1) anlässlich Granachs Auftritt als Hotelwirt Murphy in Kurt Bernhardts Film "Qualen der Nacht" (1926): "Fabelhaft in der Konzeption, leider zu stark instrumentiert in der Ausführung. Jede Gebärde ein Meyerbeersches Orchester."
Berliner Gedenktafel Alexander Granach; Urheber: OTFW, Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons Nach Ende des 2. Weltkrieges wollte Alexander Granach nach Deutschland zurückkehren, ein Wunsch, der nicht mehr in Erfüllung ging: Der große Mime verstarb am 14. März 1945 im Alter von nur 55 Jahren in New York City1) nach einer Blinddarmoperation an einer Lungenembolie. Aus seiner ersten, 1914 geschlossenen Ehe mit Martha Guttmann hinterließ er den 1915 geborenen Sohn Gerhard, der 1936 nach Haifa (Palästina1)) emigriert war und bis zu seinem Tod am 6. Januar 2011 als Gad Granach1) in Jerusalem lebte. Nach der Scheidung von Martha Guttmann im Jahre 1921 lebte Granach seit 1934 mit der Schweizer Schauspielerin Lotte Lieven-Stiefel zusammen, die er als seine legitime Ehefrau anerkannt sehen wollte, obwohl sie nicht verheiratet waren.4)

Am Haus, Heiligendammer Straße 17a, in Berlin-Schmargendorf1) erinnert eine Gedenktafel an den heute weitgehend vergessenen Schauspieler.
 
Urheber: OTFW, Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons
Der autobiographische Roman "Da geht ein Mensch", welcher kurz nach Alexander Granachs Tod in einem schwedischen Verlag erschien, wurde 2003 im Augsburger "Ölbaum Verlag" in einer ungekürzten Ausgabe neu aufgelegt. In dem Buch beschreibt der Künstler den ersten Teil seines des Lebens, seine Kindheit und Jugend in Galizien, seine Karriere als Schauspieler im Berlin der 1920er Jahre und schließlich seine Zeit als österreichischer Soldat im 1. Weltkrieg → siehe auch www.zeit.de. Der Schriftsteller Peter Härtling1) schrieb in einer Rezension unter anderem "Das Buch ist eine der großen deutschen Autobiographien. Es ist weise und wild, traurig und steckt voller verwandelndem Witz. Es ist klug und poetisch geschrieben und verrät nur hin und wieder etwas von der Passion, Werbowitz lebendig zu machen in Berlin, New York und Wien, davon daß Fremde nicht Heimatlosigkeit bedeutet."
Ebenfalls im " Ölbaum Verlag" erschien Anfang Januar 2008 die Publikation "Du mein liebes Stück Heimat" mit Briefen Granachs an Lotte Lieven-Stiefel aus dem Exil. Das Buch umfasst rund 300 Briefe, Postkarten und Telegramme, die der Schauspieler zwischen 1934 und 1945 verfasste; das Vorwort Briefedition schrieb Mario Adorf → www.berlin.de, oelbaum-verlag.de. An weiteren Veröffentlichungen sind zu nennen "Alexander Granach: Fast verwehte Spuren" (1994) sowie "Alexander Granach: geschminkt und ungeschminkt. Die Lebenstat eines jüdischen Schauspielers" (1995) von Albert Klein und Raya Kruk.
Das von Angelika Wittlich für den Bayerischen Rundfunk gedrehte, rund 105 Minuten lange filmische Porträt "Alexander Granach – Da geht ein Mensch"5) wurde 2012 auf dem "Filmfest München"1) uraufgeführt und gelangte am 2. Dezember 2014 im Fernsehen (BR) zur Erstausstrahlung. www.br.de schreibt unter anderem: "Dabei greift der Dokumentarfilm auf Briefe Granachs an seine große Liebe Lotte Lieven sowie auf die zuerst 1945 im Exil-Verlag "Neuer Verlag" in Stockholm erschienene Autobiografie zurück, die hier von den Schauspielern Juliane Köhler1) und Samuel Finzi1) gelesen wird → siehe auch epd-film.de sowie nachtkritik.de.
Anlässlich des 130. Geburtstages des Schauspielers veröffentlichte Hans-Joachim Seidel 2020 bei der "Eulenspiegel Verlagsgruppe"1) die Biografie "Alexander Granach, der Schauspieler aus Galizien": "Alexander Granach, Jude aus Galizien, wurde keine 55 Jahre alt. Er stand mehrere Jahrzehnte auf der Bühne und vor der Kamera, und lebte er heute, hieße er Weltstar, denn er übte seine Kunst in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich aus, er arbeitete in Polen und in der Sowjetunion und in den USA, dort drehte er in Hollywood. An der Seite von Greta Garbo. Zum Beispiel … Hans-Joachim Seidel berichtet über einen vergessenen Schauspieler. Im Jahr 2020 jährte sich der Tag von Granachs Geburt zum 130. Male, und sein Sterbedatum lag 75 Jahre zurück. Doch keine Zeitung, kein Rundfunk- oder Fernsehsender hatte diese Jahrestage im Kalender. Hans-Joachim Seidel bedauerte dies nicht nur: Er legte dieses Buch vor." kann man auf der Website des Verlages lesen → eulenspiegel.com; weitere Literaturhinweise bei Wikipedia.
  
Die Berliner "Akademie der Künste"1) verwaltet das 1968 eingerichtete "Alexander-Granach-Archiv" mit Rollen- und Szenenfotos, Programmen, Theaterzetteln, Kritiken, Manuskripten und vielem mehr. 2008 konnte die Sammlung durch zahlreiche Fotografien und Dokumente aus dem Familienbesitz des Schauspielers erweitert werden. 

Abbildung Buch-Cover mit freundlicher Genehmigung
der "Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage GmbH"

Hans-Joachim Seidel: Alexander Granach, der Schauspieler aus Galizien; Abbildung Buch-Cover mit freundlicher Genehmigung der "Eulenspiegel Verlagsgruppe Buchverlage GmbH"
Textbausteine des Kurzportraits von cyranos.ch,
siehe auch Wikipedia, kuenste-im-exil.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 5) br.de
3) Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 131)
4) Wikipedia (abgerufen 23.07.2011), nach Alain Claude Sulzer in: FAZ 27. November 2008, S. 36
    
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: filmportal.de, cyranos.ch, Wikipedia (deutsch/englisch), stummfilm.at)
Stummfilme (Auszug) Tonfilme (Auszug)
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